This Month Year to Date All Time Custom
Highlight search results
Danish
German
English
French
Italian
Dutch
Toggle Columns
Type
Order
Decision
Reference
Court Division
Brüssel
Brussels
Copenhagen
Den Haag
Düsseldorf
Hamburg
Helsinki
Lisbon
Lissabon
Luxembourg
Luxemburg
Mailand
Mannheim
Milan
München
Munich
Nordic Baltic Regional Division
Paris
The Hague
Vienna
Tags
9 April, 2024
Decision
ORD_13918/2024 Düsseldorf (DE) Loca… EP3466498B1
Art. 24 Abs. 1 (c) EPGÜ
...

Please log in to add tags.

Please log in to add notes.

Please log in to add tags.

ORD_13918/2024
9 April, 2024
Decision

Summary
(AI generated)

Parties

Mammut Sports Group GmbH,
Mammut Sports Group AG
v. Ortovox Sportartikel GmbH

Registry Information
Registry Number:

App_4074/2024

Court Division:

Düsseldorf (DE) Local Division

Type of Action:

Request to review an order ex-parte

Language of Proceedings:

DE

Patent at issue

EP3466498B1

Sections

Headnotes (EN)

1. Art. 24 Abs. 1 (c) EPGÜ i.V.m. Art. 69 EPÜ bestimmen abschließend, welche Unterlagen bei der Auslegung der den Schutzbereich bestimmenden Patentansprüche heranzuziehen sind, nämlich die Patentbeschreibung und die Patentzeichnungen. Da die Erteilungsakte in Art. 69 EPÜ keine Erwähnung findet, bildet sie grundsätzlich kein zulässiges Auslegungsmaterial. Hat sich der Anmelder im Rahmen des Prüfungsverfahrens zur Bedeutung eines Merkmals oder Begriffes geäußert, kann dies allenfalls indizielle Bedeutung dafür haben, wie der Fachmann das betreffende Merkmal begreift. 2. Ein Antragsteller muss bei der Rechtsverfolgung im Rahmen eines Verfahrens auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen grundsätzlich kein Risiko eingehen. Er braucht das Gericht erst dann anzurufen, wenn er verlässliche Kenntnis aller Tatsachen hat, die eine Rechtsverfolgung im Verfahren auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen erfolgversprechend machen und wenn er diese Tatsachen glaubhaft machen kann. 3. Gemäß Ziff. 7. S. 3 der Präambel der Verfahrensordnung haben die Parteien mit dem Gericht zu kooperieren und ihre Argumente so früh wie möglich vorzubringen. Vorbringen, welches erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung zur Akte gelangt, wird diesen Anforderungen von vornherein nicht gerecht und ist daher regelmäßig als verspätet zurückzuweisen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der betreffenden Partei nicht ausnahmsweise bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf einen begründeten Antrag hin das Recht eingeräumt wurde, im Rahmen einer durch das Gericht festgesetzten Frist ergänzend vorzutragen. 4. Für eine Kostengrundentscheidung besteht in Verfahren auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen jedenfalls dann keine Veranlassung, wenn auf das Eilverfahren ein Hauptsacheverfahren folgt. Für diesen Fall sieht die Verfahrensordnung eine vorläufige Kostenerstattung vor (R. 211.1 (d) VerfO), mit welcher die obsiegende Partei ihre Kosten des Eilverfahrens geltend machen und unmittelbar titulieren lassen kann. Für eine analoge Anwendung von R. 118.5 VerfO fehlt es daher bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. 5. Das Gericht kann für den Fall der Aufhebung der Anordnung einstweiliger Maßnahmen, die Erbringung einer angemessenen Sicherheit zugunsten des Antragsgegners verlangen. Gebietet der konkrete Fall nicht ausnahmsweise etwas anderes, ist von dieser Möglichkeit im Regelfall Gebrauch zu machen.

Keywords (DE)

Kostengrundentscheidung, Prüfungsantrag, Verspätung, Patentauslegung, Erteilungsakte, Prüfungsumfang, Sicherheitsleistung
Cited Legal Standards
Art. 24 Abs. 1 (c) EPGÜ
Art. 25 (a) EPGÜ
Art. 26 (1) EPGÜ
Art. 47 Abs. 1 EPGÜ
Art. 47 EPGÜ
Art. 54 EPÜ
Art. 56 EPÜ
Art. 62 (1), 25 (a), 26 (1) EPGÜ
Art. 62 Abs. 2 EPGÜ
Art. 62 Abs. 3 EPGÜ
Art. 62 Abs. 4 EPGÜ
Art. 69 Abs. 1 EPGÜ
Art. 69 EPÜ
Art. 73 (2) (a), 62 EPGÜ
Art. 73 EPÜ
Art. 83 EPÜ
R. 118.5 VerfO
R. 150 ff. VerfO
R. 171.2 VerfO
R. 197.3 197.4 VerfO
R. 197.3 S. 2 (b) VerfO
R. 205 ff. VerfO
R. 206.2 (c) VerfO
R. 209.2 (a) VerfO
R. 209.2 (b) VerfO
R. 209.2 VerfO
R. 209 Nr. 2 (b) VerfO
R. 211.1 (b) VerfO
R. 211.1 (c) VerfO
R. 211.1 (d) VerfO
R. 211.2 VerfO
R. 211.5 VerfO
R. 211 Nr. 2 VerfO
R. 211 Nr. 3 VerfO
R. 211 Nr. 4 VerfO
R. 212.3 S. 2 VerfO
R. 212.3 Satz 1 VerfO
R. 212.3 VerfO
R. 213.1 VerfO
R. 213.2 VerfO
R. 220.1 (c), 224.2 (b) VerfO
R. 263.1 S. 1 VerfO
R. 263.2 VerfO
R. 352.1 VerfO
R. 354.3 VerfO
R. 354.4 VerfO
Add a custom note or summary to this decision
Styles
Text
Heading 1
Heading 2
Heading 3
Bold ⌘B
Italic ⌘I
Strikethrough ⌘+Shift+S
Bullet list
Ordered list
Blockquote ⌘+Shift+B
Insert link ⌘K
Insert link
Unlink
Align
Left
Center
Right

ORD_13918/2024

Lokalkammer Düsseldorf UPC_CFI_452/2023

Anordnung

des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts Lokalkammer Düsseldorf erlassen am 9. April 2024 betreffend EP 3 466 498 B1

LEITSÄTZE:

    1. Art. 24 Abs. 1 (c) EPGÜ i.V.m. Art. 69 EPÜ bestimmen abschließend, welche Unterlagen bei der Auslegung der den Schutzbereich bestimmenden Patentansprüche heranzuziehen sind, nämlich die Patentbeschreibung und die Patentzeichnungen. Da die Erteilungsakte in Art. 69 EPÜ keine Erwähnung findet, bildet sie grundsätzlich kein zulässiges Auslegungsmaterial. Hat sich der Anmelder im Rahmen des Prüfungsverfahrens zur Bedeutung eines Merkmals oder Begriffes geäußert, kann dies allenfalls indizielle Bedeutung dafür haben, wie der Fachmann das betreffende Merkmal begreift.
    1. Ein Antragsteller muss bei der Rechtsverfolgung im Rahmen eines Verfahrens auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen grundsätzlich kein Risiko eingehen. Er braucht das Gericht erst dann anzurufen, wenn er verlässliche Kenntnis aller Tatsachen hat, die eine Rechtsverfolgung im Verfahren auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen erfolgversprechend machen und wenn er diese Tatsachen glaubhaft machen kann.
    1. Gemäß Ziff. 7. S. 3 der Präambel der Verfahrensordnung haben die Parteien mit dem Gericht zu kooperieren und ihre Argumente so früh wie möglich vorzubringen. Vorbringen, welches erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung zur Akte gelangt, wird diesen Anforderungen von vornherein nicht gerecht und ist daher regelmäßig als verspätet zurückzuweisen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der betreffenden Partei nicht ausnahmsweise bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf einen begründeten Antrag hin das Recht eingeräumt wurde, im Rahmen einer durch das Gericht festgesetzten Frist ergänzend vorzutragen.
    1. Für eine Kostengrundentscheidung besteht in Verfahren auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen jedenfalls dann keine Veranlassung, wenn auf das Eilverfahren ein Hauptsacheverfahren folgt. Für diesen Fall sieht die Verfahrensordnung eine vorläufige Kostenerstattung vor (R. 211.1 (d) VerfO), mit welcher die obsiegende Partei ihre Kosten des Eilverfahrens geltend machen und unmittelbar titulieren lassen kann. Für eine analoge Anwendung von R. 118.5 VerfO fehlt es daher bereits an einer planwidrigen Regelungslücke.
    1. Das Gericht kann für den Fall der Aufhebung der Anordnung einstweiliger Maßnahmen, die Erbringung einer angemessenen Sicherheit zugunsten des Antragsgegners verlangen. Gebietet der konkrete Fall nicht ausnahmsweise etwas anderes, ist von dieser Möglichkeit im Regelfall Gebrauch zu machen.

SCHLAGWÖRTER:

Prüfungsantrag, Prüfungsumfang, Patentauslegung, Erteilungsakte, Verspätung, Kostengrundentscheidung, Sicherheitsleistung

ANTRAGSTELLERIN:

Ortovox Sportartikel GmbH, Rotwandweg 5, 82024 Taufkirchen, vertreten durch den Geschäftsführer Christian Schneidermeier, ebenda,

vertreten durch:

Rechtsanwältin Miriam Kiefer, Rechtsanwalt Robert Knaps, Kanzlei Kather Augenstein, Bahnstraße 16, 40212 Düsseldorf,

elektronische Zustelladresse:

kiefer@katheraugenstein.com

mitwirkend:

Patentanwalt Michael Siebel, Kanzlei Hofstetter, Schurack & Partner, Patent- und Rechtsanwälte PartG mbB,

ANTRAGSGEGNERIN:

    1. Mammut Sports Group AG, Birren 5, 5703 Seon, Schweiz vertreten durch ihre gesetzlichen Vertreter, ebenda,
    1. Mammut Sports Group GmbH, Mammut-Basecamp 1, 87787 Wolfertschwenden, Deutschland, vertreten durch ihre gesetzlichen Vertreter, ebenda,

vertreten durch:

Rechtsanwalt Oliver Jan Jüngst, Rechtsanwalt Dr. Moritz Schroe- der, Rechtsanwalt Dr. Alexander Bothe, Kanzlei Bird & Bird LLP, Carl-Theodor-Straße 6, 40213 Düsseldorf,

elektronische Zustelladresse:

oliver.jan.juengst@twobirds.com

mitwirkend:

Patentanwalt Dr. Dr. Fabian Leimgruber, Sozietät Thomann Fischer, Elisabethenstraße 30, CH-4010 Basel,

vertreten durch:

Rechtsanwalt Oliver Jan Jüngst, Rechtsanwalt Dr. Moritz Schroe- der, Rechtsanwalt Dr. Alexander Bothe, Kanzlei Bird & Bird LLP, Carl-Theodor-Straße 6, 40213 Düsseldorf,

elektronische Zustelladresse:

oliver.jan.juengst@twobirds.com

mitwirkend:

Patentanwalt Dr. Dr. Fabian Leimgruber, Sozietät Thomann Fischer, Elisabethenstraße 30, CH-4010 Basel,

STREITPATENT:

EUROPÄISCHES PATENT NR. EP 3 466 498 B1

Spruchkörper/Kammer:

Spruchkörper der Lokalkammer Düsseldorf

MITWIRKENDE RICHTER:

Diese Anordnung wurde durch den Vorsitzenden Richter Thomas, die rechtlich qualifizierte

Richterin Dr. Thom, den rechtlich qualifizierten Richter Dr. Schober sowie den technisch qualifizierten Richter Dr. Wismeth erlassen.

VERFAHRENSSPRACHE: Deutsch

GEGENSTAND: R. 212.3 VerfO i.V.m. R. 197.3 und 197.4 VerfO - Antrag auf Prüfung der Anordnung einstweiliger Maßnahmen

MÜNDLICHE VERHANDLUNG: 5. März 2024

KURZE DARSTELLUNG DES SACHVERHALTS:

Die Antragstellerin ist alleinige Inhaberin des Europäischen Patents EP 3 466 498 B1 (nachfolgend: Streitpatent). Das Streitpatent wurde am 9. Oktober 2017 in deutscher Sprache angemeldet. Die Offenlegung der Patentanmeldung erfolgte am 10. April 2019. Der Hinweis auf die Erteilung des Streitpatents wurde am 4. Dezember 2019 veröffentlicht. Das Streitpatent steht derzeit unter anderem in der Bundesrepublik Deutschland und in der Republik Österreich in Kraft. Die Antragstellerin hat in Bezug auf das Streitpatent kein Opt-out erklärt.

Gegen die Erteilung des Streitpatents wurde kein Einspruch eingelegt. Jedoch hat die Antragsgegnerin zu 1) den schweizerischen Teil des Streitpatents mit einer Nichtigkeitsklage vom 11. Juli 2023 (Prozessnummer: 02023_012) angegriffen. Hinsichtlich des Inhalts dieser Nichtigkeitsklage wird auf die Anlagen KAP 15 bis KAP 28 sowie das Anlagenkonvolut BB 1 Bezug genommen. Eine Entscheidung des Bundespatentgerichts der Schweiz über diese Nichtigkeitsklage steht noch aus.

Das Streitpatent stellt ein 'Lawinen-Verschütteten-Suchgerät' (nachfolgend: LVS) unter Schutz. Sein Patentanspruch 1 ist wie folgt formuliert:

'Lawinen-Verschütteten-Suchgerät, mit einer Sendeeinheit (16) zum Senden wenigstens eines Sendesignals (18), einer Empfangseinheit (16) zum Empfangen wenigstens eines Sendesignals (30) von wenigstens einem weiteren Lawinen-Verschütteten-Suchgerät (32), und mit einer Steuerungseinrichtung (24) zum Ansteuern wenigstens eines Lautsprechers (22), wobei die Steuerungseinrichtung (24) dazu ausgebildet ist, in Abhängigkeit von wenigstens einem Ereignis den wenigstens einen Lautsprecher (22) zum Ausgeben zumindest einer Sprachnachricht anzusteuern, wobei das wenigstens eine Ereignis mit einer Suche nach dem wenigstens einen weiteren Lawinen-Verschütteten-Suchgerät (32) in Zusammenhang steht, wobei das Lawinen-Verschütteten-Suchgerät (10) den wenigstens einen Lautsprecher (22) aufweist und der wenigstens eine Lautsprecher (22) dazu ausgebildet ist, wenigstens ein Tonsignal auszugeben, dadurch gekennzeichnet, dass das wenigstens ein(e) Tonsignal mit der Suche nach dem wenigstens einen weiteren Lawinen-Verschütteten-Suchgerät (32) in Zusammenhang steht, wobei die Steuerungseinrichtung (24) dazu ausgebildet ist, den wenigstens einen Lautsprecher (22) derart anzusteuern, dass das wenigstens eine Tonsignal während des Ausgebens der zumindest einen Sprachnachricht unterdrückt wird oder mit einer verringerten Lautstärke ausgegeben wird.'

Daneben schützt das Streitpatent in Patentanspruch 13 ein 'Verfahren zum Betreiben eines Lawinen-Verschütteten-Suchgeräts', das wie folgt ausgestaltet ist:

'Verfahren zum Betreiben eines Lawinen-Verschütteten-Suchgeräts (10), welches eine Sendeeinheit (16) zum Senden wenigstens eines Sendesignals (18) aufweist, und eine Empfangseinheit (16) zum Empfangen wenigstens eines Sendesignals (30), welches von wenigstens einem weiteren LawinenVerschütteten-Suchgerät (32) ausgegeben wird, bei welchem eine Steuerungseinrichtung (24) des Lawinen-Verschütteten-Suchgeräts (10) wenigstens einen Lautsprecher (22) ansteuert, wobei die

Steuerungseinrichtung (24) den wenigstens einen Lautsprecher (22) derart ansteuert, dass der wenigstens eine Lautsprecher (22) zumindest eine Sprachnachricht ausgibt, wobei der wenigstens eine Lautsprecher (22) von der Steuerungseinrichtung (24) in Abhängigkeit von wenigstens einem Ereignis angesteuert wird, welches mit einer Suche nach dem wenigstens einen weiteren Lawinen-Verschütteten-Suchgerät (32) in Zusammenhang steht, das Lawinen-Verschütteten-Suchgerät (10) den wenigstens einen Lautsprecher (22) aufweist und der wenigstens eine Lautsprecher (22) wenigstens ein Tonsignal ausgibt, dadurch gekennzeichnet, dass das wenigstens ein(e) Tonsignal mit der Suche nach dem wenigstens einen weiteren Lawinen-Verschütteten-Suchgerät (32) in Zusammenhang steht, wobei die Steuerungseinrichtung (24) den wenigstens einen Lautsprecher (22) derart ansteuert, dass das wenigstens eine Tonsignal während des Ausgebens der zumindest einen Sprachnachricht unterdrückt wird oder mit einer verringerten Lautstärke ausgegeben wird.'

Die nachfolgend eingeblendeten Figuren 1 und 2 erläutern die technische Lehre des Streitpatents anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels. Während sich das Lawinen-Verschütteten-Suchgerät (10) in Figur 1 in einem Sendemodus befindet, arbeitet es in Figur 2 in einem Empfangsmodus. In diesem Fall befindet sich ein weiteres Lawinen-Verschütteten-Suchgerät (32) in einem Sendemodus.

ORD_13918/2024

Mit ihrem Antrag auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen richtet sich die Antragstellerin gegen das Angebot und den Vertrieb des Lawinen-Verschütteten-Suchgeräts 'Barryvox S2' (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform), welches aus der nachfolgend eingeblendeten Abbildung ersichtlich ist:

ORD_13918/2024

Die Antragsgegnerin zu 1) stellte die angegriffene Ausführungsform in der Zeit vom 8. Oktober 2023 bis zum 13. Oktober 2023 auf der Messe 'ISSW' in Bend, Oregon (USA), aus, wo es von Mitarbeitern der Antragstellerin untersucht wurde. Anfang November 2023 erhielt die Antragstellerin

den Hinweis eines Händlers, dass die angegriffene Ausführungsform für das Jahr 2024 über die B2B-Plattform des Konzerns der Antragsgegnerinnen vorbestellt werden kann. Ausweislich der auf dieser Plattform zu findenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist die Antragsgegnerin zu 2) für Angebote und Lieferungen in die Bundesrepublik Deutschland und die Republik Österreich verantwortlich. Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Plattform wird auf die Anlage KAP 9 Bezug genommen.

Des Weiteren war die Antragsgegnerin zu 1) auf der Messe 'ISPO Munich 2023', die in der Zeit vom 28. November 2023 bis zum 30. November 2023 in München stattfand, als Mitausstellerin präsent. Auch auf dieser Messe wurde die in diesem Jahr mit dem 'ISPO Award 2023' ausgezeichnete angegriffene Ausführungsform ausgestellt.

Nachdem die Antragstellerin die Antragsgegnerinnen mit Schriftsatz vom 28. November 2023 (Anlage KAP 12) erfolglos abgemahnt hatte, hat sie bei der Lokalkammer Düsseldorf mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2023 die Anordnung einstweiliger Maßnahmen ex-parte beantragt. Auf eine durch die Lokalkammer Düsseldorf daraufhin erlassene Hinweisanordnung (ORD_591010/2023) hat die Antragstellerin ihr Vorbringen zur Notwendigkeit einer Anordnung ex-parte ergänzt.

Die Lokalkammer Düsseldorf hat am 11. Dezember 2023 in der Besetzung mit drei rechtlich qualifizierten Richtern ex-parte einstweilige Maßnahmen mit folgendem Inhalt angeordnet (ORD_592936/2023):

  • I. Den Antragsgegnerinnen wird aufgegeben, es zu unterlassen,
    1. Lawinen-Verschütteten-Suchgeräte

in der Bundesrepublik Deutschland und/oder der Republik Österreich, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu diesen Zwecken einzuführen oder zu besitzen, mit zumindest einer Sendeeinheit zum Senden wenigstens eines Sendesignals,

einer Empfangseinheit zum Empfangen wenigstens eines Sendesignals von wenigstens einem weiteren Lawinen-Verschütteten-Suchgerät, und mit einer Steuerungseinrichtung zum Ansteuern wenigstens eines Lautsprechers,

wobei die Steuerungseinrichtung dazu ausgebildet ist, in Abhängigkeit von wenigstens einem Ereignis den wenigstens einen Lautsprecher zum Ausgeben zumindest einer Sprachnachricht anzusteuern, wobei das wenigstens eine Ereignis mit einer Suche nach dem wenigstens einen weiteren Lawinen-Verschütteten-Suchgerät in Zusammenhang steht,

wobei das Lawinen-Verschütteten-Suchgerät den wenigstens einen Lautsprecher aufweist und der wenigstens eine Lautsprecher dazu ausgebildet ist, wenigstens ein Tonsignal auszugeben, dadurch gekennzeichnet, dass

das wenigstens eine Tonsignal mit der Suche nach dem wenigstens einen weiteren Lawinen-Verschütteten-Suchgerät in Zusammenhang steht, wobei die Steuerungseinrichtung dazu ausgebildet ist, den wenigstens einen Lautsprecher derart anzusteuern, dass das wenigstens eine Tonsignal während des Ausgebens der zumindest einen Sprachnachricht unterdrückt wird oder mit einer verringerten Lautstärke ausgegeben wird;

    1. Vorrichtungen, die zur Durchführung eines Verfahrens zum Betreiben eines Lawinen-Verschütteten-Suchgeräts geeignet sind

in der Bundesrepublik Deutschland und/oder der Republik Österreich zur Verwendung in der Bundesrepublik Deutschland und/oder der Republik Österreich anzubieten und/oder zu liefern, wobei das Verfahren zumindest folgendes umfasst:

eine Sendeeinheit zum Senden wenigstens eines Sendesignals, eine Empfangseinheit zum Empfangen wenigstens eines Sendesignals, welches von wenigstens einem weiteren Lawinen-Verschütteten-Suchgerät ausgegeben wird,

bei welchem eine Steuerungseinrichtung des Lawinen-Verschütteten-Suchgeräts wenigstens einen Lautsprecher ansteuert, wobei die Steuerungseinrichtung den wenigstens einen Lautsprecher derart ansteuert, dass der wenigstens eine Lautsprecher zumindest eine Sprachnachricht ausgibt,

wobei der wenigstens eine Lautsprecher von der Steuerungseinrichtung in Abhängigkeit von wenigstens einem Ereignis angesteuert wird, welches mit einer Suche nach dem wenigstens einen weiteren Lawinen-Verschütteten-Suchgerät in Zusammenhang steht, das Lawinen-Verschütteten-Suchgerät den wenigstens einen Lautsprecher aufweist und der wenigstens eine Lautsprecher wenigstens ein Tonsignal ausgibt,

dadurch gekennzeichnet, dass das wenigstens eine Tonsignal mit der Suche nach dem wenigstens einen weiteren Lawinen-Verschütteten-Suchgerät in Zusammenhang steht,

wobei die Steuerungseinrichtung den wenigstens einen Lautsprecher derart ansteuert, dass das wenigstens eine Tonsignal während des Ausgebens der zumindest einen Sprachnachricht unterdrückt wird oder mit einer verringerten Lautstärke ausgegeben wird.

  • II. Für jede einzelne Zuwiderhandlung gegen die vorstehende Anordnung haben die Antragsgegnerinnen ein (ggf. wiederholtes) Zwangsgeld in Höhe von bis zu 10.000,- EUR

pro Erzeugnis und/oder bei Dauerhandlungen wie beispielsweise Angeboten im Internet von bis zu 30.000,- EUR pro Tag an das Gericht zu zahlen.

  • III. Den Antragsgegnerinnen wird weiter aufgegeben, die unter Ziffer I. bezeichneten Lawinen-Verschütteten-Suchgeräte bzw. Vorrichtungen, die zur Durchführung eines Verfahrens zum Betreiben eines Lawinen-Verschütteten-Suchgeräts geeignet sind, an einen Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Verwahrung herauszugeben, die andauert, bis über das Bestehen eines Vernichtungsanspruchs zwischen den Parteien rechtskräftig entschieden oder eine einvernehmliche Regelung herbeigeführt worden ist.
  • IV. Diese Anordnung ist nur vollstreckbar, wenn die Antragstellerin zugunsten der Antragsgegnerinnen eine Sicherheit in Form einer Hinterlegung oder Bankbürgschaft in Höhe eines Betrages von 500.000,- EUR geleistet hat.

Mit Schriftsatz vom 19. Januar 2024 (App_3217/2024, App_3259/2024 und App_4074/2024) haben die Antragsgegnerinnen die Prüfung dieser Anordnung beantragt.

Im Anschluss an eine Anhörung der Parteien hat die Lokalkammer Düsseldorf mit Anordnung vom 26. Januar 2024 einen technisch qualifizierten Richter hinzugezogen (ORD_3347/2024), welcher der Lokalkammer sodann durch die Präsidentin des Gerichts erster Instanz zugewiesen wurde.

Ergänzend wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

ANTRÄGE DER PARTEIEN:

Die Antragsgegnerinnen beantragen,

    1. die Anordnung im Rahmen der Überprüfung nach R. 212.3 Satz 1 VerfO aufzuheben und den Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen zurückzuweisen,
    • hilfsweise -
  • 1.1. den Antragsgegnerinnen die Fortsetzung der vermeintlichen Verletzungshandlungen gegen die Beibringung einer Sicherheitsleistung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch 500.000,- EUR nicht überschreiten sollte, zu erlauben;
    1. zugunsten der Antragsgegnerinnen eine vorläufige Kostenerstattung in Höhe von 19.858,40 EUR anzuordnen;
    1. anzuordnen, dass die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens zu tragen hat;
    1. die sofortige Vollstreckbarkeit der Anordnung anzuordnen;
    • höchst hilfsweise -
    1. das für jede einzelne Zuwiderhandlung gegen die Anordnung angedrohte (ggf. wiederholtes) Zwangsgeld auf 2.500,- EUR pro Erzeugnis und/oder bei Dauerhandlungen wie beispielsweise Angeboten im Internet auf bis zu 5.000,- EUR pro Tag zu begrenzen;
    1. den Antrag der Antragstellerin auf vorläufige Kostenerstattung in Höhe von 33.375,70

EUR zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

  • I. die Anträge der Antragsgegnerinnen vom 19. Oktober 2024 zurückzuweisen;
  • II. die Anordnung vom 11. Dezember 2023 dergestalt zu ergänzen, dass die Antragsgegnerinnen
    1. der Antragstellerin vorläufig Kosten in Höhe von 33.375,70 EUR zu erstatten haben;
    1. die Kosten des Verfahrens zu tragen haben.

TATSÄCHLICHE UND RECHTLICHE STREITPUNKTE:

Nach Auffassung der Antragsgegnerinnen macht die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Streitpatents schon deshalb keinen Gebrauch, weil sie kein Ton signal , sondern ein sogenanntes Ton muster abgebe. Zudem gebe die angegriffene Ausführungsform alternierend unterschiedliche akustische Signale und zu keinem Zeitpunkt zwei akustische Signale parallel aus. Daher werde bei der Ausgabe einer Sprachnachricht kein Tonsignal im Sinne des Streitpatents unterdrückt.

Überdies sei die Antragsgegnerin zu 1) Inhaberin des gegenüber dem Streitpatent älteren EP 2 527 011 (nachfolgend: '011). Von der dort offenbarten technischen Lösung mache die angegriffene Ausführungsform Gebrauch. Zu Gunsten der Antragsgegnerinnen streite daher der 'Einwand des älteren Rechts', woraus ein positives Benutzungsrecht der Antragsgegnerinnen am Streitpatent erwachse. Abgesehen davon sei das Streitpatent ohnehin von einer zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin zu 2) bereits 2010 geschlossenen Lizenzvereinbarung erfasst und damit zu Gunsten der Antragsgegnerinnen lizenziert. Hinsichtlich des Inhalts dieser Vereinbarung wird auf die Anlage KAP 36 Bezug genommen.

Abgesehen davon könne auch nicht mit 'ausreichender Sicherheit' von der Rechtsbeständigkeit des Streitpatents ausgegangen werden. Für eine derartige Sicherheit müsse sich das Streitpatent jedenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit als rechtsbeständig erweisen. Die technische Lehre des Streitpatents werde jedoch durch die WO 2006/015721 A1 (Anlagen KAP 17/BB1 - Beilage 32), die DE 299 22 217 U1 (Anlagen KAP 19/BB1 - Beilage 33), die EP 2 527 011 A1 (Anlage KAP 18/BB1 Beilage 28) sowie die erstmals einen Tag vor der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführte EP 1 577 679 A1 (Anlage BB 2) neuheitsschädlich vorweggenommen. Jedenfalls fehle es ausgehend von den vorgenannten Schriften an der erfinderischen Tätigkeit. Unter Zugrundelegung der von der Antragstellerin vertretenen Auslegung fehle es Patentanspruch 1 überdies sowohl in Bezug auf den Begriff des 'Unterdrückens' als auch hinsichtlich des Tonsignals und der Sprachnachricht an der Ausführbarkeit.

Die Anordnung einstweiliger Maßnahmen sei auch nicht notwendig.

Bei der angegriffenen Ausführungsform handele es sich um reine, noch in einer Testphase befindliche Prototypen, deren Produktionsphase weder in tatsächlicher noch in zeitlicher Hinsicht konkret feststehe. Zudem habe die Antragstellerin durch ihr unangemessenes Zuwarten bei der Beantragung der einstweiligen Maßnahmen die zeitliche Dringlichkeit selbst widerlegt. Ausweislich des eigenen Vorbringens der Antragstellerin (Anlage KAP 8) hätten ihre Mitarbeiter die angegriffene

Ausführungsform erstmals auf der Messe ISSW (International Snow Science Workshop), die vom 8. Oktober 2023 bis zum 13. Oktober 2023 in Bend, Oregon, USA, stattgefunden habe, getestet. Die ISSW sei eine in höchstem Maße internationale Veranstaltung. Seitdem habe die Antragstellerin Kenntnis von der angegriffenen Ausführungsform und ihrer Funktionsweise.

Darüber hinaus sei der Antragstellerin auch bekannt gewesen, dass die 'ISPO' und damit die wichtigste Fachmesse für Wintersportausrüstung im deutschsprachigen Raum Ende November 2023 in München stattfinden würde. Auch wenn theoretisch noch nach der Messe mit Geschäftsabschlüssen zu rechnen sei, hätten mit einer Anordnung einstweiliger Maßnahmen vermeintliche Geschäftsabschlüsse auf der Messe und im unmittelbaren Nachgang nicht mehr verhindert werden können. Soweit sich die Antragstellerin zur Begründung ihres Antrages darauf berufen habe, die Verträge über den Großteil der Verkäufe würden bis Weihnachten geschlossen, sei dieses Ziel schon deshalb verfehlt worden, weil die Zustellung der Anordnung einstweiliger Maßnahmen erst am 21. bzw. 22. Dezember 2023 erfolgt sei.

Überdies habe die Antragstellerin auch keinen Rechtschutz gegen die Herstellung der angegriffenen Ausführungsform in der Schweiz in Anspruch genommen und auch dadurch gezeigt, dass es der Angelegenheit an der Dringlichkeit fehle.

Abgesehen davon seien in die notwendige Interessenabwägung auch Drittinteressen in Gestalt der Überlebenschancen von Lawinenopfern einzustellen.

Durch eine Unterlassungsanordnung entstehe den Antragsgegnerinnen überdies ein unwiederbringlicher wirtschaftlicher Schaden. Eine spätere Aufhebung einer im Eilverfahren ergangenen Anordnung im Verfügungsverfahren oder in der Hauptsache lasse die Antragsgegnerinnen zwar dann auf den Markt, jedoch blieben die Vorbestellungen bei den anderen Herstellern in Kraft.

Auch im Übrigen falle die Interessenabwägung unter jedem erdenklichen Gesichtspunkt zugunsten der Antragsgegnerinnen aus. Jedenfalls sei die rechtliche Folge einer möglichen Patentverletzung kein 'Anspruch' auf eine Unterlassungsanordnung. Eine solche Anordnung liege vielmehr im Ermessen des Gerichts, wobei die Interessen der Antragsgegnerinnen im Rahmen der Ermessensausübung gleichberechtigt zu berücksichtigen seien.

Der durch die Antragsgegnerinnen als vorläufige Kostenerstattung verlangte Betrag i.H.v. 19.858,40 EUR beruhe auf einer Kostenberechnung auf Grundlage der etablierten deutschen Praxis nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

Höchst hilfsweise verlangen die Antragsgegnerinnen eine Begrenzung der Höhe des Zwangsgeldes. Die festgesetzten Summen seien mit Blick auf die angegriffene Ausführungsform, den relevanten Sachverhalt und das anordnungsgemäße Verhalten der Antragsgegnerinnen nach Zustellung der Anordnung einstweiliger Maßnahmen unverhältnismäßig.

Die Antragstellerin ist dem Vorbringen der Antragsgegnerinnen entgegengetreten.

Nach ihrer Auffassung könnten sich die Antragsgegnerinnen nicht darauf zurückziehen, das 'Barryvox S2' existiere bisher nur als Prototyp. Die angegriffene Ausführungsform habe einschränkungslos für das streitgegenständliche Gebiet mit Sprachführung bestellt werden können.

Des Weiteren mache die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß von der technischen Lehre des Streitpatents Gebrauch. Auch Tonmuster im Sinne des EP '011 seien Tonsignale im Sinne des Streitpatents. Zudem sei die durch das Streitpatent unter Schutz gestellte technische Lehre nicht auf die gleichzeitige Ausgabe von Tonsignal und Sprachnachricht beschränkt.

Der Rechtsbestand des Streitpatents sei hinreichend gesichert. In dem durch die Antragsgegnerinnen entgegengehaltenen Stand der Technik werde die durch die Patentansprüche 1 und 13 geschützte technische Lehre weder neuheitsschädlich offenbart noch fehle es ausgehend von diesem Stand der Technik an einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Interessenabwägung falle zu Gunsten der Antragstellerin aus. Der wirtschaftliche Schaden der Antragstellerin bei Nichterlass einer Unterlassungsanordnung sei größer als der Schaden der Antragsgegnerinnen, sollte die Anordnung aufgehoben werden. Zudem sei die Angelegenheit auch dringlich. Allein aufgrund der Ausstellung in den USA habe die Antragstellerin nicht herleiten müssen, dass die angegriffene Ausführungsform auch in den Validierungsstaaten des Streitpatents angeboten werden solle. Auch wenn sich im weiteren Verlauf gezeigt habe, dass die angegriffene Ausführungsform durch die Antragsgegnerin zu 1) in der Schweiz hergestellt werde, sei dies im Zeitpunkt der Messe in den USA für die Antragstellerin nicht hinreichend ersichtlich gewesen. Bis zum Beweis des Gegenteils habe die Antragstellerin von einem rechtmäßigen Verhalten der Antragsgegnerinnen ausgehen müssen. Die Antragstellerin sei bei der Verfolgung ihrer Rechte zügig vorgegangen. Auf ein mögliches Verfahren in der Schweiz müsse sie sich nicht verweisen lassen. Die Entscheidung, wo sie ihr Patent durchsetzen wolle, stehe ihr frei.

Eine vorläufige Kostenerstattung sehe die Verfahrensordnung nur für die Antragsteller-, nicht aber für die Antragsgegnerseite vor. Unter Zugrundelegung des deutschen Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes mache die Antragstellerin einen Erstattungsanspruch i.H.v. 33.375,70 EUR geltend.

Die Antragsgegnerinnen sind diesem Vorbringen entgegengetreten.

Ergänzend wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die im Vorfeld der mündlichen Verhandlung gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

GRÜNDE DER ANORDNUNG:

Der zulässige Antrag auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen ist auch unter Berücksichtigung des Verteidigungsvorbringens der Antragsgegnerinnen begründet.

I.

Die Antragstellerin ist ausweislich des als Anlage KAP 5 vorgelegten Registerauszuges eingetragene Inhaberin des Streitpatents und daher gemäß Art. 47 Abs. 1 EPGÜ antragsberechtigt.

II.

Des Weiteren ist die Lokalkammer Düsseldorf mit ausreichender Sicherheit (R. 211.2 VerfO) davon überzeugt, dass die Antragstellerin durch das Angebot und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform innerhalb der Vertragsmitgliedsstaaten Deutschland und Österreich in ihrem Recht verletzt wird (Art. 25 (a) EPGÜ, Art. 26 (1) EPGÜ). Bei summarischer Prüfung macht die angegriffene Ausführungsform unmittelbar (Anspruch 1) bzw. mittelbar (Anspruch 13) wortsinngemäß von der technischen Lehre des Streitpatents Gebrauch.

Die Erfindung betrifft ein Lawinen-Verschütteten-Suchgerät mit einer Sendeeinheit zum Senden wenigstens eines Sendesignals, einer Empfangseinheit zum Empfangen wenigstens eines Sendesignals von wenigstens einem weiteren Lawinen-Verschütteten-Suchgerät, und mit einer Steuerungseinrichtung zum Ansteuern wenigstens eines Lautsprechers sowie ein Verfahren zum Betreiben eines solchen Gerätes.

Nach der Beschreibung des Streitpatents sind Lawinen-Verschütteten-Suchgeräte im Stand der

Technik bekannt. So beschreibe die WO 2006/015721 A1 ein Lawinen-Verschütteten-Suchgerät mit einer Anzeigeeinrichtung, welche für menschliche Sinne wahrnehmbare Reize, wie etwa akustische Reize in Form von Summern oder Lautsprechern, erzeuge. Des Weiteren sei eine Sprachausgabeeinrichtung vorgesehen, die einen Benutzer sprachgesteuert zu einer aufzufindenden Person leite (Abs. [0002]).

Überdies beschreibe die US 2006/0148423 A1 ein Lawinen-Verschütteten-Suchgerät mit einer Anzeige, auf der Richtungspfeile anzeigten, in welche Richtung sich ein Suchender fortbewegen solle, um ein sendendes Lawinen-Verschütteten-Suchgerät aufzufinden. Des Weiteren werde der Abstand von dem sendenden Suchgerät dargestellt. Das Lawinen-Verschütteten-Suchgerät weise zudem einen Lautsprecher auf, welcher im Suchmodus ein Audiosignal ausgebe. Dieses Audiosignal werde lauter, wenn sich das suchende Lawinen-Verschütteten-Suchgerät annähere (Abs. [0003]).

An diesem Stand der Technik bezeichnet es das Streitpatent als nachteilig, dass sich die Suche nach dem sendenden Lawinen-Verschütteten-Suchgerät trotz der auf der Anzeige darstellten Hinweise für die Suche und des Tonsignals als schwierig gestalte. Insbesondere sei die Beachtung der in der Anzeige dargestellten Hinweise und des Audiosignals in der Stresssituation, in welcher sich der nach dem verschütteten Träger des sendenden Suchgerätes Suchende befinde, eine beträchtliche Herausforderung (Abs. [0004]).

Dem Streitpatent liegt daher nach der Streitpatentbeschreibung die Aufgabe zugrunde, ein Lawinen-Verschütteten-Suchgerät und ein Verfahren der eingangs genannten Art zu schaffen, welches die Suche nach einem sendenden Lawinen-Verschütteten-Suchgerät vereinfacht (Abs. [0005]).

Zur Lösung dieser Aufgabe stellt das Streitpatent ein Lawinen-Verschütteten-Suchgerät unter Schutz, welches nach Patentanspruch 1 durch folgende Merkmale gekennzeichnet ist:

    1. Lawinen-Verschütteten-Suchgerät,
  • 1.1. mit einer Sendeeinheit (16) zum Senden wenigstens eines Sendesignals (18),
  • 1.2. einer Empfangseinheit (16) zum Empfangen wenigstens eines Sendesignals (30) von wenigstens einem weiteren Lawinen-Verschütteten-Suchgerät (32)
  • 1.3. und mit einer Steuerungseinrichtung (24) zum Ansteuern wenigstens eines Lautsprechers (22).
    1. Die Steuerungseinrichtung (24) ist ausgebildet, in Abhängigkeit von wenigstens einem Ereignis den wenigstens einen Lautsprecher (22) zum Ausgeben zumindest einer Sprachnachricht anzusteuern.
  • 2.1. Das wenigstens eine Ereignis steht mit einer Suche nach dem wenigstens einen weiteren Lawinen-Verschütteten-Suchgerät (32) in Zusammenhang.
    1. Das Lawinen-Verschütteten-Suchgerät (10) weist den wenigstens einen Lautsprecher (22) auf und der wenigstens eine Lautsprecher (22) ist dazu ausgebildet, wenigstens ein Tonsignal auszugeben.
  • 3.1. Das wenigstens eine Tonsignal steht mit der Suche nach dem wenigstens einen weiteren Lawinen-Verschütteten-Suchgerät (32) in Zusammenhang.
    1. Die Steuerungseinrichtung (24) ist dazu ausgebildet, den wenigstens einen Lautsprecher (22) derart anzusteuern, dass das wenigstens eine Tonsignal während des Ausgebens der zumindest einen Sprachnachricht unterdrückt oder mit einer verringerten Lautstärke ausgegeben

wird.

  1. Einige Merkmale dieses Anspruchs bedürfen näherer Erläuterung.

a) Erfindungsgemäß verfügt das Lawinen-Verschütteten-Suchgerät (LVS) neben einer Sende- und einer Empfangseinheit (16) über einen Lautsprecher (22) sowie eine Steuerungseinrichtung (24) zum Ansteuern dieses Lautsprechers (Merkmalsgruppe 1.). Weshalb es einer solchen Steuerungseinrichtung bedarf, erschließt sich dem zuständigen Fachmann, einem Diplom-Ingenieur oder Master der Fachrichtung Elektrotechnik mit Abschluss an einer Fachhochschule oder Hochschule für angewandte Wissenschaften und mehrjähriger Berufserfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von Lawinen-Verschütteten-Suchgeräten, mit Blick auf die Merkmalsgruppen 2. bis 4.

b)

Wie der Fachmann der Merkmalsgruppe 3. entnimmt, ist der wenigstens eine Lautsprecher erfindungsgemäß dazu ausgebildet, wenigstens ein Tonsignal auszugeben, das mit der Suche nach dem wenigstens einen weiteren LVS-Gerät im Zusammenhang steht. Dazu, wie ein solcher Zusammenhang ausgestaltet sein soll, schweigt Patentanspruch 1 ebenso wie zum Inhalt sowie der näheren technischen Gestaltung des Tonsignals. Ein Fachmann, der ausgehend vom Wortlaut des Patentanspruchs die Reichweite des Schutzbereichs zu ermitteln versucht, hat daher keinen Anlass, den Begriff 'Tonsignal' auf bestimmte akustische Signale zu beschränken. Er wird vielmehr bei isolierter Betrachtung der vorgenannten Merkmalsgruppen unter einem 'Tonsignal' jedes, in einem Zusammenhang mit einem weiteren LVS-Gerät stehende akustische Signal verstehen, und zwar unabhängig davon, ob dieses Signal über den geforderten Zusammenhang hinausgehende Informationen enthält oder nicht. Nicht als Tonsignale im Sinne des Streitpatents zu klassifizieren sind rein optische Signale, etwa in Form von Richtungspfeilen. Sie können zusätzlich und in Ergänzung zu den Tonsignalen vorhanden sein (Sp. 11, Z. 17 - 26), machen das Vorliegen von Tonsignalen jedoch nicht entbehrlich.

Bei einer solchen, allein am Wortlaut des Patentanspruchs orientierten Betrachtung bleibt der Fachmann jedoch nicht stehen. Gemäß Art. 69 Abs. 1 S. 2 EPÜ sind die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung des Patentanspruchs heranzuziehen (vgl. zu den dabei geltenden Grundsätzen: UPC_CoA_335/2023, Anordnung v. 26.02.2024, GRUR-RS 2024, 2829, Rz. 73 - 79 - Nachweisverfahren). Nimmt der Fachmann davon ausgehend die Streitpatentbeschreibung in den Blick, wird ihm dort in Abs. [0010] offenbart, dass als Tonsignale beispielsweise in der Frequenz, der Wiederholungsrate und/oder sich in der Lautstärke verändernde Pieptöne von dem wenigstens einen Lautsprecher in Abhängigkeit von der Entfernung zum Verschütteten ausgegeben werden (Sp. 2, Z. 49 - 53, Hervorhebung hinzugefügt). Nachdem die Streitpatentbeschreibung den beispielhaften Charakter der dort im Einzelnen beschriebenen Tonsignale ausdrücklich hervorhebt, hat der Fachmann keinen Anlass zu der Annahme, das Streitpatent verstehe den Begriff des Tonsignals abweichend von dem zuvor herausgearbeiteten weiten Verständnis. Für die durch die Antragsgegnerinnen vertretene Unterscheidung zwischen 'Tonsignalen' und 'Tonmustern' findet sich im Streitpatent kein Anhaltspunkt. Stehen sie mit der Suche nach wenigstens einem weiteren LVS-Gerät im Zusammenhang, sind daher auch 'Tonmuster' 'Tonsignale' im Sinne des Streitpatents.

Soweit die Antragsgegnerinnen zur Begründung ihrer abweichenden Auffassung auf die EP '011 (Anlage KAP 18) verweisen, ist diese in der Streitpatentschrift unerwähnt geblieben. Den Nachweis, dass dieser Stand der Technik und insbesondere die vorgenannte Unterscheidung von Ton-

signalen und Tonmustern im Prioritätszeitpunkt zum allgemeinen Fachwissen auf dem das Streitpatent betreffenden Fachgebiet gehörte, sind die Antragsgegnerinnen schuldig geblieben. Es handelt sich damit bei dieser Schrift von vornherein um kein zulässiges Auslegungsmaterial.

c)

In seine Überlegungen hat der Fachmann weiterhin einzubeziehen, dass Patentanspruch 1 neben den Tonsignalen auch Sprachnachrichten kennt, die ebenfalls mit einer Suche nach dem wenigstens einen LVS im Zusammenhang stehen (Merkmalsgruppe 2.). Obwohl auch diese Sprachnachrichten durch den Lautsprecher ausgegeben werden und damit akustisch wahrnehmbar sind, lässt Merkmal 4. keinen Zweifel daran, dass sich Sprachnachrichten und Tonsignale nach dem Begriffsverständnis des Streitpatents voneinander unterscheiden müssen. Nur dann macht es Sinn, das Tonsignal während der Ausgabe einer Sprachnachricht zu unterdrücken oder mit verringerter Lautstärke wiederzugeben. Auch wenn Patentanspruch 1 weder Vorgaben zur näheren Ausgestaltung des Tonsignals noch der Sprachnachricht enthält, erschließt sich aus der Gesamtsystematik des Anspruchs somit klar, dass es sich bei einem Tonsignal im Sinne des Streitpatents um jedes mit der Suche nach einem anderen LVS im Zusammenhang stehende akustische Signal handelt, welches nicht als Ausgabe von Sprache und damit als Sprachnachricht zu klassifizieren ist. Unter einer Sprachnachricht versteht das Streitpatent hingegen eine Anweisung oder Information an den Suchenden in Form von Worten (vgl. z.B. Abs. [0017] f., [0021], [0023] f., [0028] f., Abs. [0031], [0033] f., Abs. [0036] - [0039]).

d) Erfindungsgemäß werden durch den Lautsprecher somit zwei voneinander zu unterscheidende akustische Reize (Tonsignale, Sprachnachricht) ausgeben. Erfolgt dies gleichzeitig, können jedoch die (etwa in Form von Pieptönen) ausgegebenen Tonsignale die Verständlichkeit der Sprache stören (Sp. 3, Z. 3 - 5). Daher soll die Steuerungseinrichtung (24) erfindungsgemäß so ausgebildet sein, dass sie den wenigstens einen Lautsprecher in Abhängigkeit von wenigstens einem mit der Suche nach einem weiteren LVS im Zusammenhang stehenden Ereignis derart ansteuern kann, dass das wenigstens eine Tonsignal während des Ausgebens der Sprachnachricht unterdrückt oder mit einer verringerten Lautstärke ausgegeben wird (Merkmale 2. und 4.).

Dem entnimmt der Fachmann zweierlei:

Zum einen soll die Ansteuerung des Lautsprechers in Abhängigkeit von einem mit der Suche nach einem weiteren LVS im Zusammenhang stehenden Ereignis erfolgen (Merkmale 2. und 2.1.). Soweit sich die Streitpatentbeschreibung ausführlich mit derartigen möglichen Ereignissen beschäftigt (vgl. Abs. [0012] - [0039]), handelt es sich dabei lediglich um Beispiele, die im Patentanspruch keinen Niederschlag gefunden haben. Auf diese darf die durch das Streitpatent unter Schutz gestellte technische Lehre nicht reduziert werden.

Zum anderen kann das wenigstens eine Tonsignal während des Ausgebens der zumindest einen Sprachnachricht entweder unterdrückt oder mit einer verringerten Lautstärke ausgegeben werden. Die zweite Variante ermöglicht, dass das Tonsignal während der Ausgabe der Sprachnachricht weiter erzeugt und ausgegeben wird. Eine Unterdrückung des Tonsignals erfordert hingegen, dass das Tonsignal akustisch nicht mehr wahrnehmbar ist. Die dafür eingesetzten technischen Mittel lässt das Streitpatent offen. Es beschäftigt sich an keiner Stelle mit der näheren technischen Gestaltung der Unterdrückung des Tonsignals. Auch deren technische Realisierung ist somit dem Fachmann überlassen. Vom Schutzbereich umfasst sind daher sowohl Gestaltungen, bei denen die Lautstärke des Tonsignals temporär auf null gesetzt wird als auch solche, bei denen das Signal vorübergehend nicht mehr erzeugt wird. Wird das Tonsignal temporär nicht erzeugt, erkennt der Fachmann darin eine vorübergehende Abschaltung und damit Unterdrückung dieses Signals.

Der durch die Antragsgegnerinnen zur Begründung ihrer abweichenden Auffassung herangezogene allgemeine Sprachgebrauch zwingt schon deshalb zu keiner abweichenden Beurteilung, weil der Begriff des 'Unterdrückens' nach der durch die Antragsgegnerinnen selbst zitierten Passage aus dem Duden auch dort im Sinne eines 'nicht aufkommen Lassens' verstanden werden kann (vgl. Schriftsatz v. 19.01.2024, S. 12 f.). Abgesehen davon kann sich aus der gemäß Art. 69 Abs. 1 S. 2 EPÜ zur Auslegung heranzuziehenden Beschreibung sowie den Zeichnungen ohnehin ergeben, dass die Patentschrift Begriffe eigenständig definiert.

e) Auch wenn Patentanspruch 1 die nähere technische Ausgestaltung der Unterdrückung des Tonsignals dem Fachmann überlässt, darf dieser nicht aus dem Blick verlieren, dass Steuereinrichtung, Tonsignal und Sprachnachricht erfindungsgemäß in einem Wirkzusammenhang stehen: Die Steuereinrichtung soll den Lautsprecher in Abhängigkeit von wenigstens einem mit der Suche nach einem weiteren LVS im Zusammenhang stehenden Ereignis derart ansteuern, dass das wenigstens eine Tonsignal während der Ausgabe des Sprachsignals unterdrückt bzw. mit einer geringeren Lautstärke ausgegeben wird. Es bedarf somit eines funktionalen Zusammenhangs zwischen der Ansteuerung des Lautsprechers durch die Steuereinheit und der Unterdrückung des Tonsignals oder der Reduzierung von dessen Lautstärke. Nicht vom Schutzbereich umfasst sind somit Gestaltungen, bei denen das Tonsignal und die Sprachnachricht unabhängig voneinander ausgegeben werden, ohne dass eine entsprechende Ansteuerung des Lautsprechers erfolgt.

f) Soweit sich die Antragsgegnerinnen im Rahmen der Patentauslegung auf Äußerungen der Antragstellerin im Erteilungsverfahren beziehen, handelt es sich bei derartigen Äußerungen grundsätzlich um kein zulässiges Auslegungsmaterial. Sie sind daher im Rahmen der Patentauslegung von vornherein nicht zu berücksichtigen.

Art. 24 Abs. 1 (c) EPGÜ i.V.m. Art. 69 EPÜ bestimmen abschließend, welche Unterlagen bei der Auslegung der den Schutzbereich bestimmenden Patentansprüche heranzuziehen sind, nämlich die Patentbeschreibung und die Patentzeichnungen. Da die Erteilungsakte in Art. 69 EPÜ keine Erwähnung findet, bildet sie grundsätzlich kein zulässiges Auslegungsmaterial (so auch Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 16. Aufl., Abschn. A, Rz. 114; Benkard/Scharen, EPÜ, Art. 69 Rz. 32 m.w.N). Hat sich der Anmelder im Rahmen des Prüfungsverfahrens zur Bedeutung eines Merkmals oder Begriffes geäußert, kann dies allenfalls indizielle Bedeutung dafür haben, wie der Fachmann das betreffende Merkmal begreift. Ob demgegenüber zumindest öffentlich zugängliche Unterlagen, wie etwa die Offenlegungsschrift, herangezogen werden können, um den Patentanspruch der geltenden Anspruchsfassung zu deuten (so offenbar: UPC_CFI_292/2023 (LK München), Anordnung v. 20.12.2023, GRUR-RR 2024, 93 - Elektronisches Etikett; dagegen: Kühnen a.a.O., Rz. 118), ist für den vorliegenden Fall nicht relevant und bedarf daher keiner Entscheidung.

Wollte man dies anders sehen, bieten die Einlassungen der Antragstellerinnen im Erteilungsverfahren für eine abweichende Auslegung des Patentanspruchs ohnehin keinen Anlass. Dass es aus Sicht der Antragstellerin zwingend der simultanen (und nicht nur alternierenden) Ausgabe beider Signale bedarf, lässt sich ihren Ausführungen nicht entnehmen.

Die Merkmale des mit Patentanspruch 13 beanspruchten Verfahrens entsprechen denjenigen des Patentanspruchs 1. Der Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruchs 13 unterliegt deshalb der gleichen Beurteilung wie derjenige von Patentanspruch 1.

Unter Zugrundelegung eines solchen Verständnisses macht die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß von der technischen Lehre von Patentanspruch 1 Gebrauch.

  • a)

Eine Verwirklichung der Merkmalsgruppe 1. sowie der Merkmale 2. und 2.1. steht zwischen den Parteien zu Recht nicht in Streit, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf.

b)

Darüber hinaus ist der wenigstens eine Lautsprecher bei der angegriffenen Ausführungsform auch dazu ausgebildet, wenigstens ein Tonsignal auszugeben, das mit der Suche nach dem wenigstens einen weiteren Lawinen-Verschütteten-Suchgerät im Zusammenhang steht (Merkmale 3. und 3.1.).

Die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten Tonmuster sind von Sprachnachrichten verschiedene akustische Signale und damit Tonsignale im Sinne des Streitpatents, und zwar unabhängig davon, ob diese Technologie ihrerseits Gegenstand eines Patents (EP 2 527 011 B1) der Antragsgegnerin zu 1) ist. Nachdem vorliegend allein eine wortsinngemäße Verletzung des Streitpatents im Raum steht, ist eine solche Patentierung der angegriffenen Ausführungsform damit allenfalls im Hinblick auf die Rechtsbeständigkeit des Streitpatents relevant. Die Frage, ob und falls ja unter welchen Voraussetzungen eine äquivalente Verletzung vor dem Einheitlichen Patentgericht in Betracht kommt, bedarf daher ebenso wenig einer Entscheidung wie das sich daran anschließende Problem der Behandlung des aus dem deutschen Recht bekannten Formstein-Einwandes (vgl. BGH, GRUR 1986, 803 - Formstein).

c) Des Weiteren macht die angegriffene Ausführungsform auch von Merkmal 4. in der Alternative des 'Unterdrückens' wortsinngemäß Gebrauch.

Unter Zugrundelegung der durch die Antragsgegnerinnen selbst im Detail geschilderten Funktionsweise der streitgegenständlichen Suchgeräte verfügen diese über zwei unterschiedliche Signalquellen, nämlich eine für akustische Muster (Tonmuster) und die andere für akustische Sprache, wobei während des Betriebs der angegriffenen Ausführungsform im Suchmodus jeweils nur eine der beiden Quellen ausgewählt und über den Lautsprecher wiedergegeben wird, während die Ausgabe der jeweils anderen Quelle deaktiviert ist (vgl. Schriftsatz v. 19.01.2024, S. 8, Ziff. 25.). Wird die Sprachnachricht bei der angegriffenen Ausführungsform ausgegeben, unterbleibt daher die Ausgabe des Tonsignals. Mit anderen Worten wird dessen Erzeugung temporär unterbrochen und damit im Sinne des Streitpatents unterdrückt. Die parallele Erzeugung beider Signale ist, wie die Lokalkammer bereits im Einzelnen ausgeführt hat, für eine Verwirklichung der unter Schutz gestellten technischen Lehre keine Voraussetzung. Dass die angesprochene Auswahl einer Quelle und deren Wiedergabe über den Lautsprecher durch eine Steuereinrichtung im Sinne des Streitpatents erfolgt, stellen die Antragsgegnerinnen nicht in Abrede (R. 171.2 VerfO).

Unstreitig und wie auf dem durch die Antragstellerin als Anlage KAP 32 zur Akte gereichten Video zu sehen verfügte das auf der Messe ISPO in München gezeigte 'Barryvox S2' über eine Sprachausgabe. Eine solche findet auch in der Begründung des ISPO-Awards ausdrücklich Erwähnung. Selbst wenn im Zeitpunkt der Messe, wie von den Antragsgegnerinnen behauptet, noch nicht festgestanden haben sollte, in welcher Konfiguration das 'Barryvox S2' letztlich auf den Markt kommt, können die angesprochenen Verkehrskreise, jedenfalls solange sie keine abweichenden Informationen erhalten, davon ausgehen, dass das letztlich gelieferte Produkt im Wesentlichen dem Gerät

entspricht, welches auf der Messe ausgestellt wurde. Dies gilt erst recht, wenn das betreffende Produkt - wie hier - auf der Messe ausgezeichnet und in diesem Zusammenhang bestimmte Funktionen wie die Sprachausgabe hervorgehoben wurden. Abgesehen davon konnte das 'Barryvox S2' jedenfalls auf der B2B-Plattform der Unternehmensgruppe der Antragsgegnerinnen bereits (vor-)bestellt werden (vgl. KAP 9). Auch die durch die Antragstellerin vorgelegten Bestellübersicht lässt jeden Hinweis darauf vermissen, dass das 'Barryvox S2' in unterschiedlichen Konfigurationen und insbesondere auch ohne eine Sprachausgabe vertrieben wird. Auch dort haben Besteller daher keinen Grund zu der Annahme, das betreffende Gerät verfüge - anders als das auf der Messe ausgestellte und prämierte Exemplar - nicht über eine Sprachausgabe.

Die Verwendung der angegriffenen Ausführungsform erfordert gleichfalls den Gebrauch des Verfahrens nach Patentanspruch 13. Auf die vorstehenden Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Auch die weiteren Voraussetzungen der mittelbaren Patentverletzung liegen vor, Art. 26 (1) EPGÜ.

Insbesondere ist der subjektive Tatbestand der mittelbaren Patentverletzung gegeben. Die Antragsgegnerinnen bewerben die Eignung der angegriffenen Ausführungsform zur ergänzenden Sprachausgabe in allen Suchphasen. Damit ist nicht nur aufgrund der Umstände offensichtlich, dass die Antragsgegnerinnen wissen, dass die angegriffene Ausführungsform objektiv geeignet ist, patentverletzend verwendet zu werden, sondern auch, dass die Abnehmerinnen und Abnehmer der angegriffenen Ausführungsform diese verwenden, um das patentgemäße Verfahren auszuführen. Die Antragsgegnerinnen hätten die objektive Eignung zum patentgemäßen Gebrauch und die Nutzungsabsicht der Anwenderinnen und Anwender daher jedenfalls kennen müssen.

III.

Daraus, dass die Antragsgegnerin zu 1) Inhaberin des gegenüber dem Streitpatent älteren EP 2 527 011 (nachfolgend: EP '011) ist, können die Antragsgegnerinnen keine Berechtigung zur Nutzung des Streitpatents ableiten. Der durch sie unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGHZ 180, 1 = GRUR 2009, 655 - Trägerplatte; Benkard/Scharen, Patentgesetz, 12. Auflage 2023, Rz. 5) erhobene 'Einwand des älteren Rechts' greift nicht durch.

Auch wenn für das vorliegende Eilverfahren zu Gunsten der Antragsgegnerinnen unterstellt werden kann, dass ein solcher, im nationalen Recht entwickelter Einwand auch vor dem Einheitlichen Patentgericht erhoben werden kann, können die Antragsgegnerinnen daraus im vorliegenden Fall kein positives Benutzungsrecht ableiten. Auch nach den durch den Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen steht das ältere Recht jedenfalls nur demjenigen zur Seite, der ausschließlich dessen Lehre benutzt und nicht von zusätzlichen Merkmalen Gebrauch macht, die erst in dem jüngeren Schutzrecht gelehrt werden. Andernfalls könnte der an einem älteren Recht Berechtigte, jedenfalls solange er sich im Rahmen des Wortsinns des Patentanspruchs hielte, von sämtlichen abhängigen Erfindungen Gebrauch machen, was deutlich über das mit dem älteren Patent verliehene Ausschließlichkeitsrecht hinausginge (BGH, GRUR 2009, 655, 657, Rz. 27 - Trägerplatte). Genau dies ist jedoch bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall. Die Erzeugung von Sprachnachrichten (Merkmalsgruppe 2.) ist in der EP '011, wie im Rahmen der Erörterung des Rechtsbestandes im Einzelnen ausgeführt wird, ebenso wenig vorgesehen wie eine im Sinne der Merkmalsgruppe 4. ausgebildete Steuerungseinrichtung. Ein positives, die Verletzung des Streitpatents rechtfertigendes Benutzungsrecht können die Antragsgegnerinnen daher aus der EP '011 nicht ableiten.

IV.

Ebenso wenig greift der durch die Antragsgegnerinnen erstmals in der mündlichen Verhandlung erhobene Lizenzeinwand durch. Das Streitpatent ist von der als Anlage KAP 36 auszugsweise zur

Akte gereichten Lizenzvereinbarung nicht erfasst (Art. 73 EPÜ). Die Antragsgegnerinnen können daher aus dieser Vereinbarung kein positives Benutzungsrecht am Streitpatent und damit auch kein Recht zum Angebot und zum Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in Deutschland und Österreich herleiten.

Ausweislich der Präambel dieser Vereinbarung bestanden zwischen den Vertragsparteien eine Reihe von Meinungsverschiedenheiten über die Reichweite eines vorangegangenen Urteils des Oberlandesgerichts Düsseldorf, mit welchem eine Verletzung des deutschen Patents DE 10 2004 027 314 B4 festgestellt wurde. Dazu zählten insbesondere die Gültigkeit des Urteils in der Zukunft in Deutschland mit Hinblick auf das parallel erteilte Europäische Patent EP 1 577 679 B1. Diese Meinungsverschiedenheiten sollten mit der Vereinbarung beseitigt werden.

Vor diesem Hintergrund verpflichtet sich die Antragsgegnerin zu 2) in der Vereinbarung zur Zahlung eines Pauschalbetrages, durch welchen auch 'die Lizenzgebühren zur Abgeltung der künftigen Nutzung der Patente US 7,403,112 B2, CA 2,501,035 C, der DE 10 2004 027 314 B4 sowie den nationalen Anteilen der EP 1 577 679 B1 in Österreich, Schweiz/Lichtenstein, Deutschland, Frankreich und Italien abgedeckt werden sollen' (Anlage KAP 36, Ziff. II. 1.). Das Streitpatent ist daher weder von dieser Regelung noch von der sich anschließenden Abgeltungsklausel erfasst.

Aus der Präambel der Vereinbarung folgt nichts anderes. Auch wenn die Vereinbarung danach 'zur Vermeidung weiterer Auseinandersetzungen' geschlossen wurde, lässt dies schon vor dem Hintergrund der vereinbarten Pauschallizenzgebühr nicht den Schluss zu, mit der Vereinbarung würden sämtliche Schutzrechte der Antragstellerin aus dem Bereich 'Lawinensuchgeräte' zu Gunsten der Antragsgegnerinnen lizenziert. Die Vertragsparteien haben die Reichweite der Vereinbarung unter Ziffer II. klar geregelt und dabei insbesondere auch die erfassten Schutzrechte klar benannt. Das Streitpatent findet sich dort jedoch nicht.

Soweit die Antragsgegnerinnen mit einem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 15. März 2024 und damit nach Schluss der mündlichen Verhandlung ergänzend zu diesem Themenkreis vorgetragen haben, ist dieses Vorbringen verspätet und daher nicht zu berücksichtigen. Gemäß Ziff. 7. S. 3 der Präambel der Verfahrensordnung haben die Parteien mit dem Gericht zu kooperieren und ihre Argumente so früh wie möglich vorzubringen. Vorbringen, welches erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung zur Akte gelangt, wird diesen Anforderungen von vornherein nicht gerecht und ist daher regelmäßig als verspätet zurückzuweisen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der betreffenden Partei nicht ausnahmsweise bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf einen begründeten Antrag hin das Recht eingeräumt wurde, im Rahmen einer durch das Gericht festgesetzten Frist ergänzend vorzutragen. Nur so lässt sich gewährleisten, dass der jeweilige Spruchkörper die Sache aufgrund des in der mündlichen Verhandlung erreichten Sach- und Streitstandes beurteilen kann. Ein solcher Schriftsatznachlass wurde den Antragsgegnerinnen jedoch nicht gewährt und hätte selbst bei einem entsprechenden Antrag nicht gewährt werden können. Zum einen würde eine solche Schriftsatzfrist der Natur des Eilverfahrens zuwiderlaufen. Zum anderen ist die Antragsgegnerin zu 2) selbst Vertragspartei der betroffenen Vereinbarung. Diese war den Antragsgegnerinnen daher bekannt, zumindest hätten sie die Vereinbarung kennen müssen. Sofern die Prozessbevollmächtigten sowie eine anwesende Mitarbeiterin der Rechtsabteilung der Antragsgegnerin 1) in der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, ihnen sei die Vereinbarung nicht bekannt, kommt es auf deren Kenntnis nicht entscheidend an. Die Antragsgegnerinnen hätten die Vereinbarung daher bereits mit dem Prüfungsantrag in das Verfahren einführen müssen bzw. können. Dass die Antragstellerin die entsprechende Vereinbarung ihrerseits erst in der münd-

lichen Verhandlung vorgelegt hat, steht dem nicht entgegen. Ein solches Vorgehen haben die Antragsgegnerinnen selbst herausgefordert, indem sie ihrerseits die EP 1 577 679 B1 erst einen Tag vor der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführt haben. Erst dadurch sah sich die Antragstellerin zur Vorlage der entsprechenden Vereinbarung veranlasst.

IV.

Der Rechtsbestand des Streitpatents ist in dem für die Anordnung einstweiliger Maßnahmen erforderlichen Umfang gesichert. Nach der Rechtsprechung des Berufungsgerichts fehlt es an der für die Anordnung einstweiliger Maßnahmen erforderlichen ausreichenden Überzeugung von der Gültigkeit des Patents, wenn es das Gericht für überwiegend wahrscheinlich ansieht, dass das Patent nicht gültig ist. Dabei liegt die Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen betreffend die fehlende Gültigkeit des Patents auf Antragsgegnerseite (UPC_CoA_335/2023, Anordnung v. 26.02.2023, S. 30, GRUR-RS 2024, 2829 - Nachweisverfahren). Davon ausgehend ist die Lokalkammer auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragsgegnerinnen mit der nach Art. 62 Abs. 4 EPGÜ i.V.m. R. 211.2 VerfO notwendigen 'ausreichenden Sicherheit' von der Rechtsbeständigkeit des Streitpatents überzeugt.

Dass das Streitpatent bisher kein kontradiktorisches Rechtsbestandsverfahren überstanden hat, steht dem nicht entgegen. Wurde das einem Antrag auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen zugrundeliegende Patent bereits in einem Einspruchsverfahren vor dem Europäischen Patentamt aufrechterhalten, ist dies ebenso wie der Ausgang anderer, das Streitpatent betreffender Verfahren vor anderen Gerichten gemäß R. 209.2 (a) VerfO im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen. Mit anderen Worten sind die Aufrechterhaltung des Streitpatents in einem Einspruchsverfahren vor dem Europäischen Patentamt oder die Aufrechterhaltung eines nationalen Teils des Streitpatents vor einem nationalen Gericht ein starkes Indiz für einen hinreichend gesicherten Rechtsbestand (vgl. Tilmann/Plassmann/v. Falck/Dorn, Einheitspatent, Einheitliches Patentgericht, Regel 209 Rz. 8 f.).

Sind derartige andere Verfahren lediglich in die Ermessensausübung einzustellen, folgt daraus zugleich im Umkehrschluss, dass der Rechtsbestand auch ohne ein solches vorangegangenes Verfahren ausreichend gesichert sein kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn das in Rede stehende Patent bereits vor vielen Jahren veröffentlicht, aber gleichwohl nicht in seinem Rechtsbestand angegriffen wurde, und es die Antragsgegnerseite auch weder in der vorgerichtlichen Korrespondenz noch in einer durch sie hinterlegten Schutzschrift vermocht hat, den relevanten Stand der Technik zu präsentieren (so bereits UPC_CFI_177/2023 (LK Düsseldorf), Anordnung v. 22.06.2023, GRUR 2023, 1370 - E-Bike). Ist das Streitpatent einem solchen parallelen Rechtsbestandsangriff ausgesetzt, schließt auch dies die Anordnung einstweiliger Maßnahmen nicht aus. Es ist in einem solchen Fall vielmehr die Aufgabe des Spruchkörpers, zu beurteilen, ob der Rechtsbestand des Streitpatents trotz eines solchen Angriffs hinreichend gesichert ist. Dies ist unabhängig von der Abgrenzung bestimmter Wahrscheinlichkeitsgrade (vgl. dazu UPC_CFI_2/2023 (LK München), Anordnung v. 19.09.2023, S. 58 = GRUR 2023, 1513, 1519, Rz. 148 - Nachweisverfahren) jedenfalls dann der Fall, wenn die gegen die Rechtsbeständigkeit des Streitpatents vorgebrachten Einwände nicht geeignet sind, erhebliche Zweifel an der Rechtsbeständigkeit des Streitpatents hervorzurufen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Rechtsbestand des Streitpatents hinreichend gesichert. Das Streitpatent wurde 2019 erteilt, ohne dass gegen seine Erteilung Einspruch eingelegt wurde. Die Argumente der Antragsgegnerinnen begründen keine erheblichen Zweifel im vorgenannten Sinne.

a) Soweit sich die Antragsgegnerinnen ausführlich mit den Vernichtungsquoten von Patenten in verschiedenen Jurisdiktionen beschäftigen (vgl. Schriftsatz v. 19.01.2024, S. 21 - 26), können sie mit derartigen allgemeinen statistischen Erwägungen schon deshalb nicht durchdringen, weil sich daraus keine Rückschlüsse auf die allein maßgebliche Rechtsbeständigkeit des Streitpatents (vgl. R. 211 Nr. 2 VerfO 'des betreffenden Patents') ziehen lassen. Abgesehen davon lässt sich aus den von den Antragsgegnerinnen vorgelegten Zahlen ohnehin allenfalls eine hohe Vernichtungsquote der mit einem Einspruch oder einer Nichtigkeitsklage angegriffenen Patente ablesen. Hierbei handelt es sich jedoch nur um einen geringen Teil der erteilten Patente (so auch UPC_CFI_2/2023 (LK München), Anordnung v. 15.09.2023, S. 58 = GRUR 2023, 1513, 1520, Rz. 151 - Nachweisverfahren).

b)

Der Gegenstand der Patentansprüche 1 und 13 erweist sich bei summarischer Prüfung gegenüber dem durch die Antragstellerin entgegengehaltenen Stand der Technik als neu, Art. 54 EPÜ.

aa)

Eine technische Lehre ist neu, wenn sie in wenigstens einem der bekannten Merkmale von dem im Stand der Technik Vorhandenen abweicht. Sie ist vorweggenommen, wenn sich alle ihre Merkmale auch bei im Stand der Technik bekannten Ausführungen finden (vgl. Benkard/Melullis/Koch, Europäisches Übereinkommen - EPÜ, 4. Aufl., EPÜ Art. 54 Rz. 22). Im Stand der Technik vorweggenommen ist nur das, was sich für einen mit dem jeweiligen technischen Gebiet vertrauten Fachkundigen unmittelbar aus der Veröffentlichung oder Vorbenutzung ergibt. Erkenntnisse, die ein Fachmann erst aufgrund weiterführender Überlegungen oder der Heranziehung weiterer Schriften oder Benutzungen gewinnt, sind nicht Stand der Technik.

bb)

Dies vorausgeschickt gilt im vorliegenden Fall Folgendes:

(1)

Der Gegenstand von Patentanspruch 1 erweist sich gegenüber der bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigten und in der Streitpatentbeschreibung gewürdigten WO 2006/051721 A1 (Anlage KAP 17 bzw. B 32, nachfolgend WO '721) als neu. Jedenfalls fehlt es dort an der Offenbarung der Unterdrückung eines Tonsignals während der Ausgabe einer Sprachnachricht (Merkmal 4.).

Auch wenn in der Entgegenhaltung sowohl Summer als auch Lautsprecher Erwähnung finden (vgl. S. 5, Z. 16 - 19), werden diese lediglich als alternative Möglichkeiten der Ausgestaltung der Ausgabeeinrichtung offenbart:

'Als Ausgabeeinrichtung wird im Rahmen der Erfindung jede Einrichtung verstanden, die für die menschlichen Sinne wahrnehmbare Reize erzeugt, wie bevorzugt optische Reize in Form optischer Anzeigen und Bildschirme und/oder akustische Reize in Form von Summern oder Lautsprechern.'

(WO '721, S. 5, Z. 16 - 19, Hervorhebung hinzugefügt)

Hinweise darauf, dass neben einem Summer gleichzeitig auch ein Lautsprecher als Ausgabeeinrichtung vorhanden sein kann, sucht der Fachmann in der Entgegenhaltung vergebens. Während die menschlich wahrnehmbaren optischen oder akustischen Reize alternativ oder kumulativ ('und/oder') an eine Ausgabeeinrichtung gebracht werden können, stehen Summer und Lautsprecher ausdrücklich in einem Alternativverhältnis ('oder'). Nichts anderes folgt aus S. 11, Z. 21 - 30 der Entgegenhaltung. Die dort beschriebene Gestaltung weist eine optische Anzeige auf und kann

(daneben) eine Sprachausgabe enthalten. Es fehlt damit jedenfalls an der unmittelbaren und ausdrücklichen Offenbarung einer Unterdrückung des Tonsignals während der Ausgabe einer Sprachnachricht.

  • (2) Gegenüber der gleichfalls im Erteilungsverfahren berücksichtigten DE 299 22 217 U1 (Anlage KAP 19 bzw. B 33, nachfolgend DE '217) erweist sich der Gegenstand von Patentanspruch 1 ebenfalls

als neu.

Das dort offenbarte Verschüttetensuchgerät weist eine Empfangsvorrichtung auf, die Signale eines Navigationssatelliten empfängt. Mittels einer Positions-Recheneinrichtung werden daraus erste Positionswerte errechnet. Eine Sendeeinrichtung kann Positionswerte an die Empfangsvorrichtung eines anderen Verschüttetensuchgeräts senden. Die Empfangseinrichtung ist zudem in der Lage, errechnete zweite Positionswerte eines anderen Verschüttetensuchgeräts zu empfangen. Ein Komparator vergleicht die beiden Positionswerte und ermittelt Bestimmungswerte, die eine Ortung des anderen Verschüttetensuchgeräts ermöglichen. Die Bestimmungswerte werden auf einer Ausgabeeinrichtung ausgegeben (Anspruch 1). Davon ausgehend zeichnet sich die in der DE '217 offenbarte Lösung dadurch aus, dass die Position des Verschütteten anhand eines Vergleichs der errechneten Positionswerte und der von dem anderen Verschüttetensuchgerät gesendeten Positionssignale genau bestimmt und angezeigt wird (DE '217, S. 3, 2. Abs.).

Auch wenn die Ausgabe der für die Ortung auf dieser Grundlage notwendigen Bestimmungswerte einen Sprach prozessor umfassen kann (vgl. Unteranspruch 7 sowie S. 6, 4. Abs.), fehlt es an der Offenbarung der Ausgabe wenigstens eines Tonsignals im Sinne des Streitpatents. Wie bereits im Einzelnen ausgeführt sind Tonsignal und Sprachnachricht nach der technischen Lehre des Streitpatents nicht dasselbe. Die durch das Streitpatent unter Schutz gestellte Erfindung zeichnet sich vielmehr dadurch aus, dass die Steuereinrichtung den Lautsprecher derart ansteuert, dass das Tonsignal während der Ausgabe der Sprachnachricht unterdrückt oder zumindest mit einer verringerten Lautstärke ausgegeben wird. Eine solche partielle Unterdrückung bzw. Reduzierung der Lautstärke des Tonsignals während der Ausgabe der Sprachnachricht schließt eine Identität beider Signale von vornherein aus.

Im Ansatz zutreffend weisen die Antragsgegnerinnen darauf hin, dass eine die Ausgabe eines Sprachsignals ermöglichende Ausgabevorrichtung auch zur Ausgabe eines Tonsignals geeignet ist. Zudem benennt die Entgegenhaltung neben dem Sprachprozessor als weitere Ausgabevorrichtungen nur ein Display und eine Signal einrichtung (Unteransprüche 6. und 8.). Letztere wird in Unteranspruch 8 lediglich funktional dahingehend beschrieben, dass sie ein auffälliges Signal abgibt, wenn die ersten und zweiten Positionswerte übereinstimmen. Selbst wenn der Fachmann aus dieser funktionalen Umschreibung einer solchen Signaleinrichtung den Schluss zieht, dass es sich bei diesem Signal - anders als bei der auf S. 6 im dritten Absatz erwähnten Signal leuchte - auch um einen Signalton handeln kann, findet er in der Entgegenhaltung keinerlei Hinweis, einen solchen Ton während der Ausgabe der Sprachnachricht zu unterdrücken oder zumindest in der Lautstärke zu reduzieren. Es fehlt daher jedenfalls an einer Offenbarung von Merkmal 4.

  • (3)

Ebenso wenig steht die EP 2 527 011 A1 (Anlage KAP 18 bzw. B 8, nachfolgend: EP '011) der Neuheit von Patentanspruch 1 entgegen.

Die Entgegenhaltung betrifft ein Lawinen-Verschütteten-Suchgerät, welches eine Empfangseinheit zum Bestimmen einer Empfangsrichtung eines Sendesignals, eine Verarbeitungseinheit und einen

akustischen Signalgenerator umfasst (Abs. [0001]). Nachteilig an bekannten Such- und Sendegeräten sei, dass die Suche nach einem Verschütteten viel Zeit und Übung erfordere. Bei einer Suche sei es schwierig, sich auf die Topografie des Lawinenkegels zu konzentrieren, gleichzeitig auf die optische und/oder akustische Anzeige des Such- und Sendegeräts zu achten und die Suche mit weiteren Suchenden zu koordinieren (Abs. [0008]). Davon ausgehend soll der Suchvorgang vereinfacht werden, um ihn schneller erfolgreich zu Ende führen zu können (Abs. [0009]). Zur Lösung schlägt die Entgegenhaltung ein Lawinen-Verschütteten-Suchgerät vor, das verschiedenen Raumwinkelbereichen abhängig von der Empfangsrichtung unterschiedliche Tonmuster zuordnet (Abs. [0010]).

Das Such- und Sendegerät umfasst eine Empfangs- und eine Sendeeinheit (Abs. [0055], Z. 50 - 53; Abs. [0056], Z. 4 - 5) sowie einen akustischen Signalgenerator mit einem Lautsprecher (Abs. [0055], Z. 38 - 41). Zusätzlich umfasst das Such- und Sendegerät eine optische Anzeige in der die von der Empfangseinheit bestimmte Empfangsrichtung dargestellt werden kann (Abs. [0064], Z. 50 - 53).

Anders als nach den bisher bekannten Lösungen ist das akustische Signal nicht proportional zur Stärke des empfangenen Sendesignals und damit auch zur Ausrichtung der Empfangsantenne zur Empfangsrichtung des Sendesignals. Die Empfangsrichtung wird vielmehr unabhängig von der Stärke des empfangenen Sendesignals signalisiert. Deshalb ist keine Schwenkbewegung des Lawinen-Verschütteten-Suchgeräts nötig (Abs. [0016]). Hierzu erzeugt der Signalgenerator mindestens drei Tonmuster. Durch das erste Tonmuster ist die Empfangsrichtung einem vorderen, durch das zweite einem hinteren und durch das dritte einem seitlichen Raumwinkelbereich zuordenbar (Abs. [0010], [0017], [0018], [0020]). Alternativ besteht auch die Möglichkeit, die Empfangsrichtung mehr als 10 Raumwinkelbereichen zuzuordnen. Durch eine entsprechende Anzahl an Tonmustern wird eine quasikontinuierliche oder gar kontinuierliche Anzeige der Empfangsrichtung ermöglicht (Abs. [0034]).

Vorzugsweise unterscheiden sich die Tonmuster in wenigstens einem der Merkmale Tonfrequenz, Wiederholrate, Dauer der Einzeltöne sowie Lautstärke von periodisch wiederholten Einzeltönen. Ein Tonmuster kann auch Doppeltöne oder Mehrfachtöne umfassen, wobei sich deren einzelne Töne wiederum in den genannten Merkmalen unterscheiden können. Auch eine zeitliche Variation einzelner oder mehrerer Merkmale innerhalb eines Tonmusters ist möglich (Abs. [0039]).

Damit fehlt es an einer Offenbarung der Erzeugung von Sprachnachrichten im Sinne des Streitpatents (Merkmale 2., 2.1. und 4.). Als Solche sind insbesondere nicht die in der Entgegenhaltung beschriebenen Tonmuster zu klassifizieren. Die Schrift definiert vielmehr das Tonmuster als Einzeltöne, Doppeltöne oder Mehrfachtöne. Der in Absatz [0046] der Entgegenhaltung verwendete Begriff 'akustisches Signal' wird lediglich als Synonym zum Begriff 'Tonmuster' gebraucht.

Soweit die Antragsgegnerinnen demgegenüber zur Definition des Begriffs 'Tonmuster' auf die Druckschrift DE 10 2014 204 630 A1 (Anlage B 58) und den dortigen Absatz [0009] verweisen, wonach ein akustisches Quellsignal alle Arten von Signalen umfasst, die über die Lautsprecher eines Kopfhörers ausgegeben werden können, also beispielsweise gesprochene Sprache, Musik, Geräusche, Töne, etc., führt dies zu keiner anderen Bewertung. Entscheidend ist nicht, was eine andere Druckschrift unter dem Begriff 'Tonmuster' versteht, sondern welcher technische Gesamtzusammenhang dem Fachmann durch den Inhalt einer Patentschrift vermittelt wird. Nicht die sprachliche oder wissenschaftliche Bestimmung der in der Patentschrift verwendeten Begriffe ist entscheidend, sondern das Verständnis des unbefangenen Fachmanns (vgl. UPC_CoA_335/2023, Anordnung v. 26.02.2024, GRUR-RS 2024, 2829, Leitsatz 2 - Nachweisverfahren).

(4)

Auch die EP 1 577 679 A1 (Anlage BB 2) ist nicht geeignet, den Rechtsbestand des Streitpatents erheblich in Frage zu stellen.

(a)

Weshalb die in Bezug auf Tatsachen betreffend die fehlende Gültigkeit des Patents darlegungsund beweisbelasteten Antragsgegnerinnen (UPC_CoA_335/2024, Anordnung v. 26.02.2024, Leitsatz 3. und S. 30, vorletzter Absatz, GRUR-RS 2024, 2829 - Nachweisverfahren) diese Schrift erst einen Tag vor der mündlichen Verhandlung vorgelegt haben, erschließt sich nicht. Bei dieser Entgegenhaltung handelt es sich um ein Patent, welches die Antragsgegnerin zu 2) bereits in der Vergangenheit zu Gunsten der Antragstellerin lizenziert hat (vgl. Anlage KAP 36). Die Schrift war den Antragsgegnerinnen daher bereits seit langem bekannt bzw. hätte ihnen bekannt sein müssen. Sie hätten diese Entgegenhaltung, die überdies auch in der Klageschrift vor dem Schweizerischen Bundespatentgericht keine Erwähnung findet (vgl. Anlage KAP 15), damit ohne Weiteres bereits im Rahmen ihres Prüfungsantrages in das Verfahren einführen können und müssen. Gemäß R. 212.3 S. 2 VerfO i.V.m. R. 197.3 S. 2 (b) VerfO muss bereits der Prüfungsantrag die vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel enthalten. Die Vorlage der Entgegenhaltung unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung und außerhalb der durch die Lokalkammer gesetzten Fristen zur Stellungnahme wird dem nicht im Ansatz gerecht. Vielmehr verstoßen die Antragsgegnerinnen damit zugleich auch gegen die in Ziff. 7. S. 3 der Präambel der Verfahrensordnung zu findende Pflicht, ihre Argumente so früh wie möglich vorzubringen. Davon ausgehend ist die verspätet vorgelegte Entgegenhaltung bereits aus formalen Gründen zurückzuweisen.

(b)

Abgesehen davon nimmt die Schrift die durch die Patentansprüche 1 und 13 unter Schutz gestellte technische Lehre ohnehin nicht neuheitsschädlich vorweg.

Die Entgegenhaltung betrifft ein Suchgerät zur Ortung eines Senders und insbesondere ein Lawinen-Verschütteten-Suchgerät. Dieses wird durch den Benutzer zum Absuchen eines Suchgebietes in einem Winkelbereich von Suchwinkeln geschwenkt, welcher das Suchgebiet überdeckt. Das Gerät ist mit einer Suchantenne, einer Signalverarbeitungseinrichtung und einer Ausgabeeinrichtung zur Ausgabe von Ergebnissignalen an den Benutzer ausgestattet (Patentanspruch 1). Dabei kann die Ausgabeeinheit (10) zur graphischen Ausgabe von Ergebnissignalen ausgebildet sein, die den Sendersuchwinkel repräsentieren (Unteranspruch 7).

Wie der Fachmann Abs. [0049] der Entgegenhaltung entnimmt, kann das Lawinen-VerschüttetenSuchgerät in einem bevorzugten Ausführungsbeispiel über ein Display und einen Lautsprecher zur Ausgabe eines synthetisch generierten Suchtons als Feedback für den Benutzer verfügen. Bei einer solchen Gestaltung wird die graphische Anzeige mithin durch einen Suchton ergänzt. Es fehlt jedoch an einer Sprachausgabe im Sinne des Streitpatents (Merkmalsgruppe 2.). Daher bedarf es auch keiner Steuerungseinrichtung im Sinne der Merkmalsgruppe 4. Soweit die Antragsgegnerinnen in Bezug auf die Sprachausgabe auf Abs. [0097] verweisen, findet eine solche dort zwar Erwähnung. Der betreffende Absatz ist jedoch zusammen mit Abs. [0096] zu lesen. Danach ist es denkbar, ein erfindungsgemäßes Suchgerät mit einem GPS-System zu kombinieren (Hervorhebung hinzugefügt). Wird von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, verfügt das Suchgerät daher über eine graphische Ausgabe sowie ein GPS-System. Die Ergänzung um ein Tonsignal ist lediglich ein (anderes) Ausführungsbeispiel. Für eine Kombination beider Ausführungsbeispiele findet sich in der Entgegenhaltung kein Anhaltspunkt. Ausgehend davon kann das Suchgerät mit einer Sprachsteuerung kombiniert werden, wie dies etwa bei GPS für Kraftfahrzeuge bekannt ist. Hierbei erhält der Suchende akustische Anweisungen in Form einer vom Suchgerät erzeugten Stimme (Abs.

[0097]). Um eine Sprachausgabe ergänzt werden soll 'das Suchgerät' und damit dasjenige, welches zuvor beschrieben wurde. Dieses, eine graphische Ausgabe und ein GPS-System umfassende Gerät soll alternativ oder zusätzlich um eine Sprachausgabe ergänzt werden. Als Resultat steht somit ein Suchgerät, welches über eine graphische Ausgabe sowie eine Sprachausgabe und - optional - zusätzlich über ein GPS-System verfügt. Nicht offenbart ist somit auch hier eine Kombination aus Sprachnachricht und Tonsignal. Es bedarf daher keiner Steuerung der Ausgabe zweier akustischer Signale und daher keiner Steuerungseinrichtung im Sinne der Merkmalsgruppe 4.

c) Gemäß Art. 56 EPÜ gilt eine Erfindung als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Gemessen daran ist das Vorbringen der Antragsgegnerinnen nicht geeignet, erhebliche Zweifel am Vorliegen der erfinderischen Tätigkeit hervorzurufen.

aa) Dies gilt zunächst, soweit sich die Antragsgegnerinnen auf eine Kombination der WO '721 mit dem allgemeinen Fachwissen berufen.

Die Entgegenhaltung offenbart - wie dargelegt - entgegen der Ansicht der Antragsgegnerinnen keine Gestaltung, bei der sowohl Tonsignale als auch Sprachnachrichten ausgegeben werden. Vielmehr werden Summer und Lautsprecher ausschließlich als mögliche alternative Gestaltungen der Ausgabeeinheit beschrieben (S. 5, Z. 16 - 19). Der erwähnte Lautsprecher ermöglicht lediglich die Ausgabe eines akustischen Reizes in Form eines Tonsignals oder einer Sprachnachricht. Daher gab es für den Fachmann ausgehend von dieser Schrift auch keine Veranlassung, beide Signale durch einen Lautsprecher auszugeben und sich dabei Gedanken über deren Wechselwirkung entsprechend Merkmal 4. zu machen.

Der Versuch der Antragsgegnerinnen, einen solchen Anlass aus der Begründung des 'ISPO Awards 2021' herzuleiten, kann schon deshalb nicht zum Erfolg führen, weil es sich insoweit um eine stets unzulässige rückschauende Betrachtung handelt.

bb)

Ebenso wenig beststehen ausgehend von der DE '217 erhebliche Zweifel an der erfinderischen Tätigkeit.

Wählt der Fachmann diese Schrift als Ausgangspunkt, erhält er keine Anregung, zusätzlich zu der darin beschriebenen Sprachausgabe und der Darstellung auf einem Display auch ein Tonsignal im Sinne des Streitpatents bereitzustellen, welches durch eine Steuereinrichtung während der Ausgabe wenigstens einer Sprachnachricht unterdrückt wird (Merkmal 4.).

Die Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens führt zu keinem anderen Ergebnis. Auch wenn zu Gunsten der Antragsgegnerinnen die Fachüblichkeit von Tonsignalen unterstellt werden kann, fehlt es an einer dahingehenden Anregung, derartige Tonsignale mit anderen akustischen Reizen und insbesondere mit Sprachnachrichten so zu kombinieren, dass die Ausgabe der Tonsignale im Zeitpunkt der Ausgabe der Sprachnachricht unterdrückt oder zumindest in der Lautstärke reduziert wird.

Der Umstand, dass die Kenntnis eines technischen Sachverhalts zum allgemeinen Fachwissen gehört, belegt noch nicht, dass es für den Fachmann nahegelegen hat, sich bei der Lösung eines bestimmten technischen Problems dieser Kenntnis zu bedienen. Dass die grundsätzliche Möglichkeit der Verwendung von Tonsignalen bei der Suche nach Verschütteten zum allgemeinen Fachwissen

gehört, besagt deshalb nichts dafür, dass es für den Fachmann nahegelegen hat, Tonsignale zusätzlich bei der Lösung nach der DE '217 einzusetzen, die gerade nicht mit einer Kombination zweier akustischer Reize arbeitet.

cc) Vergleichbares gilt ausgehend von der EP '011.

Dort fehlt es, wie ausgeführt, jedenfalls an der Offenbarung einer Sprachnachricht im Sinne des Streitpatents. Soweit nach Abs. [0045] der Entgegenhaltung Tonmuster erzeugbar sind, welche periodisch wiederholte Einzeltöne umfassen, die sich in Wiederholrate, Dauer, Tonfrequenz oder in der Lautstärke der Einzeltöne unterscheiden und bei denen die einzelnen Parameter auch kombiniert werden können, ist dies mit dem Vorteil verbunden, dass der Suchende die Empfangsrichtung intuitiv aus dem durch den Signalgenerator erzeugten Tonmuster ablesen kann (Abs. [0045]). Zum Spektrum der Tonmuster gehören dabei neben hörbaren akustischen Tönen auch 'unhörbare akustische Signale' (Abs. [0046]), woraus sich jedoch nicht ableiten lässt, dass bestimmte Tonmuster während der Ausgabe anderer Tonmuster nicht ausgegeben werden sollen.

Wie der Fachmann Abs. [0047] f. der Entgegenhaltung entnimmt, kann die Empfangseinrichtung zur Ergänzung der akustischen Signalisation mittels der Tonmuster mit einer optischen Anzeige ausgestattet sein. Dadurch wird der Suchende akustisch durch die Tonmuster geführt, während er sich optisch auf das Gelände konzentrieren kann.

Selbst wenn die Erwähnung einer solchen optischen Anzeige dem Fachmann Anlass bieten sollte, Möglichkeiten einer Vereinfachung der Suche nach einem Verschütteten zu erforschen, hat er, ohne in eine stets unzulässige rückschauende Betrachtung zu verfallen, keinen Anlass dafür, eine Sprachausgabe in Erwägung zu ziehen. Die in der Entgegenhaltung offenbarte Suche beruht im Kern auf der Verwendung verschiedener, je nach Raumwinkel variierender Tonmuster, so dass der Nutzer anhand dieser Tonmuster geleitet werden kann. Soweit die Entgegenhaltung eine neben die Tonführung tretende optische Anzeige offenbart, handelt es sich dabei lediglich um eine optionale Ergänzung der Tonführung. Die optische Anzeige tritt neben die akustische Tonführung, ohne in diese einzugreifen oder sich mit dieser zu überlagern. Anders verhält es sich mit einer Sprachausgabe. Da mit einer solchen naturgemäß die Hinzufügung weiterer, gegebenenfalls die tonmusterbasierte Suche beeinträchtigender akustischer Signale verbunden sein kann, stellen sich dem Fachmann damit neue Herausforderungen und Probleme. Werden neben den vektorbezogenen Tonmustern akustische Signale in Form von Sprachnachrichten ausgeben, stellt sich erstmals die Frage der Priorisierung bestimmter akustischer Signale. Der Fachmann empfindet die Ergänzung der je nach Raumvektor unterschiedlichen Tonmuster durch eine Sprachführung und damit die Hinzufügung weiterer akustischer Signale in Form von Sprachnachrichten mithin nicht zwingend als Vereinfachung. Vielmehr wird er von der Hinzufügung von Sprachsignalen zu der in der EP '011 offenbarten Lösung schon deshalb abgehalten, weil ihm die Entgegenhaltung selbst einen einfacheren Weg für eine Optimierung der Suche offenbart: Neben die jeweils einem bestimmten Vektor zugeordneten Tonsignale kann eine optische Anzeige treten. Eine solche vermeidet nicht nur das Problem der Überlagerung zweier akustischer Signale. Sie erweist sich vielmehr auch deshalb als vorteilhaft, weil sie dem Suchenden die für die Suche erforderlichen Informationen auf einem zusätzlichen Weg vermittelt. Diese werden ihm nunmehr nicht nur akustisch, sondern zusätzlich visuell präsentiert.

Gründe, weshalb der Fachmann davon ausgehend die EP '011 mit der WO '721 und/oder der DE '217 kombinieren und auch bei der in der EP '011 tonmusterbasierten Suche die Hinzufügung einer Sprachführung in Betracht sollte, sind ausgehend von diesen Überlegungen nicht ersichtlich. Dies

gilt umso mehr, da beide Schriften ein sich deutlich von der EP '011 unterscheidendes Gesamtkonzept offenbaren. Erfolgt die Navigation wie nach der in der WO '721 sowie der DE '217 offenbarten Lösung auf der Grundlage GPS-gestützter Positionssignale, bedarf es für eine ordnungsgemäße Funktion keiner zwingenden festen Zuordnung bestimmter Tonmuster zu bestimmten Vektoren als Grundlage der Navigation. Das Problem sich überlagernder Tonsignale stellt sich damit ebenso wenig wie die Frage der Priorisierung derartiger Signale.

dd) Schließlich steht auch die ohnehin verspätet in das Verfahren eingeführte und daher schon aus formalen Gründen zurückzuweisende EP 1 577 679 A1 (Anlage BB 2) der erfinderischen Tätigkeit nicht entgegen. Welchen Anlass der Fachmann haben sollte, die dort offenbarte Lösung naheliegend und ohne rückschauende Betrachtung dahingehend abzuwandeln, dass nunmehr ein Suchgerät sowohl Tonsignale als auch Sprachnachrichten ausgibt, ist weder hinreichend vorgetragen noch ersichtlich. Insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.

  • f)

Der durch die Antragsgegnerinnen erhobene Einwand der mangelnden Ausführbarkeit der offenbarten Erfindung (Art. 83 EPÜ) begründet ebenfalls keine erheblichen Zweifel am Rechtsbestand des Streitpatents.

aa)

Soweit die Antragsgegnerinnen die Ausführbarkeit von Patentanspruch 1 im Hinblick auf eine vermeintlich nicht ausführbare Offenbarung von Tonsignal und Sprachnachricht in Zweifel ziehen, liegt diesen Überlegungen ein vermeintliches Verständnis der Antragstellerin der beanspruchten technischen Lehre zugrunde.

Nach Auffassung der Antragstellerin läuft eine stets vorhandene Gleichzeitigkeit dem Anspruchswortlaut des Streitpatents zuwider, 'da ein Tonsignal in funktionalem Zusammenhang mit der Suche nach wenigstens einem weiteren LVS stehe, während eine Sprachnachricht stets in funktionalem Zusammenhang mit wenigstens einem Ereignis bei der Suche nach wenigstens einem LVS stehe'. Soweit die Antragstellerin damit zum Ausdruck bringen will, dass Tonsignal und Sprachnachricht unabhängig voneinander ausgegeben werden können, ohne dass eine entsprechende Ansteuerung des Lautsprechers erfolgt, steht dies im Widerspruch zu der bereits im Einzelnen erläuterten technischen Lehre des Streitpatents. Diese verlangt einen funktionalen Zusammenhang zwischen dem Ereignis, der Ansteuerung des Lautsprechers und der Unterdrückung des Tonsignals bzw. der Reduzierung von dessen Lautstärke. Ausgehend von einem solchen Verständnis fehlt dem Einwand der mangelnden Offenbarung die Grundlage.

bb)

Der durch die Antragsgegnerinnen daneben erhobene Vorwurf, es fehle in der Streitpatentschrift an einer ausführbaren Offenbarung, 'wie das Ansteuern des Lautsprechers zu realisieren ist, wenn ein nicht generiertes Tonsignal unterdrückt werden soll', trägt den Einwand der unzureichenden Offenbarung ebenfalls nicht.

Wurde ein Patent erteilt, ist von einer ausreichenden Offenbarung so lange auszugehen, bis das Gegenteil nachgewiesen ist. Vorliegend führt das zur Beweislast der Antragsgegnerinnen dafür, dass es dem Fachmann auch nach Kenntnisnahme der Angaben in der Beschreibung und der Zeichnungen der Streitpatentschrift nicht möglich ist, die beanspruchte Lehre unter Einsatz seines Fachwissens und ohne unzumutbare Schwierigkeiten auszuführen. Diesen Anforderungen genügt der lediglich pauschal gehaltene Vorwurf der mangelnden Offenbarung nicht.

V.

Die Anordnung einstweiliger Maßnahmen ist vorliegend notwendig, um die Fortsetzung der Verletzung zu unterbinden oder zumindest eine drohende Verletzung zu verhindern (vgl. R. 206.2 (c) VerfO).

Für die Notwendigkeit der Anordnung einstweiliger Maßnahmen sind nach der Verfahrensordnung sowohl zeitliche als auch sachliche Umstände von Bedeutung. Die Relevanz zeitlicher Umstände ergibt sich neben R. 209 Nr. 2 (b) VerfO ('Dringlichkeit') insbesondere auch aus R. 211 Nr. 4 VerfO, wonach das Gericht ein unangemessenes Zuwarten bei der Beantragung einstweiliger Maßnahmen berücksichtigt. Dass in die Entscheidung über die Anordnung einstweiliger Maßnahmen darüber hinaus auch sachliche Umstände einzufließen haben, ergibt sich etwa aus R. 211 Nr. 3 VerfO, wonach bei der Entscheidung über den Anordnungsantrag insbesondere auch der mögliche Schaden, der dem Antragsteller erwachsen kann, zu berücksichtigen ist. Potenzielle Schäden des Antragsgegners sind demgegenüber bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen (UPC_CFI_2/2023 (LK München), Anordnung v. 19.09.2023 = GRUR 2023, 1513, 1523, Rz. 255 Nachweisverfahren).

Aufgrund der hier gegebenen Umstände ist die Anordnung der beantragten einstweiligen Maßnahmen in zeitlicher Hinsicht dringlich (R. 209.2 (b) VerfO).

a)

Die für die Anordnung einstweiliger Maßnahmen notwendige zeitliche Dringlichkeit fehlt nur dann, wenn sich der Verletzte bei der Verfolgung seiner Ansprüche in einer solchen Weise nachlässig und zögerlich verhalten hat, dass aus objektiver Sicht der Schluss geboten ist, dem Verletzten sei an einer zügigen Durchsetzung seiner Rechte nicht gelegen, weswegen es auch nicht angemessen erscheint, ihm die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtschutzes zu gestatten (vgl. auch UPC_CFI 2/2023 (LK München), Anordnung v. 19.09.2023, S. 84 f. = GRUR 2023, 1513, 1524, Rz. 259 - Nachweisverfahren).

Der Antragsteller braucht bei der Rechtsverfolgung kein Risiko einzugehen. Gemäß R. 213.2 VerfO kann ihm das Gericht im Rahmen der Entscheidungsfindung auferlegen, alle vernünftigerweise verfügbaren Beweismittel vorzulegen, um sich mit ausreichender Sicherheit davon überzeugen zu können, dass er gemäß Art. 47 EPGÜ zur Einleitung des Verfahrens berechtigt ist, das betreffende Patent Gültigkeit besitzt und sein Recht verletzt wird oder verletzt zu werden droht. Auf eine solche Anordnung muss der Antragsteller im Eilverfahren regelmäßig innerhalb kurzer Fristen reagieren, was eine entsprechende Vorbereitung des Verfahrens voraussetzt. Daher braucht der Antragsteller das Gericht grundsätzlich erst dann anzurufen, wenn er verlässliche Kenntnis aller Tatsachen hat, die eine Rechtsverfolgung im Verfahren auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen erfolgversprechend machen und wenn er diese Tatsachen auch in glaubhaft machen kann. Der Antragsteller darf sich auf jede mögliche prozessuale Situation, die nach Lage der Dinge eintreten kann, derart vorbereiten, dass er dem Gericht auf eine entsprechende Anordnung hin die angeforderten Informationen und Unterlagen präsentieren und auf das Vorbringen der Antragsgegnerseite erfolgreich erwidern kann.

Grundsätzlich kann der Antragsteller nicht darauf verwiesen werden, Nachermittlungen erforderlichenfalls erst während eines laufenden Verfahrens anzustellen und notwendige Unterlagen nötigenfalls nachträglich zu beschaffen. Als Kehrseite davon darf der Antragsteller jedoch auch nicht unnötig zögern. Sobald er den mutmaßlichen Verletzungssachverhalt kennt, muss er dem nachgehen, die notwendigen Aufklärungsmaßnahmen treffen und die zur Stützung seines Vorbringens erforderlichen Unterlagen besorgen. Hierbei hat er die gebotenen Schritte jeweils zielstrebig in die

Wege zu leiten und zum Abschluss bringen. Sobald der Antragsteller über alle Kenntnisse und Unterlagen verfügt, die verlässlich eine aussichtsreiche Rechtsverfolgung ermöglichen, muss er den Antrag auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen innerhalb eines Monats anbringen.

  • b)

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Antragstellerin die Angelegenheit mit der notwendigen Dringlichkeit behandelt.

aa)

Auch wenn Mitarbeiter der Antragstellerin bereits Anfang Oktober 2023 einen Prototyp der angegriffenen Ausführungsform auf einer Messe in den USA in Augenschein nehmen konnten, hatten sie ab diesem Zeitpunkt allenfalls Kenntnis der angegriffenen Ausführungsform und ihrer Funktionsweise. Das allein reicht jedoch als Grundlage eines Antrages auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen nicht aus. Damit ein solcher Antrag Erfolg haben kann, bedarf es vielmehr konkreter Anhaltspunkte für Verletzungshandlungen in zumindest einzelnen Vertragsmitgliedsstaaten, in denen das Streitpatent validiert ist. Der Auftritt auf einer Messe in den USA genügt diesen Anforderungen selbst dann nicht, wenn die angegriffene Ausführungsform - wie hier - mit einer Notfallnummer 'Europe: 112' gezeigt wird. Das Streitpatent ist nicht in allen europäischen Staaten validiert. Allein aus einer solchen Ausstellung musste die Antragstellerin daher nicht mit der für die Beantragung der Anordnung einstweiliger Maßnahmen erforderlichen Sicherheit herleiten, dass die angegriffene Ausführungsform nicht nur in Europa, sondern auch in den Validierungsstaaten des Streitpatents in der gezeigten Konfiguration angeboten würde bzw. angeboten und vertrieben werden soll. Sie musste zu diesem Zeitpunkt kein Risiko eingehen, sondern musste und durfte weitere Informationen sammeln.

bb) Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin entgegen ihrer Behauptung bereits vor dem 3. November 2023 von Angeboten innerhalb des Vertragsgebietes Kenntnis erlangt hat, haben die Antragsgegnerinnen nicht aufzuzeigen vermocht.

(1)

Dass die Antragstellerin nicht bereits im Vorfeld der Messe 'ISPO' Eilrechtsschutz begehrt hat, gereicht ihr ebenfalls nicht zum Nachteil. Solange sie insgesamt zielstrebig bei der Rechtsverfolgung vorgeht, ist es ihre Entscheidung, ob sie bereits vor der Messe Rechtschutz begehrt oder zunächst den Beginn der Messe abwartet, um dort gegebenenfalls weitere Erkenntnisse, etwa zur Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform oder zum (angestrebten) Vertriebsgebiet, zu erlangen. Einen Grund für ein solches Zuwarten benennen die Antragsgegnerinnen vorliegend selbst. Berufen sie sich darauf, die angegriffene Ausführungsform existiere derzeit lediglich als Prototyp, wobei es noch nicht feststehe, welche Version letztlich vertrieben werde, hatte die Antragstellerin allen Anlass, sich zunächst auf der Messe ein Bild von der dort im Geltungsbereich des Streitpatents gezeigten Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform zu machen. Nachdem die Antragstellerin ihren Antrag auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen unmittelbar im Anschluss an die Messe gestellt hat, ist die Dringlichkeit damit gegeben.

(2) Auf ein mögliches Eilverfahren in der Schweiz muss sich die Antragstellerin von vornherein nicht verweisen lassen. Mit einem solchen Verfahren lässt sich keine Anordnung einstweiliger Maßnahmen - anders als in dem bereits durch die Lokalkammer München entschiedenen und durch die Antragsgegnerinnen zur Begründung ihrer abweichenden Auffassung zitierten Fall (UPC_CFI_292/2023 (LK München), Anordnung v. 20.12.2023, GRUR-RR 2024, 93 - Elektronisches

Etikett) - für die hier in Rede stehenden Vertragsmitgliedsstaaten Deutschland und Österreich erzielen. Die lediglich abstrakte Möglichkeit, dass eine solche Anordnung möglicherweise mittelbar auch den Vertrieb in den vorliegend in Rede stehenden Vertragsmitgliedsstaaten verhindert hätte, stellt für die Antragstellerin von vornherein keine gleichwertige Alternative zu einem nunmehr vor dem Einheitlichen Patentgericht eingeleiteten Eilverfahren dar. Für die effektive Durchsetzung des Streitpatents ist sie auf einen sich unmittelbar auf Deutschland und Österreich erstreckenden Titel angewiesen.

(3)

Ob einstweilige Maßnahmen auch unmittelbar nach einer Messe ex-parte angeordnet werden können, bedarf im Prüfungsverfahren keiner Beantwortung. Dessen Gegenstand ist nicht die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Anordnung, sondern die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Anordnung einstweiliger Maßnahmen unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragsgegnerinnen im Verhandlungsschlusszeitpunkt vorliegen. Ein Tätigwerden unmittelbar auf der Messe ist jedenfalls für eine Anordnung inter-partes keine Voraussetzung. Dies gilt umso mehr, da die Antragstellerin im Rahmen der Vorbereitung eines Eilverfahrens auch umfangreichen Vortrag der Antragsgegnerinnen in dem vor dem Bundespatentgericht der Schweiz geführten Nichtigkeitsverfahren zu berücksichtigen hatte. Es mag sein, dass die Antragstellerin bereits im Vorfeld der Messe Kenntnis dieses Verfahrens in der Schweiz hatte. Ihr ist jedoch zuzugestehen, dass sie den dortigen umfassenden Vortrag vor Einreichung eines Antrages auf Anordnung vorläufiger Maßnahmen bei dem Einheitlichen Patentgericht darauf überprüft, welche Risiken sich daraus in einem vor dem Einheitlichen Patentgericht geführten Eilverfahren ergeben und ob sie aufgrund der auf der Messe gewonnenen Erkenntnisse zum Verletzungstatbestand trotz dieser Risiken die Anordnung einstweiliger Maßnahmen beim Einheitlichen Patentgericht begehrt. Eine solche Risikoanalyse war umso mehr geboten, da die Antragstellerin nach der Verfahrensordnung (R. 213.1 VerfO) im Fall der Anordnung einstweiliger Maßnahmen zeitnah eine Hauptsacheklage erheben muss. Ist dem so, muss sie auch damit rechnen, dass der Rechtsbestand des Streitpatents sodann auch vor dem Einheitlichen Patentgericht im Rahmen einer Nichtigkeitswiderklage angegriffen wird.

(4)

Auch wenn das Verhalten nach Erlass der Ex-parte-Anordnung bei der Beurteilung der Dringlichkeit Berücksichtigung finden muss, ist in dieser Phase des Verfahrens kein dringlichkeitsschädliches Verhalten der Antragstellerin erkennbar. Nachdem die Anordnung einstweiliger Maßnahmen am 11. Dezember 2024 erlassen wurde, hat die Antragstellerin die Zustellung bereits am 15. Dezember 2023 in Auftrag gegeben (Anlage KAP 33). Hinzu kommt, dass die Lokalkammer die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung von der Leistung einer Sicherheit abhängig gemacht hat. Für deren Beibringung ist ihr eine angemessene Umsetzungsfrist zuzubilligen (vgl. dazu: UPC_CFI_177/2023 (LK Düsseldorf), Anordnung v. 23.06.2023 = GRUR 2023, 1370 - E-Bike).

Die Anordnung einstweiliger Maßnahmen ist aufgrund des Schadens, welcher der Antragstellerin durch das rechtsverletzende Produktangebot der Antragsgegnerinnen droht, auch in sachlicher Hinsicht notwendig.

Wie die Antragstellerin im Einzelnen ausgeführt und mithilfe einer eidesstattlichen Versicherung (Anlage KAP 29) glaubhaft gemacht hat, handelt es sich bei der Messe 'ISPO Munich' um die zentrale Leitmesse in Sachen Wintersport und Wintertourismus. Auch wenn sich mit der Anordnung einstweiliger Maßnahmen im Nachgang der Messe Geschäftsabschlüsse auf der Messe naturgemäß nicht mehr verhindern lassen, kann es unstreitig auch im Nachgang einer solchen Messe noch zu Geschäftsabschlüssen kommen. Das gilt umso mehr, wenn ein dort ausgestelltes Produkt - wie

hier die angegriffene Ausführungsform - auf der Messe mit einem Preis wie dem ISPO-Award ausgezeichnet wurde. Auch wenn der Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform an Endkunden erst im Sommer 2024 beginnt, werden die maßgeblichen Geschäfte nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Antragstellerin bereits jetzt mit dem Einzelhandel geschlossen. In der aktuell laufenden Vororderphase bestellen gewerbliche Abnehmer zum jetzigen Zeitpunkt diejenigen Produkte verbindlich, die sie im kommenden Sommer von den Herstellern geliefert bekommen und dann in ihren Geschäften für Endabnehmer anbieten werden. Hinzu kommt, dass es sich bei der angegriffenen Ausführungsform um ein direktes Konkurrenzprodukt zu einem Produkt der Antragstellerin ('Ortovox Direct Voice') handelt. Da jede Vorbestellung der angegriffenen Ausführungsform eine Nachfrage bedient, die sonst die Antragstellerin hätte bedienen können, begründet jedes vorbestellte Exemplar der angegriffenen Ausführungsform bereits jetzt einen nicht wiedergutzumachenden Schaden für die Antragstellerin. Nachdem diese auch keine Lizenzen an dem Streitpatent erteilt hat, ist derzeit nur die Antragstellerin mit der besonderen Funktion der Sprachausgabe (in Kombination mit der Suche auf Basis von Tonsignalen) auf dem Markt.

Um der Antragstellerin in einem solchen Marktumfeld effektiven Rechtschutz zu gewähren, bedarf es der Anordnung einstweiliger Maßnahmen. In einem Hauptsacheverfahren ist mit einer mündlichen Verhandlung innerhalb eines Jahres zu rechnen (vgl. Verfahrensordnung, Präambel, Ziff. 7.). Mit einem solchen Vorgehen ließe sich der Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform für die Wintersaison 2024/2025 daher nicht effektiv verhindern. Dass die angegriffene Ausführungsform ausgehend vom Vortrag der Antragsgegnerinnen derzeit nur als Prototyp existiert, vermag daran schon deshalb nichts zu ändern, weil das 'Barryvox S2' bereits jetzt für eine spätere Auslieferung vorbestellt werden kann.

VI.

Auch die vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Gunsten der Antragstellerin aus.

Nach Maßgabe von Art. 62 Abs. 2 EPGÜ (R. 211 Nr. 3 VerfO) hat das Gericht nach Ermessen die Interessen der Parteien im Hinblick auf den Erlass der Anordnung oder die Abweisung des Antrags gegeneinander abzuwägen; dabei sind alle relevanten Umstände in die Abwägung einzustellen, insbesondere auch die möglichen Schäden, die den Parteien durch den Erlass der Anordnung oder die Abweisung des Anordnungsantrages erwachsen können. Für die Ausübung des Ermessens ist dabei auch der Wahrscheinlichkeitsgrad, zu dem das Gericht vom Vorliegen der einzelnen in die Abwägung einzustellenden Umstände überzeugt ist, maßgeblich. Je sicherer die Überzeugung des Gerichts davon ist, dass der Rechtsinhaber die Verletzung eines gültigen Patents geltend macht, aufgrund sachlicher und zeitlicher Umstände die Notwendigkeit zum Anordnungserlass besteht und dem auch mögliche Schäden des Gegners oder sonstige berechtigte Einwendungen nicht entgegenstehen, desto eher ist der Erlass einer Untersagung gerechtfertigt. Je eher hingegen hinsichtlich einzelner der für die Interessenabwägung maßgeblichen Umstände relevante Unsicherheiten bestehen, die der Überzeugung des Gerichts abträglich sind, wird das Gericht als mildere Maßnahme die an eine Sicherheitsleistung geknüpfte Zulassung der Fortsetzung der angeblichen Verletzung oder gar die Abweisung des Antrags in Betracht zu ziehen haben (UPC_CFI_2/2023 (LK München), Anordnung v. 19.09.2023, S. 98 = GRUR 2023, 1513, 1525 f., Rz. 300 f. - Nachweisverfahren).

Dies vorausgeschickt ist der Erlass der beantragten Anordnung auch nach einer Abwägung der Interessen gerechtfertigt.

Nachdem es die Antragsgegnerinnen im Eilverfahren nicht vermocht haben, eine Verletzung des

Streitpatents erheblich in Abrede zu stellen, ist die Lokalkammer bei summarischer Prüfung von einer Verletzung des Streitpatents durch die Handlungen der Antragsgegnerinnen überzeugt. Zudem haben es die Antragsgegnerinnen auch nicht vermocht, erhebliche Zweifel am Rechtsbestand des Streitpatents zu erzeugen. Die Lokalkammer ist überdies der klaren Überzeugung, dass einstweilige Maßnahmen aufgrund der Verletzung des Streitpatents sowohl in sachlicher als auch in zeitlicher Hinsicht notwendig sind.

Vor dem Hintergrund der festgestellten Verletzung des Streitpatents haben die Antragsgegnerinnen kein berechtigtes Interesse daran, die das Streitpatent verletzende angegriffene Ausführungsform in Deutschland oder Österreich anzubieten oder zu vertreiben, und zwar weder ohne noch gegen Sicherheitsleistung. Soweit sie geltend machen, eine Unterlassungsanordnung führe bei ihnen zu einem unwiderruflichen Nachteil, sind die durch sie aufgezählten Nachteile letztlich nur die Folge der durch die Antragstellerin geschilderten Wettbewerbssituation. Ohne eine solche Anordnung sind die Ressourcen der Händler aufgrund (potenzieller) Bestellungen der angegriffenen Ausführungsform gebunden. Sie stehen daher für das Produkt der Antragstellerin nicht zur Verfügung, wodurch dieser ein nicht wiedergutzumachender Schaden droht. Dass dem so ist, bestätigen die Antragsgegnerinnen letztlich mittelbar selbst, indem sie sich darauf berufen, im Falle einer Inter-partes-Anordnung würden Vorbestellungen storniert, wodurch die betreffenden Ressourcen für andere Bestellungen, etwa von Geräten der Antragstellerin, frei würden. Umgekehrt formuliert fehlen daher diese Ressourcen, soweit sie durch Bestellungen der angegriffenen Ausführungsform gebunden sind. In einer solchen Situation genießt das Interesse der Antragstellerin an der Durchsetzung des Streitpatents Vorrang. Die Antragsgegnerinnen haben angesichts der festgestellten Verletzung des Streitpatents kein schützenswertes Interesse an der Sicherung der bereits bestehenden Vorbestellungen. Entstehen ihr aufgrund der Unterlassungsanordnung Schäden, kann sie insoweit gemäß R. 213.2 VerfO von der Antragstellerin Schadenersatz verlangen.

Der Verweis der Antragsgegnerinnen auf angebliche Drittinteressen geht vorliegend schon deshalb ins Leere, weil die angegriffene Ausführungsform nach ihrem eigenen Vortrag bisher lediglich als Prototyp existiert. Sind die streitgegenständlichen Lawinensuchgeräte gegenwärtig in der Praxis nicht im Einsatz, sind die durch die Antragsgegnerinnen angesprochenen Nachteile für die Überlebenschancen von Lawinenopfern allenfalls theoretischer Natur. Dies gilt umso mehr, da mit dem Produkt der Antragstellerin ebenso wie mit dem Vorgängerprodukt der angegriffenen Ausführungsform zumindest zwei alternative Lawinensuchgeräte erhältlich sind und dementsprechend bereits jetzt bei der Suche nach Verschütteten eingesetzt werden können. Am Ergebnis der Interessenabwägung vermögen diese nichts zu ändern.

VII.

Die Lokalkammer Düsseldorf ist mit der für die Anordnung einstweiliger Maßnahmen erforderlichen Sicherheit davon überzeugt, dass die Antragsgegnerinnen durch das Angebot und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform im Geltungsbereich des Streitpatents widerrechtlich von dessen technischer Lehre Gebrauch machen. Ebenso ist der Rechtsbestand des Streitpatents in dem für die Anordnung einstweiliger Maßnahmen erforderlichen Umfang gesichert. Da die Anordnung einstweiliger Maßnahmen auch sowohl zeitlich als auch sachlich notwendig ist und zudem auch die Interessenabwägung zu Gunsten der Antragstellerin ausfällt, ergeben sich die nachstehenden Rechtsfolgen:

Das Gericht hält unter Ausübung seines Ermessens (R. 209.2 VerfO) den Erlass einer einstweiligen Unterlassungsanordnung für angemessen und gerechtfertigt (Art. 62 (1), 25 (a), 26 (1) EPGÜ). Nur eine Unterlassungsanordnung trägt dem Interesse der Antragstellerin an der effektiven Durchsetzung des Streitpatents Rechnung. Dahinter muss das Interesse der Antragsgegnerinnen an der

Fortsetzung des Vertriebs - ohne oder gegen Sicherheitsleistung - aus den genannten Gründen zurücktreten.

Die Beschlagnahmeanordnung beruht auf Art. 62 Abs. 3 EPGÜ i.V.m. R. 211.1 (b) VerfO. Eine solche erscheint unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien angemessen und geboten. Ein Interesse der Antragsgegnerinnen, Exemplare der das Streitpatent verletzenden angegriffenen Ausführungsform in ihrem Besitz zu behalten, ist nicht ersichtlich. Auf ein mögliches Eilverfahren in der Schweiz musste sich die Antragstellerin - wie ausgeführt - nicht verweisen lassen. Die Möglichkeit der Einleitung eines solchen Verfahrens berührt das Rechtschutzbedürfnis für eine Beschlagnahmeanordnung daher von vornherein nicht.

Soweit die Lokalkammer Düsseldorf darüber hinaus für den Fall der Zuwiderhandlung Zwangsgelder angedroht hat, findet diese Androhung ihre Grundlage in R. 354.3 VerfO. Mit der Anzahl der Erzeugnisse bzw. der Anzahl der Tage steht jeweils eine Größe für die Berechnung der Zwangsgelder bereits fest. Die Festsetzung einer Höchstgrenze pro Erzeugnis bzw. Tag gibt der Lokalkammer jedoch die notwendige Flexibilität, um im Fall einer Zuwiderhandlung auch das Verhalten des Verletzers zu berücksichtigen und auf dieser Grundlage gemäß R. 354.4 VerfO ein angemessenes Zwangsgeld festsetzen zu können.

Davon ausgehend besteht für die durch die Antragsgegnerinnen angestrebte Herabsetzung des Zwangsgeldes auch unter Berücksichtigung des avisierten Verkaufspreises der angegriffenen Ausführungsform kein Anlass. Das Zwangsgeld soll den Schuldner verlässlich von zukünftigen Verstößen und Verletzungen abhalten und besitzt daher in erster Linie Beugefunktion. Daneben stellt das Zwangsgeld eine strafähnliche Sanktion für die Übertretung des gerichtlichen Verbots dar. Dieser doppelte Zweck des Zwangsgeldes erfordert es, die Bemessung des Zwangsgeldes jedenfalls in erster Linie mit Blick auf den Schuldner und dessen Verhalten vorzunehmen. Zu berücksichtigen sind insbesondere Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil des Verletzers aus der Verletzungshandlung und die Gefährlichkeit der begangenen und möglichen künftigen Verletzungshandlungen für den Verletzten (UPC_CFI_177/2023 (LK Düsseldorf), Anordnung v. 18.10.2023 = GRUR 2024, 280, 285, Rz. 54 - E-Bike III). Dem trägt das angedrohte Zwangsgeld Rechnung, welches es der Lokalkammer erlaubt, im jeweiligen Einzelfall unter Einbeziehung der vorgenannten Faktoren ein im Einzelfall angemessenes Zwangsgeld festzusetzen.

Selbst wenn sich die Antragsgegnerinnen, was zu Ihren Gunsten unterstellt werden kann, an die Unterlassungsanordnung der Lokalkammer Düsseldorf gehalten haben, bietet ein solches rechtstreues Verhalten keinen Anlass für die von den Antragsgegnerinnen angestrebte Herabsetzung des angedrohten Zwangsgeldes. Es ist vielmehr Ausdruck dessen, dass bereits die Androhung der Zwangsgelder hinreichende Wirkung entfaltet. Fehlt es an einem Verstoß gegen die Unterlassungsanordnung, scheidet die Verhängung von Zwangsgeldern aus. Durch deren bloße Androhung werden die Antragsgegnerinnen demgegenüber nicht unverhältnismäßig belastet.

Die Differenzierung zwischen dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform sowie Dauerhandlungen, wie etwa Angeboten im Internet, ist unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten sachgerecht.

Indem die Antragstellerin in ihrer Erwiderung auf den Prüfungsantrag der Antragsgegnerinnen die Erstattung vorgerichtlicher Kosten verlangt, hat sie ihren Antrag auf Anordnung einstweiliger Maß-

nahmen nachträglich um diese Forderung erweitert. Eine solche Antragserweiterung kann die Antragstellerin jederzeit beantragen (R. 263.1 S. 1 VerfO). Gemäß R. 263.2 VerfO ist ein solcher Antrag jedoch abzulehnen, wenn die Antragstellerin das Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände nicht davon überzeugen kann, dass die in Rede stehende Änderung bei gebotener Sorgfalt nicht früher vorgenommen werden konnte und die Änderung die andere Partei in ihrer Verfahrensführung nicht unangemessen behindert.

Beide Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

Zu Gunsten der Antragstellerin ist zu berücksichtigen, dass die nachstehend noch im Einzelnen zu behandelnde Frage der Abwicklung der Kostenerstattung in Eilverfahren vor dem Einheitlichen Patentgericht bisher nicht höchstrichterlich geklärt ist und erstinstanzlich bereits unterschiedlich gehandhabt wurde. Die Lokalkammer Düsseldorf hat erstmals überhaupt in der im vorliegenden Verfahren ergangenen Ex-parte-Anordnung vom 11. Dezember 2023 das Begehren der Antragstellerin nach einer Kostengrundentscheidung im Eilverfahren zurückgewiesen. Zugleich hat die Lokalkammer auf den fehlenden Antrag auf vorläufige Kostenerstattung hingewiesen (UPC_CFI_452/2024, Anordnung v. 11.12.2023, S. 10 unten = GRUR-RR 2024, 97, 101, Rz. 44 - Verschüttetensuchgerät). Auf diesen Hinweis regiert die Antragstellerin mit ihrem nachträglichen Antrag auf vorläufige Kostenerstattung. Das kann ihr schon unter dem Gesichtspunkt rechtlichen Gehörs nicht verwehrt werden.

Die Antragsgegnerinnen werden durch die nachträgliche Zulassung des Antrages auf vorläufige Kostenerstattung auch nicht unangemessen behindert. Hätte die Antragstellerin das Begehren nach einer vorläufigen Kostenerstattung bereits in ihren ursprünglichen Antrag aufgenommen, hätte bereits die Ex-parte-Anordnung eine entsprechende Zahlungspflicht enthalten. Das wird nunmehr durch die Antragserweiterung nachgeholt, indem die ursprüngliche Anordnung um einen entsprechenden Ausspruch ergänzt wird. Einer - wenn auch geringfügigeren - Ergänzung hätte es ohnehin bedurft. Die durch das Prüfungsverfahren entstandenen Kosten waren im Zeitpunkt der Ex-parte-Anordnung noch nicht angefallen. Diese wären daher ohnehin nachträglich über eine Antragserweiterung zu ergänzen. Wäre die Lokalkammer demgegenüber dem ursprünglichen Begehren der Antragstellerin gefolgt und hätte die begehrte Kostengrundentscheidung erlassen, hätten sich die Antragsgegnerinnen im Anschluss einem Kostenfestsetzungsverfahren stellen müssen.

Soweit die Antragstellerin ihre vorläufigen Kosten auf der Grundlage des deutschen Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) berechnet, liegen die danach erstattungsfähigen Kosten im unteren Bereich. Es ist davon auszugehen, dass diese unter dem letztlich vor dem Einheitlichen Patentgericht erstattungsfähigen Betrag liegen. Entscheidet sich die Antragstellerin, sich im Eilverfahren zu Vereinfachungszwecken auf diese Beträge zu beschränken, handelt es sich daher um einen geeigneten Anhaltspunkt für die angemessenen und daher mindestens erstattungsfähigen Kosten. Ein solcher Ansatz ist daher nicht zu beanstanden.

Nachdem ihr Prüfungsantrag erfolglos geblieben ist, scheidet eine vorläufige Kostenerstattung zu Gunsten der Antragsgegnerinnen vorliegend von vornherein aus. Die Frage, ob R. 211.1 (c) VerfO auch die Anordnung einer vorläufigen Kostenerstattung zu Gunsten der Antragsgegnerseite zulässt (dafür UPC_CFI_182/2023 (LK Wien), S. 19 = GRUR-RS 2023, 35213, Rz. 48 ff. - Milchaufschäumer), bedarf daher im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung.

VIII.

Gemäß R. 211.5 VerfO S. 1 VerfO kann das Gericht für die im Falle der Aufhebung der Anordnung

einstweiliger Maßnahmen durch das Gericht eventuell von ihm zu leistende angemessene Entschädigung des Antragsgegners für den Schaden, den dieser wahrscheinlich erleiden wird, die Erbringung einer angemessenen Sicherheit verlangen. Gebietet der konkrete Fall - wie hier - nicht ausnahmsweise etwas anderes, ist von dieser Möglichkeit im Regelfall Gebrauch zu machen. Die Entscheidung zur Anordnung einstweiliger Maßnahmen beruht auf einer nur vorläufigen Bewertung der Sach- und Rechtslage, der eine Unsicherheit immanent ist. Zudem stellt die einstweilige Maßnahme einen erheblichen Eingriff in die Rechte des Patentverletzers dar, der in der Ausübung seiner wirtschaftlichen Tätigkeit massiv beschränkt wird. Dieser Unsicherheit und der Eingriffsintensität trägt nur die Anordnung einer Sicherheitsleistung Rechnung (Tilmann/Plassmann, Einheitspatent, Einheitliches Patentgericht, Regel 211 Rz. 32).

Was die Höhe der Sicherheitsleistung betrifft soll diese die Prozesskosten, andere Kosten wegen der Vollstreckung sowie eine mögliche Kompensation für entstandene oder wahrscheinlich entstehende Schäden abdecken, R. 352.1 VerfO. Gerade die Höhe möglicher Vollstreckungsschäden lässt sich im Zeitpunkt des Erlasses der vorliegenden Anordnung für die Lokalkammer jedoch nur schwer abschätzen. Vor diesem Hintergrund orientiert sich die festgesetzte Sicherheitsleistung an der Höhe des Streitwertes. Auch wenn der Streitwert nicht zwingend mit dem Schadensrisiko korrespondiert, bietet er jedenfalls einen Anhaltspunkt, welche wirtschaftliche Bedeutung die Antragstellerseite der Sache beimisst. Die Antragsgegnerinnen hatten es in der Hand, im Rahmen des Prüfungsverfahren zu den mittels der Sicherheitsleistung abzusichernden Risiken vorzutragen. Da sie von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht haben, besteht kein Grund, die Höhe der Sicherheitsleistung abzuändern.

IX.

Für eine Kostengrundentscheidung besteht in Verfahren zur Anordnung einstweiliger Maßnahmen jedenfalls dann keine Veranlassung, wenn auf das Eilverfahren - wie hier - ein Hauptsacheverfahren folgt.

Gemäß Art. 69 Abs. 1 EPGÜ werden die Kosten des Rechtsstreits und sonstigen Kosten des Rechtsstreits der obsiegenden Partei bis zu einer gemäß der Verfahrensordnung festgelegten Obergrenze von der unterliegenden Partei getragen, sofern Billigkeitsgründe dem nicht entgegenstehen. Die Norm bestimmt daher den Inhalt der Kostenentscheidung, namentlich von wem und in welchem Umfang die Kosten des Rechtsstreits und die sonstigen Kosten der unterliegenden Partei zu tragen sind (a. A.: UPC_CFI_2/2023 (LK München), Anordnung v. 19.09.2023, S. 103 = GRUR 2023, 1513, 1526, Rz. 315 - Nachweisverfahren). Sie verhält sich hingegen nicht zu dem Verfahren, in dem die Kostenentscheidung ergeht. Dieses ist vielmehr Gegenstand von R. 118.5 VerfO (vgl. dazu Dold/W. Tilmann in: Tilmann/Plassmann, Einheitspatent, Einheitliches Patentgericht, Art. 69 Rz. 1 und 3). Diese Regelung betrifft jedoch bereits nach ihrer systematischen Stellung das Hauptverfahren. In den die Anordnung einstweiliger Maßnahmen betreffenden R. 205 ff. VerfO findet sich dazu keine Entsprechung.

Für eine analoge Anwendung von R. 118.5 VerfO fehlt es zumindest dann bereits an einer planwidrigen Regelungslücke als Grundvoraussetzung einer solchen (a.A.: UPC_CFI_249/2023 (LK München), Anordnung v. 19.12.2023, Leitsatz, GRUR-RS 2023, 40572), wenn sich - wie hier - an das Eilverfahren ein Hauptsacheverfahren anschließt.

Gemäß R. 211.1 (d) VerfO kann das Gericht als einstweilige Maßnahme eine vorläufige Kostenerstattung anordnen. Leitet der Antragsteller im Anschluss an die Anordnung einstweiliger Maßnahmen das Hauptsacheverfahren nicht fristgerecht ein, ist die entsprechende Anordnung gemäß

R. 213.1 VerfO zwingend aufzuheben. Im Regelfall folgt daher auf die Anordnung einstweiliger Maßnahmen ein Hauptsacheverfahren. Für die dortige Entscheidung verlangt R. 118.5 VerfO zwingend den Erlass einer Kostengrundentscheidung. Geht einem Hauptsacheverfahren die Anordnung einstweiliger Maßnahmen voraus, sieht die Verfahrensordnung daher ein zweistufiges Verfahren vor: Damit der Antragsteller die mit dem Antrag auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen entstehenden Kosten nicht über einen längeren Zeitraum vorstrecken und damit auch das Insolvenzrisiko der Gegenseite tragen muss, erhält er die Möglichkeit, eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Erstattung vorläufiger Kosten in die einstweilige Anordnung aufnehmen zu lassen. Im Hauptsacheverfahren trifft das Gericht sodann auf der Grundlage von R. 118.5 VerfO eine Kostengrundentscheidung, welche die Grundlage des sich ggf. anschließenden Kostenfestsetzungsverfahrens (R. 150 ff. VerfO) bildet. Solange auf das Verfahren auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen ein Hauptsacheverfahren folgt, fehlt es daher an einer (planwidrigen) Regelungslücke. Die Voraussetzungen einer analogen Anwendung von R. 118.5 VerfO sind daher zumindest in einer solchen Fallkonstellation nicht gegeben.

ANORDNUNG:

  • I. Die Anordnung einstweiliger Maßnahmen vom 11. Dezember 2023 (ORD_591011/2023) wird einschließlich der darin enthaltenen Verpflichtung zur Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,- EUR aufrechterhalten.
  • II. Den Antragsgegnerinnen wird aufgegeben, der Antragstellerin vorläufig Kosten in Höhe von 33.375,70 EUR zu erstatten.
  • III. Der Antrag der Antragsgegnerinnen, zu ihren Gunsten eine vorläufige Kostenerstattung in Höhe von 19.858,40 EUR anzuordnen, wird zurückgewiesen.
  • IV. Diese Anordnung ist vorläufig vollstreckbar.

DETAILS DER ANORDNUNG:

App_4074/2024 zum Hauptaktenzeichen ACT_589655/2023

UPC-Nummer: UPC_CFI_452/2023

Verfahrensart: Antrag auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen

Erlassen in Düsseldorf am 9. April 2024

NAMEN UND UNTERSCHRIFTEN

Vorsitzender Richter Thomas

Rechtlich qualifizierte Richterin Dr. Thom

Rechtlich qualifizierter Richter Dr. Schober

Technisch qualifizierter Richter Dr. Wismeth

für den Hilfskanzler Strysio

INFORMATIONEN ÜBER DIE BERUFUNG

Die Antragsgegnerinnen können gegen diese Anordnung innerhalb von 15 Tagen nach ihrer Zustel- lung Berufung einlegen (Art. 73 (2) (a), 62 EPGÜ, R. 220.1 (c), 224.2 (b) VerfO).

INFORMATIONEN ZUR VOLLSTRECKUNG (ART. 82 EPGÜ, ART. ART. 37(2) EPGS, R. 118.8, 158.2, 354, 355.4 VERFO)

Eine beglaubigte Kopie der vollstreckbaren Entscheidung oder der vollstreckbaren Anordnung wird vom Hilfskanzler auf Antrag der vollstreckenden Partei ausgestellt, R. 69 RegR.

Showing 1 to 1 of 1 results
Subscription required
To use more advanced filters, you need an active subscription.