19 December, 2023
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Order
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ORD_596384/2023
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Luxembourg (LU)
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EP2568724
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R. 323 VerfO
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EPG - Berufungsgericht UPC_CoA_476/2023 App_594339/2023
ANORDNUNG
des Berufungsgerichts des Einheitlichen Patentgerichts erlassen am 20. Dezember 2023
betreffend einen Antrag auf Verkürzung einer Frist gemäß R. 225(e), R. 9.3(b) der Verfahrensordnung (Beschleunigung des Berufungsverfahrens)
LEITSATZ :
- -In Berufungsverfahren, bei denen es nicht um technische Fragen geht, kann das Berufungsgericht ohne technisch qualifizierte Richter entscheiden.
- -In einem Verfahren betreffend eine Berufung gegen eine Anordnung gemäß R. 323 VerfO (Verfahrenssprache) wurde ein am letzten Tag der Fristen nach R.224.1(b) und R.224.2(b) VerfO gestellter Antrag des Berufungsklägers auf Fristverkürzung gemäß R. 9.3(b) VerfO für die Einreichung eine Berufungserwiderung im Hinblick auf die Interessen des Berufungsbeklagten und die Grundsätze eines ordentlichen Verfahrens zurückgewiesen, auch wenn dies bedeutet, dass im Verfahren vor dem Gericht erster Instanz die Klageerwiderung in der angegriffenen Verfahrenssprache eingereicht werden muss.
SCHLAGWORTE:
- -Entscheidung unter Mitwirkung von drei rechtlich qualifizierten Richterinnen.
- -Beschleunigung des Berufungsverfahrens, R. 225(e), 9.3(b) VerfO
BERUFUNGSKLÄGER (UND BEKLAGTE IM HAUPTVERFAHREN VOR DEM GEI):
1. Guangdong OPPO Mobile Telecommunications Corp. Ltd.
2. OROPE Germany GmbH
vertreten durch: Herr Rien Broekstra, Advocaat, und Herr Andreas Kramer, Rechtsanwalt, Vossius & Brinkhof UPC Litigators
BERUFUNGSBEKLAGTER (UND KLÄGER IM HAUPTVERFAHREN VOR DEM GEI):
Panasonic Holdings Corporation
vertreten durch: Frau Miriam Kiefer, Rechtsanwältin, Kather Augenstein Rechtsanwälte Part GmbB
STREITPATENT
EP 2 568 724
Die Berufungskläger haben aufgrund eines offensichtlichen Versehens in ihrer Berufungsschrift und Berufungsbegründung, welche auch den Antrag auf Beschleunigung des Berufungsverfahrens enthält, als Streitpatent das Patent EP 3 096 315 angegeben.
SPRUCHKÖRPER
Zweiter Spruchkörper
ENTSCHEIDENDE RICHTERINNEN:
Diese Anordnung wurde erlassen unter Mitwirkung von Rian Kalden, Vorsitzende Richterin und rechtlich qualifizierte Richterin Ingeborg Simonsson, rechtlich qualifizierte Richterin und Berichterstatterin Patricia Rombach, rechtlich qualifizierte Richterin
Das Berufungsgericht entscheidet unter Mitwirkung von drei rechtlich qualifizierten Richterinnen. Gemäß Art. 9.1 des Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht (EPGÜ) tagt jeder Spruchkörper des Berufungsgerichts in einer multinationalen Zusammensetzung von fünf Richtern. Er besteht aus drei rechtlich qualifizierten Richtern, die Staatsangehörige unterschiedlicher Vertragsmitgliedstaaten sind, und zwei technisch qualifizierten Richtern, die über eine entsprechende Qualifikation und Erfahrung auf dem betreffenden Gebiet der Technik verfügen. Dessen ungeachtet kann ein verfahrensrechtlicher Antrag wie der vorliegende, bei dem es nicht um technische Fragen geht, von drei rechtlich qualifizierten Richtern entschieden werden. Dies entspricht der der Zusammensetzung der Spruchkörper des Gerichts erster Instanz zugrundeliegende Logik (Art. 8 EPGÜ und R. 33, 34, 37.3, 57 und 72 VerfO) und folgt aus einer analogen Anwendung des Art. 9(2) EPGÜ. Dies gewährleistet auch die Wirtschaftlichkeit und die Effizienz der Verfahren und damit rasche Entscheidungen (EPGÜ, 6. Erwägungsgrund), da andernfalls eine oder mehrere Wochen für die Zuweisung von zwei technisch qualifizierten Richtern, die über eine entsprechende Qualifikation und Erfahrung auf dem betreffenden Gebiet der Technik verfügen, erforderlich wären. Schließlich steht dies in Einklang mit den Absätzen 2 bis 4 der Präambel der VerfO, wonach die Verfahrensordnung nach den Art. 41(3), 42 und 52(1) EPGÜ auf der Grundlage der Prinzipien der Verhältnismäßigkeit, Flexibilität, Fairness und Billigkeit anzuwenden und auszulegen ist. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist dadurch Rechnung zu tragen, dass Art und Komplexität jedes Verfahrens und seine Bedeutung angemessene Berücksichtigung finden. Die Flexibilität ist dadurch zu gewährleisten, dass alle Verfahrensvorschriften mit dem erforderlichen Grad an Ermessen flexibel und ausgewogen angewandt werden, so dass die Richter das Verfahren möglichst effizient und kostensparend gestalten können.
BEANSTANDETE ANORDNUNG DES GERICHTS ERSTER INSTANZ
□ Datum: 27. November 2023
□ Aktenzeichen des Gerichts erster Instanz: UPC_CFI_210/2023, ACT_578702/2023
KURZE DARSTELLUNG DES SACHVERHALTS
Mit Anordnung vom 27. November 2023 hat die Präsidentin des Gerichts erster Instanz einen Antrag der Berufungskläger auf Änderung der Verfahrenssprache von Deutsch auf Englisch abgelehnt.
Die Berufungskläger haben gegen diese Anordnung Berufung eingelegt und im Hauptverfahren vor dem Berufungsgericht, APL_594246/2023, beantragt, dass das Berufungsgericht die Anordnung aufhebt und entscheidet, dass die Verfahrenssprache in die Sprache des Streitpatents, d.h. Englisch, geändert wird.
ANGABE DER VON DER PARTEIEN BEGEHRTEN ANTRÄGE
Die Berufungskläger haben gemäß R. 9.3(b) VerfO beantragt, dass das Berufungsgericht (i) dem Berufungsbeklagten eine Antwortfrist von fünf Arbeitstagen setzt und (ii) so bald wie möglich danach eine Entscheidung erlässt, wenn möglich mindestens drei Tage vor dem 22. Dezember 2023.
Die Berufungskläger machen geltend, dass sie ein dringliches Interesse daran haben, dass sie ihre erste Klageerwiderung und Widerklage im Verfahren vor dem Gericht erster Instanz, die spätestens am 22. Dezember 2023 einzureichen ist, in englischer Sprache einreichen können.
TATSÄCHLICHE UND RECHTLICHE STREITPUNKTE
Antrag auf Verkürzung einer Frist (Beschleunigung des Berufungsverfahrens), R. 225(e), 9.3(b) VerfO
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
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- Der Antrag auf Fristverkürzung ist zulässig.
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- Es besteht keine Notwendigkeit, den Berufungsbeklagten zu diesem Antrag anzuhören.
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- Gemäß R. 224.2(b) VerfO hat der Berufungsbeklagte 15 Tage ab Zustellung der Berufungsbegründung Zeit, eine Berufungserwiderung einzureichen.
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- R. 9.3(b) VerfO ermächtigt das Gericht, auf begründeten Antrag einer Partei eine Frist zu verkürzen.
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- Die Berufungskläger haben den Antrag auf Beschleunigung des Berufungsverfahrens gleichzeitig mit der Einreichung der Berufungsschrift, die die Berufungsbegründung enthält, am 12. Dezember 2023 außerhalb der Geschäftszeiten eingereicht, und damit die Frist von 15 Tagen nach R. 224.1(b) und 224.2(b) VerfO vollständig ausgenutzt. Selbst wenn ihrem Antrag bereits am nächsten Tag stattgegeben worden wäre, hätte die Berufungsbeklagte dann nur 4 Arbeitstage Zeit gehabt, um ihre Erwiderung einzureichen, und das Berufungsgericht hätte noch am selben Tag über die Sache entscheiden müssen, ohne die Parteien anhören zu können.
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- Das Berufungsgericht ist der Ansicht, dass der Berufungskläger mit seinem Antrag das Interesse des Berufungsbeklagten an einer angemessenen Frist zur ordnungsgemäßen Vorbereitung seiner Berufungserwiderung unter Berücksichtigung der Zeit, die der Berufungskläger selbst für die Vorbereitung seiner Berufungsbegründung in Anspruch genommen hat, nicht ausreichend berücksichtigt hat. Dem Antrag auf Beschleunigung des Berufungsverfahrens stattzugeben, würde den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit, Fairness und Billigkeit, die das Gericht bei der Anwendung der Verfahrensordnung zu berücksichtigen hat, zuwiderlaufen. Das Berufungsgericht ist sich bewusst, dass dies bedeutet, die Klageerwiderung im Verfahren vor dem Gericht erster Instanz in Kürze in der angegriffenen Verfahrenssprache (Deutsch) einzureichen ist, ist jedoch der Ansicht, dass unter den vorliegenden Umständen die Interessen des Berufungsbeklagten und die Grundsätze eines ordentlichen Verfahrens die Interessen des Berufungsklägers überwiegen.
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- Der Antrag auf Verkürzung der Frist für die Berufungserwiderung wird zurückgewiesen.
ANORDNUNG
Der Antrag auf Verkürzung einer Frist wird zurückgewiesen.
ANWEISUNGEN AN DIE PARTEIEN UND DIE KANZLEI BETREFFEND DIE NÄCHSTEN VERFAHRENSSCHRITTE Mit dieser Anordnung wird die App_594339/2023 abgeschlossen.
Erlassen am 20. Dezember 2023
Namen und Unterschriften
Richterinnen
Vorsitzende Richterin: Rian Kalden
Rechtlich qualifizierte Richterin und Berichterstatterin: Ingeborg Simonsson
Rechtlich qualifizierte Richterin: Patricia Rombach
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