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11 October, 2024
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ORD_3585/2024 Munich (DE) Local Di…
Regel 150 ff. EPGVerfO
...

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ORD_3585/2024
UPC_CFI_292-2023
11 October, 2024
Order

Summary
(AI generated)

Parties

SES-imagotag SA
v. Hanshow Technology Co. Ltd,
Hanshow Germany GmbH,
Hanshow France SAS,
Hanshow Netherlands B.V.

Registry Information
Registry Number:

App_3393/2024

Court Division:

Munich (DE) Local Division

Type of Action:

Procedural Order

Language of Proceedings:

DE

Cited Legal Standards
Art. 48 Abs. 3 EPGÜ
Art. 48 EPGÜ
Art. 62 EPGÜ
Art. 69 Abs. 1 EPGÜ
Art. 69 EPGÜ
Regel 109 EPGVerfO
Regel 150 ff. EPGVerfO
Regel 151 (d) EPGVerfO
Regel 156.1 EPGVerfO
Regel 156.2 EPGVerfO
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ORD_3585/2024

Lokalkammer München UPC_CFI_292/2023

Entscheidung

des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts betreffend die Kostenfestsetzung für die erste Instanz erlassen am 11. Oktober 2024

Leitsätze:

    1. Die Kostenfestsetzung nach Regel 150 ff. EPGVerfO kann auch ohne stundenoder gar minutengenau spezifizierte Aufschlüsselung der für die Anwaltstätigkeit in Ansatz gebrachten Kosten und ohne die Vorlage entsprechender schriftlicher Nachweise im Wege einer Plausibilitätskontrolle erfolgen.
    1. Eine Überprüfung jedes einzelnen Kostenpunktes ist jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn der Geamtkostenansatz einer Plausibilitätskontrolle standhält.
    1. Richtet sich ein Antrag auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen (Art. 62 EPGÜ) gegen vier (konzernverbundene) Unternehmen, ist es im Hinblick auf die Kostenerstattung (Art. 69 EPGÜ) angemessen, dass sich diese vier Unternehmen gemeinsam von einem Anwaltsteam bestehend aus drei Rechtsund zwei Patentanwälten vertreten lassen.
    1. Für die Vertretung der Antragsgegnerinnen im vorliegenden Verfahren ist ein Zeitaufwand von bis zu 150 Stunden je Rechtsanwalt und 40 Stunden je Patentanwalt angemessen.

UPC_CFI_292/2023

ANTRAGSTELLERIN (ANTRAGSGEGNERIN IM KOSTENFESTSETZUNGSVERFAHREN)

SES-imagotag SA , 55 Place Nelson Mandela, 92000 Nanterre, Frankreich vertreten durch: Alexandre Hoffmann

ANTRAGSGEGNERINNEN (ANTRAGSTELLERINNEN IM KOSTENFESTSETZUNGSVERFAHREN)

    1. Hanshow Technology Co. Ltd , Floor 4, Building 1 and Floor 7, Building 5, Jiaxing Guangfu Innovation Park, No. 1288 Kanghe Road, 314031, Jiaxing City, Xiuzhou District, Zhejiang Province, China
    1. Hanshow Germany GmbH , Ria-Thiele-Straße 2a, 40549 Düsseldorf, Deutschland
    1. Hanshow France SAS , 88 Rue du Dôme, 92100, Boulogne-Billancourt, Frankreich
    1. Hanshow Netherlands B.V. , Transformatorweg 86, 1014 AK, Amsterdam, Niederlande

vertreten durch: Roland Küppers

Sachverhalt

Der Antrag auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen wurde in erster Instanz abgewiesen. Die Lokalkammer hat daher mit Entscheidung vom 20. Dezember 2023 bestimmt, dass die Antragstellerin die Kosten des Rechtsstreits und die sonstigen Kosten der Antragsgegnerinnen, einschließlich der Kosten, die durch die Einreichung der Schutzschrift vom 10. August 2023 entstanden sind, bis zu einer Obergrenze von € 200.000,00 zu tragen hat.

In der mündlichen Verhandlung am 28. November 2023 wurde die Antragstellerin wie bereits im schriftlichen Verfahren von einem Rechts- und Patentanwalt, einem Rechtsanwalt und einem Patentanwalt vertreten. Die Antragsgegnerinnen wurden in der mündlichen Verhandlung von zwei Rechts- und drei Patentanwälten vertreten.

Die Antragsgegnerinnen machen folgende Kosten geltend:

Schutzschrift:

Rechtsanwalt Küppers:

4,2 Arbeitsstunden à 480,00 €

Rechtsanwalt Dr. Reismann:

3,5 Arbeitsstunden à 340,00 €

3.206,00 € zuzüglich Auslagen

Patentanwalt Gagidis:

2 Arbeitsstunden à 400,00 €

Pauschale 6.500,00 €

7.300,00 €

Übersetzungskosten:

1.635,00 €

Verfügungsverfahren:

Rechtsanwalt Küppers:

160,5 Arbeitsstunden à 480,00 €

Rechtsanwalt Dr. Rubusch

241,2 Arbeitsstunden à 440,00 €

Rechtsanwalt Dr. Reismann:

118,9 Arbeitsstunden à 340,00 €

223.594,00 € zuzüglich Auslagen

UPC_CFI_292/2023

Patentanwalt Gagidis:

84,65 Arbeitsstunden à 400,00 €

Patentanwalt Dr. Schuld:

36,75 Arbeitsstunden à 400,00 €

Patentanwalt Fang:

24 Arbeitsstunden à 350,00 €

Rechtsanwältin Zhang:

7,5 Arbeitsstunden à 400,00 €

59.960,00 €

Übersetzungskosten:

4.450,00 €

(Simultandolmetschung in der mündlichen Verhandlung)

Die Antragsgegnerinnen haben b e a n t r a g t,

die Kosten der ersten Instanz (Aktenzeichen UPC_CFI_292/2023, ACT 567009/2023, App_560285/2023) in Höhe von EUR 200.000,00 gegen die Antragsgegnerin festzusetzen.

Die Antragstellerin hat die Entscheidung über die Kostenerstattung ins Ermessen des Gerichts gestellt.

Die Antragstellerin macht geltend, die beantragte Kostenerstattung sei weder zumutbar noch angemessen. Sie wendet insbesondere ein,

  • -die Kosten für Rechts- und Patentanwälte sowie für Übersetzungsleistungen seien im Einzelnen nicht näher belegt/substantiiert (welche Kosten für welche Tätigkeit) und daher nicht nachvollziehbar,
  • -die Zahl der Vertreter sei angesichts der geringen juristischen und technischen Komplexität des Falles zu hoch; regelmäßig sei die Vertretung durch einen Rechts- und einen Patentanwalt ausreichend,
  • -zwischen Rechts- und Patentanwaltskosten bestehe ein auffälliges, nicht nachvollziehbares Missverhältnis,
  • -die Kosten für die Simultanverdolmetschung seien nicht erstattungsfähig, weil kein Antrag nach Regel 109 EPGVerfO gestellt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Lokalkammer hat am 20. Dezember 2023 entschieden, dass die Antragstellerin die Kosten des Rechtsstreits und die sonstigen Kosten der Antragsgegnerinnen, einschließlich der Kosten, die durch die Einreichung der Schutzschrift vom 10. August 2023 entstanden sind, bis zu einer Obergrenze von € 200.000,00 zu tragen hat.

Aus Gründen der Prozessökonomie hat der Berichterstatter das Berufungsverfahren betreffend die Anordnung der Lokalkammer vom 20. Dezember 2023 abgewartet und deshalb davon abgesehen, zeitnah über den bereits am 22. Januar 2024 gestellten Antrag auf Kostenfestsetzung für die erste Instanz zu entscheiden.

Das Berufungsgericht hat am 29. Juli 2024 über die Anordnung der Lokalkammer vom 20. Dezember 2023 entschieden. Die Berufung der Antragstellerin ist ohne Erfolg geblieben. Damit kann nunmehr über die Kostenerstattung betreffend die erste Instanz entschieden werden.

Gemäß Regel 156.2 EPGVerfO war dem Antrag der Antragsgegnerinnen, die Kosten der ersten Instanz in Höhe von EUR 200.000,00 gegen die Antragsgegnerin festzusetzen, stattzugeben.

    1. Nach Art. 69 Abs. 1 EPGÜ sind der obsiegenden Partei grundsätzlich ihre Kosten, soweit sie zumutbar und angemessen sind, bis zur nach der Verfahrensordnung festgelegten Obergrenze zu erstatten. Die Obergrenze beträgt vorliegend angesichts des auf 2.000.000,00 € festgesetzten Streitwerts 200.000,00 €. Der Antrag der Antragsgegnerinnen überschreitet diese Grenze nicht.

2. Darlegung der Kosten

Die obsiegende Partei (Antragsteller im Kostenfestsetzungsverfahren) ist berechtigt, die angemessenen und verhältnismäßigen Kosten der Vertretung zurückzufordern (Regel 152.1 EPGVerfO). Nach Regel 151 (d) EPGVerfO sind deshalb im Kostenfestsetzungsverfahren die Kosten, insbesondere die Kosten der Vertretung, anzugeben, deren Erstattung beantragt wird.

Dem entspricht der hier vorliegende Antrag, mit dem die Erstattung von Kosten für die erste Instanz in Höhe von 200.000,00 € geltend gemacht wird.

a. Keine Notwendigkeit einer spezifizierten Kostenaufschlüsselung

Einer spezifizierten Aufschlüsselung der geltend gemachten Kosten dahin, welche Kosten zu welchem Zeitpunkt für welche konkrete Tätigkeit angefallen sind, bedarf es nach der Verfahrensordnung grundsätzlich nicht. Gleichwohl steht es im Ermessen des Berichterstatters, eine solche Aufschlüsselung einzufordern; dies ergibt sich aus Regel 156.1 EPGVerfO, wonach der Berichterstatter den Antragsteller auffordern kann, schriftliche Nachweise für alle gemäß Regel 151 (d) EPGVerfO geltend gemachten Kosten vorzulegen. Im Falle der Kosten für die Vertretung erfolgt der schriftliche Nachweis regelmäßig durch Vorlage der Kostennote; diese wiederum enthält üblicherweise (wie auch im hier zu beurteilenden Fall) eine entsprechende Aufschlüsselung der in Rechnung gestellten Tätigkeiten.

Die Antragstellerinnen im hiesigen Kostenfestsetzungsverfahren haben die geltend gemachten Kosten nicht nur durch Nennung eines Gesamtbetrages angegeben, sondern die Kosten nach dem Gegenstand der Tätigkeit (Fertigung der Schutzschrift; Verfügungsverfahren) und dem jeweiligen zeitlichen Aufwand der einzelnen Berufsträger aufgeschlüsselt. Eine solche Aufschlüsselung ist im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens ratsam, damit der Kostenansatz sowohl vom Gericht als auch von der Gegenseite nachvollzogen und auf seine Plausibilität hin überprüft werden kann. Eine Aufschlüsselung dieser Art ist für die vorzunehmende Plausibilitätskontrolle aber grundsätzlich auch ausreichend; darüberhinausgehender stunden- oder gar minutengenauer Angaben mit Tätigkeitsbeschreibung bedarf es nach der Verfahrensordnung grundsätzlich nicht. Eine individuelle Überprüfung jedes einzelnen Kostenpunktes auf seine Angemessenheit ist jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn der Geamtkostenansatz einer Plausibilitätskontrolle standhält.

UPC_CFI_292/2023

Ausgehend hiervon ist die mit Schriftsatz vom 5. März 2024 erfolgte Darlegung der zu erstattenden Kosten im Hinblick auf ihre Substantiierung und ihren Detailierungsgrad nicht zu beanstanden.

b. Keine Notwendigkeit des Kostennachweises

Nach Regel 156.1 EPGVerfO kann der Berichterstatter den Antragsteller auffordern, schriftliche Nachweise für alle gemäß Regel geltend gemachten Kosten vorzulegen. Die Aufforderung zur Vorlage schriftlicher Nachweise liegt folglich im Ermessen des Berichterstatters ('kann'). Eine Entscheidung im Kostenfestsetzungsverfahren ist demnach grundsätzlich auch ohne die Vorlage schriftlicher Nachweise möglich.

Der Berichterstatter wird zur Vorlage schriftlicher Nachweise insbesondere dann auffordern, wenn die Angabe der Kosten nicht plausibel und nachvollziehbar erscheint. Eine generelle Verpflichtung, die Kosten für Rechts- und Patentanwälte sowie für Übersetzungsleistungen im Einzelnen aufzuschlüsseln und zu belegen, besteht aber nicht.

Der Berichterstatter hat die Antragsgegnerinnen nicht zur Vorlage schriftlicher Nachweise aufgefordert. Angesichts dessen ist nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerinnen Kostennoten vorgelegt haben, bei denen die Beschreibung der angerechneten Tätigkeiten geschwärzt wurde.

    1. Die Frage, in welcher Höhe die Erstattung von Kosten der Gegenseite zumutbar und angemessen ist, ist weder im EPGÜ noch in der Verfahrensordnung näher spezifiziert. Maßgeblich ist zumindest im Ausgangspunkt, welcher personelle und zeitliche Aufwand zur erfolgsversprechenden Vertretung der Partei(en) erforderlich ist.

a. Personeller Aufwand

Auszugehen ist zunächst nach Art. 48 Abs. 3 EPGÜ davon, dass sich eine Partei sowohl von Rechts- als auch zusätzlich von Patentanwälten vertreten lassen kann. Weder das EPGÜ noch die Verfahrensordnung sehen mit Blick auf die Zahl der anwaltlichen Vertreter eine zahlenmäßige Beschränkung vor; da nach Art. 69

Abs. 1 EPGÜ Kosten nur erstattet werden, soweit sie zumutbar und angemessen sind und eine nach der Verfahrensordnung festgelegte Obergrenze nicht überschreiten, ist eine solche Beschränkung auch nicht notwendig.

Der Berichterstatter orientiert sich im Hinblick auf den angemessenen personellen Aufwand für die Vertretung der vier Antragsgegnerinnen im vorliegenden Verfahren einerseits an der Vertretung der Antragstellerin und andererseits - zumindest als Referenzpunkt - an der Zahl der Richter, die nach der Verfahrensordnung des EPG für erforderlich gehalten wird, um den Streitstoff rechtlich und technisch angemessen zu bewältigen.

Die Antragstellerin selbst hat sich im hiesigen Verfahren von zwei Rechts- und einem Patentanwalt vertreten lassen, wobei der federführend tätige Vertreter der Antragstellerin nicht nur Rechtsanwalt, sondern gleichzeitig Patentanwalt ist. Angesichts des von der Antragstellerin selbst betriebenen personellen Aufwandes überzeugt die Ansicht, die Zahl der Vertreter der Antragsgegnerinnen sei aufgrund der geringen juristischen und technischen Komplexität des Falles zu hoch, nicht; dabei darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass insgesamt vier Antragsgegnerinnen zu vertreten waren.

Das Gericht war entsprechend den Regeln des EPGÜ in erster Instanz mit drei rechtlich qualifizierten und einem technisch qualifizierten Richter besetzt. Nach dem EPGÜ ist es demzufolge zur sachgemäßen Behandlung eines Verfahrens in Patentsachen unabhängig von seiner individuellen Komplexität notwendig, dass drei rechtlich qualifizierte Richter und in der Regel zusätzlich ein technisch qualifizierter Richter zusammenwirken. Dem entspricht spiegelbildlich der personell erforderliche Aufwand zur angemessen Sachbehandlung einer Patentstreitigkeit auf Anwaltsseite; auch hier sind deshalb regelmäßig auf beiden Seiten aus rechtlich und technisch qualifizierten Berufsträgern (Rechts- und Patentanwälte) bestehende Anwaltsteams tätig.

Ausgehend von der für das EPG vorgesehenen Gerichtsbesetzung und der üblichen Anwaltspraxis ist es nicht zu beanstanden, dass zur Vertretung der vier Antragsgegnerinnen ein Team aus mehreren Rechts- und Patentanwälten tätig war. Gemessen an den geleisteten Stunden bestand dieses Team im Kern aus drei

Rechts- und zwei Patentanwälten. Die Größe des Anwaltsteams auf Antragsgegnerseite (5) überschreitet die Größe des Teams auf der Antragstellerseite (3 bzw. 4 bei Ansatz der Doppelfunktion des federführenden Rechtsanwaltes) und die Zahl der nach dem EPGÜ für erforderlich gehaltenen Richter (4) nur unerheblich; unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich der Antrag auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen gegen insgesamt vier Unternehmen richtete, für die auch eine separate anwaltliche Vertretung zulässig gewesen wäre, ist die gemeinsame Vertretung aller Antragsgegnerinnen durch ein Kernteam von drei Rechts- und zwei Patentanwälten nicht zu beanstanden.

Es ist ferner nicht zu beanstanden, dass in dem für die Antragsgegnerinnen tätigen Kernteam ein weiterer Patentanwalt (Fang; 24 Stunden) und eine weitere Rechtsanwältin (Zhang; 7,5 Stunden) einen (zeitlich) untergeordneten Beitrag geleistet haben.

b. Zeitlicher Aufwand

Für die Frage des zeitlichen Aufwands orientiert sich der Berichterstatter im Ausgangspunkt an dem aus Sicht des Präsidiums des EPG (Richtlinie vom 20. Dezember 2022) für die Mitwirkung eines technisch qualifizierten Richters anzusetzenden Zeitkontingents (für rechtlich qualifizierte Richter sind entsprechende zeitliche Kontingente nicht bestimmt). Dies erscheint als Orientierungspunkt deshalb gerechtfertigt, weil die Tätigkeit des technisch qualifizierten Richters (Aktenstudium, eingehende Auseinandersetzung mit der geschützten Erfindung und im Falle eines Rechtsbestandsangriffes - dem Stand der Technik, Sitzungsvorbereitung (ggf. Abfassen eines Votums), Teilnahme an der Beratung und der mündlichen Verhandlung, Mitwirkung an der Abfassung des Urteils) spiegelbildlich der Tätigkeit eines Patentanwaltes entspricht: Der Patentanwalt wird bei der Abfassung der maßgeblichen Schriftsätze und der Sitzungsvorbereitung in ähnlicher Weise mitwirken, wie dies der technisch qualifizierte Richter mit Blick auf Sitzungsvorbereitung und Entscheidungsentwurf leistet; auch an der Beratung und der Sitzung nimmt er teil. Das Präsidium hält im Falle einfach gelagerter Fälle für den technisch qualifizierten Richter ein Zeitkontingent von 16 Stunden, bei Verfahren durchschnittlicher Schwierigkeit 26 Stunden für angemessen (wobei auch die Möglichkeit besteht, dieses Kontingent bei Mehrarbeit aufzustocken).

Bei diesen Zeitangaben handelt es sich allenfalls um Ausgangsgrößen; die Praxis (siehe dazu nachfolgend Ziffer 4.) zeigt, dass häufig ein deutlich höherer Zeitbedarf besteht.

Wie die Arbeit im Anwaltsteam verteilt wird, steht diesem schon aufgrund von Art. 48 EPGÜ frei und ist daher einer Bewertung durch das Gericht im Kostenfestsetzungsverfahren entzogen. Insofern ist denkbar, dass - wie im vorliegenden Fall - ein wesentlicher Teil der erforderlichen Tätigkeiten von den beteiligten Rechtsanwälten geleistet wird; ebenso ist aber auch denkbar, dass der wesentliche Teil der Arbeit von dem oder den Patentanwälten geleistet wird. Angesichts dessen kann allein daraus, dass die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten die Patentanwaltskosten deutlich übersteigen, kein auffälliges und nicht nachvollziehbares Missverhältnis abgeleitet werden.

    1. Ausgehend von den unter Ziffer 2. dargelegten Ausgangsgrößen (Kernteam aus drei Rechts- und zwei Patentanwälten und zwei untergeordneten Zusatzkräften; Zeitkontingent für einen Patentanwalt mindestens 16 Stunden) gilt für den hier zu bestimmende Kostenerstattung Folgendes:

a. Patentanwaltliche Tätigkeit

Die Parteien haben im Verfahren vier Schriftsätze (Antrag, Erwiderung, Replik, Duplik) eingereicht. Die Schriftsätze umfassen insgesamt rund 270 Seiten; hinzu kommen zahlreiche, teilweise umfangreiche Anlagen. Allein der zeitliche Aufwand für Beratung und mündliche Verhandlung addiert sich auf Seiten des Gerichts auf zwei Arbeitstage je Richter (16 Stunden); da auch die Anwaltsteams die mündliche Verhandlung mit entsprechendem zeitlichen Aufwand vorbereiten, wird davon ausgegangen, dass auch hier je Teammitglied mindestens 16 Stunden allein durch Sitzungsvorbereitung und mündliche Verhandlung verbraucht sind; das ist das Zeitkontigent, welches im Grundsatz für die Tätigkeit eines technisch qualifizierten Richters des EPG im gesamten Verfahren zur Verfügung steht. Zu diesen 16 Stunden kommt auf Seiten der anwaltlichen Vertreter der Antragsgegnerinnen noch hinzu:

  • -Studium der gegnerischen Schriftsätze
  • -Fertigung eigener Schriftsätze mit entsprechenden Vorarbeiten (z.B. Auseinandersetzung mit der geschützten Erfindung, Recherche zum Stand der Technik etc.)
  • -Korrespondenz und Beratung mit den Antragsgegnerinnen

Der zeitliche Aufwand für den technisch qualifizierten Richter in erster Instanz betrug vorliegend mindestens 40 Stunden (16 Stunden für Beratung und mündliche Verhandlung; mindestens 24 Stunden für das Lesen und Verstehen des schriftsätzlichen Vortrags einschließlich der Anlagen sowie Nachberatung einschließlich Lesen und Redigieren des Urteilsentwurfs). Der Berichterstatter geht daher davon aus, dass auch für die beiden Patentanwälte auf Seiten der Antragstellerin jeweils im Durchschnitt mindestens 40 Stunden angesetzt werden müssen, um die gegnerischen Schriftsätze zu lesen und an der Fertigung der eigenen Schriftsätze mit den beschriebenen Vorarbeiten mitzuwirken. Dabei handelt es sich um eine konservative Schätzung des durchschnittlichen zeitlichen Mindestbedarfs; der tatsächliche Aufwand der auf Seiten der Antragsgegnerinnen tätigen Patentanwälte kann - wie etwa für Patentanwalt Gagidis vorgetragen - auch deutlich höher oder - wie im Falle von Patentanwalt Schuld - etwas geringer gewesen sein. Unschädlich ist, dass die Arbeitslast zwischen den beiden Patentanwälten auf Seiten der Antragsgegnerinnen ungleich verteilt ist; dem Berichterstatter geht es um die Ermittlung plausibler Durchschnittswerte, die in der Summe auch geleistet wurden - die teaminterne Arbeitsverteilung ist insofern nicht relevant.

Der solchermaßen ermittelte durchschnittliche zeitliche Mindestaufwand multipliziert mit einem wie von Antragsgegnerseite angegeben üblichen Stundensatz von 400,00 € ergibt für die Mitwirkung von zwei Patentanwälten am Verfahren einen Betrag in Höhe von insgesamt 32.000,00 € (40 Stunden x 2 Patentanwälte x 400 €). Für die Zuarbeit eines weiteren Patentanwaltes ist ein Kontingent von jedenfalls 10 Stunden à 350,00 € plausibel und angemessen (3.500,00 €). Damit ergeben sich für die patentanwaltliche Tätigkeit im Verfahren plausible und auch angemessene Kosten von insgesamt 35.500,00 € .

b. Rechtsanwaltliche Tätigkeit

Entsprechend der Aufgabenverteilung im Richterteam (Vorsitzender, Berichterstatter, Beisitzer) kann der zeitliche Aufwand der in einem Anwaltsteam federführend tätigen Rechtsanwälte deutlich höher sein als derjenige der Patentanwälte und etwaiger weiterer Rechtsanwälte; dem entsprechen die Angaben zum deutlich erhöhten Zeitaufwand der Rechtsanwälte Küppers und Rubusch. Insbesondere die Fertigung der Schriftsätze (hier auf Seiten der Antragsgegnerinnen fast 170 Seiten + Anlagen) und deren Abstimmung mit dem Team und den Mandanten nimmt - wie die Fertigung der Entscheidung auf Seite des Gerichts - regelmäßig zahlreiche Tage in Anspruch. Anzusetzen ist insofern ausgehend vom beschriebenen Zeitbedarf der Patentanwälte für die federführende rechtsanwaltliche Tätigkeit ein Mehrfaches, nämlich im Durchschnitt jeweils mindestens 150 Stunden , wobei wiederum mindestens 16 Stunden auf die mündlichen Verhandlung und ihre Vorbereitung entfallen, so dass gerade einmal 16,75 Arbeitstage (134 Stunden) für die übrigen Leistungen verbleiben (Schriftsatzstudium (hier: über 100 S. + Anlagen), Schriftsatzvorbereitung und -fertigung (hier: rund 170 S. + Anlagen), Besprechungen/Korrespondenz mit mehreren Mandanten aus verschiedenen Staaten und dem Anwaltsteam). Damit ergeben sich bei einem Stundenhonorar in Höhe von durchschnittlich 460,00 €, welches angemessen und üblich ist, insgesamt Kosten in Höhe von mindestens 138.000,00 € (2 Rechtsanwälte x 150 Stunden x 460,00 €).

Der Zeitaufwand des dritten im Verfahren auf Antragsgegnerseite tätigen Rechtsanwaltes (Rechtsanwalt Reismann) bleibt demgegenüber - vergleichbar dem dritten rechtlich qualifizierten Richter - deutlich hinter dem Aufwand der federführend tätigen Rechtsanwälte zurück und ist entsprechend dem Aufwand der Patentanwälte mit 40 Stunden und einem durchschnittlichen Stundenhonorar von 340,00 € anzusetzen (13.600,00 €).

Die Mitwirkung eines weiteren, offenbar nur am Rande und mit in überschaubarer Zeit zu bewältigenden Aufgaben tätigen Rechtsanwaltes (Rechtsanwalt Zhang) ist nicht zu beanstanden. Selbst wenn man diesen mit nur 7 Stunden zu einem Stundensatz von 400,00 € in Ansatz bringt, ergeben sich insgesamt für alle hier

tätig gewordenen Rechtsanwälte Gesamtkosten in Höhe von 154.400,00 € (138.000,00 € + 13.600,00 € + 2.800,00 €).

Auch hierbei handelt es sich um eine konservative Schätzung des plausiblen zeitlichen Mindestaufwands. Der tatsächliche Aufwand der auf Seiten der Antragsgegnerinnen tätigen Rechtsanwälte kann - wie vorgetragen - auch deutlich höher gewesen sein; dieser Mehraufwand ist mit Blick auf die für die Gesamtkosten bestehende Obergenze von 200.000,00 € im Rahmen der Kostenfestsetzung letztlich nicht relevant.

c. Kontrollüberlegung zum angemessenen Zeitaufwand

Der solchermaßen angesetzte Zeitaufwand für die rechts- und patentanwaltliche Tätigkeit ist auch aufgrund folgender Kontrollüberlegung gerechtfertigt:

Der deutsche Bundesgerichtshof setzt den zeitlichen Begutachtungsaufwand eines gerichtlichen Sachverständigen in einem Patentnichtigkeitsverfahren regelmäßig mit 150 bis 180 Stunden an (BGH BeckRS 2014, 13809 (180 Stunden); BGH GRUR 2007, 175 (149 Stunden); BGH GRUR-Prax 2013, 322 (165 Stunden); BGH BeckRS 2012, 397 (150 Stunden)), wobei die zugrundeliegende Tätigkeit des Sachverständigen (Studium von Schriftsätzen, Auseinandersetzung mit der geschützten Erfindung und dem Stand der Technik, Erstellung des Gutachtens) in weiten Teilen (Studium von Schriftsätzen, Auseinandersetzung mit der geschützten Erfindung und dem Stand der Technik) der Tätigkeit des Rechtsanwaltes entspricht: Während der Sachverständige nach den entsprechenden Vorarbeiten ein Gutachten erstellt, fertigt der Parteivertreter Schriftsätze; ein wesentlicher Unterschied besteht zwar in der Aufgabenstellung, nicht aber mit Blick auf den Zeitbedarf.

5. Übersetzungskosten

Die Übersetzungskosten in Höhe von 4.450,00 € für die Simultanübersetzung im Rahmen der mündlichen Verhandlung der Lokalkammer für die Antragstellerin zu 1) (China) sind zwar durch Rechnung belegt. Mangels eines entsprechenden Antrages nach Regel 109 EPGVerfO sind diese Kosten allerdings von den Antragsgegnerinnen selbst zu tragen (Regel 109.5 EPGVerfO).

6. Kosten der Schutzschrift

Für die Schutzschrift machen die Beklagten Kosten in Höhe von insgesamt 12.141,00 € geltend. Diese setzen sich zusammen aus Rechtsanwaltskosten (ca. 8 Arbeitsstunden, 3.206,00 €), Patentanwaltskosten (pauschal 7.300,00 €) und Übersetzungskosten (1.635,00 €). Diese Kosten sind gemessen an den als angemessen bewerteten Kosten für das Verfahren derart gering, dass sie mit Blick auf die dafür erbrachten Anwalts- und Übersetzungsleistungen nicht beanstandet werden können.

7. Reisekosten

Reisekosten ergeben sich zwar aus den Anlagen zum Schriftsatz der Antragstellerinnen vom 5. März 2024; diese werden allerdings im Schriftsatz selbst nicht näher angesprochen und geltend gemacht, so dass sie auch nicht erstattet werden können. Es ist ohnehin nicht Aufgabe des Gerichts, Anlagen daraufhin durchzusehen, ob sich aus diesen weitere Kostenpositionen ergeben.

8. Gesamtkosten

Es ergeben sich damit auf der Antragsgegnerseite angemessene und zumutbare Gesamtkosten von 202.041,00 € ( 35.500,00 € + 154.400,00 € + 12.141,00 €).

Aus den vorgenannten Gründen ergeht durch den Berichterstatter folgende

Entscheidung

Die Antragstellerin hat den Antragsgegnerinnen für die erste Instanz bis zum 08.11.2024 Kosten in Höhe von insgesamt 200.000,00 € zu erstatten.

INFORMATIONEN ZUR BERUFUNG

Gegen die vorliegende Entscheidung kann nur gemäß Regel 221 Berufung vor dem Berufungsgericht eingelegt werden.

INFORMATIONEN ZUR VOLLSTRECKUNG (ART. 82 EPGÜ, ART. ART. 37(2) EPGS, R. 118.8, 158.2, 354, 355.4 VERFO):

Eine beglaubigte Kopie der vollstreckbaren Entscheidung wird vom Hilfskanzler auf Antrag der vollstreckenden Partei ausgestellt, R. 69 RegR.

DETAILS DER ENTSCHEIDUNG

UPC-Nummer:

UPC_CFI_292/2023

Verfügungsantrag:

ACT_567009/2023

Antrag auf Kostenerstattung:

App_3393/2024

München, den 11. Oktober 2024

Pichlmaier

Berichterstatter

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