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9 July, 2024
Order
ORD_33376/2024 Mannheim (DE) Local… EP2568724
R. 262A VerfO
...

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ORD_33376/2024
9 July, 2024
Order

Summary
(AI generated)

Party

Panasonic Holdings Corporation

Registry Information
Registry Number:

App_32695/2024

Court Division:

Mannheim (DE) Local Division

Type of Action:

Application RoP262A

Language of Proceedings:

DE

Patent at issue

EP2568724

Sections

Headnotes (DE)

1. Eine Geheimnisschutzanordnung kann auch dann noch erlassen werden, wenn ein Dokument, das geheimhaltungsbedürftige Informationen enthält, versehentlich unredigiert und damit unmittelbar für die gegnerischen Vertreter sichtbar im CMS hochgeladen wurde. 2.Es besteht auch dann ein Rechtsschutzbedürfnis für eine gerichtliche Geheimnisschutzanordnung, wenn die Parteien ein Non-Disclosure-Agreement (NDA) vereinbart haben. 3. Auch im Kontext von Streitfällen, die sensible FRAND-Sachverhalte betreffen, kann der Zugang zu den schutzbedürftigen Informationen je nach den Umständen des Einzelfalles drei natürlichen Personen der Partei gewährt werden. 4. Zugang zu den schutzbedürftigen Informationen ist in vor dem EPG geführten Verfahren ausschließlich zugelassenen Vertretern nach Art. 48 EPGÜ zu gewähren, die die Parteien im konkreten Verfahren sowie in weiteren, vor dem EPG geführten Verfahren vertreten. Eine Weitergabe an Prozessvertreter, die in parallelen nationalen Verfahren bestellt sind, ist zum Zwecke der Verwendung in nationalen Verfahren nicht statthaft (entgegen Lokalkammer München, Spruchkörper 1, Anordnung vom 4. Juli 2024, UPC_CFI_220/2023, ORD_26378/2024).

Keywords (DE)

SEP, FRAND, Geheimnisschutz, Vertreter nach Art. 48 EPGÜ

Headnotes (EN)

1. A secrecy protection order can still be issued even if a document containing confidential information has been inadvertently unedited and thus uploaded to the CMS so that it is directly visible to the opposing representatives. 2. There is also a need for legal protection for a court order for the protection of secrets if the parties have agreed a non-disclosure agreement (NDA). 3. In the context of disputes concerning sensitive FRAND matters, access to the information requiring protection may also be granted to three natural persons of the party, depending on the circumstances of the individual case. 4. Access to the sensitive information in proceedings before the UPC shall be granted exclusively to authorized representatives pursuant to Art. 48 UPCA who represent the parties in the specific proceedings and in further proceedings before the UPC. Disclosure to legal representatives appointed in parallel national proceedings is not permitted for the purpose of use in national proceedings (contrary to Local Chamber Munich, Panel 1, order of July 4, 2024, UPC_CFI_220/2023, ORD_26378/2024).

Keywords (EN)

SEP, FRAND, protection of secrecy, representative according to Art. 48 UPCA

Headnotes (FR)

1. Une ordonnance de protection du secret peut être rendue même si un document contenant des informations confidentielles a été téléchargé par inadvertance sur le CMS sans avoir été édité et donc directement visible par les représentants de la partie adverse. 2. Il existe également un besoin de protection juridique pour une ordonnance judiciaire de protection du secret lorsque les parties ont convenu d'un accord de non-divulgation (NDA). 3. Même dans le contexte de litiges portant sur des faits sensibles FRAND, l'accès aux informations à protéger peut être accordé à trois personnes physiques de la partie, selon les circonstances du cas d'espèce. 4. L'accès aux informations confidentielles dans les procédures devant le TBC doit être accordé exclusivement aux représentants agréés au sens de l'article 48 de la CBE, qui représentent les parties dans la procédure concrète ainsi que dans d'autres procédures devant le TBC. Une transmission à des représentants judiciaires désignés dans des procédures nationales parallèles n'est pas autorisée aux fins d'une utilisation dans des procédures nationales (contrairement à la chambre locale de Munich, formation de jugement 1, ordonnance du 4 juillet 2024, UPC_CFI_220/2023, ORD_26378/2024).
Cited Legal Standards
Art 48 EPGÜ
R. 262A VerfO
Regel 262A VerfO
Regel 262 VerfO
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ORD_33376/2024

Lokalkammer Mannheim UPC_CFI_ 210/2023

Anordnung

des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts

Lokalkammer Mannheim erlassen am 9. Juli 2024 betreffend EP 2 568 724

betreffend App_32695/2024

Klägerin:

Panasonic Holdings Corporation - 1006, Oaza Kadoma, Kadoma-shi - 571-8501 - Osaka - JP vertreten durch Christopher Weber

Beklagte:

OROPE Germany GmbH Graf-Adolf-Platz 15 - 40213 - Düsseldorf - DE

vertreten durch Andreas Kramer

Guangdong OPPO Mobile Telecommunications Corp. Ltd. - NO.18 Haibin Road, Wusha, Chang'an Town, Guangdong Province - 523860 - Dongguan - CN

vertreten durch Andreas Kramer

STREITPATENT:

EUROPÄISCHES PATENT NR. EP 2 568 724

SPRUCHKÖRPER/KAMMER:

Lokalkammer Mannheim

MITWIRKENDE RICHTER:

Diese Anordnung wurde durch den Vorsitzenden und Berichterstatter Dr. Tochtermann erlassen.

VERFAHRENSSPRACHE: Deutsch

GEGENSTAND: Geheimnisschutzantrag gem. R. 262A VerfO zum Vorlageantrag

SACHVERHALT:

Die Klägerin beantragt vorliegend gem. R. 262A VerfO Geheimnisschutz hinsichtlich Informationen, die in der ungeschwärzten weiteren Fassung ihrer Replik samt Anlagen enthalten sind, sowie hinsichtlich der Verhandlungen zwischen den Parteien des Rechtsstreits. Zunächst sind zum Zwecke der Stellungnahme Anordnungen zum Schutz von geheimhaltungsbedürftigen Informationen betreffend Lizenzverträge ergangen. Die Schutzbedürftigkeit der Informationen war hinreichend dargetan.

Die Parteien hatten jeweils im Geheimhaltungsverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Beklagten (aus technischen Gründen in Workflow 31204/2024 mit SS v. 27.5.2024, der explizit klarstellt, als einheitliche Stellungnahme zum Geheimhaltungskomplex in allen drei Parallelverfahren identisch vorgelegt zu werden, die aufgrund der unterschiedlichen Einreichungszeitpunkte der Anträge abweichende Zeitläufe haben) haben sich gegen den Umfang der beantragten Vertraulichkeitsregelung gewendet. Der Verwendungsumfang der Lizenzverträge der Klägerin solle alle beim UPC anhängigen Verfahren umfassen, auch die an der Lokalkammer München anhängigen Fälle. Zudem müsse es gestattet werden, sich diesbezüglich mit anderen Personen auszutauschen, die rechtmäßig im Besitz derselben Informationen sind, auch wenn sie zur Vertraulichkeit verpflichtet sind. Insbesondere müsse der Zugang anderen externen Anwälten der Beklagten, namentlich den Vertretern in den parallelen UK-Verfahren gestattet werden. Schließlich bedürfe es der Zulassung von zwei weiteren Mitarbeitern der Beklagten zu den Informationen über den bisher von Klägerseite konzedierten einen Mitarbeiter hinaus. Diese Personen würden die Informationen aus deutschen nationalen Patentverletzungsverfahren und UK-Verfahren ohnedies schon kennen. Soweit aufgrund Vorlageanordnung zwischenzeitlich vorgelegte Lizenzverträge betroffen seien, sei an diesen allein der Name der Lizenznehmer ein Geheimnis. Überdies scheide eine Unterschutzstellung jedenfalls insoweit aus, als die Klägerin die inhaltlich weitgehend identische FRAND-Replik im Verfahren betreffend EP 2207270 (ACT_545770/2023) allein ungeschwärzt eingereicht hat und diese Dokumente für die Beklagten daher ohne weiteres zugänglich waren. Soweit die Lizenzverhandlungen zwischen den vorliegenden Parteien betroffen seien, verfüge Oppo ohnedies naturgemäß bereits über diese Informationen, so dass eine Unterschutzstellung ausscheide - insoweit komme allenfalls Schutz gem. Regel 262 VerfO in Betracht. Die Anlage KAP 19 enthalte selbst in ihrer unredacted version

Totalschwärzungen, weshalb ein Schutz ausscheide - der Lizenzvertragspartner der Klägerin sei nicht ersichtlich.

Eine weitere Stellungnahme der Beklagten zum Geheimhaltungskomplex, die aufgrund der in mehreren Versionen von der Klägerin eingereichten Replik sowie den diesbezüglichen Vorlageanträgen in verschiedenen Workflows des CMS hochgeladen ist, findet sich betreffend das vorliegende Patent in App_15599/2024 (SS v. 17.4.2024).

Die Beklagten beantragen zuletzt:

    1. die vorläufige Vertraulichkeitsregelung für die Lizenzverträge von Panasonic wie folgt zu ändern:
  • a. Die Panasonic-Lizenzverträge dürfen in allen UPC-Verfahren zwischen den Parteien verwendet werden (Verfahrensnummern ACT_545535/2023, ACT_545551/2023, ACT_545604/2023, ACT_545620/2023, ACT_545770/2023, ACT_546122/2023);
  • b. Mitgliedern des Vertraulichkeitsclubs steht es frei, die Panasonic-Lizenzen mit anderen Personen zu erörtern, die berechtigterweise über dieselben Informationen verfügen (auch wenn sie an Vertraulichkeitsvereinbarungen gebunden). Insbesondere sollte die Erörterung der Panasonic-Lizenzen mit anderen externen Anwälten von Oppo (UPC- und UK-Verfahren), die Zugang zu denselben Informationen haben, erlaubt sein
  • c. Dem 'Vertraulichkeitsclub' gehören drei Oppo-Mitarbeiter an, und zwar

(1) […]

(2) […]

  • (3) […]
    1. die vorläufige Vertraulichkeitsanordnung in Bezug auf die als "streng vertraulich" gekennzeichneten Anlagen FRAND-BV aufzuheben
    1. die vorläufige Vertraulichkeitsanordnung in Bezug auf die als "streng vertraulich" gekennzeichneten Anlagen FRAND KAP aufzuheben
    1. Aufhebung der vorläufigen Vertraulichkeitsregelung in Bezug auf die in den FRANDSchriftsätzen enthaltenen Informationen über die Lizenzverhandlungen (graue Markierungen)

Die Klägerin hatte zu diesem Vorbringen ihrerseits Gelegenheit zur Stellungnahme und tritt den Anträgen und Argumenten der Beklagten entgegen. Eine Ausweitung des Zugangs auf drei Personen der Partei sei nicht geboten, das Geheimhaltungsregime des UPC nicht aufzuweichen, indem der Austausch mit Prozessvertretern in Gerichtsverfahren in anderen Jurisdiktionen gestattet werde. Auch eine Erstreckung auf die registrierten UPC-Vertreter in den Münchener UPC-Verfahren sei angesichts der Sensibilität der zu schützenden Informationen unstatthaft. Schließlich sei auch die Tatsache, dass sich die Vertragsparteien über die Vorlage der Lizenzverträge ausgetauscht hätten, geheim ebenso wie die diesbezügliche konkrete Kommunikation. Eine Geheimhaltungsanordnung sei trotz eines NDA auch für die Lizenzverhandlungen der Parteien notwendig.

Zuletzt hat die Klägerin nach Hinweisen des Gerichts zu einer möglichen sachdienlichen Umschreibung der schutzbedürftigen Informationen unter Nennung aller Aktenzeichen der Parallelverfahren und damit einheitlich beantragt, den Schutz vertraulicher Informationen wie folgt auszugestalten (wobei die Antragsfassung sich bzgl EP 315, SS v. 15.05.2024 App_28156/2024 von dem vorliegenden Antrag sowie dem Antrag bzgl EP 2207270 SS v. 31.05.2024 in App_32726/2024 dadurch unterscheidet, dass im Antrag bzgl EP 315 der nachfolgende Punkt I.1.a) entfällt; diese Antragsfassungen lagen den Beklagten zum Zeitpunkt der Stellungnahme auch im hiesigen Verfahren vor und erklären sich durch die unterschiedlichen Zeitpunkte, zu denen in den Parallelfällen die Vorlageanträge und sodann die ungeschwärzten Fassungen der Replik unter Vorlage der Lizenzverträge erfolgt sind):

  • I. gemäß R. 262A VerfO
    1. die folgenden Informationen als vertraulich einzustufen, so dass die Bestimmungen von R. 262A VerfO Anwendung finden, nämlich
  • a) Informationen über die Lizenzverhandlungen, die dem Rechtsstreit vorausgegangen sind und noch immer andauern
  • -Die grau hinterlegten Ausführungen
  • -Die als 'streng vertraulich' gekennzeichneten Anlagen FRAND'
  • b) Informationen betreffend Patentlizenzverträge, die die Klägerin mit Dritten geschlossen hat (wobei diese Informationen auch, aber nicht abschließend, die Patentlizenzverträge selbst umfassen), sowie Informationen betreffend Vertragsverhandlungen über diese relevanten Patentlizenzverträge, welche die Klägerin oder ein mit dieser verbundenes Unternehmen mit Dritten geschlossen hat oder über deren Abschluss die Klägerin oder ein mit dieser verbundenes Unternehmen derzeit in Verhandlungen steht, wobei auch solche Informationen umfasst sind, die die jeweilige Vertragsbeziehung nach Vertragsschluss betreffen, insbesondere
    • Die gelb hinterlegten Ausführungen
    • Die als 'Personenbeschränkt streng vertraulich' gekennzeichneten Anlagen FRAND

Solche Informationen sind in dem nunmehr ungeschwärzt eingereichten Teil der Replik enthalten.

    1. anzuordnen, dass die Informationen unter Ziffer I.1b) auf Seiten der Beklagten nur -den Prozessbevollmächtigten, deren Hilfspersonen (einschließlich Experten sowie ihrer Teammitglieder) und
  • -folgender zuverlässigen Person, nämlich:
  • -[…],
  • zur Kenntnis gebracht werden dürfen;
    1. die Anordnung mit einer verhältnismäßigen Zwangsgeldandrohung in einer durch das Gericht zu bestimmenden Höhe für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu versehen;
    1. die unter Ziffer I.2 genannten Personen zu verpflichten, die vertraulichen Informationen nach Ziffer I.1b) über das Verfahren hinaus streng vertraulich zu behandeln und die vertraulichen Informationen ausschließlich für die Zwecke dieses Verfahrens zu verwenden

Hinsichtlich der weiteren Details der Ausführungen wird auf die zum Geheimhaltungskomplex in den verschiedenen Workflows vorgelegten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

    1. Zunächst ist der Erlass einer Geheimnisschutzanordnung entgegen der Ansicht der Beklagten nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin ihre Replik in einem ein anderes Parallelverfahren vor der Lokalkammer Mannheim betreffenden Workflow versehentlich ungeschwärzt und damit ohne weitere Einschränkungen für die Beklagten sichtbar hochgeladen hat.

Erstens ist bereits fraglich, ob die Prozessvertreter der Beklagten diese Informationen sogleich an die Mandantschaft weiterleiten dürfen, wenn aus dem Charakter der Informationen, den Abläufen in den Parallelverfahren und der Bezeichnung des Dokuments als redigierte Fassung zu vermuten stand, dass das Hochladen vorliegend im Verfahren versehentlich in einer ungeschwärzten Fassung erfolgte, zumal dies spätestens bei Öffnen des Dokuments zweifelsfrei sein musste, in dem der Geheimnischarakter hervorgehoben wird. Folglich kann die Anordnung immer noch den Schutz vor (weiterer) Verbreitung der Informationen erreichen. Insoweit kann auch dahinstehen, inwieweit vor den vor dem EPG geführten Verfahren auch die nationalen berufsrechtlichen Regelungen Anwendung finden, denen der nach dem nationalen Recht zugelassene Prozessvertreter in nationalen Verfahren unterliegt, und die ggf. eine unmittelbare Weitergabe von Verfahrensinformationen an die Mandantschaft erforderlich machen. Jedenfalls gilt diese Pflicht, wie sie etwa im Grundsatz im deutschen Anwaltsberufsrecht statuiert ist (vgl. § 11 Abs. 1 Berufsordnung der deutschen Rechtsanwälte), nicht, wenn es eine entgegenstehende gerichtliche Anordnung gibt bzw. wenn ein auf eine solche Anordnung abzielender Antrag gestellt ist, der bislang vom Gericht noch nicht verbeschieden wurde.

Zweitens ist nicht ersichtlich, warum eine schutzbedürftige Information diesen Charakter dadurch verlieren sollte, dass sie bestimmten Personen unmittelbar zur Kenntnis gelangt ist. Denn jedenfalls hat eine Anordnung in einem solchen Fall den Sinn, eine weitere Verbreitung der schutzbedürftigen Informationen zu unterbinden - etwa die Weitergabe an die oder innerhalb der Mandantschaft, die Kenntnis erst und allein durch den Prozessvertreter vor dem EPG erlangen kann, da sie keinen unmittelbaren Zugang zu den Verfahrensdokumenten im CMS hat.

    1. Ferner ist der Klägerin in ihrer Ansicht beizutreten, dass der Abschluss eines Non-DisclosureAgreements (NDA) nicht das Rechtsschutzbedürfnis für einen Geheimnisschutzantrag nach Regel 262A VerfO entfallen lässt.

Bereits der Umstand, dass das EPG in seinen Vertragsmitgliedstaaten ohne weiteres vollstreckbare Zwangsgelder in öffentlich wahrnehmbarer Anordnungsform und anders als etwa im deutschen Verfahrensrecht ohne Beschränkung in der maximalen Höhe verhängen kann (Regel 354.3 VerfO), verstärkt den Schutz der schutzbedürftigen Informationen gegenüber einer rein privatrechtlichen Abrede, mag diese auch mit einer Vertragsstrafe bewehrt sein.

Zudem verfolgt der Antrag nach Regel 262A VerfO auch den Zweck, den betreffenden Vortrag bei einem Akteneinsichtsgesuch vor dem uneingeschränkten Einblick durch Dritte zu entziehen (für das Interesse an einer gerichtlichen Anordnung auch in diesem Fall für das nationale deutsche Recht etwa Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss vom 4.10.2023 - 6 U 122/22 GRUR-RR 2024, 138 mit weiteren Nachweisen). Bereits dieser Umstand rechtfertigt für sich ein rechtliches Interesse an einer gerichtlichen Geheimnisschutzanordnung, zumal der Zugang zu den gerichtlichen Schriftstücken, die in den vor dem EPG geführten Verfahren eingereicht werden, gegenüber manchen nationalen Verfahrensregimen deutlich erleichtert ist (zu den Maßstäben vgl. UPC_CoA_404/2023, Anordnung vom 10. April 2024, ORD_19369/2024). Entsprechend haben Geheimnisschutzanträge in den vor dem UPC geführten Verfahren eine große Bedeutung, wie bereits jetzt die immense Fülle entsprechender Anträge in den vor der Lokalkammer Mannheim geführten Verfahren lebhaft belegt.

Schließlich ist vorliegend zudem zu berücksichtigen, dass der Schutz desjenigen Dokuments, welches eine geheimhaltungsbedürftige Information enthält, technisch im CMS des Gerichts nur möglich ist, wenn zu dem Dokument ein begleitender Antrag nach Regel 262A VerfO gestellt ist.

    1. Wiederum nicht überzeugen kann die Ansicht der Beklagten, dass - soweit im Verfahren vorgelegte Drittlizenzverträge betroffen sind - nur der bloße Name der Vertragspartner schutzbedürftig sei. Denn aus den Vertragsvereinbarungen werden die in derselben Branche tätigen Unternehmen regelmäßig ohne Mühe auf die Identität der Vertragspartner schließen können. Wird der Name des Lizenznehmers bekannt, besteht im Übrigen das Bedürfnis der Vertragsparteien an der Geheimhaltung des Inhalts des Lizenzvertrags fort.
    1. Nicht beizutreten ist hingegen der Ansicht der Klägerin, dass die den Beklagten naturgemäß bereits bekannten Umstände der Verhandlungen zwischen den Parteien nach Regel 262A VerfO vollumfänglich zu schützen seien. Eine nachträgliche Zugangsbeschränkung auf Seiten der Beklagten kommt nicht in Betracht. Vielmehr können diese Informationen regelmäßig nur in ihrem Verwendungszweck beschränkt und dem Schutz vor der Kenntnisnahme durch unbeteiligte Dritte nach Regel 262 VerfO unterstellt werden. Ein Schutz vor der Öffentlichkeit in Entscheidungen des Gerichts kommt indes nicht uneingeschränkt in Betracht soweit lediglich die abstrakten Abläufe der Verhandlungshistorie betroffen sind wie etwa der zeitliche Ablauf der Verhandlung und die Tatsache, dass ein bestimmter die FRAND-Verhandlungen betreffender Schritt vollzogen wurde, wie dass etwa zu einem bestimmten Zeitpunkt ein schriftlich ausformuliertes Vertragsangebot oder weitere Claim-Charts vorgelegt wurden. Denn gemäß dem Übereinkommen und der Verfahrensordnung besteht eine Registeröffentlichkeit, die es erforderlich macht, dass in den sodann zu fällenden Entscheidungen auch die für das rechtliche Verständnis der Entscheidung notwendigen Zusammenhänge für die Öffentlichkeit nachvollziehbar sein müssen. In diesem Zusammenhang lassen sich im konkreten Fall auch hinreichend abstrakt gehaltene Formulierungen finden, die einerseits das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit berücksichtigen, als auch die geheimhaltungsbedürftigen Informationen schützen.

Schutzfähig als geheimhaltungsbedürftige Information sind hingegen etwa der als Anlagen vorgelegte konkrete Schriftverkehr zwischen den Parteien, die die Verhandlungshistorie betreffen.

Mit Blick auf Zugangsbeschränkungen auf Seiten der jeweiligen Gegenpartei mag etwas Anderes für den Fall gelten, dass - wozu vorliegend kein Vortrag gehalten ist - bereits im Rahmen der Verhandlungen um eine FRAND-Lizenz die Parteien bewusst die beteiligten Personenkreise beschränkt und einer umfassenden Vertraulichkeitspflicht unterworfen haben. Allerdings wird auch in diesem Zusammenhang jeweils zu berücksichtigen sein, dass nach dem Übereinkommen und der Verfahrensordnung eine Registeröffentlichkeit besteht und in den sodann zu fällenden Entscheidungen auch die für das rechtliche Verständnis der Entscheidung notwendigen Zusammenhänge für die Öffentlichkeit nachvollziehbar sein müssen.

In diesem Sinne war der Antrag Ziffer 1.a) der Klägerin nur teilweise zuzusprechen und im Übrigen zurückzuweisen.

    1. Gleichfalls nicht gefolgt werden kann der Ansicht der Klägerin, dass bereits der Umstand, dass die Klägerin bei den Drittlizenzvertragspartnern aufgrund der Vorgaben des Gerichts angefragt und um eine Zustimmung zur Vorlage gebeten hat, geheim zu halten ist. Denn hierbei handelt es sich um einen vom Gericht angeordneten prozeduralen Schritt, der auch in den Anordnungen des Gerichts wiederzugeben ist. Der Schritt soll sicherstellen, dass die Interessen der betroffenen Dritten gewahrt worden sind, indem die Prozesspartei angehalten wurde, den Vertragspartner um Zustimmung zu bitten und ihm hierdurch die Möglichkeit zu verschaffen, sich auch eigeninitiativ ins Verfahren einzubringen, bevor eine gerichtsseitige Vorlageanordnung in Betracht kommt. Zwar ist der konkrete Inhalt der Korrespondenz zwischen der auf Vorlage antragenden Partei und ihrem Lizenzvertragspartner regelmäßig ein geheimhaltungsbedürftiges Datum, nicht aber der bloße Umstand der Anfrage und die abstrakt umrissene Antwort hierauf an sich (im Sinne der bloßen Wiedergabe in der Gerichtsanordnung, ob zugestimmt oder nicht zugestimmt wurde bzw. die Zustimmung an weitere, möglicherweise für sich geheimhaltungsbedürftige Bedingungen geknüpft ist).
    1. Im vorliegenden Fall ist mit den Beklagten die Ausweitung des Zugangs zu den schutzbedürftigen Informationen auf drei Mitarbeiter der Beklagten notwendig, aber auch ausreichend (zu den entwickelten Maßstäben vgl. Lokalkammer Mannheim UPC_CFI_359/2023 v. 21.3.2024 = GRUR Patent 2024, 253, 255 f. und inhaltsgleich Lokalkammer Düsseldorf UPC_CFI_355/2023 ORD_7096/2024). Die von der Klägerin begehrte Begrenzung auf nur eine natürliche Person ist schon angesichts der Komplexität der im vorliegenden SEP-Verfahren geführten FRAND-Diskussion unzureichend. Es besteht ein berechtigtes Bedürfnis, sich mit den zwei weiteren von Beklagtenseite begehrten Personen fachlich über die komplexen Fragen austauschen zu können. Überdies ist auch aus Gründen der Arbeitsorganisation die Erweiterung des Personenkreises über nur eine Person hinaus geboten, um etwa Krankheitsfälle und Urlaubszeiten oder andere Gründe abzufedern, aus denen ein Mitarbeiter der Beklagten ggf. nicht verfügbar ist. Auch ist es für eine effektive Verteidigung erforderlich, dass sich die beachtlich umfänglichen Teams an Prozessvertretern im vorliegenden Fall mit mehr als nur einer natürlichen Person von Seiten der Beklagten besprechen können. Allein aufgrund der bekannten weiteren globalen Auseinandersetzungen zwischen den Parteien, in denen die nämlichen Personen zum Confidentiality Club gehören und etwa an Verhandlungen teilnehmen müssen und ggf. hierdurch fürs vorliegende Verfahren verhindert sein können, erscheint dies erforderlich. Vorbehalte gegenüber der Zuverlässigkeit der von der Beklagtenseite benannten Personen sind nicht geltend gemacht. Vielmehr ist vorgetragen, dass die Personen auch in den parallelen UK-Verfahren als hinreichend zuverlässig in den Confidentiality Club aufgenommen worden sind.
    1. Zugang zu den schutzbedürftigen Informationen ist in den vor dem EPG geführten Verfahren ausschließlich zugelassenen Vertretern nach Art 48 EPGÜ zu gewähren, die die Parteien im konkreten verfahren vertreten dürfen. Insoweit kann die Lokalkammer Mannheim der Anordnung der Lokalkammer München, Spruchkörper 1, vom 4. Juli 2024, ORD_26378/2024, UPC_CFI_220/2023), in den dort geführten Parallelverfahren nicht beitreten. Zwar mag aus prozesstaktischen Erwägungen die Möglichkeit der Koordination zwischen Prozessteams über die Grenzen des EPG hinaus auch mit Prozessteams, die nationale Verfahren betreuen, wünschenswert sein. Indes würde hierdurch der Kreis der Personen, die unmittelbar durch die Geheimnisschutzanordnungen des EPG gebunden sind, in nicht hinnehmbarer Weise aufgeweicht und das berechtigte Interesse der Parteien, die ein Verfahren vor dem EPG

führen, enttäuscht, sich auf das Geheimhaltungsregime des Gerichts verlassen und dieses in seinem Inhalt und Umfang abschließend überblicken zu können (so bereits Lokalkammer Mannheim, Anordnung vom 3. Juli 2024 UPC_CFI_471/2023 ORD_33986/2024 Entscheidungsgründe bei 6.). Insbesondere erscheint bei einer Zulassung von Prozessvertretern in anderen Jurisdiktionen nicht mehr kontrollierbar, wie jene durch das dort jeweils etablierte Geheimnisschutzregime gebunden sind und ob es zu einer weiteren Weitergabe an wieder andere Prozessteams kommen kann. Insoweit genügt nicht der schlichte Verweis auf den Umstand, dass die in den nationalen Verfahren tätigen Vertreter gleichfalls durch ein Geheimnisschutzregime gebunden sind. Die Parteien legen im vorliegenden Verfahren, wie die hohe Anzahl an Geheimnisschutzanträgen zeigt, großen Wert auf Geheimnisschutz und konnten sich nicht darauf verständigen, inhaltlich deckungsgleiche Regime zu vereinbaren. Im vorliegenden Fall tritt hinzu, dass insbesondere der Austausch mit Prozessvertreten in den UK-Verfahren von den Beklagten begehrt wird, allerdings der dortige Confidentiality Club umgekehrt das UK-Verfahren und die dort ausgetauschten schutzbedürftigen Informationen intensiv gegenüber dem hiesigen Verfahrenskomplex abschirmt und UK weder Vertragsmitgliedstaat des EPGÜ ist, noch im Falle eines Verstoßes die erleichterten Durchsetzungsmechanismen des EU-Rechts zur Verfügung stehen, um etwaig zu verhängende Zwangsgelder des Gerichts effektiv beizutreiben.

    1. Hingegen ist den Beklagten im Grunde zu gestatten, sich mit den Prozessvertretern in den vor der Lokalkammer München zwischen den Parteien anhängigen Parallelverfahren zu koordinieren und in diesem Kontext auch die schutzbedürftigen Informationen zu besprechen. Denn anders als in der sub 7. geschilderten Situation besteht hier ein einheitliches verfahrensrechtliches Regime, zumal die Lokalkammer München in ihren Verfahren ausdrücklich auf das hier etablierte Geheimnisschutzregime (vgl. Anordnung vom 14. Februar 2024 im hiesigen Verfahren) verwiesen und sich dieses auch für ihre Verfahren zu eigen gemacht hat. Selbst wenn sich die Anordnungen der Lokalkammern in Einzelheiten unterscheiden sollten, besteht ein mindestens vergleichbares Schutzniveau. Allerdings ist der Austausch mit den vor der Lokalkammer München tätigen Prozessvertretern dahingehend eingeschränkt, dass diese die aus dem hiesigen Verfahren gewonnen Erkenntnisse über schutzbedürftige Informationen nicht aufgrund der Gestattung, die die zitierte Anordnung der Lokalkammer München, Spruchkörper 1, enthält, in außerhalb des EPG geführten Verfahren verwenden dürfen. Die Verwendung ist strikt auf die Zwecke der Verfahrensführung vor dem EPG beschränkt.
    1. Soweit der zuletzt gestellte Antrag noch einen Hinweis auf die 'gelb hinterlegten Ausführungen' enthält, hat die Klägerin in ihren schriftsätzlichen Ausführungen selbst klargestellt, dass nicht genau die so hinterlegten Ausführungen (in ihrem ganz konkreten Wortlaut) Antragsgegenstand sein sollen, sondern dass die Markierung nur zur Kennzeichnung des aus ihrer Sicht gehaltenen konkret geheimhaltungsbedürftigen Vortrags erfolgt, der sich unter die konkret-generelle Antragsfassung wie zugesprochen fassen lässt.

ANORDNUNG:

    1. Die folgenden Informationen werden gemäß Regel 262A VerfO als vertraulich eingestuft:
  • a) Informationen über die Lizenzverhandlungen, die dem Rechtsstreit vorausgegangen sind und noch immer andauern, soweit es sich um Informationen aus den als 'streng vertraulich' gekennzeichneten Anlagen FRAND' handelt
  • b) Informationen betreffend Patentlizenzverträge, die die Klägerin mit Dritten geschlossen hat (wobei diese Informationen auch, aber nicht abschließend, die Patentlizenzverträge selbst umfassen), sowie Informationen betreffend Vertragsverhandlungen über diese relevanten Patentlizenzverträge, welche die Klägerin oder ein mit dieser verbundenes Unternehmen mit Dritten geschlossen hat oder über deren Abschluss die Klägerin oder ein mit dieser verbundenes Unternehmen derzeit in Verhandlungen steht, wobei auch solche Informationen umfasst sind, die die jeweilige Vertragsbeziehung nach Vertragsschluss betreffen, insbesondere
    • Die als 'Personenbeschränkt streng vertraulich' gekennzeichneten Anlagen FRAND BV;
    1. Es wird angeordnet, dass die Informationen unter Ziffer 1 b) auf Seiten der Beklagten nur
    • den Prozessbevollmächtigten in den vor der Lokalkammer Mannheim des Einheitlichen Patentgerichts geführten Verfahren, deren Hilfspersonen (einschließlich Experten sowie ihrer Teammitglieder) und den Prozessbevollmächtigten in den vor der Lokalkammer München, Spruchkörper 1, des Einheitlichen Patentgerichts geführten Verfahren ausschließlich für die Zwecke der Verfahrensführung vor dem Einheitlichen Patentgericht (Verfahrensnummern ACT_545535/2023, ACT_545551/2023, ACT_545604/2023, ACT_545620/2023, ACT_545770/2023, ACT_546122/2023);
    • folgenden zuverlässigen Personen zu den vorgenannten Zwecken, nämlich:
  • […],
  • […],
  • […]

zur Kenntnis gebracht werden dürfen.

    1. Die unter Ziffer 2 genannten Personen werden verpflichtet, die vertraulichen Informationen nach Ziffer 1 - auch über das Verfahren hinaus - streng vertraulich zu behandeln und die vertraulichen Informationen ausschließlich für die Zwecke der Verfahrensführung vor dem Einheitlichen Patentgericht (Verfahrensnummern ACT_545535/2023, ACT_545551/2023, ACT_545604/2023, ACT_545620/2023, ACT_545770/2023, ACT_546122/2023) zu verwenden. Die vorgenannten Personen sind auch gegenüber den Beklagten zur Geheimhaltung der in den ungeschwärzten Fassungen der vorgenannten Unterlagen enthaltenen Informationen verpflichtet. Sie dürfen generell nicht außerhalb dieser Gerichtsverfahren verwendet oder offengelegt werden, es sei denn, sie sind der empfangenden Partei außerhalb dieses Verfahrens zur Kenntnis gelangt. Diese Ausnahme greift allerdings nur dann, wenn diese Informationen von der empfangenden Partei auf nicht vertraulicher Basis aus anderer Quelle

als von der Klägerin oder den mit ihr verbundenen Unternehmen erlangt wurden, vorausgesetzt, diese Quelle ist ihrerseits nicht durch eine Vertraulichkeitsvereinbarung mit der Klägerin oder den mit ihr verbundenen Unternehmen oder durch eine sonstige Geheimhaltungspflicht gegenüber dieser gebunden.

    1. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Anordnung kann ein Zwangsgeld in durch das Gericht zu bestimmender Höhe verhängt werden.
    1. Die weitergehenden Anträge werden zurückgewiesen.
    1. Die Informationen und/oder die vorgelegten Unterlagen, die Gegenstand der vorstehenden Anträge sind, gelten mit Blick auf die teilweise Zurückweisung der Geheimnisschutzanträge der Klägerin und die damit eingetretene innerprozessuale Bedingung des Geheimnisschutzregimes vom 14. Februar 2024 erst dann als zur Akte gereicht und dürfen im Verfahren vom Gegner und vom Gericht verwendet werden, wenn nicht die Klägerin

innerhalb von drei Tagen nach Zugang dieser endgültigen Entscheidung widerspricht.

NAMEN UND UNTERSCHRIFTEN

Erlassen in Mannheim am 9. Juli 2024

Dr. Tochtermann

Vorsitzender und Berichterstatter

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