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6 August, 2024
Order
ORD_27444/2024 Luxembourg (LU) EP4108782
Art. 32(1)(c) EPGÜ
...

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ORD_27444/2024
6 August, 2024
Order

Summary
(AI generated)

Parties

10x Genomics, Inc.,
President and Fellows of Har
v. ard College

Registry Information
Registry Number:

App_22399/2024

Court Division:

Luxembourg (LU)

Type of Action:

Generic application

Language of Proceedings:

DE

Patent at issue

EP4108782

Sections

Headnotes (DE)

- Mit der Wortwahl ”Nach Beurteilung des technisch fachkundig besetzten Gerichts” in den Entscheidungsgründen bringt das Gericht zum Ausdruck, dass es besonders ausgestattet und qualifiziert ist, die vorgebrachten Argumente und Beweise in einer technisch komplexen Angelegenheit zu würdigen. Dies kann nicht dahingehend verstanden werden, dass das Gericht die persönliche Meinung eines oder mehrerer seiner Richter als Beweismittel verwendet hat. - Die Würdigung der von den Parteien vorgebrachten Argumente und Beweise erfolgt durch das Gericht, das den Fall behandelt, und unterliegt keiner Überprüfung im Rahmen eines Wiederaufnahmeantrags. - R.118.5 VerfO (im Teil 1 der Verfahrensordnung über Verfahren vor dem Gericht erster Instanz), der vorsieht, dass das Gericht grundsätzlich über die Verpflichtung zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits entscheidet, schließt nicht aus, dass das Berufungsgericht in einem summarischen Verfahren über die Kostenverteilung entscheidet. Wie sich aus Art. 32(1)(c) EPGÜ ergibt, sind Klagen auf Erlass einstweiliger Maßnahmen und Sicherungsmaßnahmen gemäß Art. 62 EPGÜ eigenständige Klagen, und mit der Entscheidung im Berufungsverfahren sind diese Verfahren abgeschlossen. Es gibt somit eine Rechtsgrundlage für die Kostengrundentscheidung in R.242.1 VerfO.

Keywords (DE)

Kostengrundentscheidung (R.242.1 VerfO), Wiederaufnahme des Verfahrens (R.245 VerfO)
Cited Legal Standards
Art. 32(1)(c) EPGÜ
Art. 62 EPGÜ
Art. 76(2) EPGÜ
Art. 76 EPGÜ
Art. 81(1) EPGÜ
R.118.5 VerfO
R.210.2 VerfO
R.242.1 VerfO
R.245 bis R.249 VerfO
R.245 VerfO
R.247(c) VerfO
R.247(e) VerfO
R.248 VerfO
R.255(a) VerfO
Regel 242.1 VerfO
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ORD_27444/2024

EPG - Berufungsgericht UPC_CoA_335/2024 App_22399/2024

Anordnung

des Berufungsgerichts des Einheitlichen Patentgerichts erlassen am 6 August 2024 betreffend einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens

LEITSÄTZE

  • -Mit der Wortwahl 'Nach Beurteilung des technisch fachkundig besetzten Gerichts' in den Entscheidungsgründen bringt das Gericht zum Ausdruck, dass es besonders ausgestattet und qualifiziert ist, die vorgebrachten Argumente und Beweise in einer technisch komplexen Angelegenheit zu würdigen. Dies kann nicht dahingehend verstanden werden, dass das Gericht die persönliche Meinung eines oder mehrerer seiner Richter als Beweismittel verwendet hat.
  • -Die Würdigung der von den Parteien vorgebrachten Argumente und Beweise erfolgt durch das Gericht, das den Fall behandelt, und unterliegt keiner Überprüfung im Rahmen eines Wiederaufnahmeantrags.
  • -R.118.5 VerfO (im Teil 1 der Verfahrensordnung über Verfahren vor dem Gericht erster Instanz), der vorsieht, dass das Gericht grundsätzlich über die Verpflichtung zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits entscheidet, schließt nicht aus, dass das Berufungsgericht in einem summarischen Verfahren über die Kostenverteilung entscheidet. Wie sich aus Art. 32(1)(c) EPGÜ ergibt, sind Klagen auf Erlass einstweiliger Maßnahmen und Sicherungsmaßnahmen gemäß Art. 62 EPGÜ eigenständige Klagen, und mit der Entscheidung im Berufungsverfahren sind diese Verfahren abgeschlossen. Es gibt somit eine Rechtsgrundlage für die Kostengrundentscheidung in R.242.1 VerfO.

SCHLAGWÖRTER

Wiederaufnahme des Verfahrens (R.245 VerfO), Kostengrundentscheidung (R.242.1 VerfO)

ANTRAGSTELLER (BERUFUNGSBEKLAGTE IM BERUFUNGSVERFAHREN)

    1. 10x Genomics, Inc. , Pleasanton (CA) -US
    1. President and Fellows of Harvard College, Cambridge (MA) -US

(im Folgenden für beide gemeinsam und im Singular: 10x)

Beide vertreten durch: Prof. Dr. Tilman Müller-Stoy, Rechtsanwalt, Bardehle Pagenberg, München, Deutschland

ANTRAGSGEGNERINNEN (BERUFUNGSKLÄGERINNEN IM BERUFUNGSVERFAHREN)

    1. NanoString Technologies Inc. , Seattle (WA) -US
    1. NanoString Technologies Germany GmbH , München -DE
    1. NanoString Technologies Netherlands B.V. , Amsterdam -NL

(Im Folgenden für alle gemeinsam und im Singular: Nanostring) Alle vertreten durch: Oliver Jan Jüngst, Rechtsanwalt, Bird & Bird, Düsseldorf, Deutschland

SPRACHE DES VERFAHRENS

Deutsch

VERFÜGUNGSPATENT

EP 4108782

SPRUCHKÖRPER UND ENTSCHEIDENDE RICHTERINNEN

Zweiter Spruchkörper

Rian Kalden, Vorsitzende Richterin und Berichterstatterin Ingeborg Simonsson, rechtlich qualifizierte Richterin Patricia Rombach, rechtlich qualifizierte Richterin

BEANSTANDETE ANORDNUNG DES BERUFUNGSGERICHTS

□ Dat

um: 26 Februar 2024

□ APL_576355/2023; UPC_CoA_335/2023

Anordnung ORD_595990/2024, im Hauptverfahren (Verfahren auf Erlass einstweiliger Maßnahmen)

STREITPUNKTE

Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß Art. 81(1) EPGÜ i.V.m. R.245 VerfO aufgrund grundlegender Verfahrensfehler, basierend auf einer grundlegenden Verletzung des rechtlichen Gehörs im Verfahren (Art. 76 EPGÜ, R.247(c) VerfO) und einer Verletzung von Artikel 6 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (R.247(e) VerfO).

KURZE DARSTELLUNG DES SACHVERHALTS UND DES VERFAHRENSVERLAUFS

    1. Auf Antrag von 10x ordnete das Gericht erster Instanz (Lokalkammer München) im einstweiligen Verfügungsverfahren durch Anordnung vom 19. September 2023 an, dass Nanostring sinngemäß jede direkte oder indirekte Verletzung des Verfügungspatents in den Vertragsmitgliedstaaten des EPGÜ zu unterlassen hat.
    1. Nanostring legte gegen diese Anordnung Berufung ein. Durch Anordnung vom 26. Februar 2024 hob das Berufungsgericht (Erster Spruchkörper) die Anordnung des Gerichts erster Instanz auf, wies den Antrag von 10x auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück und ordnete an, dass 10x als unterlegene Partei die Verfahrenskosten zu tragen hat.
    1. Anders als das Gericht erster Instanz war das Berufungsgericht der Auffassung, dass eine Fachperson zum Prioritätszeitpunkt des Verfügungspatents dazu Anregung hatte und in Erwägung ziehen würde, eine Multiplex-Methode zur Erkennung von ASMs, die erfolgreich in vitro angewendet wurde, in eine in-situ-Umgebung zu übertragen. Ausgehend von einer in den Verfahren als D6 bezeichneten Veröffentlichung kam das Berufungsgericht zu dem Schluss, dass es überwiegend wahrscheinlich sei, dass das Streitpatent in einem Hauptverfahren wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit für nichtig erklärt werde.
    1. Am 24. April 2024 hat 10x einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß R.245 VerfO gestellt.
    1. Der Präsident des Berufungsgerichts hat die Sache dem Zweiten Spruchkörper zugewiesen und angeordnet, dass die Richter des Gerichts, die an der zu überprüfenden Entscheidung beteiligt waren, dem Spruchkörper nicht angehören dürfen.
    1. Mit Anordnung vom 16. Mai 2024 hat Nanostring Gelegenheit erhalten, zu dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens Stellung zu nehmen. Nanostring machte davon Gebrauch und reichte am 24. Mai 2024 eine Stellungnahme ein.

SCHRIFTSÄTZE DER PARTEIEN

    1. Im Wesentlichen argumentiert 10x wie folgt:
    1. Bezüglich der Sachentscheidung habe das Berufungsgericht seine Entscheidung in einer der Verfahrensordnung widersprechenden Weise bei streitigem Parteivorbringen auf die eigene Sachkunde einzelner Mitglieder des Spruchkörpers gestützt. Dadurch würden die Regelungen zur Beweislast und Beweiserhebung fundamental verletzt.
  • a. Gemäß Art. 76(2) EPGÜ dürften Sachentscheidungen nur auf Gründe, Tatsachen und Beweismittel gestützt werden, die von den Parteien vorgebracht oder auf Anordnung des Gerichts in das Verfahren eingebracht wurden und zu denen die Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme hatten.
  • b. Zum Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 Absatz 1 Satz 1 EMRK gehöre ein faires Beweisverfahren. Es liege ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens vor, weil das Berufungsgericht bei seiner Entscheidungsfindung die grundlegenden prozessrechtlichen Vorgaben zur Darlegungs- und Beweislast ignoriert habe.
  • c. Die Auseinandersetzung mit dem Einwand der Antragstellerinnen, es habe zum Prioritätszeitpunkt keine hinreichende Erfolgserwartung für die Übertragung des in vitro Verfahrens gemäß D6 in den in situ Kontext bestanden, wegen diverser Schwierigkeiten, wie 'molecular c rowding' oder dem A uftreten von Autofluoreszenz, habe das Berufungsgericht mit den Worten eingeleitet: 'Nach Beurteilung des technisch fachkundig besetzten Gerichts' .
  • d. Daraus gehe hervor, dass das Berufungsgericht sich auf eine eigene Sachkunde und ein Parteigutachten stütze. Die eigene Sachkunde einzelner Mitglieder des Spruchkörpers sei kein von der Verfahrensordnung vorgesehenes Beweismittel.
  • e. Auf die von 10x in der Replik aufgeworfenen Fragen der molekularen Verdrängung und des Auftretens von Autofluoreszenz in Zell- und Gewebeproben, habe sich Nanostring auf die Pauschalbehauptung beschränkt, dass es sich hierbei um völlig alltägliche Problemstellungen handele, die von der Fachperson routinemäßig gelöst würden, und dass keines der Probleme im Verfügungspatent angesprochen oder auch nur ansatzweise gelöst worden sei. Nanostring habe für diese Behauptungen keinen Beweis angeboten oder vorgelegt.
  • f. Eine Beweiserhebung könne nicht durch die technische Meinung eines Mitglieds des Spruchkörpers ersetzt werden und erst recht nicht, wenn diese Meinung noch nicht einmal schriftlich dokumentiert / Verfahrensgegenstand geworden sei und die Parteien hierzu keine sinnvolle Gelegenheit zur Stellungnahme hatten.
  • g. Hierdurch habe das Berufungsgericht seine Sachentscheidung auf Tatsachen gestützt, die weder von den Parteien vorgebracht noch auf Anordnung des Gerichts in das Verfahren eingebracht worden waren. Darin liegt ein grundlegender Verstoß gegen Art. 76(2) EPGÜ.

Zugleich sei das Berufungsgericht bei seiner Entscheidungsfindung von den grundlegenden Vorgaben der Verfahrensordnung zur Beweiserbringung und -erhebung abgewichen und habe die zwingenden Regelungen zur Darlegungs- und Beweislast missachtet. Darin liege zusätzlich ein Verstoß gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens (Art. 6 EMRK).

    1. Das Berufungsgericht habe die Kostengrundentscheidung willkürlich getroffen.
  • a. Weder das EPGÜ noch die Verfahrensordnung enthielten eine Rechtsgrundlage für eine Kostengrundentscheidung im Rahmen eines Eilverfahrens. Die Verfahrensordnung sehe eine umfassende Kostengrundentscheidung erst im Rahmen des Hauptsacheverfahrens vor (R.118.5 VerfO).
  • b. Die Frage einer Kostengrundentscheidung im Eilverfahren sei zu keinem Zeitpunkt von dem Berufungsgericht angesprochen, noch von den Parteien schriftsätzlich diskutiert worden. Somit liege ein Verstoß gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens (Art. 6 EMRK) vor.
    1. Nanostring argumentiert im Wesentlichen wie folgt:
    1. Ein Verstoß gegen etwaige Regelungen zur Beweislast und Beweiserhebung liege nicht vor.
  • a. Gemäß R.210.2 VerfO sei im summarischen Verfahren keine Beweiserhebung geboten, und im Regelfall auch nicht mit dem Eilcharakter vereinbar.
  • b. Das Berufungsgericht habe sich bei seiner Anordnung nicht nur den Vortrag der Antragsgegner und den detaillierten Stand der Technik, sowie auch das Gutachten B10 berücksichtigt, sondern sich insbesondere auf das Verfügungspatent selbst gestützt.
  • c. Es handele sich bei den von den Antragstellern aufgeworfenen Fragen des ' molecular crowding ' und des Auftretens von Autofluoreszenz nicht um konkrete Beweisfragen für das hier relevante Verfahren, sondern eine Prognoseentscheidung ob das in-vitro-Verfahren der D6 auch in situ mit hinreichender Erfolgserwartung durchgeführt werden würde.
  • d. Das Berufungsgericht habe die von den Antragstellern behaupteten technischen Schwierigkeiten geprüft und bewertet.
  • e. Die Antragsteller hätten die Behauptung, die Fachperson habe Schwierigkeiten gehabt, das Verfahren nach D6 auf in-situ-Proben zu übertragen, nicht substantiiert.
    1. Die Kostengrundentscheidung des Berufungsgerichts sei nicht zu beanstanden und entspreche R.242.1 VerfO.
  • a. R.118.5 VerfO sehe zwar vor, dass eine Kostengrundentscheidung in der Endentscheidung nach Abschluss des erstinstanzlichen Hauptsacheverfahrens enthalten sein müsse. Dies schließe jedoch nicht aus, dass in einer Endentscheidung in einem summarischen Verfahren über die Kostenverteilung dem Grunde nach entschieden werde.
  • b. Eine Kostengrundentscheidung könne ergehen, soweit diese Kosten betreffe, bei denen bereits feststehe, dass diese unabhängig vom weiteren Verfahrensgang von einer bestimmten Partei zu tragen seien.
  • c. Es gebe für eine Kostengrundentscheidung eine Rechtsgrundlage in Regel 242.1 VerfO.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

    1. Das Berufungsgericht entscheidet zunächst über die Zulässigkeit des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens (R.255(a) VerfO). Dies beinhaltet die Prüfung, ob die in Art. 81(1) EPGÜ und R.245 bis R.249 VerfO festgelegten Anforderungen erfüllt sind.
    1. Art. 81(1) EPGÜ ermöglicht es, nach einer endgültigen Entscheidung eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu beantragen, wenn diese, verkürzt ausgedrückt, auf einer Handlung beruht, die als Straftat qualifiziert wird, oder auf einem grundlegenden Verfahrensfehler. Diese Umstände dürfen nicht bekannt gewesen sein oder -im Falle eines grundlegenden Verfahrensfehlers -müssen wenn bekannt, bereits während des Verfahrens, das zur Entscheidung führte, oder im Berufungsverfahren (R.248 VerfO) gerügt worden sein, es sei denn, eine solche Beanstandung hätte nicht während des Verfahrens vor dem Gericht erster Instanz oder dem Berufungsgericht erhoben werden können.
    1. Art. 81(1) EPGÜ macht deutlich, dass eine Wiederaufnahme des Verfahrens nur dann ausnahmsweise gewährt werden kann, wenn die Entscheidung an einem dieser Fehler leidet und es sich um eine endgültige Entscheidung handelt. Die Wiederaufnahme ist somit ein letztes Mittel gegen eine Entscheidung, die ansonsten nicht Gegenstand eines Überprüfungsverfahrens sein kann, in dem der Fehler 'behoben' werden könnte.
    1. Der Antrag ist nicht zulässig, da die beanstandete Anordnung nicht an einem grundlegenden Verfahrensfehler leidet. Dies wird im Folgenden erläutert.
    1. Während des Verfahrens bestritt 10x, dass die Fachperson versucht hätte, die in D6 offenbarten Methoden in eine in-situ-Umgebung zu übertragen. 10x argumentierte, dass die Fachperson nicht mit einer vernünftigen Erwartung gehandelt hätte, dass dies erfolgreich sein würde. Zur Unterstützung dieses Arguments wies 10x darauf hin, dass zu diesem Zeitpunkt verschiedene Sonden und Methoden zur Herstellung von ASMs bekannt gewesen seien, deren Eignung für die in-situ-Anwendung variierte, und dass eine Fachperson nicht ohne Weiteres aus der erfolgreichen Anwendung einer Sonde oder Methode in vitro darauf geschlossen hätte, dass diese Sonde oder Methode auch in einem in-situKontext funktionieren würde. 10x verwies auch auf verschiedene Schwierigkeiten, die mit einer solchen Übertragung in eine in-situ-Umgebung verbunden sind, und dass die Fachperson angesichts dieser Schwierigkeiten davon abgehalten würde, dies zu tun.
    1. Nanostring wendete sich gegen dieses Vorbringen unter anderem unter Verweis auf D6, einem Bericht ihrer Partei-Sachverständigen Elina Staaf, die Prüferin beim Schwedischen Patentamt ist und ihre Stellungnahme als Sachverständige eines Instituts namens PRV Consulting, das Teil des Schwedischen Patentamts ist (B10), abgab, sowie auf eine zum Stand der Technik gehörende Veröffentlichung mit dem Titel 'In situ detection of non -polyadenylated RNA molecules using Turtle Probes and target primed rolling circle PRINS' (Magnus Stougaard et al.), die in de m Verfahren als B30 bezeichnet wird.
    1. In der Anordnung ist das Berufungsgericht der Auffassung von 10x nicht gefolgt. Das Berufungsgericht hat Folgendes ausgeführt:

Für eine Fachperson, die sich zum Prioritätszeitpunkt des Verfügungspatents vor die Aufgabe gestellt sah, optische Multiplexing-Methoden mit hohem Durchsatz zur Detektion von Zielmolekülen in einer Probe zu entwickeln, war D6 von Interesse, da darin ein Verfahren zum Nachweis einer Vielzahl amplifizierter Einzelmoleküle (ASMs) durch Kodierung und Dekodierung der Einzelmoleküle offenbart wird, bei dem die Kodierung durch sondenvermittelte Erzeugung ringförmiger DNA und die Dekodierung durch zeitlich sequentielle Detektion der anvisierten ASMs erfolgt (vgl. D6, Abstract).

Dies wird in D6 zwar für ASMs offenbart, die in vitro in einem Array-Format angeordnet sind. Da aber zum Prioritätszeitpunkt ein Bedarf an Multiplexanalysetechniken gerade auch für Testproben bestand (vgl. Verfügungspatent, Abs. 2), gab es eine Veranlassung darüber nachzudenken, ob das in D6 offenbarte Kodierungs- und Dekodierungsverfahren auf den Nachweis von ASMs in Zell- oder Gewebeproben übertragen werden kann (vgl. auch das schwedische Amt für geistiges Eigentum, PRV Consulting Report vom 28. Juni 2023, B10, S. 5).

Eine Anregung bzw. Bestätigung, in diese Richtung zu denken, ergab sich zudem aus dem Hinweis in D6 (S. 3, linke Spalte), dass im Stand der Technik Rolling-circle-ASMs für das Auslesen verschiedener Genotypisierungsassays sowie zum Nachweis von Proteinen und Proteinkomplexen in situ mit Proximity Ligati on verwendet worden seien. Dass die 'Genotypisierungsassays' in situ durchgeführt wurden, ergibt sich aus der Fußnote 20 der D6, welche auf Larsson et al., 'In situ genotyping individual DNA molecules by target-primed rolling-circle ampl ification of Padlock probes', Nat. Methods 2004, 1, 227 ff. verweist, das schon dem Titel nach ein in situ-Verfahren beschreibt. Darüber hinaus verweist D6 auf eine Veröffentlichung über die In-situ-Beobachtung von Proteinkomplexen (Söderberg et al., Direct observation of individual endogenous protein complexes in situ by proximity ligation, Nat. Methods 2006, vol. 3 no. 12 [D19]).

Dass für die Fachperson zum Prioritätszeitpunkt des Verfügungspatents nach erfolgreicher Anwendung eines In-vitro-Multiplexverfahrens zur Detektion von ASMs als nächster Schritt die Übertragung des Verfahrens auf eine In-situUmgebung in Betracht kam, wird weiterhin durch B30 (Stougaard et al., 'In situ detection of non-polyadenylated RNA molecules using Turtle Probes and target primed rolling circle PRINS', BMC Biotechnology 2007, 7:69) belegt. In dieser Druckschri ft wird ein Verfahren zur Detektion nicht polyadenylierter RNA Moleküle unter Verwendung 'eines neuen Sondenformats' ('Turtle Probes') beschrieben, das zunächst in 'einer kontrollierbaren Umgebung' in vitro durchgeführt (B30, S. 4, r. Sp., letzter Abs.) und nach erfolgreicher Durchführung auch in situ mit positivem Ergebnis erprobt wurde (B30, S. 4, l. Sp. -S.5; Abstract, Results).

Auch wenn mit den Antragstellern angenommen wird, dass seinerzeit verschiedene Sonden und Methoden zur Herstellung von ASMs bekannt waren, deren Eignung für eine Anwendung in situ unterschiedlich ausgeprägt war und die Fachperson aus der erfolgreichen Anwendung einer Sonde oder eines Verfahrens in vitro nicht ohne Weiteres darauf geschlossen hätte, dass diese Sonde oder dieses Verfahren auch in einem In-situ-Kontext funktionieren würde, ist festzuhalten, dass dieser Gesichtspunkt die Autoren der B30 doch nicht davon abgehalten hat, das Detekti onsverfahren mit 'Turtle Probes', nachdem es zunächst erfolgreich in vitro durchgeführt wurde, dann auch in situ durchzuführen. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb dies ausgehend von dem in D6 mit Selektorsonden in vitro durchgeführten Detektionsverfahren anders gewesen wäre.

Der von den Antragstellern insoweit angeführte Unterschied, dass nach D6 die Nukleinsäuren (Analyten) vor dem Einsatz der Selektorsonden einem Restriktionsverdau unterzogen worden seien, während dies bei Anwendung der 'Turtle Probes' nach B30 nicht erforderlich gewesen sei, erklärt sich damit, dass in B30 die Detektion auf RNA-Moleküle abzielt, während die Detektion in D6 auf genomisches DNAMaterial ausgerichtet ist, das durch Restriktionsverdau für die Hybridisierung mit den Selektorsonden erst vorbereitet werden muss (vgl. etwa Figur 3 A und die Erläuterung unter Figur 3). Ein Grund, der den Fachmann -anders als bei B30 -bei D6 davon abgehalten hätte, die Anwendung des dort in vitro offenbarten Multiplexverfahrens zur Detektion von Nukleinsäuren auch auf ein In-situ-Umfeld mit Zelloder Gewebeproben zu übertragen, ergibt sich daraus nicht.

Auch dem Einwand der Antragsteller, es habe aus fachlicher Sicht keine hinreichende Erfolgserwartung bestanden, weil diese sich mit P roblemen wie dem 'molecular crowding' (Abgrenz -barkeit/Unterscheidbarkeit mehrerer in enger räumlicher Nähe vorkommender Analyten) oder 'Autofluoreszenzen' (unvorhersehbare Wechselwirkungen) in der Zell - oder Gewebeprobe konfrontiert gesehen hätte, kann nicht beigetreten werden. Nach Beurteilung des technisch fachkundig besetzten Gerichts handelt es sich insoweit um Probleme, die sich regelmäßig in Zusammenhang mit der In-situDetektion von Analyten in Gewebe- oder Zellproben stellen, mit denen die Fachperson aber aufgrund ihres Fachwissens zum Prioritätszeitpunkt umgehen konnte und die sie deshalb nicht wegen unzureichender Erfolgsaussichten davon abgehalten hätten, Versuche im genannten Sinne durchzuführen (ebenso das schwedische Amt für geistiges Eigentum, PRV Consulting Report, B10, S. 5). Diese Einschätzung wird dadurch gestützt, dass auch im Verfügungspatent keine Ausführungen dazu gemacht werden, wie mit den genannten Problemen bei In-situ-Detektion umzugehen ist, wie etwa beim Einsatz von Immuno-histochemieverfahren oder RNA-Fluoreszenz-In-situ-Hybridisierung (FISH) (Verfügungspatent, vgl. Abs. 48 ff., Abs. 212 ff. 'Sample', Abs. 224 ff. 'Applica tions of the detection reagents'; Abs. 234 'Immunohistochemistry'; Abs. 235 'In -situ-hybridizati on', 'Fluore scence in-situ hybridizati on').

Schließlich hat auch die zeitliche Komponente der Fachperson keinen Grund gegeben, von Versuchen abzusehen, das in D6 offenbarte Verfahren auf die Detektion von Analyten in Zell- und Gewebeproben zu übertragen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich die Fachperson aufgrund ihres Fachwissens in der Lage sah, die Zeitdauer unter Berücksichtigung weiterer Faktoren, wie den Bindungsaffinitäten, den Inkubationsbedingungen und der Konzentration der Selektorsonden derart einzustellen, dass die Nachweisreagenzien hinreichend fest an die Analyten binden. Diese Einschätzung wird dadurch bestätigt, dass auch dem Verfügungspatent, das in Patentanspruch 1 ein Inkubieren für eine Zeitdauer vorsieht, die ausreichend ist, um ein Binden der Vielzahl der Nachweisreagenzien an die Analyten zu ermöglichen, keine näheren Angaben zur konkreten Einstellung entnommen werden können. Vielmehr werden in der Beschreibung des Verfügungspatents für das Kontaktieren der Proben mit den Nachweisreagenzien lediglich Zeiten zwischen 30 Sekunden und 48 Stunden oder länger und Faktoren genannt, die für die Länge der Kontaktzeiten von Bedeutung sein können, wie Bindungsaffinitäten, Konzentrationen der Sondenreagenzien oder Analyten, Konzentrationen der Nachweisreagenzien und/oder die Inkubationsbedingungen (Verfügungspatent, Abs. 45). Das lässt darauf schließen, dass auch das Verfügungspatent davon ausgeht, dass die Fachperson aufgrund ihrer allgemeinen Qualifikation befähigt ist, die zeitliche Komponente richtig zu bemessen.

    1. 10x begründet den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens im Kern damit , dass die Worte 'Nach Beurteilung des technisch fachkundig besetzten Gerichts' in der Begründung des Berufungsgerichts dahingehend zu verstehen seien, dass das Berufungsgericht die persönliche Meinung eines (oder mehrerer) seiner Richter als Beweis für den Vortrag von Nanostring gegen die oben dargelegten Argumente von 10x (Abs. 17) herangezogen habe, für die Nanostring keine (ausreichenden) unterstützenden Beweise vorgelegt habe.
    1. Dem kann nicht gefolgt werden.
    1. Erstens beruht die Auffassung auf einem offensichtlich falschen Verständnis des zitierten Satzes. Mit dieser Wortwahl brachte das Berufungsgericht zum Ausdruck, dass es besonders ausgerüstet und qualifiziert sei, die in einer technisch komplexen Angelegenheit vorgebrachten Argumente und Beweise zu würdigen.
    1. Zweitens geht aus der Anordnung klar hervor, dass das Berufungsgericht für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht nur auf das Vorbringen von 10x und Nanostring abgestellt hat, sondern auch auf die Beschreibung des Streitpatents selbst sowie auf die von Nanostring vorgebrachten Beweise, nämlich eine Veröffentlichung aus dem Stand der Technik (B30) und das Partei-Gutachten B10.
    1. In der Anordnung wird ausgeführt, dass B30 zeige, dass eine Methode, die erfolgreich in vitro durchgeführt wurde, anschließend erfolgreich in eine in-situ-Umgebung übertragen worden sei. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass -selbst wenn angenommen werde, dass die Fachperson erkenne, dass ein Erfolg nicht garantiert sei -die von 10x vorgebrachten Schwierigkeiten nicht so gravierend gewesen seien, dass sie die Autoren von B30 daran gehindert hätten, diesen Schritt zu unternehmen. Das Berufungsgericht war von dem Vorbringen von 10x nicht überzeugt, dass die Unterschiede zwischen B30 und D6 zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Auf dieser Grundlage kam das Berufungsgericht zu dem Schluss, dass für eine Fachperson, die von D6 ausgeht, welche die erfolgreiche Anwendung einer in vitro Multiplex-Methode zur Erkennung von ASMs offenbart, der nächste Schritt darin bestanden habe, die Übertragung dieser Methode in eine in-situ-Umgebung in Betracht zu ziehen.
    1. Das Berufungsgericht ist der Auffassung von 10x nicht gefolgt, dass es aus technischer Sicht keine begründete Erfolgserwartung gegeben habe, weil die Fachperson mit Problemen konfrontiert gewesen sei. Nach Ansicht des Gerichts sei eine Fachperson in der Lage gewesen, diese regelmäßig auftretenden Probleme im Zusammenhang mit der in-situ-Detektion von Analyten in Gewebe- oder Zellproben auf Grundlage ihres Fachwissens zum Prioritätszeitpunkt zu bewältigen, und wie von Nanostring geltend gemacht, hätten diese Probleme sie daher nicht aufgrund unzureichender Erfolgserwartung daran gehindert, Tests durchzuführen. Das Berufungsgericht sah eine Bestätigung hierfür in dem von Nanostring vorgelegten Parteigutachten (B10), wonach die Fachperson, die von D6 ausgehe, aus der in D6 genannten Veröffentlichung ('detection of protein and protein complexes in situ using proximity ligation' (33)) w isse, dass Rolling-Circle-ASMs zuvor zur Detektion biologischer Zielstrukturen 'in-situ' angewendet worden seien , und dass 'd ie Fachperson weiß, wie sie die Methodik in [D6] für Zell- oder Gewebeproben anpassen kann, wobei die Reagenzien ihre in-situ-Analyten frei erreichen können, z.B. indem er den Anweisungen in Referenz 33 in [D6] folgt'. Die Fachperson würde daher die Methode in

[D6] in einer Zelle oder einem Gewebe anwenden und damit zur Erfindung gemäß Anspruch 1 gelangen.

    1. Obwohl der Bericht die von 10x vorgebrachten Schwierigkeiten, wie von 10x zu Recht geltend gemacht, nicht ausdrücklich nennt, ist deutlich, dass das Berufungsgericht aus dem von Nanostring vorgelegten Parteigutachten insbesondere den Ausführungen, dass 'd ie Fachperson weiß, wie sie die Methodik in [D6] für Zelloder Gewebeproben anpassen kann', geschlossen hat, dass die Sachverständige der Meinung war, dass die Fachperson in der Lage wäre, mit etwaigen Schwierigkeiten, die sich aus der Anpassung an eine in-situ-Umgebung ergeben, umzugehen, und dass diese Schwierigkeiten nicht von solcher Art waren, dass sie die Fachperson davon abhalten würden, den Prozess in Angriff zu nehmen.
    1. Das Berufungsgericht fand weitere Unterstützung für seine Beurteilung in der Beschreibung des Verfügungspatents, die keine Informationen darüber enthielt, wie mit den von 10x angesprochenen Problemen bei der in-situ-Detektion umgegangen werden sollte.
    1. Aus dem Vorstehenden geht eindeutig hervor, dass das Berufungsgericht seine Gründe nicht auf die persönliche Meinung eines oder mehrerer seiner Richter stützte, sondern auf Beweise, einschließlich der Patentbeschreibung, die das Vorbringen von Nanostring belegen. Die Würdigung der von den Parteien vorgebrachten Argumente und Beweise erfolgt durch das mit der Sache befasste Berufungsgericht und wird im Rahmen der Überprüfung auf einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nicht überprüft. 10x hat zu Recht nicht geltend gemacht, dass die Berücksichtigung der gewürdigten Beweise und die Art und Weise ihrer Bewertung einen grundlegenden Verfahrensfehler darstellen.
    1. Ohne Erfolg macht 10x geltend, dass die Kostengrundentscheidung keine rechtliche Grundlage habe und daher ein grundlegender Verfahrensfehler vorliege. Wie Nanostring zu Recht ausführt, schließt R.118.5 VerfO (in Teil 1 der VerfO über Verfahren vor dem Gericht erster Instanz), wonach das Gericht dem Grunde nach über die Verpflichtung zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits entscheidet, nicht aus, dass das Berufungsgericht in einem summarischen Verfahren über die Kostenverteilung entscheidet. Wie sich aus Art. 32(1)(c) EPGÜ ergibt, sind Klagen auf Erlass einstweiliger Maßnahmen und Sicherungsmaßnahmen gemäß Art. 62 EPGÜ eigenständige Klagen und mit der Entscheidung im Berufungsverfahren sind diese Verfahren abgeschlossen. Es gibt somit eine Rechtsgrundlage für die Kostengrundentscheidung in R.242.1 VerfO.
    1. Eine Kostengrundentscheidung wurde von Nanostring beantragt und 10x hatte Gelegenheit, gegebenenfalls in der Berufungserwiderung und in der mündlichen Verhandlung Stellung zu nehmen. Die Tatsache, dass 10x davon abgesehen hat, verpflichtete das Berufungsgericht nicht, die Frage mit den Parteien zu erörtern. Außerdem folgt aus dem Umstand, dass dies mangels einer Erwiderung von 10x nicht erörtert wurde, nicht, dass 10x kein faires Verfahren zuteil wurde.
    1. Daraus folgt, dass die Kostengrundentscheidung in der angefochtenen Anordnung gleichfalls nicht auf einem grundlegenden Verfahrensfehler beruht.
    1. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens als unzulässig zurückzuweisen ist.

ANORDNUNG

Das Berufungsgericht weist den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens als unzulässig zurück.

Erlassen am 6 August 2024

Rian Kalden, Vorsitzende Richterin und Berichterstatterin

Ingeborg Simonsson, rechtlich qualifizierte Richterin

Patricia Rombach, rechtlich qualifizierte Richterin

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