26 June, 2024
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Order
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ORD_37232/2024
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Düsseldorf (DE) Loca…
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EP3490258B1
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R. 314 VerfO
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Lokalkammer Düsseldorf UPC_CFI_457/2023
Verfahrensanordnung
des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts Lokalkammer Düsseldorf erlassen am 26. Juni 2024 betreffend EP 3 490 258 B1
Leitsatz:
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- Das für die Zulässigkeit der Streithilfe erforderliche rechtliche Interesse ist dann gegeben, wenn der Streithelfer über ein unmittelbares und gegenwärtiges Interesse am Erlass der von der unterstützten Partei beantragen Anordnung oder Entscheidung verfügt.
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- Ein solches rechtliches Interesse kann dann zu bejahen sein, wenn das Streitpatent durch den Kläger in einen Patentpool eingebracht wurde, der Streithelfer mit der Wahrnehmung der FRAND-Obliegenheiten des Klägers und mit der Lizenzierung des Portfolios einschließlich des Streitpatents betraut war und sich der Beklagte darauf beruft, die Gegenseite sei ihren FRAND-Obliegenheiten aufgrund von vermeintlichen Unzulänglichkeiten der Lizenzangebote des Streithelfers nicht gerecht geworden.
Schlagwörter:
Streithilfe; FRAND; Poolverwalterin; rechtliches Interesse; Unzulänglichkeiten der Lizenzangebote
Klägerin:
Dolby International AB, vertreten durch ihre EMEA Finance Director Susan Way, 77 Sir John Rogerson's Quay, Block C, Grand Canal Docklands, Dublin, D02 VK60, Ireland, vertreten durch:
Rechtsanwalt Dr. Volkmar Henke, Rechtsanwalt Dr. Tilman Müller, Bardehle Pagenberg Partnerschaft mbB, Bohnenstraße 4, 20457 Hamburg, mitwirkend:
elektronische Zustelladresse:
Patentanwalt Dr. Georg Anetsberger, Patentanwalt Dr. Johannes Möller, Bardehle Pagenberg Partnerschaft mbB, Prinzregentenplatz 7, 81675 München, henke@bardehle.de
Streithelferin:
Access Advance LLC, vertreten durch ihren CEO Peter Moller, 100 Cambridge Street Suite 21400, Boston, MA 02114
vertreten durch:
Rechtsanwalt Dr. Volkmar Henke, Rechtsanwalt Dr. Tilman Müller, Bardehle Pagenberg Partnerschaft mbB, Bohnenstraße 4, 20457 Hamburg, mitwirkend:
Patentanwalt Dr. Georg Anetsberger, Patentanwalt Dr. Johannes Möller, Bardehle Pagenberg Partnerschaft mbB, Prinzregentenplatz 7, 81675 München,
elektronische Zustelladresse:
mueller@bardehle.de
Beklagte:
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- HP Deutschland GmbH, vertreten durch ihre Geschäftsführer, Herrn Adrian Müller und Herrn Peter Kleiner, Herrenberger Straße 140, 71034 Böblingen, Deutschland,
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- HP Inc., vertreten durch ihre Geschäftsführer, 1501 Page Mill Road, Palo Alto, California 94304, U.S.A.,
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- HP International SARL, vertreten durch ihre Geschäftsführer, Route du Nant-d'Avril 150, 1217 Meyrin, Schweiz,
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- HP Austria GmbH, vertreten durch ihre Geschäftsführer, Technologiestrasse 5, 1120 Wien, Österreich,
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- HP France SAS, vertreten durch ihre Geschäftsführer, Meudon Campus Bât. 1, 14 Rue de la Verrerie, 92190 Meudon, Frankreich,
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- HP Belgium SPRL, vertreten durch ihre Geschäftsführer, Hermeslaan 1a, B-1831 Diegem (H.P. Inc.), Belgien,
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- HP Inc Danmark ApS, vertreten durch ihre Geschäftsführer, Engholm Parkvej 8, 3433 Allerød, Dänemark,
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- HP Finland Oy, vertreten durch ihre Geschäftsführer, Piispankalliontie, 02200, Espoo, Finnland,
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- HP Italy S.r.l. , vertreten durch ihre Geschäftsführer, Via Carlo Donat Cattin, 5 - 20063 Cernusco sul Naviglio (MI),
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- Hewlett-Packard Nederland BV , vertreten durch ihre Geschäftsführer, Startbaan 16, 1187 XR Amstelveen, Niederlande,
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- HP PPS Sverige AB , vertreten durch ihre Geschäftsführer, Gustav III:s Boulevard 30, 169 73 Solna, Schweden,
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- HPCP - Computing and Printing Portugal, Unipessoal, Lda. , vertreten durch ihre Geschäftsführer, Building D. Sancho I, Quinta da Fonte, Porto Salvo, 2770-071 Paço de Arcos, Lissabon, Oeiras, Portugal,
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- Hewlett-Packard d.o.o., vertreten durch ihre Geschäftsführer, Tivolska cesta 48, 1000 Ljubljana, Slowenien,
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- Hewlett-Packard Luxembourg SCA , vertreten durch ihre Geschäftsführer, Vegacenter, 75 Parc d'Activités, Capellen, L-8308 Capellen, Luxemburg,
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- HP Inc Bulgaria EOOD , vertreten durch ihre Geschäftsführer, Mladost Region, Business Park Sofia , Building 10, Sofia 1766, Bulgarien,
Beklagte zu 1) bis 15) vertreten durch:
Rechtsanwalt Dr. Frank-Erich Hufnagel, Rechtsanwältin Dr. Nina Bayerl, Rechtsanwalt Dr. Stephan Dorn, Rechtsanwältin Dr. Sabrina Biedermann, Rechtsanwältin Eva Acker, Rechtsanwältin Vanessa Werlin, Freshfields Bruckhaus Deringer Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB, Feldmühleplatz 1, 40545 Düsseldorf, elektronische Zustelladresse:
STREITPATENT:
Europäisches Patent Nr. EP 3 490 258 B1
SPRUCHKÖRPER/KAMMER:
Spruchkörper der Lokalkammer Düsseldorf
MITWIRKENDE RICHTER:
Diese Anordnung wurde durch den Vorsitzenden Richter Thomas als Berichterstatter erlassen.
VERFAHRENSSPRACHE: Deutsch eva.acker@freshfields.com
GEGENSTAND: R. 314 VerfO - Anordnung bezüglich eines Streithilfeantrages
KURZE DARSTELLUNG DES SACHVERHALTS:
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen einer Verletzung des europäischen Bündelpatents EP 3 490 258 in Anspruch. Sie hat ihr HEVC-essentielles Patentportfolio einschließlich des Streitpatents in einen von der Access Advance LLC (nachfolgend: Access Advance) verwalteten Patentpool eingebracht.
Zeitgleich mit Einreichung der Klageerwiderung haben die Beklagten einen Antrag auf Schutz vertraulicher Informationen (R. 262A VerfO) gestellt. Mit einer Anordnung vom 6. Mai 2024 hat die Lokalkammer Düsseldorf den bisher im Verfahren benannten rechtsanwaltlichen Vertretern der Klägerin Zugang zur ungeschwärzten Fassung des durch die Beklagten als geheimhaltungsbedürftig eingestuften Schriftsatzes nebst Anlagen gewährt, diese zur Geheimhaltung verpflichtet und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zum Geheimnisschutzantrag gegeben.
Die Klägerin ist dem Geheimnisschutzantrag der Beklagten nicht grundsätzlich entgegengetreten. Sie hat jedoch mitgeteilt, diesem könne nur insoweit zugestimmt werden, als auch Access Advance als Poolverwalterin in den Kreis der Empfangsberechtigten und -verpflichteten aufgenommen werde, soweit die Korrespondenz zwischen den Beklagten und Access Advance sowie die Diskussion der jeweiligen (Pool-) Angebote betroffen sei.
Einer solchen Einbeziehung von Access Advance in den Kreis der Zugangsberechtigten haben die Beklagten mit der Begründung widersprochen, Voraussetzung für die Gewährung eines solchen Zugangs sei eine Verfahrensbeteiligung der betreffenden Person. Davon ausgehend dürften einem Zugang der zu Access Advance gehörenden Personen nur dann keine grundsätzlichen Bedenken entgegenstehen, wenn Access Advance, etwa als Streithelferin oder Partei, an dem Verfahren beteiligt sei.
Nachdem die Beklagten keine Einwände dagegen erhoben haben, bestimmten, namentlich durch die Klägerin benannten Mitarbeitern Zugang zu den beklagtenseitig als geheimhaltungsbedürftig eingestuften Informationen zu gewähren, hat die Lokalkammer Düsseldorf den Kreis der Zugangsberechtigten mit einer Anordnung vom 19. Juni 2024 vorläufig auf diese Mitarbeiter erweitert. Die Entscheidung über eine Zugangsberechtigung von Mitarbeitern von Access Advance hat die Lokalkammer Düsseldorf, einem entsprechenden Antrag der Klägerin folgend, zunächst zurückgestellt.
Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2024 hat die Access Advance LLC daraufhin einen Streithilfeantrag gestellt. Keine der Parteien hat dem Beitritt widersprochen.
ANTRÄGE DER PARTEIEN:
Die Streithelferin beantragt, die Streithilfe der Access Advance LLC im Rechtsstreit ACT_590145/2023, UPC_CFI_457/2024 auf Seiten der Klägerin zuzulassen.
GRÜNDE DER ANORDNUNG:
Der Streithilfeantrag der Streithelferin ist zulässig.
Gemäß R. 314.2 VerfO ist ein solcher Antrag vor Abschluss des schriftlichen Verfahrens zu stellen.
Dieser Anforderung hat die Streithelferin entsprochen. Sie hat ihren Antrag noch vor Einreichung der Replik im Verletzungsverfahren gestellt.
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- Die Streithelferin verfügt über ein rechtliches Interesse am Ausgang des Verfahrens, R. 313.1
VerfO.
a) Ein solches rechtliches Interesse ist gegeben, wenn der Streithelfer über ein unmittelbares und gegenwärtiges Interesse am Erlass der von der unterstützten Partei beantragen Anordnung oder Entscheidung verfügt. Nicht ausreichend ist ein sich lediglich auf die Klagegründe beziehendes Interesse. Dabei ist zwischen potenziellen Streithelfern, die ein unmittelbares Interesse an der Entscheidung über den konkreten Antrag der unterstützten Partei haben, und solchen, die nur ein mittelbares Interesse am Ausgang des Rechtsstreits nachweisen können, zu unterscheiden. Ähnelt die Position des Streithelfers lediglich derjenigen einer der Parteien, ist dies für ein rechtliches Interesse nicht ausreichend (UPC_CoA_404/2024, Anordnung v. 10. Januar 2024, App_584498/2023, Rz. 10; UPC_CFI_363/2023, Anordnung v. 22. April 2024, ORD_5343/2024).
b)
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist ein ausreichendes rechtliches Interesse der Streithelferin am Ausgang des Rechtsstreits gegeben.
Die Streithelferin verwaltet den Patentpool, in den die Klägerin das Klagepatent eingebracht hat. Sie wurde von der Klägerin mit der Lizenzierung des Streitpatents sowie des gesamten HEVC-Portfolios der Klägerin betraut. In dieser Funktion nimmt die Streithelferin auch die FRAND-Obliegenheiten der Klägerin wahr und steht seit Längerem mit dem Konzern der Beklagten in Gesprächen über den Abschluss einer Poollizenz. Die Beklagten behaupten, die Gegenseite sei ihren FRANDObliegenheiten nicht gerecht geworden und begründen den von ihnen erhobenen FRAND-Einwand unter anderem mit aus ihrer Sicht bestehenden Unzulänglichkeiten der Lizenzangebote der Streithelferin. Diese hat somit ein rechtliches Interesse daran, dass der letztlich (auch) gegen sie erhobene FRAND-Einwand zurückgewiesen wird.
ANORDNUNG:
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- Die Streithilfe der Access Advance LLC im Rechtsstreit ACT_590145/2023, UPC_CFI_457/2024 auf Seiten der Klägerin wird zugelassen.
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- Die Verfahrensparteien werden hiermit über die Zulässigkeit des Streithilfeantrages informiert.
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- Die Streithelferin hat die Möglichkeit, bis zum 9. Juli 2024 einen Streithilfeschriftsatz einzureichen.
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- Nachdem die Streithelferin durch die gleichen Verfahrensbevollmächtigten wie die Klägerin vertreten wird, gilt im Interesse einer effektiven Verfahrensführung Folgendes:
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a) Der Streithelferin wird gestattet, einen eventuellen Streithilfeschriftsatz gemäß Ziff. 3 über die Klägervertreter im CMS einzureichen.
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b) Den Klägervertretern wird aufgegeben, die bisherigen Stellungnahmen der Parteien an die Streithelferin weiterzuleiten, soweit diese keine geheimhaltungsbedürftigen Informationen enthalten.
Existiert von bestimmten Schriftsätzen und Anlagen eine geschwärzte und eine ungeschwärzte Fassung, ist zunächst allein die geschwärzte Fassung an die Streithelferin weiterzuleiten.
Bis zu einer abschließenden Entscheidung über den Geheimnisschutzantrag der Beklagten sind die Prozessbevollmächtigten der Klägerin sowie die Mitarbeiter der Klägerin, denen mit Anordnung vom 19. Juni 2024 bereits Zugang zu den durch die Beklagten als vertraulich eingestuften Informationen gewährt wurde, auch gegenüber der Streithelferin zur Geheimhaltung der in den ungeschwärzten Fassungen der vorgenannten Unterlagen enthaltenen Informationen verpflichtet. Insoweit gelten die bisherigen vorläufigen Geheimnisschutzanordnungen entsprechend.
Bei schuldhafter Zuwiderhandlung gegen diese Anordnung kann das Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessendes Zwangsgeld verhängen.
Die Entscheidung über eine Erstreckung der Zugangsberechtigung auf Mitarbeiter der Streithelferin wird im Rahmen der abschließenden Anordnung betreffend den Geheimnisschutzantrag der Beklagten ergehen.
- c) Nachdem sich die Anwälte der Kanzlei Bardehle Pagenberg mit Schriftsatz vom 25. Juni 2024 bereit erklärt haben, die Stellungnahmen der Parteien an die Streithelferin weiterzuleiten, geht die Lokalkammer davon aus, dass seitens der Streithelferin auf eine (zusätzliche) Zustellung durch die Kanzlei des Einheitlichen Patentgerichts (R. 315.2 VerfO) verzichtet wird. Sollte die Streithelferin doch auf einer entsprechenden Zustellung bestehen, wird ihr aufgegeben, dies der Kanzlei der Lokalkammer Düsseldorf innerhalb einer Frist von 3 Tagen ab dem Zugang dieser Verfahrensanordnung mitzuteilen.
- d) Die Lokalkammer geht ohne einen anderslautenden Hinweis der Klägerin und/oder der Streithelferin im weiteren Verfahrensverlauf bis auf weiteres davon aus, dass die Schriftsätze der Parteien sowie sämtliche Anordnungen und Entscheidungen des Gerichts von den Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin auch an die Streithelferin weitergeleitet werden. Diese gelten daher mit dem Zugang bei den Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin zugleich auch der Streithelferin als zugegangen.
- e) Der Streithelferin wird aufgegeben, eventuelle Schriftsätze über die Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin im CMS hochzuladen.
DETAILS DER ANORDNUNG:
ORD_37232/2024 betreffend das Hauptaktenzeichen ACT_590145/2024
UPC-Nummer: UPC_CFI_457/2023
Verfahrensart: Verletzungsklage und Nichtigkeitswiderklage
Erlassen in Düsseldorf am 26. Juni 2024
NAMEN UND UNTERSCHRIFTEN
Vorsitzender Richter Thomas
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