9 April, 2024
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Order
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ORD_18690/2024
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Luxembourg (LU)
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EP3611989
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R.271.1VerfO
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UPC Court of Appeal UPC_CoA_86/2024 App_17640/2024
Anordnung
des Berufungsgerichts des Einheitlichen Patentgerichts erlassen am 9. April 2024 zur Klarstellung des Zustellungsdatums
LEISATZ:
Im Verfahren vor dem Berufungsgericht gilt Kapitel 2 betreffend die Zustellung (Regeln 270 bis 279) der Verfahrensordnung (VerfO) entsprechend. Wenn im Verfahren vor dem Gericht erster Instanz R.271.1VerfO Anwendung fand (kurz gesagt: eine elektronische Adresse wurde vom Beklagten oder seinem Vertreter angegeben) und/oder ein Vertreter des Beklagten hat die Zustellung für den Beklagten akzeptiert, können die weiteren Zustellungen - nicht nur im Verfahren vor dem Gericht erster Instanz, sondern auch im Berufungsverfahren - gemäß R.271.2 VerfO innerhalb des geschlossenen elektronischen Systems des EPG-Fallbearbeitungssystems (Case Management System (CMS) vorgenommen werden.
SCHLAGWÖRTER:
Zustellung der Berufungsschrift und Berufungsbegründungsschrift
ANTRAGSGEGNERIN / BERUFUNGSKLÄGERIN / KLÄGERIN IM HAUPTVERFAHREN VOR DEM GERICHT ERSTER INSTANZ:
Panasonic Holdings Corporation, nachstehend 'Panasonic' genannt.
Vertreten durch: Miriam Kiefer, Rechtsanwältin, Kather Augenstein
ANTRAGSTELLERINNEN / BERUFUNGBEKLAGTE / BEKLAGTE IM HAUPTVERFAHREN VOR DEM GERICHT ERSTER INSTANZ:
Xiaomi Technology Germany GmbH
Xiaomi Technology France S.A.S.
Xiaomi Technology Italy S.R.L.
Xiaomi Technology Netherlands B.V.
Odiporo GmbH
Shamrock Mobile GmbH
nachstehend gemeinsam 'Xiaomi' genannt
Vertreten durch: Dr. Corin Gittinger, Rechtsanwalt, Freshfields Bruckhaus Deringer Rechtsanwälte,
Düsseldorf
SPRACHE DES VERFAHRENS
Deutsch
ENTSCHEIDENDE RICHTERIN:
Diese Anordnung wurde von der Berichterstatterin Frau Rian Kalden erlassen
ANGEFOCHTENE ANORDNUNG DES GERICHTS ERSTER INSTANZ
□ Datum: 9 Februar 2024
□ Anordnung ORD_ 598181/2023 (in App_597406/2023, UPC_CFI_223/2023) der Lokalkammer Mannheim
PATENT
EP 3 611 989
TATBESTAND
Panasonic legte Berufung gegen eine Verfahrensanordnung der Lokalkammer Mannheim über die Art und Weise der Zustellung der Klageschriften im Verfahren erster Instanz an die Parteien (mit Ausnahme von Xiaomi) ein, die ihren Sitz in China und Hongkong haben.
ANTRAG
Xiaomi beantragt:
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- festzustellen bzw. (formlos) mitzuteilen, dass die Zustellung der Berufung erst am 3. April 2024 erfolgt ist und die Berufungserwiderungsfrist damit mit Ablauf des 18. April 2024 endet;
Hilfsweise
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- die Frist zur Berufungserwiderung (nachträglich) bis zum 12. April 2024 zu verlängern; Ferner hilfsweise,
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- die Frist zur Berufungserwiderung nachträglich in angemessenem Umfang zu verlängern, wobei Xiaomi die Frage des angemessenen Umfangs in das Ermessen des Gerichts stellt; Xiaomi beantragt weiterhin hilfsweise,
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- den Beklagten gegen die Versäumung der Berufungserwiderungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und zur Begründung des entsprechenden Wiedereinsetzungsantrags gem. RoP 320 (3) sowie zur Vornahme der erforderlichen Handlung gem. RoP 320 (4) eine angemessene Frist, jedenfalls bis zum 12. April 2024, zu gewähren. In der Sache beantragt Xiaomi,
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- die Berufung der Berufungsklägerin zurückzuweisen und die angegriffene Anordnung der Lokalkammer Mannheim vom 09.02.2024 aufrechtzuerhalten;
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- der Berufungsklägerin die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen.
GEGENSTAND DER RECHTSSACHE
Datum der Zustellung der Berufungsschrift und Berufungsbegründungsschrift
GRÜNDE
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- Im Verfahren vor dem Berufungsgericht gilt Kapitel 2 betreffend die Zustellung (Regeln 270 bis 279) der Verfahrensordnung (VerfO) entsprechend. Wenn im Verfahren vor dem Gericht erster Instanz R.271.1VerfO Anwendung fand (kurz gesagt: eine elektronische
Adresse wurde vom Beklagten oder seinem Vertreter angegeben) und/oder ein Vertreter des Beklagten hat die Zustellung für den Beklagten entgegen genommen, können die weiteren Zustellungen - nicht nur im Verfahren vor dem Gericht erster Instanz, sondern auch im Berufungsverfahren - gemäß R.271.2 VerfO innerhalb des geschlossenen elektronischen Systems des EPG-Fallbearbeitungssystems (Case Management System (CMS) vorgenommen werden.
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- Im vorliegenden Verfahren hat sich herausgestellt, dass das CMS fälschlicherweise nicht für die Zustellung der Berufungsschrift und Berufungsbegründungsschrift gemäß R.271.2 VerfO konfiguriert war, sondern in gleicher Weise wie in dem Fall einer Zustellung einer Klageschrift in dem Verfahren in der ersten Instanz, in dem R.271.1 VerfO nicht anwendbar ist, weil der Kläger eine elektronische Zustellungsadresse angegeben hat. In diesen Fällen wird ein Zugangscode übermittelt, der es einem Vertreter des Beklagten ermöglicht, innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt dieser Mitteilung Zugang zu dem Verfahren im CMS zu erhalten und die Zustellung im Namen des Beklagten freiwillig zu akzeptieren. Wird die Zustellung freiwillig akzeptiert, so ist das Datum der Zustellung das Datum, an dem der Vertreter unter Verwendung des Zugangscodes Zugang zum CMS erhält.
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- Das Dashboard des Vertreters von Xiaomi zeigte eine Aufgabe 'Bestätigung der Zustellung' für die Kanzlei an, was darauf hindeutet, dass die Zustellung noch nicht stattgefunden hatte. Dem Vertreter von Xiaomi war daher nicht bekannt, dass bereits eine Zustellungsmitteilung versandt worden war. Er hätte dies auch nicht durch einen Blick in die Akte des Falles im CMS feststellen können, da eine Zustellungsmitteilung, die innerhalb des CMS erfolgt, nicht im Dokumentenordner gespeichert wird (oder anderweitig erkennbar ist oder auf diese an anderer Stelle verwiesen wird).
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- In der Annahme, dass sich die Zustellung aufgrund einer Fehlfunktion des CMS verzögert hatte, was schon öfter vorgekommen war, erkundigte sich der Vertreter am 2. April 2024 bei der Kanzlei, wann die Zustellung erfolgen würde. Die Kanzlei antwortete mit E-Mail vom 2. April 2024, dass die Zustellung bereits am 13. März 2024 erfolgt sei, und wies darauf hin, dass die Berufung gemäß R.271.6 VerfO an diesem Tag als zugestellt gelte. Erst daraufhin wurde festgestellt, dass die über das CMS übermittelte Zustellungsmitteilung ungelesen in den Ordner der gelöschten E-Mails des Vertreters verschoben worden war.
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- Als der Vertreter von Xiaomi, nachdem er dies festgestellt hatte, am 3. April 2024 mit dem in den Benachrichtigungen angegebenen Zugangscode auf das CMS Zugriff nahm, wurde ihm in der CMS-Oberfläche mitgeteilt, dass, in dem Fall, dass der Vertreter das Kästchen "I voluntarily accept service of behalf of [named respondent] in Case no. 10370/2024" ankreuzte (was er tat), gilt: "The date and time of service is when you lodge" (in deutscher Übersetzung: Datum und Uhrzeit der Zustellung ist der Zeitpunkt, an dem Sie sich anmelden; d. h. der 3. April 2024). Darüber hinaus generierte das CMS automatisch Zustellungsmitteilungen, in denen es hieß: "Am 03.04.2024 erfolgte die Zustellung per Elektronisch (sic) per Fallverwaltungssystem an [Name des Beklagten] betreffend das Verfahren Nr. 10370/2024."
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- In Anbetracht der Verwirrung darüber, ob eine Zustellung stattgefunden hat, die durch die falsche Konfiguration des CMS für die Zustellung in Berufungsverfahren, in Verbindung mit der fehlenden Erkennbarkeit im CMS, dass die Zustellung erfolgt ist, sowie den
widersprüchlichen Meldungen über das Datum der Zustellung verursacht wurde, stellt das Berufungsgericht klar und ordnet an, dass es die Grundsätze des ordnungsgemäßen Verfahrens und der Rechtssicherheit unter diesen Umständen erfordern, dass als das Datum, an dem die Zustellung der Berufungsschrift und Berufungsbegründungsschrift an Xiaomi erfolgt ist, der 3. April 2024 anzusehen ist. Folglich ist diese Berufungserwiderung im Namen von Xiaomi bis zum 18. April 2024 einzureichen.
ANORDNUNG
Die Zustellung der Berufungsschrift und Berufungsbegründungsschrift an Xiaomi ist als am 3. April 2024 erfolgt anzusehen. Die Berufungserwiderung im Namen von Xiaomi muss am 18. April 2024 eingereicht worden sein.
Erlassen am 9. April 2024.
Rian Kalden, Berichterstatterin
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