
Lokalkammer München UPC_CFI_114/2024 UPC_CFI_448/2024
Verfahrensanordnung
des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts Lokalkammer München erlassen am 25. September 2024
KLÄGERINNEN
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- Heraeus Electronics GmbH & Co. KG
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- Heraeus Precious Metals GmbH & Co. KG (Nichtigkeitswiderbeklagte)
vertreten durch:
Paul Szynka (CBH)
BEKLAGTE UND NICHTIGKEITSWIDERKLÄGERIN
Vibrantz GmbH
vertreten durch:
Christian Paul (Jones Day)
STREITPATENT
Europäisches Patent Nr. 3 215 288
SPRUCHKÖRPER/KAMMER
Spruchkörper 1 der Lokalkammer München
MITWIRKENDE RICHTER/INNEN
Diese Anordnung wurde durch den Vorsitzenden Richter Dr. Matthias Zigann als Berichterstatter erlassen.
VERFAHRENSSPRACHE
Deutsch
GEGENSTAND
Verletzungsklage -R 361, 363 VerfO
UPC_CFI_114/2024 UPC_CFI_448/2024
SACHVERHALT
Die Beklagte hat die Widerklage auf Nichtigerklärung des Klagepatents (CC_43919/2024 UPC_CFI_448/2024 ) gegen die Heraeus Precious Metals GmbH & Co. KG gerichtet mit der Begründung, dass diese zum Zeitpunkt der Erhebung der Nichtigkeitswiderklage im Register als Patentinhaberin eingetragen gewesen sei und daher gemäß Regel 25.1, 42.2 und 8.6 VerfO aus formalen Gründen als richtige Beklagte der Nichtigkeitswiderklage anzusehen gewesen sei.
Dieses Unternehmen wird im Rubrum zur Vereinfachung als Klägerin zu 2) geführt. Die Klage wurde allein von der Klägerin zu 1) erhoben.
ANTRÄGE DER PARTEIEN
Die Klägerin zu 2) beantragt innerhalb eines Einspruchs-Workflows:
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- Wir beantragen gem. R. 9.1 VerfO, dass das Gericht den Parteien gem. R. 361 VerfO rechtliches Gehör zur Passivlegitimation gewährt und regen an, hiernach die Widerklage gem. R. 361, 363 VerfO als offensichtlich aussichtslos zurückzuweisen.
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- Höchstvorsorglich erheben wir Einspruch gem. R. 48, 19.1 (b) VerfO unter Rüge der Zuständigkeit der Lokalkammer München und beantragen, die Widerklage als unzulässig zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt:
Die Anträge der Widerbeklagten gem. Regel 9.1, 361, 363, 48, 19.1 vom 27. August 2024 werden zurückgewiesen.
VORTRAG DER PARTEIEN
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Widerklage gegen die materielle Patentinhaberin, die Klägerin zu 1) hätte gerichtet werden müssen. Damit sei die Nichtigkeitswiderklage entweder offensichtlich aussichtslos nämlich unzulässig, oder aber ohne rechtliche Grundlage (R 361, 363 VerfO). Die Verweisung auf Regel 42 VerfO in Regel 25.1 VerfO sei nicht dahingehend zu verstehen, dass die Nichtigkeitswiderklage gegen den materiell nicht berechtigten aber eingetragenen Patentinhaber gerichtet werden könne. Dass allein die Klägerin zu 1) materiell berechtigte Patentinhaberin sei, sei zwischen den Parteien unstreitig.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Verweisung auf Regel 42 VerfO in Regel 25.1. VerfO es sehr wohl erlaube wenn nicht gar gebiete, die Nichtigkeitswiderklage gegen den eingetragenen Patentinhaber zu erheben. Die Klägerin zu 2) sei unstreitig nach wie vor eingetragen.
GRÜNDE
Die Anträge der Klägerin zu 2) sind zurückzuweisen.
Nach Regel 25.1 VerfO ist die Nichtigkeitswiderklage gegen den Inhaber des Patents in Übereinstimmung mit Regel 42 VerfO zu richten. Nach Regel 42 VerfO ist die Klage auf Nichtigerklärung eines Patents gegen den Inhaber des Patents zu richten. Wenn die Nichtigkeitsklage gegen den Inhaber gemäß Regel 8.6 ('der eingetragene Inhaber') gerichtet ist, der eingetragene Inhaber aber nicht der Inhaber im Sinne von Regel 8.5(a) oder (b) ('Regel 8.5Inhaber') ist, hat jeder dieser Inhaber so bald wie möglich nach der Zustellung der Klage auf Nichtigerklärung beim Gericht gemäß Regel 305.1(c) den Austausch des eingetragenen Inhabers durch den Regel 8.5-Inhaber zu beantragen.
Mithin kann die Nichtigkeitswiderklage sowohl gegen den Regel 8.6-Inhaber, also den eingetragenen Inhaber, gerichtet werden, als auch gegen den Regel 8.5(a) oder (b)-Inhaber, den materiellen Inhaber. Im Fall des Auseinanderfallens hat der eingetragene Inhaber, der nicht auch materieller Inhaber ist, so bald als möglich einen Antrag nach Regel 305.1(c) VerfO zu stellen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht auf Antrag einer Partei anordnen, dass eine Person eine andere Partei ersetzt.
Sinn und Zweck dieser Regelung ist, den Verletzungsbeklagten für die Zwecke der Erhebung einer Nichtigkeitswiderklage von der Prüfung der materiellen Berechtigung am Klagepatent zu entbinden. Soweit er die Nichtigkeitswiderklage gegen den eingetragenen Inhaber richtet, ist die
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Nichtigkeitswiderklage stets gegen den richtigen Widerbeklagten erhoben. Wahlweise kann er die Nichtigkeitswiderklage aber auch gegen den materiell Berechtigten richten.
Die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach Regeln 361, 363 VerfO liegen daher nicht vor.
Eine Kostenentscheidung ist derzeit nicht veranlasst, weil die Klägerin zu 2) derzeit als richtige Nichtigkeitswiderbeklagte im Verfahren verbleibt. Denn ein Antrag nach Regel 305.1 (C) VerfO liegt derzeit nicht vor.
ANORDNUNG
Die Anträge der Klägerin zu 2) werden zurückgewiesen.
INFORMATIONEN ÜBER EINE ÜBERPRÜFUNG DURCH DEN SPRUCHKÖRPER
Jede Partei kann beantragen, dass diese Anordnung im Einklang mit R. 333 VerfO an den Spruchkörper verwiesen wird. Bis zur Prüfung bleibt die Anordnung wirksam (R. 102.2 VerfO)
ANGABEN ZUR ANORDNUNG
Anordnung Nr. ORD_53396/2024 im VERFAHREN NUMMER: ACT_13227/2024
UPC Nummer: UPC_CFI_448/2024
Art des Vorgangs:
Verletzungsklage / Nichtigkeitswiderklage
Nr. des dazugehörigen Verfahrens Antragsnr.:
48805/2024
Art des Antrags:
Einspruch
Dr. Zigann Vorsitzender Richter und Berichterstatter