
Lokalkammer Mannheim UPC_CFI_219/2023
Anordnung
des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts Lokalkammer Mannheim erlassen am 13. Juni 2024 betreffend EP 2 568 724 betreffend App_35009/2024 betreffend App_35013/2024
Klägerin:
Panasonic Holdings Corporation - 1006, Oaza Kadoma, Kadoma-shi - 571-8501 - Osaka - JP vertreten durch Christopher Weber
Beklagte:
Xiaomi
Technology
Germany GmbH
(Partei des
Hauptverfahrens -
Not provided) -
Niederkasseler
Lohweg 175 -
40547 -
Düsseldorf - DE
Vertreten durch Dr. Corin Gittinger
Xiaomi
Technology
France S.A.S
(Partei des Hauptverfahrens - Not provided) - 93 rue Nationale Immeuble Australia - 92100 -
Vertreten durch Dr. Corin Gittinger
Boulogne-
Billancourt - FR
Xiaomi
Technology Italy
S.R.L
(Partei des
Hauptverfahrens -
Not provided) -
Viale Edoardo
Jenner 53 - 20158
Vertreten durch Dr. Corin Gittinger
Xiaomi
Technology
Netherlands B.V.
(Partei des
Hauptverfahrens -
Not provided) -
Prinses
Beatrixlaan 582 -
2595BM - Den
Haag - NL
Vertreten durch Dr. Corin Gittinger
Odiporo GmbH
(Partei des
Hauptverfahrens -
Not provided) -
Formerweg 9 -
47877 - Willich -
Vertreten durch Dr. Corin Gittinger
DE
Shamrock Mobile Vertreten durch Dr. Corin Gittinger
GmbH
(Partei des
Hauptverfahrens -
Not provided) -
Siemensring 44H -
47877 - Willich -
DE
STREITPATENT:
EUROPÄISCHES PATENT NR. EP 2568724
SPRUCHKÖRPER/KAMMER:
Lokalkammer Mannheim
MITWIRKENDE RICHTER:
Diese Anordnung wurde durch den Vorsitzenden und Berichterstatter Dr. Tochtermann erlassen.
VERFAHRENSSPRACHE: Deutsch
GEGENSTAND: Weitere FVL wegen Geheimnisschutzregime
SACHVERHALT
Die Beklagten beantragen in allen drei Parallelverfahren betreffend die Patente EP 724, EP 270 und EP 315 die Verlängerung der Fristen betreffend
- die Duplik im Verletzungsverfahren
- die Replik zur Nichtigkeitswiderklage
- sinngemäß zudem die Erwiderung zum Antrag auf Änderung des Patents (enthalten in der Erwiderung auf die Nichtigkeitswiderklage)
bis 6. August 2024. Zuvor war das Fristenregime bereits - in weiten Teilen mit Zustimmung der Gegenseite - zugunsten der Beklagten verlängert worden.
Die Verhandlungstermine wurden für das EP 724 auf den 7. bis 10. Oktober 2024 bestimmt, für das EP 270 auf den 10. und 11. Dezember 2024 und für das EP 315 auf den 4. und 5. Februar 2025.
Die Klägerin hat ihre Replik in allen Verfahren jeweils zunächst mit Totalschwärzungen eingereicht, die sich in auch für das Gericht nur eingeschränkt lesbaren Teilen der Replik befinden, die den FRAND-Aspekt der Auseinandersetzung betreffen. Auf verschiedene gegen sich selbst gerichtete Vorlageanträge hin hat die Klägerin sodann weitere Schriftsätze nebst Anlagen eingereicht, die sie als 'Ergänzung Replik' bezeichnet hat. Die Schriftsätze enthalten nunmehr umfänglichen, abgeschichteten Vortrag zu den Vergleichslizenzen, die die Klägerin heranzieht und vorgelegt hat. Zu diesen konsekutiv eingereichten weiteren schriftlichen Eingaben hat die Klägerin jeweils begleitende Anträge nach Regel 262A VerfO eingereicht. Das Gericht hat insoweit einstweilige Geheimnisschutzanordnungen erlassen und Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Details der Geheimnisschutzanordnung eingeräumt. Zudem haben die Beklagten - teils über Freigabe durch die Kanzlei im CMS, teils aufgrund technischer Probleme des CMS oder Fehlanwendungen, deren Ursprung derzeit noch nicht aufgeklärt werden konnte, außerhalb desselben - Zugang zu den unredigierten Fassungen der letzten Fassung der von der Klägerin als 'Replik' bezeichneten Schriftsätze erhalten. Gegenwärtig ist den Parteien weitere Gelegenheit zur Stellungnahme zum
Geheimnisschutzregime gegeben worden. Über das Geheimnisschutzregime, insbesondere die Anzahl der zugangsberechtigten Personen auf Beklagtenseite, ist daher noch nicht abschließend entschieden. Bislang hat neben den Parteivertretern allein eine natürliche Person auf Seiten der Beklagten Zugang zu den unredigierten Dokumenten.
Die Replik zu den technischen Aspekten des Falles ebenso wie die Erwiderung auf die Nichtigkeitswiderklage sowie der Ausführungen zum Antrag, das Patent zu ändern, enthalten keine Schwärzungen. Die Geheimnisschutzanträge der Klägerin beziehen sich nicht auf den Vortrag zu den technischen Aspekten auf Verletzungs- und Rechtsbestandsseite.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Die beantragte Fristverlängerung war mit Blick auf die technischen Aspekte des Falles abzuweisen. Die Beklagten begründen ihren Antrag ausschließlich mit der verzögerten Zugänglichkeit der von der Klägerin redigierten Passagen, die sich mit dem FRAND-Aspekts der Auseinandersetzung befassen. Die Ausführungen zu den technischen Aspekten auf Verletzungsund Rechtsbestandsseite enthalten keine Schwärzungen - die Ausführungen waren für die Beklagten sogleich zugänglich. Daher ist insoweit keine Fristverlängerung gerechtfertigt. Dies gilt nicht nur für die Ausführungen zum Rechtsbestand, sondern auch für diejenigen zum Verletzungssachverhalt. Beiden Teilen ist eine kohärente Auslegung des Patents zugrunde zu legen.
Für die Beklagten streitet vorliegend auch nicht das Interesse, einheitliche Fristen eingeräumt zu bekommen. Denn vorliegend würde die beantragte Fristverlängerung dazu führen, dass jedenfalls der Verhandlungstermin betreffend EP 724 gefährdet wäre. Würde die Frist wie beantragt verlängert, könnte das schriftliche Verfahren erst einen Tag vor der mündlichen Verhandlung geschlossen und das Verfahren nicht binnen der von der Verfahrensordnung vorgegebenen Zeitspanne abgeschlossen werden, die ohnedies vorliegend - beruhend auf der einvernehmlichen Bitte um spätere Terminierung - überschritten werden wird. Überdies ist zu berücksichtigen, dass auch ein valides Interesse der auf Fallbasis zugewiesenen technischen Richter besteht, sich mit angemessenem Vorlauf insbesondere in die technischen Aspekte des Falles einlesen zu können und nicht erst kurz vor dem Termin zur Verhandlung.
Ein solches Auseinanderlaufen der Fristen steht auch nicht in Widerspruch zu Regel 29 (d) VerfO.
Stattzugeben war indes dem Fristverlängerungsantrag zur Wahrung des Anspruchs auf ausreichendes rechtliches Gehör, soweit er die intendierte Stellungnahme zu dem zunächst nicht frei zugänglichen Vortrag der Klägerseite zum FRAND-Aspekt betrifft. Diesen Vortrag haben die Beklagten erst erheblich nach Ende der Replikfrist zur Kenntnis nehmen können und können die Tatsachen derzeit noch nicht mit dem von Ihnen für angemessen erachteten Personenkreis besprechen. Der Vortrag ist zudem umfänglich und komplex und muss - der von den Beklagten zitierten Rechtsprechungspraxis der Lokalkammer entsprechend (Lokalkammer Düsseldorf vom 4. April 2024, UPC_CFI_355/2023; Lokalkammer Mannheim vom 22. April 2024, UPC_CFI_365/2023) - zu einer Fristverlängerung führen.
Insoweit erscheint einstweilen eine Verlängerung bis zum 19. Juli 2024 angemessen. Der Zugang war nach dem Vortrag der Beklagten erstmals am 6.6.2024 gewährleistet, wobei gegenwärtig noch über die Zugangsberechtigung weiterer Personen auf Seiten der Beklagten gestritten wird. Bei der Bestimmung des Umfangs war zu berücksichtigen, dass den Beklagten bereits bei der Beantragung der letzten Fristverlängerung bekannt war, dass eine Vorlageanordnung der Klägerin gegen sich selbst hinsichtlich zweier Vergleichslizenzverträge ergangen war und daher ernstlich mit der tatsächlichen Vorlage und diesbezüglichem Vortrag zu rechnen war. Zu diesem Zeitpunkt erachteten die Beklagten die beantragte und bereits gewährte Verlängerung bis 19. Juni 2024 für ausreichend. Im Nachgang beantragte die Klägerin indes eine weitere Vorlageanordnung gegen
sich selbst mit Blick auf einen dritten Vertrag, der sodann samt begleitendem Vortrag hierzu vorgelegt wurde. Dies rechtfertigt die weitere Fristverlängerung im derzeit ausgesprochenen Umfang.
Das Gericht behält sich vor, diese Frist in Abhängigkeit von der weiteren Dauer des Streits zwischen den Parteien um ein angemessenes Geheimnisschutzregime auf neuerlichen Antrag hin weiter zu verlängern, den sich die Beklagten ausdrücklich vorbehalten haben. Sollte dies dazu führen, dass der Fall hinsichtlich des FRAND-Aspekts betreffend EP 724 noch nicht zur Verhandlung reif scheint, bleibt vorbehalten, die Verhandlung am 7. bis 10. Oktober 2023 auf die technischen Aspekte zu beschränken und den bereits festgesetzten weiteren Termin betreffend EP 270 zur Diskussion des ohnedies alle Streitpatente betreffenden FRAND-Aspekts zu nutzen.
Die von den Beklagtenvertretern mit einiger Deutlichkeit eingeforderte unmittelbare Entscheidung durch den Spruchkörper war angesichts des mit Blick auf den technischen Vortrag evident zu weitgehenden Antrags nicht angezeigt.
Für das weitere schriftliche Verfahren wird angeordnet, dass eine Einreichung der weiteren Hauptschriftsätze in diversen - jeweils mit Geheimnisschutzanträgen flankierten - Fassungen zu unterlassen ist. Wenn etwa aufgrund von vorherigen Vorlageanordnungen des Gerichts erforderlich, sind entsprechende Fristverlängerungsanträge zu stellen und sodann der nach der Verfahrensordnung vorgesehene Schriftsatz mit kohärentem Vortrag einzureichen. Der aufgesplitterte, auf mehrere Schriftsatzfassungen verteilte Vortrag entspricht nicht der von der Verfahrensordnung geforderten Prozessförderungspflicht, da er die Erfassung des Streitstoffs für alle Beteiligten erheblich erschwert und eine Vielzahl vermeidbarer Arbeitsschritte - zumal mit Blick auf den Geheimnisschutz - mit sich bringt.
ANORDNUNG
-
- Die Frist zur Erwiderung auf den Vortrag der Klägerin, der in den als 'Ergänzung Replik Teil II Nicht-technischer Teil' bezeichneten Schriftsätzen nebst Anlagen zum FRAND-Aspekt des Rechtsstreits enthalten ist, wird bis zum 19. Juli 2024 verlängert.
-
- Die weitergehenden Anträge auf Fristverlängerung werden zurückgewiesen.
-
- Weitere Hauptschriftsätze des schriftlichen Verfahrens sind in einer kohärenten finalen Fassung vorzulegen. Erforderlichenfalls ist um entsprechende Fristverlängerung nachzusuchen.
NAMEN UND UNTERSCHRIFTEN
Erlassen in Mannheim am 13. Juni 2024
Dr. Tochtermann Vorsitzender und Berichterstatter