
Düsseldorf - Lokalkammer
UPC_CFI_177/2023
Anordnung des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts erlassen am 30. Juni 2023
Eingangsdatum des Antrages auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen: 22. Juni 2023
ANTRAGSTELLERIN:
myStromer AG, Freiburgstraße 798, 3173 Oberwangen b Bern, Schweiz, vertreten durch: Rechtsanwalt …, Kanzlei Hoyng ROKH Monegier, Steinstraße 20, 40212 Düsseldorf,
elektronische Zustelladresse:
…
ANTRAGSGEGNERIN:
Revolt Zycling AG, Allmendstraße 15, 8320 Fehraltdorf, Schweiz, vertreten durch: Patentanwalt …, Kanzlei Tarvenkorn, Wickord & Partner, Bernhard-Ernst-Str. 12, 48155 Münster,
elektronische Zustelladresse: …
VERFÜGUNGSPATENT:
Europäisches Patent Nr. EP 2 546 134 B1
SPRUCHKÖRPER/KAMMER:
Spruchkörper der Lokalkammer Düsseldorf
MITWIRKENDE RICHTER:
Diese Anordnung wurde durch den Vorsitzenden Richter Thomas, die rechtlich qualifizierte Richterin Dr. Thom und den rechtlich qualifizierten Richter Kupecz erlassen.
VERFAHRENSSPRACHE: Deutsch
GEGENSTAND DES VERFAHRENS:
Anordnung einstweiliger Maßnahmen - Antrag auf Berichtigung der Anordnung
KURZE DARSTELLUNG DES SACHVERHALTS
Am 22. Juni 2023 (Einstellungsdatum in das CMS: 23. Juni 2023) hat die Lokalkammer Düsseldorf der Antragsgegnerin im Wege der Anordnung einstweiliger Maßnahmen unter anderem aufgegeben, im Tenor der Anordnung näher bezeichnete Kombinationsstrukturen aus Fahrradrahmen und Motornabe in Deutschland, den Niederlanden, Frankreich und/oder Italien anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen. Das dieser Anordnung zugrundeliegende Verfügungspatent EP 2 456 134 B1 ist in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Frankreich, Italien, Liechtenstein und den Niederlanden in Kraft. Aufgrund eines Versehens fand Österreich in der Antragsschrift weder in der Auflistung der Mitgliedsstaaten noch in den Anträgen explizit Erwähnung. Allerdings war das Begehren der Antragstellerin in ihrem Hauptantrag dahingehend formuliert, der Antragsgegnerin das Angebot und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in den Vertragsmitgliedsstaaten des Einheitlichen Patentgerichts, sofern das Verfügungspatent dort in Kraft steht, zu verbieten.
ANTRÄGE DER PARTEIEN
Die Antragstellerin beantragt,
- I. die Anordnung (Tenor, S. 6 f., Ziffer I.) wie folgt abzuändern (ersuchte Änderung durch Unterstreichung kenntlich gemacht):
Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, es zu unterlassen, Kombinationsstrukturen aus Fahrradrahmen und Motornabe, in Deutschland, den Niederlanden, Frankreich, Österreich und/oder Italien anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, wobei die Kombinationsstruktur umfasst:
einen Fahrradrahmen, beinhaltend eine erste Gabel und eine zweite Gabel, die gegenüberliegend angeordnet sind, wobei die erste Gabel mit einem Durchgangsloch bereitgestellt ist, während die zweite Gabel eine Vertiefung mit einem Innengewindeloch aufweist, das axial dem Durchgangsloch entspricht, und die erste Gabel an ihrer Innenseite, angrenzend an das Durchgangsloch, mit einer Positioniernut bereitgestellt ist; eine Motornabe, die in ihrer Mitte mit einer Muffe bereitgestellt ist, die in Bezug auf ein Positionierende ein Ende aufweist, das dergestalt ist, dass das Positionierende mit der Positioniernut der ersten Gabel eingreifbar und an ihr anschlagbar ist; und eine längliche Welle, die ein vorderes Ende und ein hinteres Ende aufweist, wobei das hintere Ende ein Außengewinde aufweist; die längliche Welle durch das Durchgangsloch der ersten Gabel und die Muffe der Motornabe hierdurch gelangen kann, und wobei das Außengewinde des hinteren Endes entsprechend im Innengewindeloch der zweiten Gabel im Eingriff steht und an ihm befestigt ist.
- II. Ferner die Anordnung (Sachverhaltsdarstellung, S. 2) wie folgt abzuändern (ersuchte Änderung durch Unterstreichung kenntlich gemacht):
Das Verfügungspatent steht zum aktuellen Zeitpunkt in Österreich, Deutschland, der Schweiz, Italien, Lichtenstein und den Niederlanden in Kraft.
TATSÄCHLICHE UND RECHTLICHE STREITPUNKTE
Die Antragstellerin ist der Auffassung, bei der fehlenden Nennung von Österreich im Tenor der Anordnung handele es sich um eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne von R. 353 VerfO, welche wie beantragt berichtigt werden könne.
GRÜNDE DER ANORDNUNG:
Der zulässige Antrag auf Berichtigung der Anordnung hat in der Sache keinen Erfolg.
I.
Gegen die Zulässigkeit des Berichtigungsantrages bestehen keine Bedenken. Insbesondere wurde dieser, wie von R. 353 VerfO gefordert, binnen eines Monats nach Zustellung der beanstandeten Anordnung gestellt.
Darüber hinaus konnte der Spruchkörper auch in der aus dieser Anordnung ersichtlichen Zusammensetzung entscheiden. Die Entscheidung über einen Berichtigungsantrag nach R. 353 VerfO obliegt dem Gericht, welches die zu korrigierende Anordnung erlassen hat. Die vorgenannte Norm lässt eine Berichtigung nur bei Schreib- und Rechenfehlern sowie offenbaren Unrichtigkeiten in der Entscheidung oder Anordnung zu. Da es sich hierbei um rein formale Korrekturen ohne inhaltliche Prüfung in der Sache handelt, ist es nicht erforderlich, dass der Spruchkörper in derselben Besetzung wie bei Erlass der Anordnung entscheidet.
II. Jedoch ist der Antrag auf Berichtigung der Anordnung unbegründet.
Gemäß R. 353 VerfO kann das Gericht im Wege der Anordnung nach Anhörung der Parteien Schreib- und Rechenfehler sowie offenbare Unrichtigkeiten in der Entscheidung oder Anordnung berichtigen. Unter Letzteres fallen alle unrichtigen oder unvollständigen Verlautbarungen des vom Gericht eigentlich Gewollten in der Anordnung oder Entscheidung. Die Erklärung des richterlichen Willens in der Entscheidung oder Anordnung muss von der bei der Entscheidungsfindung vorhandenen Willensbildung abweichen.
- Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
a)
Die Anordnung vorläufiger Maßnahmen ist auf der Grundlage der Antragsschrift ergangen. Dort findet Österreich weder in den Anträgen noch in der Begründung explizit Erwähnung. Vielmehr begehrte die Antragstellerin im Rahmen ihres Hilfsantrages den Erlass einer Anordnung einstweiliger Maßnahmen in Bezug auf Deutschland, die Niederlande, Frankreich und Italien. Dem hat das Gericht entsprochen. Es besteht somit offensichtlich keine Abweichung zwischen der tatsächlich getroffenen Anordnung und der bei der Entscheidungsfindung vorhandenen Willensbildung.
b)
Dass die Antragstellerin in ihrem allgemeiner gehaltenen Hauptantrag den Erlass einer einstweiligen Anordnung in Bezug auf alle Mitgliedsstaaten des Einheitlichen Patentgerichts begehrt, in denen das Verfügungspatent in Kraft steht, gibt unter Berücksichtigung des Gesamtinhalts der Antragsschrift zu keiner abweichenden Bewertung Anlass. Eine Gesamtbetrachtung des Vorbringens der Antragstellerin in ihrer Antragsschrift bestätigt vielmehr den vorstehenden Befund. Selbst wenn zu Gunsten der Antragstellerin unterstellt werden kann, dass Österreich auch bei der Nennung der Vertragsmitgliedsstaaten lediglich versehentlich unerwähnt geblieben ist, befasst sich die Antragstellerin auch im Zusammenhang mit der Begründung einer Verletzungshandlung nur mit Deutschland, den Niederlanden, Frankreich und Italien (vgl. Antragsschrift, Rz. 63). Dies lässt keinen anderen Schluss zu, als dass es sich bei der fehlenden Nennung von Österreich in dem der Anordnung zugrundeliegenden Hilfsantrag nicht um ein Schreibversehen handelt, sondern dass sich das in der Antragsschrift zum Ausdruck kommende Begehren trotz des allgemein gehaltenen Hauptantrages ausschließlich auf Deutschland, die Niederlande, Italien und Frankreich bezieht. Eine diese Länder betreffende Anordnung hat das Gericht erlassen, weshalb die Anordnung nicht wie von R. 353 VerfO gefordert offenbar unrichtig ist.
Soweit die Antragstellerin zur Begründung ihres Begehrens auf Art. 34 EPGÜ rekurriert, wirft sie damit letztlich die Frage nach der Reichweite der bereits getroffenen Anordnung ausgehend von den Regelungen des Übereinkommens auf. Die für eine Berichtigung nach R. 353 VerfO erforderliche offenbare Unrichtigkeit der Anordnung im vorgenannten Sinne lässt sich auf dieser Grundlage von vornherein nicht begründen.
ANORDNUNG:
Der Antrag der Antragstellerin, die Anordnung vom 22. Juni 2023 (Einstellung in das CMS: 23. Juni 2023) dahingehend zu berichtigen, dass auch Österreich vom Tenor der Anordnung erfasst ist, wird zurückgewiesen.
DETAILS DER ANORDNUNG:
zum Antrag APP_541204/2023 betreffend das Hauptaktenzeichen ACT_525740/2023
UPC-Nummer: UPC_CFI_177/2023
Verfahrensart: Antrag auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen
Erlassen in Düsseldorf am 30. Juni 2023
NAMEN UND UNTERSCHRIFTEN
Vorsitzender Richter Thomas
Rechtlich qualifizierte Richterin Dr. Thom
Rechtlich qualifizierter Richter Kupecz