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20 October, 2024
Order
ORD_47058/2024 Mannheim (DE) Lokalk… EP2479680
R. 191 VerfO
...

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ORD_47058/2024
20 October, 2024
Order

Summary
(AI generated)

Parties

Sling TV L.L.C.,
DISH Technologies L.L.C.

Registry Information
Registry Number:

App_46520/2024

Court Division:

Mannheim (DE) Lokalkammer

Type of Action:

Generic application

Language of Proceedings:

DE

Patent at issue

EP2479680

Cited Legal Standards
Art. 59, 73 Abs. 2 lit. a EPGÜ
Art. 67 EPGÜ
Art. 73(2)(a), 59 EPGÜ
Art. 82 (4) EPGÜ
R. 190.4 (b), 190.7 EPGVerfO
R. 190, R. 191, R. 220.1 (c), 224.1 (b) VerfO
R. 190 VerfO
R. 191 Alt. 2 VerfO
R. 191 EPGVerfO
R. 191 S. 2 i.V.m. 190.6 S. 2 VerfO
R. 191 VerfO
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ORD_47058/2024

Lokalkammer Mannheim UPC_CFI_471/2023

Anordnung

des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts, erlassen am: 20/10/2024

betreffend EP 2 479 680

betreffend App_46520/2024

(Auskunftsverlangen betreffend Ausgestaltung und Kodierungsschema von Videodateien)

KLÄGERINNEN/ANTRAGSTELLERINNEN

1) DISH Technologies L.L.C.

  • 9601 South Meridian Boulevard - 80112

  • Englewood - US

vertreten durch Denise Benz

2) Sling TV L.L.C.

  • 9601 South Meridian Boulevard - 80112

  • Englewood - US

vertreten durch Denise Benz

BEKLAGTE/ANTRAGSGEGNERINNEN

1) AYLO PREMIUM LTD vertreten durch Tilman Müller-Stoy

  • 195-197 Old Nicosia-Limassol Road, Block 1 Dali Industrial Zo-ne - 2540 - Nikosia - CY

3) AYLO FREESITES LTD

  • 195-197 Old Nicosia-Limassol Road, Block 1 Dali Industrial Zo-ne - 2540 - Nikosia - CY

vertreten durch Conor McLaughlin/ Tilman Müller-Stoy

5) BROCKWELL GROUP LLC

  • 19046 Bruce B. Downs Blvd #1134 - 33647 - Tampa - US

vertreten durch Tilman Müller-Stoy

6) BRIDGEMAZE GROUP LLC

  • 12378 SW 82 AVENUE - 33156 - Miami - US

vertreten durch Tilman Müller-Stoy

WEITERE BETEILIGTE BEKLAGTE:

2)

AYLO Billing Limited

  • The Black Church, St Mary's Place, Dublin 7 - D07 P4AX - Dublin - IE

vertreten durch Tilman Müller-Stoy

4) AYLO BILLING US CORP.

  • 21800 Oxnard Ste 150 - 91367 - 7909 - Woodland Hills - US

vertreten durch Tilman Müller-Stoy

STREITGEGENSTÄNDLICHES PATENT:

Europäisches Patent Nr. EP 2 479 680

SPRUCHKÖRPER:

Lokalkammer Mannheim

MITWIRKENDE RICHTER:

Diese Anordnung wurde durch den Berichterstatter Böttcher erlassen.

VERFAHRENSSPRACHE: Deutsch

GEGENSTAND: Antrag auf Anordnung der Auskunftserteilung gem. R. 191 VerfO

SACHVERHALT:

Die Klägerinnen beantragen gem. R. 191 VerfO die Anordnung der Auskunftserteilung durch die Beklagten zu 1, 3, 5 bzw. 6, wie die über ihre jeweiligen Streamingdienste abrufbaren VideoDateien im Zeitraum vom 28.08.2019 (Tag der Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents) bis heute kodiert sind.

Die Klägerinnen nehmen die Beklagten im zugrundeliegenden Hauptverfahren wegen behaupteter mittelbarer Patentverletzung hinsichtlich des Gebiets des Königreichs Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Finnland, der Französischen Republik, der Italienischen Republik, des Königreichs der Niederlande, der Republik Österreich, der Portugiesischen Republik und des Königreichs Schweden in Anspruch. Die Beklagten haben Nichtigkeitswiderklagen erhoben.

Nach dem Klagevortrag betreiben die Beklagten 1, 3, 5 und die Beklagte zu 6 (diese lediglich zusammen mit der Beklagten zu 1 bzw. zu 5) Streamingdienste, welche für die jeweilige Beklagten in der Klageschrift im Einzelnen (nicht abschließend) als angegriffene Ausführungsformen benannt werden (vgl. Klagebegründung, S. 28 Ziff. 1, S. 12 unter Ziff. 2 und 4), während die Beklagten zu 2 und 4 Zahlungsabwicklungsdienstleistung hierzu erbringen. Die Anträge auf Informationsübermittlung beziehen sich auf die über diese Streamingdienste abrufbaren Videodateien.

In der Klageschrift haben die Klägerinnen die behauptete Patentverletzung beispielhaft anhand des Streamingdienstes www.brazzers.com der Beklagten zu 1 und des Streamingdienstes www.pornhub.com der Beklagten zu 3, jeweils aufgerufen über den Microsoft-Edge-Browser, mit je einem dort in der dynamischen Wiedergabequalitätseinstellung 'auto' (für automatisch) aufgerufenen Video unter Verwendung des Analysetools Charles Web Debugging Proxy (fortan Charles Proxy) und des mithilfe des Microsoft Edge DevTools öffentlich zugänglichen Quellcodes des verwendeten Media Players unter dem Microsoft-Edge-Browser begründet (Klagebegründung, S. 35 ff. bzw. 76 ff.) und pauschal behauptet, dass die Ausführungen entsprechend für alle weiteren angegriffenen Ausführungsformen gälten (Klagebegründung, S. 34). Charles Proxy ist eine HTTP web-testing Proxy-Server-Anwendung, die es dem Benutzer ermöglicht, den gesamten HTTP- und SSL-/HTTPS-Verkehr zwischen seinem Rechner und dem Internet einzusehen, insbesondere Anforderungen ('Requests') und Antworten ('Responses') einschließlich HTTP-Header und Metadaten (z. B. Cookies, Cachingund Kodierungsinformationen), und dabei die der Endbenutzerstation für das Streaming zur Verfügung stehende Bandbreite zu drosseln. Die auf diese Weise nach ihrem Vortrag gewonnenen Informationen haben die Klägerinnen für den erstgenannten Streamingdienst als Anlagen K6 (Charles-Proxy-Aufzeichnungen), K7 (Quellcode) und für den zweitgenannten Streamingdienst als Anlagen K8 (Charles-Proxy-Aufzeichnungen), K9 (Quellcode) zur Klageschrift vorgelegt.

Die Beklagten haben in ihren Klageerwiderungen eine Patentverletzung durch die Streamingdienste www.brazzers.com und www.pornhub.com in Abrede gestellt. Hierzu legen sie teilweise das Klagepatent anders aus und tragen teilweise abweichend zur technischen Funktionsweise der beiden Streamingdienste vor, wobei sie den vorgelegten Charles-ProxyAufzeichnungen und Quellcodes teilweise einen anderen Aussagegehalt als die Klägerinnen beimessen. Die über die genannten Webseiten verfügbaren Videos seien entgegen den Anforderungen des Klagepatents weder mit einer bestimmten Bitrate kodiert noch jeweils als mehrere Dateien (streamlets) auf einem Satz von Servern wie in einem bloßen Datenschrank gespeichert. Mit Blick auf die übrigen in der Klageschrift als angegriffene Ausführungsformen benannten Streamingdienste rügen sie das gänzliche Fehlen eines schlüssigen, jedenfalls eines substantiierten Vortrags zur Benutzung der Lehre des Klagepatents. Da schon nach dem Klagevortrag die beiden in der Klageschrift erörterten Streamingdienste unterschiedlich ausgestaltet seien, gehe der pauschale Verweis, die anderen funktionierten entsprechend, ins Leere.

In ihren Repliken zu den einzelnen Klageerwiderungen vertiefen die Klägerinnen ihren Verletzungsvortrag zu den in der Klageschrift beispielhaft erläuterten beiden Streamingdiensten, bei denen dem Endnutzer indes mittlerweile die Wiedergabequalitätseinstellung 'auto' nicht mehr zur Auswahl stehe. Zudem legen sie Abgleiche des Quellcodes der Media Player von weiteren (aber nicht allen) der in der Klageschrift angeführten Streamingdienste der Beklagten zu 1 und 5 (Anlagen K19a bis 19e) und der Beklagten zu 3 (Anlagen K20a bis K20c) unter dem Microsoft-EdgeBrowser vor. Sie meinen, dass der Aufruf von Video-Dateien der Beklagten nicht (nur) unmittelbar von den Ursprungsservern der Beklagten erfolge, sondern von Servern eines Content Delivery

Networks (CDN), auf denen die Videokopien - wie von den Beklagten im Rahmen ihrer Patentauslegung als erforderlich angesehen - in einzelnen Segmenten kodiert seien. Jedenfalls die auf den CDN-Servern vorgehaltenen Video-Dateien seien patentgemäß kodiert. Ein CDN sei ein Dienst eines Dienstleisters, der die Seiten einer Website auf geografisch über strategisch günstige Standorte verteilten Servern zwischenspeichere, um zur Vermeidung von Latenzen eine schnellere Bereitstellung von Webseiten zu ermöglichen. Aus diesem Grund würden Ursprungsserver in der Regel in Verbindung mit CDN-Diensten eingesetzt. Nur wenn ein angeforderter Inhalt nicht im CDN zwischengespeichert sei, werde er vom Ursprungsserver aufgerufen und danach für künftige Anfragen im CDN-Cache zwischengespeichert, wobei die Dauer der Zwischenspeicherung variiere. Wie die Charles Proxy-Aufzeichnungen und die Ergebnisse des Rückverfolgungs-Programms 'TRACERT' (Trace Route) zeigten, verwende der Streamingdienst www.brazzers.com der Beklagten zu 1 CDN-Server der Dienstleister Reflected Networks, Inc., und Edgecast, Inc., mit Standort in Frankfurt bzw. München, der Streamingdienst www.pornhub.com der Beklagten zu 3 verwende CDN-Server des Dienstleisters Cloudflare, Inc., mit Standort in Frankfurt, und die Streamingdienste www.mygf.com und www.bangbros.com der Beklagten zu 5 und 6 bzw. der Beklagten zu 1 und 6 verwendeten CDN-Server des Dienstleisters Reflected Networks, Inc., mit Standort in Frankfurt.

Die Klägerinnen sind Auffassung, dass ihnen die begehrten Informationen zu übermitteln seien, weil es jedenfalls bei Zugrundelegen der Argumentation der Beklagten für die Frage der Patentverletzung von Bedeutung sei, in welcher konkreten Ausgestaltung und unter Verwendung welchen Kodierungsschemas die Video-Dateien der angegriffenen Streamingdienste kodiert seien. Da sich der Vortrag der Beklagten zur angeblichen Art der Kodierung auf die derzeitige Ausgestaltung beschränke, sei es zudem denkbar, dass sich das Kodierungsschema im für die Patentverletzung maßgeblichen Zeitraum geändert habe. Mehr als die angestellten Analysen sei den Klägerinnen nicht möglich, um zu eruieren, wie die angegriffenen Ausführungsformen funktionierten. Das Kodierungsschema selbst lasse sich aus zugänglichen Quellen nicht weiter feststellen. Da die Beklagten ihren Nichtverletzungsvortrag mitunter auf für die Klägerinnen nicht überprüfbare Informationen zum Kodierungsschema stützten, seien die Beklagten zu 1, 3, 5 und 6 zur Auskunft verpflichtet. Die Klägerinnen hätten in der Replik (S. 67 ff.) konkrete Anhaltspunkte aufgezeigt, dass die Video-Dateien jedenfalls auf den CDN-Servern von Cloudfare nicht in der von den Beklagten behaupteten Weise kodiert seien. Daher überwögen die Interessen der Klägerinnen an der begehrten Informationsübermittlung.

Die Beklagten treten den Anträgen entgegen. Diese seien in sachlicher Hinsicht unklar und unbestimmt, zudem verspätet und stellten unzulässige Ausforschungsanträge dar. Für die in R. 191 Alt. 2 VerfO erwähnte Anordnung der Übermittlung von anderen Informationen als solchen gem. Art. 67 EPGÜ fehle es an einer erforderlichen Grundlage im EPGÜ. Abgesehen davon setze, wie sich aus Art. 67 EPGÜ ergebe, die Anordnung der Vorlage von Informationen eine Patentverletzung voraus und komme daher erst im Endurteil oder jedenfalls dann in Betracht, wenn die Frage der Verletzung (für die Instanz) entschieden sei. Jedenfalls seien die Voraussetzung der R. 191 Alt. 2 VerfO im Streitfall nicht gegeben. Für die Streamingdienste www.brazzers.com und www.pornhub.com, den einzigen in der Klagebegründung substantiiert erörterten Streamingdiensten, hätten die Beklagten in ihren Klageerwiderungen im Wege des substantiierten Bestreitens unter Offenbarung von vertraulichen Informationen und Vorlage einer schriftlichen Zeugenaussage vorgetragen, wie Videokopien erstellt und kodiert würden und auf welche Weise von diesen Videos einzelne Segmente erzeugt würden. Sollten darüber hinaus aus Sicht der Klägerinnen Sachverhaltsfragen - wie nicht - klärungsbedürftig sein, die sie nur mit unverhältnismäßigem Aufwand gemäß R. 191 VerfO klären könnten, ließen sie jede Konkretisierung vermissen. Es werde

klargestellt und in der Duplik erneut aufgegriffen werden, dass die Ausführungen in der Klageerwiderung zur Kodierung von Videokopien und dem Erzeugen von Segmenten für den Zeitraum seit dem 28.08.2019 gälten.

Die von den Klägerinnen angeführten Zweifel am Vortrag der Beklagten bestünden nicht, sondern beruhten auf einem unrichtigen Verständnis des Klagepatents und einem technischen Fehlverständnis der Aufgabe und Funktionsweise von CDNs. Bereits auf der Basis des Vortrags der Klägerinnen in der Replik führten CDNs allein die Distribution von Videosegmenten durch, nachdem das Video bereits woanders kodiert und (zumindest teilweise) segmentiert worden sei. Server, die wie CDNs als Cache-Server der bloße Auslieferung einzelner Videosegmente dienten, seien keine patentgemäßen Server. Unabhängig davon sei der Vortrag in den Klageerwiderungen, der sich erkennbar (und von den Klägerinnen auch erkannt) auf die Ursprungsserver bezogen habe, richtig. Hierzu werde jeweils in der anstehenden Duplik noch näher ausgeführt.

Zweifel am Tatsachenvortrag einer Partei könnten zudem nicht die Anordnung der Vorlage von Informationen gegen sie rechtfertigen, sondern müssten ggf. durch das Gericht im Wege der Würdigung des Tatsachenvortrags und der angebotenen Beweismittel bewertet werden, was aber erst nach Abschluss der mündlichen Verhandlung möglich sei.

Abgesehen davon benötigten die Klägerinnen die begehrten Informationen zur Rechtsverfolgung schon deshalb nicht, weil zu erwarten sei, dass sich die Beklagten in der anstehenden Duplik innerhalb der ihnen zustehenden Einlassungsfrist zum replizierenden Vortrag der Klägerinnen äußern werden. Bei dieser Sachlage dürften durch eine Anordnung der Informationsübermittlung die bestehenden Einlassungsfristen grundsätzlich nicht verkürzt werden.

Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Die Klägerinnen beantragen, nach Maßgabe von R. 191 EPGVerfO anzuordnen,

und www.iconmale.com angebotenen und gelieferten Video-Dateien zu jedem Zeitpunkt im Zeitraum vom 28. August 2019 bis heute kodiert (gewesen) sind;

    1. dass die Beklagte zu 3 darüber Auskunft erteilt, in welcher konkreten Ausgestaltung und mit welchem Kodierungsschema die durch die Streamingdienste www.pornhub.com, www.pornhubpremium.com, www.youporn.com, www.youporngay.com, www.redtube.com, www.pornmd.com, www.thumbzilla.com und www.tube8.com angebotenen und gelieferten Video-Dateien zu jedem Zeitpunkt im Zeitraum vom 28. August 2019 bis heute kodiert (gewesen) sind;
    1. dass die Beklagte zu 5 darüber Auskunft erteilt, in welcher konkreten Ausgestaltung und mit welchem Kodierungsschema die durch die Streamingdienste www.mygf.com angebotenen und gelieferten Video-Dateien zu jedem Zeitpunkt im Zeitraum vom 28. August 2019 bis heute kodiert (gewesen) sind;
    1. dass die Beklagte zu 6 darüber Auskunft erteilt, in welcher konkreten Ausgestaltung und mit welchem Kodierungsschema die durch die Streamingdienste www.bangbros.com und www.bangpovbros.com angebotenen und gelieferten VideoDateien zu jedem Zeitpunkt im Zeitraum vom 28. August 2019 bis heute kodiert (gewesen) sind;
    1. dass die unter Ziffer 1 bis 4 begehrte Auskunftserteilung innerhalb von vierzehn Tagen nach Anordnung der Auskunftserteilung zu erfolgen hat;
    1. in entsprechender Anwendung von R. 190.4 (b), 190.7 EPGVerfO, dass für den Fall, dass die Beklagten zu 1, 3, 5 und 6 ihrer Verpflichtung aus der Anordnung zur Auskunftserteilung nicht nachkommen, dieses Versäumnis bei der Entscheidung über die in Rede stehende Angelegenheit berücksichtigt wird und der plausible Vortrag der Klägerinnen über den Standort der Server und die Art und Weise, wie die VideoDateien auf den Servern kodiert sind, als zutreffend unterstellt wird; und
    1. für den Fall der Zuwiderhandlung die Zahlung eines im Ermessen des Gerichts stehendes angemessenes Zwangsgelds gemäß Art. 82 (4) EPGÜ.

Die Beklagten beantragen, den Antrag vollumfänglichen abzuweisen.

ANORDNUNG

Die beantragten Anordnungen auf Erteilung von Auskünften kommen aus mehreren Gründen nicht in Betracht.

    1. Nach R. 191 VerfO kann das Gericht auf den begründeten Antrag einer Partei anordnen, dass Informationen gemäß Art. 67 EPGÜ, die sich in der Verfügungsgewalt der anderen oder einer dritten Partei befinden, oder Informationen, welche die antragstellende Partei zum Zwecke der Rechtsverfolgung vernünftigerweise benötigt, von der anderen bzw. dritten Partei übermittelt werden müssen.

Ob der Antragsteller Informationen i.S.d. R. 191 Alt. 2 VerfO zum Zwecke der Rechtsverfolgung vernünftigerweise benötigt, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls aus Sicht einer verständigen Partei. Gegenstand der Informationsübermittlung können regelmäßig nur konkret benannte Informationen sein, eine unspezifische Ausforschung kommt grundsätzlich nicht in Betracht.

Die Anordnung der Übermittlung von Informationen i.S.d. R. 191 Alt. 2 VerfO dient allein dem Zweck, dem Antragsteller benötigte Informationen zu liefern. Demgegenüber kann sie grundsätzlich nicht dazu verwendet werden, die andere Partei, die sich zu einer Tatsache, auf die sich der Antragsteller zur Begründung seiner geltend gemachten Ansprüche oder Einwendungen stützt, erklärt hat, zu richtigem Vortrag anzuhalten, wenn der Antragsteller der Auffassung ist, die Erklärung der anderen Partei sei unrichtig. Vielmehr ist es Aufgabe des Gerichts, im Rahmen der Würdigung des wechselseitigen Tatsachenvortrags und der angebotenen Beweismittel zur gegebenen Zeit zu beurteilen, ob eine umstrittene Tatsache wahr ist. In diesem Rahmen kann die Partei, die meint, die Tatsache zu benötigen, diese Tatsache behaupten und für sie Beweis anbieten, auch wenn sie sich zwar nicht sicher ist, aber gute Grunde für die Annahme ihrer Richtigkeit hat, ohne dass ihr deswegen ein Verstoß gegen eine etwaige Wahrheitspflicht zum Vorwurf gemacht werden könnte.

Die Anordnung der Übermittlung von Informationen kommt vor diesem Hintergrund grundsätzlich nicht Betracht, solange sich die andere Partei nicht zum Vortrag des Antragstellers geäußert hat, wozu sie grundsätzlich die für die Stellungnahme zu dem Vortrag geltenden Fristen ausschöpfen kann.

Die Anordnung gem. R. 191 Alt. 2 VerfO steht im Ermessen des Gerichts und darf nicht unverhältnismäßig sein. Im Rahmen der Ermessensausübungen sind die Umstände des Einzelfalls unter Einbezug der wechselseitigen Interessen und des Grundsatzes der effizienten Verfahrensführung zu berücksichtigen (vgl. (zur Vorlageanordnung von Beweismitteln) Berufungsgericht, Anordnung vom 24.09.2024, UPC_CoA_298/2024, UPC_CoA_299/2024, UPC_CoA_300/2024 Rn. 47, 53). Auf Seiten des Antragstellers steht insbesondere das Interesse am Erhalt der Informationen, auf Seiten des Antragsgegners insbesondere das Interesse am Schutz vertraulicher Informationen. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit und um die Verteilung der Darlegungsund Beweislast (hierzu Berufungsgericht, Anordnung vom 26.02.2024, UPC_CoA_335/2023, GRUR 2024, 527 Rn. 94) nicht zu überspielen, darf eine Anordnung auf Übermittlung von Informationen i.S.d. R. 191 Alt. 2 VerfO nicht auf eine unzulässige Ausforschung hinauslaufen. Eine Anordnung der Übermittlung von Informationen i.S.d. R. 191 Alt. 2 VerfO während des Rechtsstreits scheidet regelmäßig aus, wenn die begehrte Information für die im Rechtsstreit verfolgten Ansprüche oder Einwendungen nicht erheblich ist. In diesem Fall ist die Anordnung ihrer Übermittlung regelmäßig zumindest unverhältnismäßig.

Der mit Blick auf die Verfahrensleitungsbefugnisse des Berichterstatters, des Vorsitzenden Richters oder des Spruchkörpers bestehende Ermessensspielraum bei der Entscheidung über einen Antrag auf Übermittlung von Informationen i.S.d. R. 191 Alt. 2 VerfO umfasst auch die Festlegung der Reihenfolge, in der über Streitpunkte zu entscheiden ist. Dabei kann in Ausnahmefällen eine zuvor beantragte und hinreichend begründete Auskunftserteilung, deren Relevanz für die zu treffende Entscheidung sich für das Gericht erst in der mündlichen Verhandlung ergibt, zu einer Vertagung führen, um die Übermittlung von Informationen i.S.d. R. 191 Alt. 2 VerfO anzuordnen. Insoweit gelten keine anderen Grundsätze als für die Anordnung der Vorlage von Beweismitteln gem. R. 190 VerfO (vgl. Berufungsgericht, Anordnung vom 24.09.2024, UPC_CoA_298/2024, UPC_CoA_299/2024, UPC_CoA_300/2024 Rn. 54 f.).

Für das Vorliegen der Voraussetzungen einer Anordnung der Auskunftserteilung ist nach allgemeinen Grundsätzen grundsätzlich der Antragsteller darlegungs- und beweisbelastet.

    1. Nach diesen Maßgaben kommt die Anordnung der Übermittlung der begehrten Informationen aus mehreren Gründen nicht in Betracht.
  • a) Hierbei kann dahinstehen, ob die Klägerinnen in der Antragsschrift die Voraussetzungen für einen Erlass der begehrten Anordnungen hinreichend dargelegt haben, insbesondere hinreichend aufgezeigt haben, welche konkrete Information aus welchen Gründen benötigt wird.
  • b) Keiner abschließenden Klärung bedarf derzeit ferner, inwiefern das Gericht im vorliegenden Fall von abstrakt gefassten Klageanträgen alle in der Klagebegründung als angegriffene Ausführungsformen bezeichneten, ggf. in relevanten Merkmalen unterschiedlich ausgestalteten Streamingdienste auf eine Patentverletzung prüfen muss und die Klägerinnen daher überhaupt zu jedem Streamingdienst Informationen zum Zwecke der Rechtsverfolgung benötigen.
  • c) Die Anordnung der begehrten Informationsübermittlung scheidet im Streitfall bereits deshalb aus, weil zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht feststeht, wie sich die Beklagten auf den Vorhalt in den Repliken einlassen werden. Gründe, die es rechtfertigen würden, den Beklagten vor Ablauf der Duplikfrist vorab die Übermittlung von Informationen aufzugeben, sind nicht ersichtlich.
  • d) Abgesehen davon scheidet die Anordnung der Übermittlung der begehrten Informationen aus, weil die Klägerinnen diese nicht benötigen.
  • Die Beklagten haben zum Kodierungsschema auf ihren Ursprungsservern in den Klageerwiderungen vorgetragen. Die Klägerinnen zeigen zu den Ursprungsservern keine konkreten Informationen auf, die sie über den Vortrag der Beklagten hinaus benötigen würden. Ohne Angabe von konkreten Informationen läuft der Antrag auf eine unzulässige Ausforschung hinaus. Soweit die Klägerinnen den Vortrag der Beklagten für unrichtig halten bzw. seine Richtigkeit bezweifeln, ist R. 191 Alt. 2 VerfO im Übrigen nicht einschlägig. Wie erörtert, dient die Anordnung der Übermittlung von Informationen i.S.d. R. 191 Alt. 2 VerfO nicht dazu, die andere Partei zu vermeintlich richtigem Vortrag zu einer streitigen Tatsache anzuhalten. Abgesehen davon dürften sich die von den Klägerinnen gehegten Zweifel maßgeblich auf das Vorhandensein von CDNs stützen, während die Beklagten ihren Vortrag in den Klageerwiderungen wohl vorrangig auf ihre Ursprungsserver bezogen wissen wollten. Jedenfalls werden die Beklagten in ihrer Duplik Gelegenheit haben, sich zu den behaupteten Zweifeln und zu den Verhältnissen bei ihren Ursprungsservern und den CDNs zu erklären.

Die konkrete Ausgestaltung und das Kodierungsschema der Videodateien auf den CDN-Servern ist nicht Gegenstand des vorliegenden Auskunftsverlangens, wie sich aus dem Umstand ergibt, dass die Aufteilung der Videodateien auf den CDN-Servern und ihre dortige Kodierung in einem zeitgleichen weiteren eigenständigen Antrag der Klägerinnen gem. R. 191 VerfO erfragt werden (vgl. App_46521/2024). Abgesehen davon wäre einem solches Verlangen aus den in der Anordnung zum Workflow App_46521/2024 angeführten Gründen nicht stattzugeben, zumal die Einlassung der Beklagten im Rahmen ihrer Duplik noch aussteht.

  • e) Darüber hinaus kommt eine Anordnung der Informationsübermittlung für die meisten Streamingdienste auch deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerinnen nicht alle ihnen zumutbar zur Verfügung stehenden Informationsquellen ausgeschöpft haben.

Die Klägerinnen haben lediglich einige Streamingdienste untersucht und hierzu Charles-ProxyAufzeichnungen vorgelegt. Sollte es hierauf ankommen, wären die Klägerinnen gehalten, entsprechend für die übrigen Streamingdienste vorzugehen. Allenfalls dann wäre es gerechtfertigt, den Beklagten, sollte dies entgegen dem Vorstehenden möglich sein, zur Widerlegung von ihren etwaigen Behauptungen die Übermittlung von geforderten, hinreichend konkretisierten Informationen zu diesen Streamingdiensten aufzugeben. Dass ihnen ein solches Vorgehen bei den übrigen Streamingdiensten unzumutbar wäre, haben die Klägerinnen nicht dargetan. Eine Unzumutbarkeit folgt insbesondere nicht ohne weiteres daraus, dass die weiteren Streamingdienste überwiegend kostenpflichtig sind.

  • f) Schließlich rechtfertigt es jedenfalls der bisher erreichte Sach- und Streitstand zur Auslegung, Verletzung und Rechtsbeständigkeit des Klagepatents nicht, die Beklagten mit der Anordnung der Übermittlung der begehrten Informationen zu belasten.
    1. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob für R. 191 Alt. 2 VerfO eine erforderliche Grundlage im EPGÜ fehlt und ob eine Anordnung zur Vorlage von Informationen gem. R. 191 VerfO erst in der die erste Instanz abschließenden Sachentscheidung des Verletzungsstreits ergehen kann.
    1. Sollte es darauf ankommen, insbesondere bei veränderter Sachlage, sind künftige Anordnungen auf Auskunftserteilung durch die vorliegende Anordnung nicht ausgeschlossen, falls Vortrag der Beklagten erhebliche Lücken aufweisen und es auf die fehlenden konkreten Informationen für die Entscheidung des Streitfalls ankommen sollte.
    1. An dem Nebenverfahren zum Streit über die Auskunftserteilung waren sämtliche Beklagten zu beteiligen. Ohne Belang ist, dass die Übermittlung lediglich von den Beklagten zu 1, 3, 5 und 6 begehrt wird, denn die Klägerin bezweckt, mit den zu übermittelnden Informationen im vorliegenden Rechtsstreit Patentverletzungen zu belegen, an denen die Beklagten zu 2 und 4 nach dem Klägervortrag ebenfalls beteiligt sind. Damit sind vom Streit auch Interessen dieser Beklagten betroffen.
    1. Mit der untenstehenden Rechtsbehelfsbelehrung wird mit Bezug auf R. 191 VerfO lediglich R. 191 S. 2 i.V.m. 190.6 S. 2 VerfO formal umgesetzt und soll keine Festlegung dahin verbunden werden, dass Rechtsmittel gegen Anordnungen gem. R. 191 VerfO nach Art. 59, 73 Abs. 2 lit. a EPGÜ zu behandeln sind.

ANORDNUNG:

Die Anträge der Klägerinnen vom 09.08.2024 auf Auskunftserteilung betreffend die konkrete Ausgestaltung und das Kodierungsschema der Video-Dateien der Streamingdienste werden zurückgewiesen.

ANGABEN ZUR ANORDNUNG

Anordnung Nr. ORD_47058/2024 im VERFAHREN NUMMER: ACT_594191/2023

UPC Nummer: UPC_CFI_471/2023

Art des Vorgangs:

Verletzungsklage

Nr. des dazugehörigen Verfahrens Antragsnr.:

46520/2024

Art des Antrags:

Vorlage für Verfahrensantrag

NAMEN UND UNTERSCHRIFTEN

Erlassen in Mannheim am 20. Oktober 2024

Böttcher Berichterstatter

INFORMATIONEN ZUR BERUFUNG (Art. 73(2)(a), 59 EPGÜ, R. 190, R. 191, R. 220.1 (c), 224.1 (b) VerfO) Die nachteilig betroffene Partei kann gegen diese Anordnung innerhalb von 15 Tagen nach ihrer Zustellung Berufung einlegen.

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