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3 July, 2024
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ORD_33986/2024 Mannheim (DE) Local… EP2479680
R. 262A VerfO
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ORD_33986/2024
3 July, 2024
Order

Summary
(AI generated)

Parties

AYLO FREESITES LTD,
AYLO Billing Limited,
AYLO PREMIUM LTD
v. DISH Technologies L.L.C.,
Sling TV L.L.C.

Registry Information
Registry Number:

App_26934/2024

Court Division:

Mannheim (DE) Local Division

Type of Action:

Application RoP262A

Language of Proceedings:

DE

Patent at issue

EP2479680

Cited Legal Standards
Art. 48 Abs. 1 Abs. 2 EPGÜ
Art. 48 Abs. 1 oder Abs. 2 EPGÜ
R. 262A.5 VerfO
R. 262A.6 VerfO
R. 262A VerfO
R. 290.2 VerfO
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ORD_33986/2024

Lokalkammer Mannheim UPC_CFI_471/2023

Anordnung

des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts, erlassen am: 03/07/2024 betreffend EP 2 479 680 betreffend App_26934/2024

KLÄGERINNEN/ANTRAGSGEGNERINNEN

1)

DISH Technologies L.L.C.

  • 9601 South Meridian Boulevard - 80112

  • Englewood - US

vertreten durch Denise Benz

2)

Sling TV L.L.C.

  • 9601 South Meridian Boulevard - 80112

  • Englewood - US

vertreten durch Denise Benz

BEKLAGTE/ANTRAGSTELLERIN

AYLO PREMIUM LTD

  • 195-197 Old Nicosia-Limassol Road, Block 1 Dali Industrial Zo-ne - 2540 - Nikosia - CY

vertreten durch Tilman Müller-Stoy

2)

AYLO Billing Limited

  • The Black Church, St Mary's Place, Dublin 7 - D07 P4AX - Dublin - IE

vertreten durch Tilman Müller-Stoy

3) AYLO FREESITES LTD

  • 195-197 Old Nicosia-Limassol Road, Block 1 Dali Industrial Zo-ne - 2540 - Nikosia - CY

vertreten durch Tilman Müller-Stoy

WEITERE BEKLAGTE

  1. AYLO BILLING US CORP.
  • 21800 Oxnard Ste 150 - 91367 - 7909 - Woodland Hills - US

5) BROCKWELL GROUP LLC

  • 19046 Bruce B. Downs Blvd #1134 - 33647 - Tampa - US

6) BRIDGEMAZE GROUP LLC

  • 12378 SW 82 AVENUE - 33156 - Miami - US

STREITGEGENSTÄNDLICHES PATENT:

Europäisches Patent Nr. EP 2 479 680

SPRUCHKÖRPER:

Lokalkammer Mannheim

MITWIRKENDE RICHTER:

Diese Anordnung wurde durch den Berichterstatter Böttcher erlassen.

VERFAHRENSSPRACHE: Deutsch

GEGENSTAND: Geheimnisschutz gem. R. 262A VerfO

SACHVERHALT

Die Beklagten zu 1) bis 3) und die Klägerinnen streiten über die Anordnung von Zugangsbeschränkungen gem. R. 262A VerfO, die die Beklagten zu 1) bis 3) hinsichtlich Informationen beantragen, die in ihrer Klageerwiderung vom 13.05.2024 sowie in der beigefügten Anlage BPV 5 enthalten sind.

Die Beklagten zu 1) bis 3) sind der Ansicht, dass der Zugang auf Seiten der Klägerinnen, soweit es nicht um deren Prozessbevollmächtigte geht, auf maximal drei zuverlässige natürliche Personen zu beschränken sei, für die die Klägerinnen nachzuweisen hätten, dass sie nach den Umständen des konkreten Falls den Zugang zum Zwecke der Führung des Rechtsstreits benötigten. Bereits das

Fehlen der demnach gebotenen Einzelerläuterungen zu Rolle, Funktion und Tätigkeit der benannten Personen sowie zu der Notwendigkeit ihres Zugangs stehe einer Zugangsgewährung an die von den Klägerinnen benannten drei Personen entgegen. Auf der Grundlage der von den Beklagten zu 1) bis 3) recherchierten Funktionsbeschreibungen sei zudem davon ausgehen, dass die drei benannten Personen als In-house Counsel der Klägerseite jeweils über die gleiche Informationsbasis verfügten. Damit bestehe von vornherein kein Bedürfnis, allen drei benannten Personen Zugang zu gewähren. Unabhängig davon seien die drei benannten Personen ungeeignet. Die Recherchen der Beklagten 1) bis 3) hätten ergeben, dass es sich um in den USA ansässige, beim dortigen Patentamt zugelassene Vertreter handle, die vor allen auch in der Patentdurchsetzung tätig seien. Es bestehe die evidente Gefahr, dass die zu schützenden vertraulichen Informationen zur Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsformen im Rahmen des Programms der Unternehmensgruppe der Klägerinnen zur Monetarisierung von Patenten, insbesondere für ausländische Gerichtsverfahren - und sei es nur verdeckt für das Abstecken von Prozessrisiken oder Prozessstrategien - sowie vor allem zur 'Optimierung' von Patentanmeldungen mit Blick auf die Eigenschaften der angegriffenen Ausführungsformen missbräuchlich verwendet würden. Eine einmal erlangte Kenntnis lasse sich nicht in anderen Zusammenhängen ausblenden. Soweit den drei In-house Counsel im Rechtsstreit vor dem Landgericht München I Zugang gewährt worden sei, würden die Beklagten dagegen nunmehr aufgrund besserer Erkenntnisse vorgehen.

Die gebotene Einzelfallprüfung mache auch eine namentliche Benennung des Kreises der zugangsberechtigten Prozessbevollmächtigten und ihrer Hilfspersonen erforderlich, für die die Notwendigkeit eines Zugangs jeweils zu begründen sei und die zahlenmäßig auf das für eine ordnungsgemäße Rechtsverfolgung erforderliche Maß zu begrenzen seien. In Ermangelung anderer Anhaltspunkte sei eine Begrenzung auf vier rechtsanwaltliche Vertreter (zwei Partner und zwei Associates) ausreichend und geboten (vgl. Lokalkammer Düsseldorf, UPC_CFI_463/2023, Verfahrensanordnungen vom 23.02.2024 und 11.03.2024). Es sei ausgeschlossen, dass sämtliche Rechtsanwälte und zugelassenen EPG-Vertreter der Sozietät der Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen - in Deutschland allein über 220 Rechtsanwälte, weltweit über 4.800 Anwälte Zugang benötigten. Erst Recht gelte dies für externe Hilfskräfte wie Gutachter. Weshalb Vertreter der Klägerinnen aus dem Parallelverfahren vor dem High Court of Justice in London aus der Sozietät ihrer hiesigen Prozessbevollmächtigten Zugang benötigten, sei weder dargetan noch liege die gebotene namentliche und zahlenmäßige Eingrenzung vor. Dabei seien nicht gem. Art. 48 Abs. 1 oder Abs. 2 EPGÜ als Vertreter vor dem EPG zugelassene Prozessbevollmächtigte in ausländischen Verfahren wie jeder Dritte zu behandeln. Vom Mindestmaß der Zugangsgewährung an Prozessbevollmächtigte und eine natürliche Person der Partei gemäß R. 262A.6 VerfO seien sie nicht erfasst.

Die Klägerinnen sind der Ansicht, den benannten drei natürlichen Personen aus ihrer Unternehmensgruppe sei Zugang zu gewähren. Die benannten Personen führten die Kommunikation mit den Prozessvertretern u.a. im Hinblick auf die Lehre des Klagepatents und die technischen Aspekte der angegriffenen Ausführungsformen. Zu Recht sei den benannten Personen daher in dem parallelen Rechtsstreit vor dem Landgericht München I betreffend ein anderes Klagepatent Zugang zu dort als geheimhaltungsbedürftig behandelten Informationen zur technischen Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsformen gewährt worden. Zur

zweckentsprechenden Rechtverfolgung seien auch (nicht benannte) Hilfspersonen der Klägervertreter (einschließlich Experten sowie ihrer Teammitglieder) in den zugangsberechtigten Personenkreis aufzunehmen. Gleiches gelte für die Vertreter der Klägerinnen in dem vor dem High Court of Justice in London anhängigen Parallelverfahren betreffend dieselben angegriffenen Ausführungsformen und den englischen Teil des Klagepatents. Die Klägerinnen hätten ein berechtigtes Interesse, die vertraulichen Informationen mit ihren dortigen Prozessvertretern zu teilen. Der Zugang ihrer dortigen Prozessvertreter sei zudem nach den Grundsätzen des fairen Verfahrens und der Waffengleichheit geboten, weil der dortige Prozessvertreter der Beklagten zu 1) bis 3) zugleich als EPG-Vertreter im hiesigen Rechtsstreit auftrete.

Die Beklagten zu 1) bis 3) beantragen, anzuordnen, dass es sich bei den in der Klageerwiderung grau hinterlegten Informationen und den in der als Anlage BPV 5 vorgelegten schriftlichen Zeugenaussage des Herrn

enthaltenen Informationen zu dem Prozess des Streamens von Videodateien um geheimhaltungsbedürftige Informationen gemäß R. 262A VerfO handelt, die streng vertraulich zu behandeln sind und außerhalb des vorliegenden Rechtsstreits auch nach dessen Abschluss nicht genutzt oder offengelegt werden dürfen; die Klägerinnen dürfen die bezeichneten Informationen nur solchen Prozessvertretern und intern nur solchen Mitarbeitern zugänglich machen, die ein berechtigtes Interesse daran haben. Der interne Zugang ist auf höchstens drei zuverlässige Personen zu beschränken, die gegenüber dem Gericht und den Beklagten namentlich zu benennen sind. Ein darüber hinausgehender Zugriff auf die bezeichneten Informationen ist für unzulässig zu erklären.

Die Klägerinnen beantragen,

dass die in der Klageerwiderung als geheimhaltungsbedürftig bezeichneten Informationen zusätzlich zu den im Geheimhaltungsantrag der Beklagten zu 1 bis 3 vom 13. Mai 2024 genannten Personenkreisen auf Seiten der Klägerinnen auch den Hilfspersonen der hiesigen Prozessvertreter sowie den Prozessvertretern der Klägerinnen in dem parallelen Verfahren vor dem High Court of Justice in London betreffend den englischen Teil des Klagepatents (Az. HP-2023-000043), in jedem Fall Herrn Mark Heaney, Partner der Kanzlei der hiesigen Prozessvertreter, zur Kenntnis gebracht werden dürfen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Der zulässige Antrag der Beklagten zu 1) bis 3), den Zugriff auf Informationen in ihrer Klageerwiderung und Anlage BPV 5 einzuschränken, hat im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist er zurückzuweisen. Vor der Umsetzung ist den Beklagten zu 1) bis 3) Gelegenheit zu geben, hieraus Konsequenzen zu ziehen.

Dass es sich bei den zu schützenden Informationen um Geschäftsgeheimnisse der Klägerseite handelt, steht zwischen den Beteiligten nicht in Streit, ohne dass dies auf unzutreffenden rechtlichen Erwägungen beruhen würde.

Ob und inwieweit der Zugriff einer Partei auf bestimmte in eingereichten Schriftsätzen oder Beweismitteln enthaltene Informationen eingeschränkt wird, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen der Verfahrensparteien zu beurteilen, insbesondere des Anspruchs der von der Zugangsbeschränkung betroffenen Partei auf rechtliches Gehör und deren Rechts auf eine wirksame Wahrnehmung ihrer Rechte in einem fairen Verfahren einerseits und des Interesses der auf Geheimnisschutz antragenden Partei am Schutz ihrer vertraulichen Informationen andererseits. Die Zahl der zugangsberechtigten Personen darf nicht größer sein als für die Einhaltung des Rechts der Verfahrensparteien auf einen wirksamen Rechtsbehelf und eine faires Verfahren erforderlich und muss mindestens eine natürliche Person jeder Partei sowie die jeweiligen Anwälte oder Vertreter dieser Verfahrensparteien umfassen (R. 262A.6 VerfO, vgl. bereits Lokalkammer Mannheim UPC_CFI_359/2023 v. 21.3.2024 = GRUR Patent 2024, 253, 255 f. und inhaltsgleich Lokalkammer Düsseldorf UPC_CFI_355/2023 ORD_7096/2024).

Im Streitfall besteht die Klägerseite aus zwei Parteien. Die zu schützenden Informationen betreffen komplexe technische Fragestellungen. Jedenfalls bei dieser Sachlage ist der Zugang für drei natürliche Personen auf der Klägerseite in der Regel anzahlmäßig nicht zu beanstanden. Dass die drei benannten Personen über dieselbe Informationsbasis verfügen mögen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Gerade bei einem komplexen technischen Sachverhalt ist es gerechtfertigt, die Möglichkeit zu schaffen, sich mit einer anderen Person aus demselben Fachgebiet intern austauschen und besprechen und etwa im Verhinderungsfall vertreten zu können.

Durchgreifende Bedenken gegen die Zuverlässigkeit oder sonstige Eignung der benannten Personen bestehen entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1) bis 3) nicht.

Allerdings hat eine Partei, die natürliche Personen benennt, die für sie Zugang zu vertraulichen Informationen der Gegenpartei erhalten sollen, grundsätzlich zumindest neben deren Funktion auch deren hinreichend umrissenes Tätigkeitsgebiet anzugeben, soweit der Gegenpartei andernfalls die Möglichkeit fehlt, die benannten Personen einzuordnen. Vorliegend haben die spärlichen - Angaben der Klägerinnen nach den Umständen des Falls für eine hinreichende Stellungnahme der Beklagten zu 1) bis 3) noch ausgereicht.

Bei den benannten Personen handelt es sich nach den unwidersprochen gebliebenen Recherchen der Beklagten zu 1) bis 3) um zugelassene Vertreter beim US-amerikanischen Patentamt. Jedenfalls

bei solchen von Berufs wegen mit dem Umgang mit vertraulichen Informationen vertrauten Personen ist in Ermangelung abweichender (vom Antragsteller eines Antrags nach R. 262A VerfO darzulegender) Anhaltspunkte regelmäßig von einer Zuverlässigkeit auszugehen, ohne dass es hierfür weiterer Darlegungen durch die benennende Partei bedarf.

Der Eignung im konkreten Einzelfall steht nicht entgegen, dass die benannten Personen auf einem technischen Gebiet tätig sind, das mit dem Klagepatent zusammenhängt. Gerade wegen dieser Sachnähe sind solche Personen häufig erst in der Lage, ihrem Unternehmen und dessen Vertretern die für eine wirksame Rechtsverfolgung erforderlichen Informationen zu liefern (Lokalkammer Mannheim und Lokalkammer Düsseldorf wie zuvor zitiert; UPC_CFI_463/2023 ORD_8550/2024 (LK Düsseldorf), Verfahrensanordnung vom 11.03.2024). Dass die benannten Personen nicht nur mit Schutzrechtsanmeldungen, sondern auch mit der Durchsetzung von Patentrechten befasst sein mögen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Gegen die angeführte Gefahr, dass die benannten Personen erlangte Kenntnisse über die angegriffenen Ausführungsformen missbrauchen könnten, um andere Schutzrechte gegen die angegriffenen Ausführungsformen durchzusetzen oder Schutzrechtsanmeldungen mit Blick darauf zu optimieren, ist die Beklagtenseite hinreichend dadurch geschützt, dass die geschützten Informationen nur zum Zweck des vorliegenden Verfahrens verwendet werden dürfen, und diese Verpflichtung nötigenfalls über die Verhängung von Zwangsgeldern durchgesetzt werden kann . Ein Ausschluss von Personen, die mit der Anmeldung oder der Durchsetzung von einschlägigen Schutzrechten befasst sind, würde die hiervon betroffene Partei über Gebühr belasten, solange keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass erlangte Erkenntnisse missbraucht werden.

Eine Einschränkung des Zugangs auf Seiten der Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen auf eine bestimmte Anzahl oder gar auf namentlich zu benennende EPG-Vertreter und deren ebenfalls namentlich zu benennenden interne Hilfskräfte ist nicht veranlasst.

Nach R. 262A.6 VerfO muss der Kreis der zugriffsberechtigten Personen grundsätzlich die jeweiligen Anwälte oder (anderen) Vertreter der Verfahrensparteien umfassen. Damit sind allein die in Art. 48 Abs. 1 und Abs. 2 EPGÜ genannten Personen gemeint. Nur diese sind zur Vertretung vor dem EPG berechtigt und unterliegen dem auf der Grundlage der R. 290.2 VerfO verabschiedeten Verhaltenskodex für Vertreterinnen und Vertreter. Wird in einer Geheimnisschutzanordnung Zugang an die Prozessbevollmächtigten bzw. Prozessvertreter ohne weitere Konkretisierung gewährt, sind damit regelmäßig nur diejenigen Berufsträger einer Kanzlei angesprochen, die zur Vertretung vor dem EPG berechtigt sind.

Grundsätzlich ist eine Partei auch im Fall eines Antrags gem. R. 262A VerfO nicht gehalten, sich auf bestimmte EPG-Vertreter aus dem Kreis ihrer Prozessbevollmächtigten oder eine gewisse Anzahl zu beschränken, solange keine (vom Antragsteller eines Antrags gem. R. 262A VerfO darzulegende) Anhaltspunkte für eine fehlende Zuverlässigkeit bestimmter EPG-Vertreter vorliegen. Das Recht auf wirksame Wahrnehmung ihrer Rechte vor dem EPG steht einer Partei grundsätzlich ungeschmälert zu und umfasst auch das Recht, selbst festzulegen, welche und wie viele Vertreter für die Fallbearbeitung herangezogen werden. Ebenso steht den Prozessbevollmächtigten kraft

ihres Rechts auf freie Berufsausübung grundsätzlich frei, den Kreis der den Streitfall kanzleiintern bearbeitenden EPG-Vertreter selbst zu bestimmen und ihn ggf. abzuändern.

Welche kanzleiinternen Hilfskräfte sie für die Bearbeitung des Rechtsstreits heranziehen, steht den Prozessbevollmächtigten aufgrund ihrer Organisationshoheit gleichermaßen frei.

Der Schutz von vertraulichen Informationen ist jeweils hinreichend dadurch gewährleistet, dass die Prozessbevollmächtigten zur Geheimhaltung der vertraulichen Informationen verpflichtet sind und hierzu nicht nur berufsrechtlich gehalten sind, sondern nötigenfalls auch durch die Verhängung von Zwangsgeldern angehalten werden können. Im Rahmen ihrer Geheimhaltungsverpflichtungen sind sie verpflichtet sicherzustellen, dass nur diejenigen vor dem EPG vertretungsberechtigten Berufsträger aus ihre Kanzlei Zugang zu den vertraulichen Informationen erhalten, die diese nach ihrem Dafürhalten für die Mitarbeit am Rechtstreit benötigen. Weiter sind sie verpflichtet sicherzustellen, dass diese Berufsträger die vertraulichen Informationen nicht für andere Zwecke, insbesondere nicht in anderen Gerichtsverfahren verwenden, solange ihnen dies nicht durch ausdrückliche gerichtliche Anordnung erlaubt wird. Durch geeignete Vorkehrungen haben sie ferner sicherzustellen, dass kanzleiintern hinzugezogene Hilfskräfte die Vertraulichkeit ebenfalls wahren. Für die Erfüllung dieser Pflichten bieten die nach Art. 48 Abs. 1 oder Abs. 2 EPGÜ vertretungsberechtigten Personen in Ermangelung abweichender Anhaltspunkte hinreichende Gewähr.

Ein Erfordernis, die auf Seiten der Prozessbevollmächtigten mit der Fallbearbeitung befassten Personen im Einzelnen namhaft zu machen und den Kreis bei Bedarf zu erweitern, besteht regelmäßig nicht. Aus den genannten Gründen würde ein solches Erfordernis die flexible Organisation der Fallbearbeitung über Gebühr einschränken.

Soweit zugangsberechtigte Prozessbevollmächtige mit Blick auf vertrauliche Informationen externe Hilfskräfte heranziehen möchten, haben sie diese zuvor zu benennen, damit hierüber gerichtlich entschieden werden kann.

Von diesen Grundsätzen abzuweichen, kann insbesondere in eiligen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes geboten sein, um den Anforderungen an das Verfahren Rechnung zu tragen (vgl. hierzu die besondere Verfahrenssituation in UPC_CFI_463/2023 ORD_8550/2024 (LK Düsseldorf), Verfahrensanordnung vom 11.03.2024).

Soweit die Klägerinnen begehren, dass die vertraulichen Informationen ihren Prozessvertretern in dem parallelen Verfahren vor dem High Court of Justice in London betreffend den englischen Teil des Klagepatents, in jedem Fall Herrn Mark Heaney, Partner der Kanzlei ihrer hiesigen Prozessvertreter, zur Kenntnis gebracht werden dürfen, ist dem nicht zu entsprechen.

Die Abwägung der wechselseitigen Interessen ergibt, dass die Interessen der Beklagten zu 1) bis 3) die Interessen der Klägerinnen an einem uneingeschränkten Zugang insoweit beträchtlich überwiegen (R. 262A.5 VerfO). Die vertraulichen Informationen betreffen die technische Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsformen. Soweit sie den Klägerinnen nicht

anderweitig bekannt sein sollten, hätten sie ohne den hiesigen Rechtsstreit hiervon keine Kenntnis. Allein das Interesse der Klägerinnen, dass sich ihre jeweiligen Prozessbevollmächtigte im hiesigen Verfahren und dem parallelen Verfahren vor dem High Court of Justice für eine effektive und koordinierte Prozessführung umfänglich austauschen, rechtfertigt es nicht, die vertraulichen Informationen den Klägervertretern aus dem Londoner Verfahren zur Verfügung zu stellen. Dies würde die berechtige Erwartung an einen effektiven Geheimnisschutz in den vor dem Einheitlichen Patentgericht auf der Grundlage der Verfahrensordnung des EPG geführten Verfahren erschüttern. Beide Verfahren sind eigenständig, betreffen verschiedene Territorien und können daher grundsätzlich unabhängig voneinander betrieben werden. Soweit ein EPG-Vertreter der Beklagtenseite zugleich als deren Vertreter im Londoner Verfahren auftritt, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Insbesondere gebieten weder der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit noch des fairen Verfahrens die begehrte Zugangsgewährung. Dabei kann dahinstehen, ob diese Grundsätze überhaupt verfahrensübergreifend zu Anwendung kommen. Jedenfalls ist die begehrte Zugangsgewährung schon deshalb nicht geboten, weil es der Beklagtenseite als Geheimnisträger ohnehin freisteht, ihre vertraulichen Informationen mit ihren Vertretern im Londoner Verfahren zu teilen. Dass die Klägerseite diese Möglichkeit nicht hat, liegt in der Natur der Sache und erfordert keinen Ausgleich. Selbst wenn die Klägerinnen im Übrigen ebenfalls über einen Vertreter verfügen würde, der sie sowohl im hiesigen als auch im Londoner Verfahren vertritt, dürfte dieser die vertraulichen Informationen nicht für Zwecke des Londoner Verfahrens verwenden.

Als Gegenantrag zum Antrag der Beklagten zu 1) bis 3) gem. R. 262A VerfO bedarf der Antrag der Klägerinnen keiner förmlichen Zurückweisung.

Da die Beklagten zu 1) bis 3) mit ihrem Antrag gem. R. 262A VerfO nicht vollumfänglich Erfolg hatten, ist ihnen die Möglichkeit einzuräumen, ihren Vortrag in der ungeschwärzten Fassung zurückzuziehen oder die Überprüfung durch den Spruchkörper zu beantragen, bevor er den Klägerinnen nach Maßgabe dieser Anordnung zur Verfügung gestellt wird. Abweichend von der vorangegangenen vorläufigen Anordnung genügt hierfür ein Zeitraum von sieben Tagen.

ANORDNUNG

    1. Die folgenden Informationen werden gemäß R. 262A VerfO als vertraulich eingestuft:
  • -die in der Klageerwiderung vom 13.05.2024 enthaltenen Ausführungen zu dem Prozess des Streamens von Videodateien (vgl. zur Arbeitserleichterung, nicht aber als konkreter Antragsgegenstand die grau hinterlegten Ausführungen in Rn. 69, 74, 76, 81, 118, 121, 122, 124, 127-129)

    • die schriftliche Zeugenaussage des Herrn zu dem Prozess des Streamens von Videodateien (Anlage BPV 5).
    1. Der Zugang zu der ungeschwärzten Fassung der Klageerwiderung vom 13.05.2024 und der ungeschwärzten Fassung der Anlage BPV 5 wird auf Seiten der Klägerinnen auf folgende Personen beschränkt:
  • a) die Prozessvertreter der Klägerinnen und deren internen Hilfskräfte

  • b) externe Experten auf Anfrage

  • c) die folgenden Mitarbeiter auf Klägerseite:

  • Herr Corporate Counsel,

  • Herr Corporate Counsel, und

  • Herr Vice President & AGC, IP

    1. Die unter Ziffer 2 genannten Personen sind verpflichtet, die vertraulichen Informationen nach Ziffer 1 - auch über das Verfahren hinaus - streng vertraulich zu behandeln und die vertraulichen Informationen ausschließlich für die Zwecke dieses Verfahrens zu verwenden. Die vorgenannten Personen sind auch gegenüber den Klägerinnen zur Geheimhaltung der in den ungeschwärzten Fassungen der vorgenannten Unterlagen enthaltenen Informationen verpflichtet. Sie dürfen nicht außerhalb dieses Gerichtsverfahrens verwendet oder offengelegt werden, es sei denn, sie sind der empfangenden Partei außerhalb dieses Verfahrens zur Kenntnis gelangt. Diese Ausnahme greift allerdings nur dann, wenn diese Informationen von der empfangenden Partei auf nicht vertraulicher Basis aus anderer Quelle als von den Beklagten zu 1) bis 3) oder den mit ihnen verbundenen Unternehmen erlangt wurden, vorausgesetzt, diese Quelle ist ihrerseits nicht durch eine Vertraulichkeitsvereinbarung mit den genannten Beklagten oder den mit ihnen verbundenen Unternehmen oder durch eine sonstige Geheimhaltungspflicht gegenüber diesen gebunden.

Diese Verpflichtungen gelten auch für die Klägerinnen.

    1. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Anordnung kann ein Zwangsgeld in durch das Gericht zu bestimmender Höhe verhängt werden.
    1. Im Übrigen wird der auf den Schutz vertraulicher Informationen gerichtete Antrag der Beklagten zu 1) bis 3) vom 13.05.2024 zurückgewiesen.
    1. Die Informationen und Unterlagen, die Gegenstand dieser Anordnung sind, werden der Klägerseite nach Maßgabe dieser Anordnung nicht vor dem 10. Juli 2024 zur Verfügung gestellt. Bis dahin haben die Beklagten zu 1) bis 3) Gelegenheit, die ungeschwärzten Fassungen zurückzuziehen. In diesem Fall gelten sie als nicht zur Akte gereicht und dürfen im Verfahren vom Gericht und Gegner nicht verwendet und auch nicht den vorgenannten Mitarbeitern der Klägerseite zur Verfügung gestellt werden. Der mit dieser Anordnung angeordnete Geheimnisschutz bleibt davon unberührt.

ANGABEN ZUR ANORDNUNG

Anordnung Nr. ORD_33986/2024 im VERFAHREN NUMMER: ACT_594191/2023

UPC Nummer: UPC_CFI_471/2023

Art des Vorgangs:

Verletzungsklage

Nr. des dazugehörigen Verfahrens Antragsnr.:

26934/2024

Art des Antrags:

APPLICATION_ROP262A

NAMEN UND UNTERSCHRIFTEN

Erlassen in Mannheim am 03. Juli 2024

Böttcher

Dirk Andreas von Dirk Andreas Böttcher Digital unterschrieben Böttcher Datum: 2024.07.03 18:43:37 +02'00'

Berichterstatter

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