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22 November, 2024
Decision
ORD_598506/2023 Mannheim (DE) Local… EP2568724
R. 352.1, 354.2 VerfO
...

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ORD_598506/2023
22 November, 2024
Decision

Summary
(AI generated)

Parties

Panasonic Holdings Corporation
v. Guangdong OPPO Mobile Telecommunications Corp. Ltd.,
OROPE Germany GmbH

Registry Information
Registry Number:

ACT_545551/2023

Court Division:

Mannheim (DE) Local Division

Type of Action:

Infringement Action

Language of Proceedings:

DE

Patent at issue

EP2568724

Sections

Headnotes (DE)

Bei der vorliegend veroeffentlichten Entscheidung handelt es sich um eine vorlaeufige, von Seiten des Gerichts weitgehend redigierte Fassung. Der Umfang der vor dem Hintergrund des erforderlichen Geheimnisschutzes nach Regel 262a VerfO veranlassten finalen Redaktionen wird im Nachgang unter Anhörung der Parteien bestimmt. Die finale redigierte Fassung der Entscheidung wird nach Abschluss dieses Verfahrens auf der Homepage eingestellt werden.

Keywords (DE)

SEP, FRAND, amicus curiae letter, FRAND-Widerklage, anti-suit injunction, Lizenzwilligkeit
Cited Legal Standards
Art. 138(1)(a) EPÜ
Art. 138(1)(b) EPÜ
Art. 138(1)(c), 76(1), 65(2) EPÜ
Art. 1 EPGÜ
Art. 20 EPGÜ
Art. 21 EPGÜ
Art 24(1)(a) EPGÜ
Art. 24(1)(a) EPGÜ
Art 25(a) EPGÜ
Art. 26(1) EPGÜ
Art. 26 EPGÜ
Art. 31 EPGÜ
Art. 32(1)(a), (e) EPGÜ
Art. 32(1)(a) EPGÜ
Art. 32(1)(a) UPCA
Art. 33(1)(a) EPGÜ
Art. 42 EPGÜ
Art. 54(3) EPÜ
Art 54 EPÜ
Art. 63(1) EPGÜ
Art. 63(2), 82(1) (4) EPGÜ
Art. 63(2) EPGÜ
Art. 64(2) (a) EPGÜ
Art. 64(2)(a) EPGÜ
Art. 64 (2) (b) (d), (4) EPGÜ
Art. 64 (2) (e) EPGÜ
Art. 67 (1) EPGÜ
Art. 67(1) EPGÜ
Art. 67 EPGÜ
Art. 68(1) EPGÜ
Art. 68(3) EPGÜ
Art. 68 EPGÜ
Art. 69(2) EPGÜ
Art. 73 Abs. 1 EPGÜ
Art. 82(2) EPGÜ
Art. 82 Abs. 1 4 EPGÜ
Art. 83 EPGÜ
R. 118.8 S.2 VerfO
R. 118.8 VerfO
R. 119 VerfO
R. 141 ff. VerfO
R. 150.2 VerfO
R.171.2 VerfO
R. 191 S. 1 Alt. 2 VerfO
R. 191 S. 2, 190.1 S. 2 VerfO
R. 191 VerfO
R. 220.1 (a), 224.1 (a) VerfO
R. 25 VerfO
R. 352.1, 354.2 VerfO
R. 354.3 VerfO
R. 9.1 VerfO
Regel 118.5 VerfO
Regel 119 VerfO
Regel 150 Abs. 2 VerfO
Regel 19 VerfO
Regel 30.2 VerfO
Regel 311.1 VerfO
Regel 32.2 VerfO
Regel 333 VerfO
Regel 44(d) bis (h)VerfO
Regel 9.2 VerfO
Regel 9 VerfO
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ORD_598506/2023

Lokalkammer Mannheim UPC_CFI_ 210/2023

Entscheidung

des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts

Lokalkammer Mannheim verkündet am 22. November 2024

betreffend EP 2 568 724

Klägerin:

Panasonic Holdings Corporation - 1006, Oaza Kadoma, Kadoma-shi - 571-8501 - Osaka - JP vertreten durch RA Christopher Weber

Beklagte:

Guangdong OPPO Mobile Telecommunications Corp. Ltd. - NO.18 Haibin Road, Wusha, Chang'an Town, Guangdong Province - 523860 - Dongguan - CN

vertreten durch RA Andreas Kramer

OROPE Germany GmbH Graf-Adolf-Platz 15 - 40213 - Düsseldorf - DE

vertreten durch RA Andreas Kramer

STREITPATENT:

EUROPÄISCHES PATENT NR. EP 2 568 724

SPRUCHKÖRPER/KAMMER:

Lokalkammer Mannheim, Gericht erster Instanz

MITWIRKENDE RICHTER:

Diese Entscheidung wurde durch den Vorsitzenden Richter und Berichterstatter Prof. Dr. Tochtermann, den rechtlich qualifizierten Richter Böttcher, den rechtlich qualifizierten Richter Brinkman sowie den technisch qualifizierten Richter Loibner erlassen.

VERFAHRENSSPRACHE: Deutsch

GEGENSTAND: Verletzungsklage und Nichtigkeitswiderklage sowie FRAND-Widerklage

MÜNDLICHE VERHANDLUNG: 7. und 8. Oktober 2024

KURZE DARSTELLUNG DES SACHVERHALTS

    1. Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen einer behaupteten Verletzung des Europäischen Patents EP 2 568 724 B1 ('Klagepatent') betreffend eine Funkkommunikationsvorrichtung und ein Funkkommunikationsverfahren in Anspruch. Das Klagepatent wurde am 13. August 2008 angemeldet und beansprucht die Priorität der JP 2007211548 vom 14. August 2007 sowie die Priorität der JP 2008025535 vom 5. Februar 2008. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 17. Dezember 2014 veröffentlicht. Das Klagepatent steht unter anderem in der Bundesrepublik Deutschland, in der Französischen Republik, der Italienischen Republik, im Königreich der Niederlande sowie im Königreich Schweden in Kraft. Für diese Vertragsstaaten des EPGÜ macht die Klägerin vorliegend Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf, Entfernung aus den Vertriebswegen und Vernichtung, Auskunft/Rechnungslegung, Urteilsveröffentlichung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht und vorläufigen Schadensersatz geltend.
    1. Die Klägerin erachtet das Klagepatent (hierzu siehe unten) als für den 4G-Standard essentiell. Daher verletzten sämtliche 4G-fähigen Mobilfunkgeräte der Beklagten das Klagepatent, insbesondere die 4G-fähigen Smartphones wie etwa das OPPO Find X5 Pro

ORD_598506/2023

sowie die 4G-fähige Smartwatch

ORD_598506/2023

ORD_598506/2023

    1. Die Klägerin ist Konzernmutter des Panasonic Konzerns, der im Jahr 1918 gegründet wurde. Am 01.04.2022 änderte die Klägerin ihre Firma von Panasonic Corporation zu Panasonic Holdings Corporation.
    1. Die Beklagte zu 1. gehört zur OPPO-Gruppe und hat ihren Hauptsitz in der Volksrepublik China. Innerhalb der Gruppe ist sie das Unternehmen, das für die Mobilfunksparte verantwortlich ist. Sie vertreibt mobilfunkfähige Produkte der OPPOGruppe und unterhält ihre Europazentrale in Düsseldorf in Deutschland.
    1. Die Beklagte zu 2. gehört ebenfalls zur OPPO-Gruppe. Sie wurde am 06.06.2019 gegründet, ist unter der HRB 87507 in das Handelsregister des Amtsgerichts Düsseldorf eingetragen und hat ihren Sitz unter derselben Adresse, an dem die Beklagte zu 1. ihre Europa-Zentrale hat. Sie betreibt diese OPPO-Europa-Zentrale zusammen mit der Beklagten zu 1.
    1. Die Klägerin nahm im Juli 2019 Kontakt zur OPPO-Gruppe auf und verhandelt seitdem erfolglos mit der Beklagten zu 1. über den Abschluss eines FRAND-Lizenzvertrages an den 4G-Patenten der Klägerin. Die Beklagten erheben vorliegend eine FRANDWiderklage gegen die Klägerin mit dem Ziel, einen FRAND-Lizenzvertrag zu den von ihnen für FRAND erachteten Bedingungen aufgrund des gerichtlichen Ausspruchs abzuschließen.

ANTRÄGE DER PARTEIEN

    1. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Verletzungsklage die nachfolgenden Anträge:
  • I. Es wird festgestellt, dass die Beklagte das Europäische Patent Nr. 2 568 724 B1 verletzt hat.
  • II. Die Beklagten werden verurteilt,
  • es zu u n t e r l a s s e n,
    1. Funkkommunikations-Vorrichtungen

die so konfiguriert werden können, dass sie ein Bezugssignal mit einer Sende-Bandbreite in einer gegebenen System-Bandbreite senden, wobei beiden Enden derselben [SystemBandbreite] Steuerkanäle zugeordnet sind und die Sende-Bandbreite zwischen den Steuerkanälen liegt, oder dass sie Bezugssignale mit einer geringen Bandbreite mit Frequency Hopping senden, und die Funkkommunikationsvorrichtungen umfassen: eine Zuordnungseinheit, die so konfiguriert ist, dass sie die Bezugssignale FrequenzRessourcen zuordnet; eine Sende-Einheit, die so konfiguriert ist, dass sie die zugeordneten Bezugssignale sendet, in der Bundesrepublik Deutschland, Französischen Republik, Italienischen Republik, den Niederlanden und dem Königreich Schweden anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu diesen Zwecken einzuführen oder zu besitzen, bei denen

die Sende-Bandbreite in der gegebenen System-Bandbreite variiert, und die Zuordnungseinheit die Bezugssignale so zuordnet, dass die Bezugssignale FrequenzRessourcen zugeordnet werden, von denen jede die geringe Bandbreite hat, die unabhängig von Änderungen der Sende-Bandbreite unveränderlich ist, wobei die Frequenz-Ressourcen entsprechend der Änderung der Sende-Bandbreite gleichmäßig in einem Frequenzband der Sende-Bandbreite verteilt werden.

(unmittelbare Verletzung Vorrichtungsanspruch 1)

insbesondere, wenn eine Vielzahl der unterschiedlichen Sende-Bandbreiten in einer System-Bandbreite konfiguriert werden können. (unmittelbare Verletzung Vorrichtungsanspruch 2)

und/oder insbesondere, wenn

die Zuordnungseinheit die Bezugssignale den Frequenz-Ressourcen zuordnet, wobei eine der Frequenz-Ressourcen mit der geringen Bandbreite eine Sende-Einheit ist. (unmittelbare Verletzung Vorrichtungsanspruch 3)

und/oder insbesondere, wenn die Zuordnungseinheit die Bezugssignale Frequenz-Ressourcen zuordnet, in die ein Frequenzband mit der Sende-Bandbreite gleichmäßig unterteilt ist, wobei eine der Frequenz-Ressourcen mit der geringen Bandbreite eine Sende-Einheit ist. (unmittelbare Verletzung Vorrichtungsanspruch 4)

und/oder insbesondere, wenn

die Zuordnungseinheit die Bezugssignale Frequenz-Ressourcen zuordnet, deren Anzahl in Abhängigkeit von den Änderungen der Sende-Bandbreite verschieden ist, wobei eine der Frequenz-Ressourcen mit der geringen Bandbreite eine Sende-Einheit ist. (unmittelbare Verletzung Vorrichtungsanspruch 5)

und/oder insbesondere, wenn die Zuordnungseinheit die Bezugssignale Frequenz-Ressourcen zuordnet, von denen jede ein anderes Frequenzband hat, wobei eine der Frequenz- Ressourcen mit der geringen Bandbreite eine Sende-Einheit ist. (unmittelbare Verletzung Vorrichtungsanspruch 6)

und/oder insbesondere, wenn die Zuordnungseinheit die Bezugssignale Frequenz-Ressourcen zuordnet, die das gesamte Frequenzband der Sende-Bandbreite abdecken, wobei eine der FrequenzRessourcen mit der geringen Bandbreite eine Sende-Einheit ist. (unmittelbare Verletzung Vorrichtungsanspruch 7)

die Zuordnungseinheit die Bezugssignale Frequenz-Ressourcen mittels Frequency Hopping zuordnet, wobei eine der Frequenz-Ressourcen mit der geringen Bandbreite und/oder insbesondere, wenn eine Sende-Einheit ist.

(unmittelbare Verletzung Vorrichtungsanspruch 8)

und/oder insbesondere, wenn

die Zuordnungseinheit die Bezugssignale Frequenz-Ressourcen, die das gesamte Frequenzband der Sende-Bandbreite abdecken, mittels Frequency Hopping zuordnet wobei eine der Frequenz-Ressourcen mit der geringen Bandbreite eine Sende-Einheit ist.

(unmittelbare Verletzung Vorrichtungsanspruch 9)

und/oder insbesondere, wenn

die Zuordnungseinheit die Bezugssignale einer Vielzahl von Ressourcen zuordnet, die Frequenz-Ressourcen sind und die unterschiedliche Zeit-Ressourcen sind, wobei eine der Frequenz-Ressourcen mit der geringen Bandbreite eine Sende-Einheit ist. (unmittelbare Verletzung Vorrichtungsanspruch 10)

und/oder insbesondere, wenn

die Zuordnungseinheit die Bezugssignale einer Vielzahl von Ressourcen zuordnet, die Frequenz-Ressourcen sind und die sich um ein bestimmtes Zeitintervall unterscheidende Zeit-Ressourcen sind, wobei eine der Frequenz-Ressourcen mit der geringen Bandbreite eine Sende-Einheit ist.

(unmittelbare Verletzung Vorrichtungsanspruch 11)

und/oder insbesondere, wenn

die des Weiteren eine Empfangseinheit umfasst, die so konfiguriert ist, dass sie Steuerinformationen empfängt, die mit einer Zuordnung der Bezugssignale zusammenhängen, wobei die Zuordnungseinheit die Bezugssignale auf Basis der Steuerinformationen zuordnet.

(unmittelbare Verletzung Vorrichtungsanspruch 12)

    1. Vorrichtungen, die zur Durchführung eines Funkkommunikations-Verfahrens, das so konfiguriert werden kann, dass ein Bezugssignal mit einer Sende-Bandbreite in einer gegebenen System-Bandbreite gesendet wird, wobei beiden Enden derselben Steuerkanäle zugeordnet sind und die Sende-Bandbreite zwischen den Steuerkanälen liegt, oder Bezugssignale mit einer geringen Bandbreite mit Frequency Hopping gesendet werden, geeignet sind
  • in der Bundesrepublik Deutschland, Bundesrepublik Deutschland, Französischen Republik, Italienischen Republik, den Niederlanden und dem Königreich Schweden anzubieten und/oder zu liefern,

wobei das Funkkommunikations-Verfahren umfasst: die folgenden Schritte umfasst:

Zuordnen der Bezugssignale zu Frequenz-Ressourcen; und Senden der zugeordneten Bezugssignale, die Sende-Bandbreite in der gegebenen System-Bandbreite variiert, und die Bezugssignale Frequenz-Ressourcen zuordnet werden, von denen jede die geringe Bandbreite hat, die unabhängig von Änderungen der Sende-Bandbreite unveränderlich ist, wobei die Frequenz-Ressourcen entsprechend der Änderung der Sende-Bandbreite gleichmäßig in einem Frequenzband der Sende-Bandbreite verteilt werden.

(mittelbare Verletzung des Verfahrensanspruchs 13)

Die Beklagten haben das Patent verletzt, indem sie 4G-fähige Erzeugnisse auf dem Gebiet auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, Bundesrepublik Deutschland, Französischen Republik, Italienischen Republik, den Niederlanden und/oder dem Königreich Schweden vertrieben haben.

Zu den 4G-fähigen Erzeugnissen zählen insbesondere 4G-fähige Smartphones wie etwa das OPPO Find X5 Pro

und 4G-fähige Smartwatches, wie etwa die 4G-fähige Smartwatch

ORD_598506/2023

ORD_598506/2023

ORD_598506/2023

  • III. Die Beklagten werden verurteilt, auf ihre Kosten
    1. die unter Nr. II. genannten Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen;
    1. die unter Nr. II. genannten Erzeugnisse endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen;
    1. die unter Nr. II. genannten Erzeugnisse zu vernichten;
  • IV. Die Beklagten werden verurteilt,
    1. der Klägerin in einer für jeden Monat eines Kalenderjahres und nach patentverletzenden Erzeugnissen strukturierten Aufstellung in elektronischer Form, die mit Hilfe eines Computers ausgewertet werden kann, ab dem 17.12.2014, Auskunft über die unter Nr. II. genannten Erzeugnisse zu erteilen, über
  • a) den Ursprung und die Vertriebswege der unter Nr. II. genannten Erzeugnisse;
  • b) die ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Mengen und die Preise, die für die unter Nr. II. genannten Erzeugnisse gezahlt wurden;
  • c) die Identität aller an dem Vertrieb der unter Nr. II. genannten Erzeugnisse beteiligten dritten Personen;
    1. der Klägerin ihre Bücher zum Nachweis der gemäß Nr. IV.1. gemachten Angaben zuzüglich der Angaben zum erzielten Gewinn offen zu legen, indem sie für jeden Monat eines Kalenderjahrs und für jedes patentverletzende Erzeugnis in elektronischer Form, die mit Hilfe eines Computers ausgewertet werden kann, folgende Unterlagen zur Verfügung stellen:
  • a) Rechnungen - oder, falls diese nicht verfügbar sind, Lieferscheine - der einzelnen Lieferungen, wobei sie die jeweiligen Lieferungen nach Angebotsmengen,

Angebotszeiten, Preisen der angebotenen Waren und Typenbezeichnungen sowie Namen und Anschriften der gewerblichen Empfänger der Verkaufsangebote für alle verkauften oder anderweitig abgesetzten Erzeugnisse aufschlüsseln;

  • b) Nachweise über die durchgeführte Werbung einschließlich der Nachweise für diese Werbetätigkeiten, wobei sie die durchgeführte Werbung nach Werbeträgern, ihre Verbreitung, den Vertriebszeitraum und das Vertriebsgebiet aufschlüsseln;
  • c) Nachweise über die Kosten, wobei sie die Kosten aufgeschlüsselt nach einzelnen Kostenfaktoren und den erzielten Gewinnen aufschlüsseln;
  • d) Rechnungen - oder, wenn diese nicht verfügbar sind, Lieferscheine -und entsprechende Abrechnungen aller aufgewendeten Kosten, auf die sich die Beklagten bei der Berechnung ihrer Gewinne berufen;

deren Richtigkeit von einem von der Klägerin benannten, vereidigten Wirtschaftsprüfer auf Kosten der Beklagten geprüft und bestätigt wird, wobei der Wirtschaftsprüfer über die vorstehend genannten Informationen hinaus der Klägerin gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet ist;

  • V. Es wird der Klägerin gestattet, auf Kosten der Beklagten, die Entscheidung ganz oder teilweise in den folgenden öffentlichen Medien bekannt zu machen und zu veröffentlichen: in Frankfurter Allgemeinen Zeitung, in der Zeitung Handelsblatt, in der Zeitung Le Monde, in der Zeitung Les Échos, in der Zeitung Corriere della Sera, in der Zeitung De Telegraaf und in der Zeitung Dagens Nyheter.
  • VI. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der der Panasonic Intellectual Property Corporation of America durch Handlungen gemäß Nr. II. seit dem 17.12.2014 entstanden ist und der Klägerin seit dem 29.07.2016 entstanden ist und zukünftig entstehen wird.
  • VII. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe EUR 250.000,00 als vorläufigen Schadenersatz zu zahlen;
  • VIII. Die Beklagten werden verurteilt, die Kosten und Auslagen des Verfahrens zu tragen.
  • IX. Die Entscheidung kann wie folgt vollstreckt werden:
    1. Die unter Nr. II.1 und II.2 genannten Verfügungen sind unmittelbar vollstreckbar.

Im Falle jeder Zuwiderhandlung gegen diese Verfügung haben die Beklagten ein Zwangsgeld von EUR 5.000 pro Stück zu bezahlen.

    1. Die unter Nr. III., Nr. IV., Nr. VII., Nr. VIII. genannten Anordnungen sind vollstreckbar, nachdem die Klägerin
  • a) dem Gericht mitgeteilt hat, welchen Teil der Anordnungen sie zu vollstrecken beabsichtigt und nachdem die Mitteilung der Beklagten zugestellt wurde und/oder
  • b) die Klägerin eine beglaubigte Übersetzung der Anordnungen in die Amtssprache des Vertragsmitgliedstaats, in dem die Vollstreckung erfolgen soll, eingereicht hat und nachdem die Mitteilung und gegebenenfalls die beglaubigte Übersetzung der Beklagten zugestellt wurde;
    1. Nach dem Ablauf eines Zeitraums von 45 Tagen nach der Zustellung gemäß Nr. IX.2 haben die Beklagten im Falle jeder Zuwiderhandlung gegen eine der unter Nr. III., Nr. IV, Nr. VII. und/oder Nr. VIII genannten Anordnungen ein Zwangsgeld von EUR 2.000 pro Tag der Verzögerung an das Gericht zu bezahlen;
    1. Die Beklagten beantragen, die Anträge der Verletzungsklage abzuweisen , den Beklagten die Kostenerstattung für die Verletzungsklage vorläufig zuzusprechen und der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen,

Hilfsweise

die Vollstreckung der Entscheidung von vorheriger Sicherheitsleistung durch die Klägerin in angemessener Höhe abhängig zu machen (R. 352.1, 354.2 VerfO), die durch eine schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats des EPG zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts erbracht werden kann, wobei die Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, den Beklagten zu gestatten, die Vollstreckung der Entscheidung ihrerseits durch Sicherheitsleistung, die durch eine schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates des EPG zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts erbracht werden kann, ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Klägerin abzuwenden (R. 9.1 VerfO).

    1. Im Rahmen der Nichtigkeitswiderklage beantragen die Beklagten :

das Europäische Patent EP 2 568 724 B1 mit Wirkung für die Vertragsstaaten des EPGÜ, in denen das Patent validiert ist [Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande und Schweden], in vollem Umfang für nichtig zu erklären (R. 25 VerfO);

den Beklagten die Kostenerstattung für die Nichtigkeitswiderklage vorläufig zuzusprechen (R. 150.2 VerfO) und der Klägerin auch insoweit die Kosten aufzuerlegen.

    1. Die Klägerin beantragt, die Widerklage auf Nichtigerklärung abzuweisen , hilfsweise das Patent in Bezug auf Anspruch 1 und Anspruch 13 in geänderter Form aufrecht zu erhalten und im Übrigen die Widerklage auf Nichtigkeit des Patentes als unbegründet abzuweisen sowie die Kosten der Widerklage den Beklagten aufzuerlegen. Hinsichtlich der Formulierung des Änderungsantrages wird auf den Schriftsatz vom 21. März 2024 nebst Anlagen verwiesen.
    1. Im Rahmen ihrer FRAND-Widerklage beantragen die Beklagten zuletzt:

Hauptantragsfassung gemäß Replik Widerklage FRAND vom 19. August 2024 (eingereicht gem. Regel 9 VerfO in workflow App_47681/2024):

Es wird beantragt,

  • I.1 Panasonic aufzugeben, das Lizenzvertragsangebot von Oppo […] wie aus Anlage VB-FC14 (geheimhaltungsbedürftig) ersichtlich, anzunehmen,
  • I.2 hilfsweise, Panasonic aufzugeben, Oppo ein Lizenzvertragsangebot mit dem Inhalt wie aus Anlage VB-FC14 (geheimhaltungsbedürftig) ersichtlich zu unterbreiten,
  • I.3 weiter hilfsweise, Panasonic aufzugeben, Oppo ein Lizenzvertragsangebot mit dem Inhalt wie aus Anlage VB-FC16 (geheimhaltungsbedürftig) ersichtlich zu unterbreiten,

wobei weiter hilfsweise hierzu dort an der gelben Stelle in der dortigen Ziffer (1) ein vom Gericht festzusetzender Betrag zwischen […] einzusetzen ist, an der grünen Stelle in der dortigen Ziffer (2) ein vom Gericht festzusetzender Betrag zwischen […], und der dort an der blauen Stelle einzusetzende Pauschalbetrag sich wie folgt ergibt: […], hierzu weiter hilfsweise, wobei an der gelben und grünen Stelle in Ziffer (1) bzw. (2) der Anlage VB-FC16 ein vom Gericht als fair, angemessen und nicht-diskriminierend festgesetzter anderer Betrag festzusetzen ist und sich der dort in blau vorgesehene Pauschalbetrag entsprechend der im hier vorstehenden Absatz angegebenen Berechnungsweise ergibt;

  • II.1 hilfsweise zu den Anträgen in Ziffer I. und für den Fall, dass keinem der dortigen Anträge stattgegeben werden sollte, festzustellen, dass Oppo einen Anspruch auf

eine Lizenz an den für die 3G- und 4G-Standards essentiellen Patenten von Panasonic zu fairen, angemessenen und diskriminierungsfreien Bedingungen (FRAND) hat, und den Lizenzsatz festzustellen, den Oppo für die Nutzung dieser Patente im Gebiet der EPÜ-Vertragsstaaten (dem EP-Gebiet) zu zahlen hat, wobei dieser FRAND-Lizenzsatz für das EP-Gebiet

    • […],
    • oder höchst hilfsweise einen anderen, vom Gericht als fair, angemessen und nichtdiskriminierend angesehenen Satz beträgt;
  • II.2 vorbehaltlich des Bestehens einer FRAND-Lizenzvereinbarung, Oppo zu verpflichten, ab dem Datum des Urteils als Pauschalbetrag [.] zu zahlen, wobei der Pauschalbetrag […] beträgt, oder hilfsweise zwischen […] und […], oder ganz hilfsweise einen Pauschalbetrag, der vom Gericht als fair, angemessen und nichtdiskriminierend bestimmt wird;
  • II.3 Panasonic zu verpflichten, in vollem Umfang zu kooperieren, um eine FRANDLizenz zu den von Ihrem Gericht festgelegten Bedingungen herbeizuführen;
  • III.1 weiter hilfsweise für den Fall, dass weder die Anträge nach Ziffer I. noch nach Ziffer II. gewährt werden sollten,
  • (a) festzustellen, dass Oppo Anspruch auf eine Lizenz an den für die 3G- und 4GStandard essentiellen Patenten von Panasonic zu fairen, angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen (FRAND) hat;
  • (b) festzustellen, dass die Lizenzbedingungen, hilfsweise die Lizenzgebühren, wie sie in dem Angebot von Panasonic vom […] für eine Lizenz von Oppo an den für den 3Gund 4G-Standard essentiellen Patenten von Panasonic enthalten sind (Anlage VBFC15), nicht FRAND sind;
  • (c) festzustellen, dass Panasonic eine marktbeherrschende Stellung missbraucht hat;
  • (d) festzustellen, dass die Bedingungen einer Lizenz, hilfsweise die Lizenzgebühren, wie sie in dem Gegenangebot von Oppo vom […] für eine Lizenz von Oppo an den für den 3G- und 4G-Standard essentiellen Patenten von Panasonic enthalten sind (Anlage VB-FC14), FRAND sind;
  • (e) Panasonic zu verurteilen, Oppo ein FRAND-Gegenangebot zu unterbreiten, das den
  • folgenden FRAND-Lizenzsatz für das EP-Gebiet ausweist: […], oder hilfsweise […], oder ganz hilfsweise den Betrag, den das Gericht unter den Umständen des vorliegenden Falles als FRAND ansieht;
  • IV. Panasonic zur Zahlung der Oppo entstandenen angemessenen und verhältnismäßigen Rechtsverfolgungskosten und sonstigen Auslagen an Oppo im Wege der einstweiligen Anordnung nach Regel 150 Abs. 2 VerfO zu verurteilen, wobei der Betrag zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt wird.

Die mit der 'Widerklage auf Festlegung einer FRAND-Gebühr für das EPÜ-Gebiet' eingereichte Antragsfassung vom 22. Dezember 2023, die weiter hilfsweise verfolgt wird, lautet:

Es wird beantragt,

  • (i) festzustellen, dass Oppo Anspruch auf eine Lizenz für die standardessentiellen Patente Panasonics für die 3G- und 4G-Standards zu fairen, angemessenen und diskriminierungsfreien Bedingungen (FRAND) hat, und
  • (ii) zu erklären, was die wesentlichen Bedingungen einer solchen FRAND-Lizenz sind, wozu mindestens der Satz gehört, den Oppo für die Nutzung dieser Patente im Gebiet der EPÜ-Vertragsstaaten (dem EP-Gebiet) zu zahlen hat; und
  • (iii) festzustellen, dass der FRAND-Lizenzsatz für das EP-Gebiet […] beträgt, oder hilfsweise […], oder ganz hilfsweise die Beträge, die das Gericht unter den Umständen des vorliegenden Falles als FRAND ansieht;
  • (iv) vorbehaltlich des Bestehens einer FRAND-Lizenzvereinbarung, Oppo zu verpflichten,
  • a. ab dem Datum des Urteils als Pauschalbetrag […] zu zahlen, wobei der Pauschalbetrag […] beträgt, oder hilfsweise […], oder ganz hilfsweise einen Pauschalbetrag, der vom Gericht bestimmt wird;
  • b. diesen Lizenzsatz an Panasonic für jedes seit dem Datum der Entscheidung verkaufte Gerät zu zahlen;
  • (v) Panasonic zu verpflichten, in vollem Umfang zu kooperieren, um eine FRANDLizenz zu den von Ihrem Gericht festgelegten Bedingungen zu erwerben;

hilfsweise,

  • (vi) festzustellen, dass Oppo Anspruch auf eine Lizenz für die standardessentiellen Patente Panasonics für die 3G- und 4G-Standards zu fairen, angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen (FRAND) hat;
  • (vii) festzustellen, dass die Lizenzbedingungen für die für die 3G- und 4G-Standards essentiellen Patente Panasonics, wie sie in dem im Hauptteil dieses Schriftsatzes beschriebenen Angebot von Panasonic enthalten sind, nicht FRAND sind;
  • (viii) festzustellen, dass Panasonic eine marktbeherrschende Stellung missbraucht hat;
  • (ix) festzustellen, dass die Bedingungen einer Lizenz für die für die 3G- und 4GStandards essentiellen Patente Panasonics, wie sie im Gegenangebot von Oppo enthalten sind, das im Hauptteil dieses Schriftsatzes beschrieben ist, FRAND sind;
  • (x) Panasonic zu verurteilen, Oppo ein FRAND-Gegenangebot zu unterbreiten, das den folgenden FRAND-Lizenzsatz für das EP-Gebiet ausweist: […], oder hilfsweise […], oder ganz hilfsweise den Betrag, den das Gericht unter den Umständen des vorliegenden Falles als FRAND ansieht;

und in jedem Fall

  • (xi) Panasonic zur Zahlung der Oppo entstandenen angemessenen und verhältnismäßigen Rechtsverfolgungskosten und sonstigen Auslagen im Wege der einstweiligen Anordnung nach Regel 150 Abs. 2 zu verurteilen, wobei der Betrag zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt wird.

Die Klägerin erachtet die Klageänderung in der Replik zur FRAND-Widerklage für verspätet, die Änderung sei nicht zuzulassen, die Änderungen der Beklagten am Vertragsentwurf der Klägerin vom 22.12.2023 nicht FRAND-konform.

Die Klägerin

'erkennt an, dass ein lizenzwilliger Lizenzsucher einen Anspruch auf eine Lizenz für die standardessenziellen Patente für die 3Gund 4G-Standards zu fairen, angemessenen und diskriminierungsfreien Bedingungen (FRAND), hat' (Schriftsatz vom 22. März 2024)

und beantragt,

  • I. die Widerklage im Übrigen abzuweisen, da die Beklagten lizenzunwillig sind;
  • II. die Beklagten zu verurteilen,
    1. die Kosten und Auslagen des Verfahrens zu tragen;
    1. die Kosten vorläufig zu erstatten.

Hilfsweise,

für den Fall, dass die Widerklage zulässig sein sollte und das Gericht - entgegen der Ansicht der Klägerin -der Ansicht ist, dass die Beklagten sich in den streitgegenständlichen Verhandlungen mit der Klägerin wie lizenzwillige Vertragsparteien verhalten haben, beantragt die Klägerin,

  • III. festzustellen, dass eine Lizenz, die die patentverletzenden Benutzungshandlungen der Beklagten an dem EP 2 568 724 rechtfertigt, eine weltweite Lizenz am 3G- und 4G-(Multimode) Portfolio der Klägerin ist und dass ein Lizenzsatz für eine solche Lizenz in Höhe von […] fair, angemessen und nichtdiskriminierend ist;
  • IV. weiter hilfsweise zu dem Antrag zu III. zu erklären, welche Lizenz, die die patentverletzenden Benutzungshandlungen der Beklagten an dem EP 2 568 724 rechtfertigt, und welcher Lizenzsatz pro 3G/4G-(Multi-mode) Gerät fair, angemessen und nicht-diskriminierend (FRAND) ist;
  • V. die Beklagten zu verurteilen,
    1. an die Klägerin für von den Beklagten verkaufte und nicht lizenzierte 3G/4G(Multi-mode) Geräte, hilfsweise für verkaufte und nicht lizenzierte 3G/4G-(Multimode) Multi-mode Gerät auf dem 'EP', 'JP' und 'US' Gebiet, eine Lizenz in Höhe […] für die Vergangenheit und die Zukunft zu zahlen.
    1. hilfsweise zu V.1. an die Klägerin für von den Beklagten verkaufte und nicht lizenzierte 3G/4G-(Multi-mode) Geräte, hilfsweise für verkaufte und nicht lizenzierte 3G/4G-(Multi-mode) Geräte auf dem 'EP', 'JP' und 'US' Gebiet, eine Lizenz in Höhe entsprechend Antrag zu IV. für die vergangenen und zukünftigen Nutzungshandlungen zu zahlen.

VI. auch die weitere Widerklage abzuweisen;

Hilfsweise zu VI.

  • VII. die Widerklägerin zu 1) zu verpflichten,
    1. das Lizenzvertragsangebot der Widerbeklagten vom […] in der Fassung der Anlage KAP FRAND WK 19 - Streng vertraulich anzunehmen;

Hilfsweise zu Ziff. VII.1.,

  1. der Widerbeklagten ein Lizenzvertragsangebot in der Fassung der Anlage KAP FRAND WK 19 - Streng vertraulich zu unterbreiten;

Weiter hilfsweise zu Ziff. VII.2., der Widerbeklagten ein Lizenzvertragsangebot in der Fassung der Anlage KAP FRAND WK 19 - Streng vertraulich zu unterbreiten, mit der Maßgabe, dass Klausel 4.1 und 4.2 als solche wie nachstehend ersetzt werden:

[…]

wobei weiter hilfsweise zu Ziff. VII.3:

  1. […];

VIII. hilfsweise zu den Anträgen in Ziffer VII.1 bis VII.4 und für den Fall, dass keinem der dortigen Anträge stattgegeben werden sollte,

    1. festzustellen, dass ein williger Lizenzsucher einen Anspruch auf eine Lizenz an den für die 3G- und 4G-Standards essenziellen Patenten der Widerbeklagten zu fairen, angemessenen und diskriminierungsfreien Bedingungen (FRAND) hat, und den Lizenzsatz festzustellen, den ein lizenzwilliger Lizenzsucher, der mit den Widerklägerinnen - mit Ausnahme der Lizenzwilligkeit - in allen weiteren Punkten vergleichbar ist, für die Nutzung dieser Patente weltweit zu zahlen hat, wobei dieser FRANDLizenzsatz […] beträgt,
    • oder hilfsweise einen anderen, vom Gericht als fair, angemessen und nichtdiskriminierend angesehenen Satz beträgt
    1. vorbehaltlich des Bestehens einer FRAND-Lizenzvereinbarung die Widerklägerinnen zu verpflichten, ab dem Datum des Urteils als Pauschalbetrag den Lizenzsatz aus VIII.1 zu zahlen, […];
    1. hilfsweise einen Pauschalbetrag zu zahlen, der vom Gericht als fair, angemessen und nicht-diskriminierend bestimmt wird;
  • IX. weiter hilfsweise für den Fall, dass weder die Anträge nach Ziffer VII. noch nach Ziffer VIII. gewährt werden sollten,
    1. festzustellen, dass sich die Widerklägerinnen nicht FRAND-konform verhalten haben;
    1. festzustellen, dass die Lizenzbedingungen, hilfsweise die Lizenzgebühren, wie sie in dem Angebot von der Widerbeklagten vom […] in der Fassung der Anlage KAP FRAND WK 19 - Streng vertraulich - für eine Lizenz an den für den 3G- und 4G-Standard essenziellen Patenten der Widerbeklagten enthalten sind, FRAND sind;
    1. festzustellen, dass die Bedingungen einer Lizenz, hilfsweise die Lizenzgebühren, wie sie in dem Gegenangebot der Widerklägerin zu 1) vom […] in der Fassung der Anlage VB-FC 14 - Streng Vertraulich für eine Lizenz von Widerklägerinnen an den für den 3G- und 4G-Standard essenziellen Patenten der Widerbeklagten enthalten sind, nicht FRAND sind;
  • X. die Widerklägerinnen zu verurteilen,
    1. auch die weiteren Kosten und Auslagen des Verfahrens zu tragen, die durch die Klageerweiterung entstanden sind;
    1. auch die weiteren Kosten vorläufig zu erstatten.
    1. Die Beklagten erachten diese Anträge für unzulässig und beantragen deren Abweisung.

TATSÄCHLICHE UND RECHTLICHE STREITPUNKTE

Verletzungsdiskussion

    1. Nach Ansicht der Klägerin verletzen die Beklagten Anspruch 1 des Klagepatents unmittelbar wortsinngemäß und Verfahrensanspruch 13 mittelbar, indem sie 4Gfähige Erzeugnisse, insbesondere 4G-fähige Mobiltelefone und Smartwatches, (angegriffene Ausführungsformen) in der Bundesrepublik Deutschland, in der

Französischen Republik, der Italienischen Republik, im Königreich der Niederlande sowie im Königreich Schweden anbieten, in Verkehr bringen, gebrauchen oder zu diesen Zwecken einführen oder besitzen. Denn nach Ansicht der Klägerin erfüllen die angegriffenen Ausführungsformen bei Einsatz im 4G-Netz sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 und wenden ein Verfahren nach Anspruch 13 an.

    1. Die Beklagten hingegen sind der Ansicht, dass die angegriffenen Ausführungsformen insbesondere die Merkmale 1.1, 1.3.1, 1.3.2 und 1.3.2 nicht verwirklichten. Die Klägerin verstehe den Begriff der Sendebandbreite unzutreffend. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei die Sendebandbreite als jene Bandbreite innerhalb einer gegebenen System-Bandbreite ('system bandwidth') zu verstehen, die zwischen den Steuerkanälen gelegen ist und die mithin zum Senden von Bezugssignalen und Nutzerdaten zur Verfügung steht. Über diese Sendebandbreite, die mithin durch die System-Bandbreite abzüglich der für die PUCCH benötigten Bandbreite definiert sei, erstrecke sich das im Anspruch genannte breitbandige SRS-Signal. Gleiches gelte für die schmalbandigen SRS, die im Wege des frequency hopping verteilt würden. Anders als die Klägerin meine, würde die Sende-Bandbreite hingegen nicht durch den Anfang des ersten in der Bandbreite übersendeten SRS-Signals bis zum Ende des letzten in der Bandbreite übersendeten SRS-Signals, mithin den tatsächlich von den SRS-Signalen überdeckten Bereich, definiert. Diese Varianz der Sende-Bandbreite sei sodann auch in Merkmal 1.3.1 angesprochen.

Die Klägerin habe nicht anhand des Standards aufzeigen können, dass die Bezugssignale nach Merkmal 1.3.2 so zugeordnet würden, dass die Bezugssignale Frequenz-Ressourcen zugeordnet werden, von denen jede die geringe Bandbreite hat, die unabhängig von Änderungen der Sende-Bandbreite unveränderlich ist. Dies wird durch die Beklagten mit der Argumentation in Abrede gestellt, dass im Standard eine Änderung von CSRS eine Änderung von mSRS und damit eine Änderung der Bandbreite des Referenzsignals bewirken kann und damit die Bandbreite des Bezugssignals gerade nicht ohne Rücksicht auf CSRS fest sei.

Insbesondere könnten nach dem Standard die SRS-Signale nicht im Sinne des Merkmals 1.3.3 gleichmäßig in der Sende-Bandbreite verteilt werden. Es verblieben nach der Implementierung durch den Standard die aus dem Stand der Technik bekannten und als nachteilhaft angesprochenen Lücken zwischen den Steuerkanälen und den durch die SRS-Signale tatsächlich abgedeckten Frequenzbereichen. Die Beklagten haben zuletzt zudem darauf verwiesen, dass die von der Klägerin angesprochenen Parameter mSRS und CSRS lediglich semi-statisch zugewiesen und die Anpassung nur kürzestenfalls in 80ms-Intervallen möglich sei (Duplik Technik Rn. 83 ff.). Dahingegen ändere sich der PUCCH jede Millisekunde und die in jedem Subframe dem PUCCH zugewiesenen Daten errechne das Endgerät aus Daten, die es erst 4 Millisekunden vor dem jeweiligen Subframe von der Basisstation im Downlink erhalten habe, weshalb der geltend gemachte LTE-Standard eine Anpassung der (semi-) statischen SRS-Konfiguration an die schnell und dynamisch variierenden PUCCHs ausschließe.

    1. Die Beklagten bemängeln ferner den Vortrag der Klägerin zu den den Beklagten vorgeworfenen Verletzungshandlungen als zu unsubstantiiert. Insbesondere hätten sich die Beklagten schon seit geraumer Zeit aus dem deutschen Markt zurückgezogen.
    1. Die von der Klägerin begehrten Rechtsfolgenaussprüche seien zu weitgehend. Insbesondere sei ein Unterlassungsgebot unverhältnismäßig und überdies stünden dem Ausspruch kartellrechtliche Gründe entgegen (dazu sogleich). Die Androhung von Zwangsgeld begegne Bedenken. Sie sei schon zu hoch und daher unverhältnismäßig und hinsichtlich anderer Handlungen als Abverkäufen zu unbestimmt. Die auf Rückruf, Entfernung aus den Vertriebswegen und Vernichtung gerichteten Anträge seien bereits zu unbestimmt und gleichfalls unverhältnismäßig. Die verlangten Auskünfte seien zu weitgehend, insbesondere weil sie nur auf diejenigen Angaben zu richten seien, die für eine Schadensersatzberechnung im Wege der Lizenzanalogie nötig seien, weil der Ersatzanspruch hierauf aus kartellrechtlichen Gründen beschränkt sei. Ein Anspruch auf Offenlegung der Bücher bestehe ohnedies nicht und sei nach der Verfahrensordnung Gegenstand eines separaten Verfahrens. Für eine Veröffentlichung des Urteils bestehe kein ausreichend dargetanes Interesse. Für die Zusprechung eines vorläufigen Schadensersatzes fehle es an Darlegungen.

FRAND-Einwand

    1. Die Beklagten argumentieren, dass die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sowie der weiteren zukunftsgerichteten Ansprüche aus dem Patent ausgeschlossen seien, weil kartellrechtliche Gründe entgegenstünden.
    1. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei der FRAND-Einwand auch nicht nur am einzelnen Klagepatent festzumachen, sondern auf eine umfassende Lizenz gerichtet. Schon Art. 6 Abs. 1 S.1 Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) verlange, dass der Beklagte sich umfassend verteidigen könne, zudem folge auch aus europäischem Recht, dass der umfassende FRANDEinwand zugelassen werden müsse.
    1. Es fehle bereits an dem nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Verletzungshinweis, wie die Amicus Curiae-Eingabe der Europäischen Kommission im Verfahren vor dem Oberlandesgericht München 6 U 3824/22 Kart (Anlage VB-F 45) zeige. Erforderlich sei, dass der Verletzungshinweis formaliter in dem Anschreiben selbst die Art und Weise der Verletzung angebe - ein Verweis auf externe Dokumente reiche nicht.
    1. Die Lizenzbereitschaftserklärung sei allein als formaler Schritt zum Auftakt der Verhandlungen zu verstehen, wie auch die Europäische Kommission zutreffend darauf hinweise, dass dieser Schritt nicht mit dem erst später zu prüfenden Gegenangebot vermischt werden dürfe. Die Bereitschaft sei auch nicht in Abhängigkeit von den späteren Angeboten und Gegenangeboten zu bewerten. Die Kommission mache in ihrer Eingabe deutlich, dass zunächst das klägerische Angebot darauf hin zu prüfen sei, ob es FRAND ist. Dies entspreche auch der Sichtweise des Landgerichts Düsseldorf in seinem - durch Verfahrensbeendigung zuvor erledigten - Vorlagebeschluss an den EuGH.
    1. Das Verhalten der Klägerin sei rechtsmissbräuchlich, denn es fehle bis zur Klageerwiderung schon an einem schriftlich ausformulierten FRAND-Angebot der Klägerin. Ein Angebot der Klägerin sei erstmals in der E-Mail vom […] (Anlage VB-F 20

und 21) enthalten gewesen. Es mangele daher an einem konkreten schriftlichen Lizenzangebot vor Klageerhebung, das nach zutreffender Ansicht der Europäischen Kommission auch nicht im laufenden Verletzungsverfahren nachholbar sei. Bis zum Erlass der Vorlageanordnungen im hiesigen Verfahren seien den Beklagten auch keine Vergleichslizenzen zugänglich gemacht worden, die eine Überprüfung einer möglichen Diskriminierung der Beklagten ermöglicht hätten. Die Klägerin treffe diesbezüglich eine Darlegungslast, der sie nicht gerecht werde. Sie sei zunächst mit überzogenen Lizenzforderungen an die Beklagten herangetreten, ohne die Berechnungsgrundlage zu offenbaren oder einen Vergleich mit anderen Lizenznehmern vorzunehmen. […]

    1. Auch die Klägerin habe […].
    1. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Bewertung der Lizenzhöhevorstellungen der Klägerin verweisen die Beklagten auf das Gutachten ihres ökonomischen Sachverständigen und erläutern dieses (Anlage VB-F 18). […].
    1. Dieses Missverhältnis werde auch durch einen Vergleich mit […] und Indikatoren aus veröffentlichen Entscheidungen des UK High Court (InterDigital gegen Lenovo ([2023] EWHC 539 (Pat)) und Optis gegen Apple ([2023] EWHC 1095 (Ch)) offenbar. […]
    1. Das initiale Gutachten sei sodann nach der zwischenzeitlich erfolgten Vorlage von Vergleichslizenzverträgen durch die Klägerin auch in einem Ergänzungsgutachten bestätigt worden. Insoweit wird auf die Darstellung des Vortrags zur FRANDWiderklage und der Duplik FRAND verwiesen.
    1. Neben diesen ökonomisch abgeleiteten Argumenten bringen die Beklagten in rechtlicher Hinsicht vor, dass die Klägerin ihre marktbeherrschende Stellung auf dem Lizenzvergabemarkt entgegen Art. 102 AEUV missbräuchlich ausnutze. Die Nutzung des 4G-Standards sei essentiell, um am Markt bestehen zu können. Die Telekommunikationsanbieter hätten in Europa 2G- und 3G-Netze abgeschaltet und auch für 5G-Endgeräte sei die 4G-Abwärtskompatibilität wegen der noch unzureichenden Netzabdeckung des 5G-Netzes unverzichtbar.
    1. Der Anspruch auf eine Lizenz folge auch aus der ETSI-FRAND-Erklärung der Klägerin für die Patentfamilien des Klagepatents.
    1. Die Klägerin sei zum Ausgleich des zu den Beklagten bestehenden Informationsgefälles und daher zur inhaltlichen Erläuterung ihres Angebots verpflichtet, sodass der Implementierer es prüfen könne. Dieser Pflicht habe die Klägerin nicht genügt.
    1. Auf die Spürbarkeit der Beeinträchtigung, die die Klägerin unter Hinweis auf die MEOEntscheidung des EuGH als wesentlich bezeichne, komme es nicht an.
    1. Das Gegenangebot der Beklagten […] sei FRAND. […] Es sei zu Unrecht von der Klägerin […] zurückgewiesen worden (Anlage VB-F 40).
    1. Die Klägerin argumentiert demgegenüber , die Beklagten könnten sich nicht auf den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand berufen, da sie nicht lizenzwillig seien. Sie hätten niemals ihre Lizenzwilligkeit eindeutig erklärt, noch Auskünfte erteilt oder Sicherheit geleistet. Auch inhaltlich habe sich die Unternehmensgruppe der Beklagten nie mit den Vertragsangeboten und technischen Angaben der Klägerin in ausreichender Weise auseinandergesetzt und den technischen Austausch bewusst verzögert und immer neue Claim-charts angefordert, ohne sich mit diesen sodann angemessen zu beschäftigen.
    1. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs Den Haag (Urteil vom 24.12.2019, 200.233.178/01 - Philips/Wiko) meint die Klägerin, es sei europarechtlich nicht geboten, dass der SEP-Inhaber begründet, warum sein Angebot aus seiner Sicht FRAND-Kriterien entspricht - insbesondere seien in diesem Stadium auch keine vertraulichen Vergleichslizenzvereinbarungen zugänglich zu machen. Es müsse sich zudem nicht um ein unterschriftsreifes ausformuliertes Angebot handeln, vielmehr sei ausreichend, wenn die wirtschaftlich zentralen Punkte enthalten seien und es den Ausgangspunkt für Verhandlungen zu weiteren Details bilden könne. Sei der Nutzer nicht einverstanden, sei er in jedem Fall zur Reaktion und zu Beanstandungen

verpflichtet und müsse ein Gegenangebot unterbreiten. Auskünfte seien zu erteilen und Sicherheit zu leisten, sobald der SEP-Inhaber das Gegenangebot des Verletzers, der bereits die Erfindung nutze, abgelehnt habe. Eine Drittbestimmung komme nach der Rechtsprechung des EuGH nur im gegenseitigen Einvernehmen in Betracht, insbesondere sei die Inhaltsbestimmung durch ein staatliches Gericht keine Drittbestimmung im Sinne der EuGH-Rechtsprechung.

    1. Ein ausreichender Verletzungshinweis unter Erfassung des Klagepatents sei […] vor Klageerhebung erfolgt (Anlage KAP FRAND 1 und 2). Zudem seien jedenfalls für Familienmitglieder der Klagepatente Claim Charts übersendet worden, konkret auch für das Klagepatent […]. Die Beklagten hätten sodann nur erklärt, in Verhandlungen eintreten zu wollen, was indes ungenügend sei.
    1. Schon das erste Angebot der Klägerin […] sei erläutert worden und FRAND.
    1. Die Klägerin habe ein pauschales Gegenangebot der Beklagten […] unter Unterbreitung eines neuen Angebots (VB-F4) abgelehnt, ohne dass danach Auskünfte erteilt worden wären oder dass eine Sicherheit - zumindest einmal in der Höhe des selbst von den Beklagten für FRAND erachteten Pauschalbetrages - geleistet worden sei. Das Gegenangebot sei überdies verzögert erfolgt, […]. Dass die Beklagte nicht einmal ihrem eigenen Sachverständigen die eigenen Zahlen mitteile, sondern ihn allein auf der Basis der IDC-Daten gutachten lasse, belege, dass die Zahlen nicht als Auskunft angesehen werden könnten. Die IDC-Daten seien auch nicht ohne Weiteres für die Klägerin überprüfbar, weil dies die Registrierung eines Nutzeraccounts und die Zahlung beträchtlicher Gebühren voraussetze.
    1. Bei ihren Berechnungen seien die Beklagten von einem unzutreffenden und aus der Luft gegriffenen Anteil der Klägerin am LTE-Standard ausgegangen. Umgekehrt habe die Klägerin auf der Grundlage von Angaben aus drei unterschiedlichen unabhängigen Quellen aufgezeigt, dass die angeblichen Verkaufszahlen der Beklagten unzutreffend seien.
    1. […].
    1. Zu Unrecht seien die Beklagten der Ansicht, dass die Angebote der Klägerin nicht in den FRAND-Korridor fielen. […].
    1. Alle Angebote der Klägerin seien FRAND, […].
    1. […].
    1. Dass die Angebote der Klägerin FRAND-gemäß seien, belege auch der Vergleich mit den auf Vorlageanordnung hin vorgelegten Drittlizenzen der Klägerin […].
    1. […].
    1. Die Beklagten hätten überdies auch nicht zur Spürbarkeit vorgetragen, die die Annahme der angebliche FRAND-widrigen Lizenzangebote der Klägerin hätte.
    1. Die Gegenangebote der Beklagten seien evident nicht FRAND. […].
    1. […].
    1. […].
    1. Auch die vorangehenden Gegenangebote der Beklagten seien nicht FRAND gewesen.

FRAND-Widerklage

    1. Die Beklagten haben durch gesonderten Schriftsatz vom 21. Dezember 2023 neben ihrer Klageerwiderung und der Widerklage auf Nichtigerklärung des Klagepatents eine 'Widerklage auf Festlegung einer FRAND-Lizenzgebühr für das EP-Gebiet' erhoben.
    1. Die Beklagten argumentieren, das EPG sei nach Artikel 32(1)(a) EPGÜ für diese Widerklage, die eine Lizenz betreffe, zuständig. Ziel der Widerklage sei eine FRAND-

Lizenz zwischen den Parteien in Bezug auf das Portfolio der Klägerin betreffend standardessentielle Europäische Patente für 3G- und 4G-fähige Mobilfunkgeräte bzw. die Bestimmung des hierfür zu zahlenden Lizenzsatzes. Der so für das EP-Gebiet festgelegte Lizenzsatz solle sodann auch für die USA und Japan gelten. Für den Rest der Welt haben die Beklagten entschieden, den FRAND-Satz durch ein chinesisches Gericht festsetzen zu lassen, wo der Großteil der Herstellung sowie des Verkaufs stattfinde. Diese regionale Aufteilung finde sich auch in der bisherigen Verhandlungshistorie der Parteien wieder. Das Ersuchen um Festsetzung einer FRANDRate rechtfertige sich zudem aus den zeitlichen Verfahrensabläufen, insbesondere mit Blick auf das in UK parallel anhängige Verfahren auf Festsetzung einer FRAND-Rate mit Xiaomi.

    1. Die Beklagten hätten aufgrund der ETSI-Erklärung der Klägerin gemäß Art. 6.1 ETSI IPR Policy, die auch das Klagepatent erfasse, und dem nach ihr anwendbaren französischen Recht einen einklagbaren Anspruch als Begünstigte auf Abschluss einer FRAND-Lizenz.
    1. Der von der Klägerin angebotene Lizenzsatz entspreche nicht FRAND-Bedingungen, wie das Gutachten des Privatgutachters der Beklagten im Detail zeige. Hierzu legten die Beklagten nach Etablierung des Geheimnisschutzregimes im hiesigen Verfahren mit Schriftsatz vom 21. März 2024 im Privatgutachten verwendete Vergleichslizenzverträge (Anlagen VB-F 19 und 20) vor (App_15307/2024), ohne dass es einer zunächst noch beantragten Vorlageanordnung bedurft hätte, um ihren Vortrag zu untermauern.
    1. Der Berichterstatter hat unter anderem zur FRAND-Widerklage Hinweise in den Anordnungen vom 31. Januar 2024 (ORD_5505/2024) und vom 27. Juni 2024 (ORD_38680/2024) erteilt.
    1. Die Beklagten haben - in Ergänzung ihres in der Widerklage gehaltenen Vortrags und in Beantwortung der durch den Berichterstatter mit Anordnungen vom 31. Januar 2024 und vom 27. Juni 2024 aufgeworfenen Fragen - weiter vorgetragen. Die Beklagten stellen insbesondere klar, dass sie an eine FRAND-Bestimmung des

Spruchkörpers gebunden sein wollen. Aus diesem Grund formulierten die Beklagten ausdrücklich auf Leistung gerichtete Anträge und verfolgten auf Feststellung gerichtete Anträge hilfsweise weiter. Dies komme insbesondere in dem Hauptantrag Ziffer I. zum Ausdruck, durch den die Klägerin verpflichtet werden soll, das im Schriftsatz vertieft dargestellte Gegenangebot der Beklagten vom […] (VB-FC 14) anzunehmen, welches die Klägerin […] abgelehnt habe (VB-FC 18). Hierzu sei eine Bankbürgschaft zur Abdeckung der geschuldeten Beträge gestellt (VB-FC 19), die nunmehr zugestellt werde. Auskünfte über Benutzungshandlungen seien auf Grundlage der der Klägerin ohnedies zugänglichen IDC-Daten erteilt, die in den Gutachten ausgewertet würden (VB-FC11 und 13). Diesem Gegenangebot lägen im Wesentlichen die Vertragsbedingungen aus dem Vertragsentwurf der Klägerin zugrunde, lediglich in drei Punkten seien Modifikationen vorgenommen worden, weshalb die übrigen Vertragsbedingungen nach Ansicht der Beklagten zwischen den Parteien außer Streit stehen sollten. […]. Die Beklagten hätten einen Anspruch auf Annahme dieses Angebots, der mit dem auf Leistung gerichteten Hauptantrag I.1 verfolgt werde. Durch diesen solle die Klägerin verpflichtet werden, das Angebot der Beklagten anzunehmen. Dem könne die Klägerin nicht entgegenhalten, dass FRAND ein Korridor sei und daher kein Anspruch auf den Abschluss genau eines konkreten Vertragsangebots bestehen könne.

    1. Umgekehrt verpflichteten sich die Beklagten auch verbindlich, ein Angebot der Klägerin anzunehmen (VB-FC 20), wenn ein Ausspruch gemäß den Anträgen I.2 oder .3 erfolge. Dabei berücksichtige insbesondere Antrag I.3, dass die Beklagten noch ein weiteres Verfahren auf Festsetzung der FRAND-Rate für den Rest der Welt (neben den hier geltend gemachten Festsetzungen für die EP-Staaten, die USA und Japan) vor dem Beijing Intellectual Property Court in China anhängig gemacht hätten. Die Beklagten verpflichteten sich auch, die dort festgesetzte weitere (Teil-)Lizenzrate anzunehmen.
    1. Eine solche Aufteilung der Lizenzhöhenbestimmungen sei auch sachgerecht. Es handele sich um eine weltweite Lizenz, bei der lediglich die Festlegung der Höhe den jeweils sachnächsten Gerichten - einmal dem EPG für das EP-Gebiet, Japan und USA, einmal dem Gericht in Beijing für den Rest der Welt - überantwortet werde […].
    1. Die FRAND-Widerklage sei nach dem Verständnis der Beklagten unabhängig von der Verletzungsklage erhoben. Sie werde nicht abhängig davon erhoben, dass das vorliegende Klagepatent verletzt und rechtsbeständig ist. Zudem gehe der Gegenstand der Widerklage weit über den Gegenstand der Patentverletzungsklage hinaus, weil die Widerklage auf eine globale Portfoliolizenz gerichtet sei. Dass das EPG für die FRANDWiderklage zuständig sei, stehe argumentativ zwischen den Parteien nicht im Streit, überdies habe die Klägerin keinen Einspruch nach Regel 19 VerfO erhoben.

Die Klägerin werfe den Beklagten zu Unrecht Lizenzunwilligkeit vor, analysiere das Sachverständigengutachten der Beklagten unzureichend und mache die Art und Weise des 'Unpacking' der vorgelegten Vergleichslizenzverträge nicht hinreichend transparent. Umgekehrt bestätige das weitere Sachverständigengutachten der Beklagten, welches nunmehr die vorgelegten Vergleichslizenzverträge analysiere, dass das Angebot der Klägerin außerhalb des FRAND-Korridors liege.

    1. Die vom Privatgutachter der Beklagten gezogenen Schlüsse würden auch nach Vorlage der drei Vergleichslizenzverträge durch die Klägerin untermauert. […].
  1. […]

  2. […]

  3. […]

  4. […].

    1. Die rechtlichen Ansichten der Klägerin zur ETSI-FRAND-Declaration seien verfehlt, denn hieraus folge ein durchsetzbarer Anspruch auf eine FRAND-Lizenz und auf direkte Erfüllung. Die Beklagten seien auch als lizenzwillige Parteien begünstigt.
    1. Die Anträge der Klägerin in ihrer Erwiderung auf die FRAND-Widerklage seien unzulässig.
    1. Der Berichterstatter hat ein Schreiben des UK High Court, Just. Richard Meade, welches die Lokalkammer erreicht hat und über die geplanten Verfahrensabläufe vor dem High Court informiert, zur Kenntnis gebracht (ORD_44583/2024).
    1. Zuletzt haben die Beklagten die zusammen mit der Klageerwiderung und der Nichtigkeitswiderklage eingereichte Widerklage auf Festlegung einer FRAND-Gebühr mit den oben referierten neu gefassten Anträgen verfolgt. Die geänderte Antragsfassung wurde vom Berichterstatter zugelassen. Sie haben ausgeführt, die ursprünglich eingereichte Antragsfassung gleichfalls zusätzlich weiterzuverfolgen, falls den neu gefassten Anträgen nicht stattgegeben werden könne. Diese werden daher als weitere Gruppe von Hilfsanträgen wiedergegeben.
    1. Die Klägerin erkennt an, dass ein lizenzwilliger Lizenzsucher im Grundsatz einen Anspruch auf eine FRAND-Lizenz hat, die den 3G- und 4G-Standard betrifft. Dieser lasse sich aus Art. 102 AEUV bzw. aus der ETSI-Erklärung ableiten. Die Beklagten seien jedoch nicht lizenzwillig. Daher fehle es bereits am Rechtsschutzbedürfnis für die FRAND-Widerklage. Vorrangig habe es den Beklagten oblegen, außergerichtlich alle erforderlichen Schritte zu unternehmen, um eine Lizenz zu erwerben - vorher sei die Inanspruchnahme der Gerichte nicht zulässig. Bereits aus der ETSI-IPR-Policy folge, dass die Pflicht bestehe, in gutgläubige Verhandlungen über den Abschluss einer FRAND-Lizenz einzutreten. Hieran fehle es bei den Beklagten. Auch aus Art. 102 AEUV folge nichts Anderes. Die fehlende Lizenzwilligkeit zeige sich schon daran, dass sie weder Auskünfte erteilt, noch Sicherheit geleistet hätten.
    1. Die die rechtswidrigen Benutzungshandlungen rechtfertigende Lizenz sei allein eine weltweite Portfoliolizenz, die Argumentation der Beklagten hierzu in sich widersprüchlich. Das EPG sei dabei nicht nur mit Blick auf entgegengehaltene, bereits existente Lizenzen zuständig, sondern auch für Widerklagen, die in Bezug auf erst noch zu erteilende Lizenzen gerichtet seien. Die Widerklage könne sich dabei nur auf eine Lizenz am jeweiligen Klagepatent richten, soweit die Widerklage dagegen Lizenzen am

Portfolio für das gesamte Gebiet des EPÜ geltend mache, sei die Widerklage jedenfalls teilweise unzulässig.

    1. Weder hätten die Beklagten einen Anspruch auf Festlegung einer vollständigen Lizenzvereinbarung durch das Gericht, noch auf eine bestimmte FRAND-Gebühr, weil FRAND ein Korridor sei - daher folge auch aus der ETSI-Erklärung kein so konkret bestimmbarer Leistungsanspruch auf eine bestimmte Ausgestaltung. Die ETSIErklärung sei ohnedies kein bindendes Angebot, sondern nur ein Vertragsversprechen - der Vertrag aber ein hiervon zu trennendes Rechtsgeschäft. Das EPG sei auch kein zur Bestimmung der Lizenzgebühren berufener Dritter im Sinne der Rechtsprechung des EuGH in der Sache Huawei vs. ZTE (dort Rn. 68).
    1. Die zunächst in der Widerklage gestellten Anträge seien auch zu unbestimmt, anders als die vorliegend im Rahmen der Widerklage gestellten Anträge der Klägerin zu III - V.
    1. Die Klägerin rügt in ihrer Duplik zur FRAND-Widerklage zudem, dass die Beklagten ihren Vortrag zu ihren Privatgutachten nicht schriftsätzlich ins Verfahren einführen würden, sondern in ungenügender Weise auf das Parteigutachten verwiesen, was unzureichend sei.
    1. Das vorliegende Verfahren zur Bestimmung einer FRAND-Lizenz stehe nunmehr in Widerspruch zu einem in Mailand, Italien seitens einer exklusiv für Italien zuständigen Vertriebspartnerin der Beklagten vor dem nationalen Gericht eingeleiteten FRANDBestimmungsverfahren.
    1. Das Lizenzangebot der Beklagten vom […] sei schon deshalb nicht FRAND, weil darin die Aufteilung der FRAND-Bestimmung zwischen verschiedenen Gerichten vorgeschlagen werde, was nicht FRAND-konform sei. Angemessen sei die Bestimmung einer weltweiten FRAND-Rate.
    1. Die Sicherheitsleistung der Beklagten sei nicht angemessen und sei ca. drei Jahre zu spät erfolgt, […]. Es sei auch in der Höhe zu geringe Sicherheit angeboten und diese an inhaltlich im Insolvenzfall unzumutbare Bedingungen geknüpft, weil einem Verwalter weder der Abschluss eines Lizenzvertrages sicher möglich sei noch eine rechtsverbindliche gerichtsförmige Festlegung eines FRAND-Satzes im Falle einer Insolvenz gewährleistet sei.
    1. Auskunft sei weiterhin nicht geleistet, die IDC-Daten seien unzureichend.
    1. Das Parteigutachten der Beklagten sei methodisch verfehlt, [….].
    1. […].
    1. […].
    1. Die Vergleichslizenzverträge der Beklagten seien schon nicht relevant und zudem würden sie vom Gutachter der Beklagten fehlerhaft herangezogen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstoffes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Zuständigkeit

    1. Die Zuständigkeit der Lokalkammer Mannheim des Einheitlichen Patentgerichts für die Verletzungsklage und Nichtigkeitswiderklage ergibt sich aus Art. 31 EPGÜ i.V.m. Art. 71b Nr. 1 VO (EU) 1215/2015, Art. 32(1)(a), (e) EPGÜ und Art. 33(1)(a) EPGÜ. Die Beklagten haben die Verletzungshandlungen nach dem substantiierten Klägervortrag auch auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland begangen. Ihren gegen die Zuständigkeit gerichteten Einspruch haben die Beklagten - wenngleich unter Protest in der mündlichen Verhandlung nach Hinweis des Spruchkörpers auf die wohl

bestehende Widersprüchlichkeit, einerseits das Gericht grundsätzlich für unzuständig zu erachten und andererseits im Zusammenhang der kartellrechtlichen Auseinandersetzung zwischen den Parteien dennoch auf Bestimmung einer FRANDRate durch dieses für unzuständig erachtete Gericht anzutragen, zurückgenommen. Die Lokalkammer Mannheim ist auch für die FRAND-Widerklage zuständig (vgl. unten).

Formalien des Klagepatents

    1. Die Klägerin stützt die von ihr mit der Verletzungsklage verfolgten Ansprüche auf das Europäische Patent EP 2 568 724 B1 ('Klagepatent') betreffend eine Funkkommunikationsvorrichtung und ein Funkkommunikationsverfahren, das am 13. August 2008 angemeldet wurde und die Priorität der JP 2007211548 vom 14. August 2007 sowie die Priorität der JP 2008025535 vom 5. Februar 2008 in Anspruch nimmt. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 17. Dezember 2014 veröffentlicht. Das Klagepatent steht unter anderem in der Bundesrepublik Deutschland, in der Französischen Republik, der Italienischen Republik, im Königreich der Niederlande sowie im Königreich Schweden in Kraft.

Technischer Kontext des Klagepatents und Problemstellung

    1. Das Klagepatent befasst sich mit einer Lösung eines technischen Problems im Kontext des LTE-Standards. Übereinstimmend schildern die Parteien die konkrete Problemstellung dahin, dass das Klagepatent sich mit dem Uplink-Signalverkehr von einer Funkkommunikationsvorrichtung zum Netzwerk in einer Funkzelle befasst. Hierbei wird im Besonderen der Anwendungsfall beleuchtet, dass sich eine solche Vorrichtung nicht im Kern der Funkzelle befindet, sondern in deren Randbereich. Dabei schildert es das Klagepatent als bekannt, dass die für die Übertragung einer Signalisierung vorhandene Energie abnimmt und Übertragungsverluste auftreten, wenn die Kommunikationsvorrichtung am Zellrand verortet ist. Die geschilderten Probleme stellen sich insbesondere auch mit Blick auf Referenz- bzw. Bezugssignale, die der netzwerkseitigen Abschätzung der Kanalqualität im Uplink dienen (auch sog.: SRS (Sounding Reference Signals)-Signale). Überdies dienen die Bezugssignale der Abschätzung des Zeitversatzes zwischen Basisstation und Mobilstation. Hierbei ist dem

einschlägigen Fachmann vorbekannt, dass die Referenzsignale eine bestimmte Mindestgröße aufweisen müssen, um für die Beurteilung des Zeitversatzes brauchbar zu sein und daher etwa nicht lediglich 1 RB (Resource block) groß sein dürfen. Dies spricht das Klagepatent in Abschnitt [0005] an, wo es eine bestimmte Mindestgröße des Referenzsignals anspricht. Im Folgenden konzentriert sich das Klagepatent auf die Abschätzung der Kanalqualität im Uplink, der anhand der SRS-Signale zu bestimmen ist. Bereits aus dieser Abhängigkeit der Kanalqualität und Übertragungs- und Energieverluste vom Standort der Nutzervorrichtung (UE = User Equipment) ist dem Fachmann klar, dass die angesprochenen Signalisierungen nicht abstrakt generell zu betrachten sind, sondern mit Blick auf das konkrete UE. Entsprechend schildert das Klagepatent, dass ein UE, welches sich im Kern der Funkzelle aufhält, genügend Energie hat, um ein SRS-Signal zu senden, welches als Breitbandsignal ausgestaltet ist (Abschnitt [0004]). Wenn diese Energie nicht ausreichend vorhanden ist, werden hingegen schmalbandige SRS-Signale zur Kanalabschätzung verwendet. Aus diesem Zusammenhang ist der Fachperson einsichtig, dass die entsprechenden Abstimmungen und Anordnungen netzwerkseitig ausgeführt werden und nicht durch das UE selbst, denn allein das Netzwerk ist auf der Grundlage der vom UE im Uplink übersendeten Signale in der Lage, die erforderlichen Entscheidungen hinsichtlich der in der jeweiligen konkreten Anwendungssituation optimalen Konfiguration und der sich hieraus ergebenden Signalisierung zu treffen.

    1. Weiter schildert das Klagepatent, dass im LTE-Standard ein Steuerkanal PUCCH (Physical Uplink Control Channel) im Wege des Frequenzmultiplex an beiden Enden des Systembandes verortet ist. Die SRS-Signale würden daher in der Systembandbreite abzüglich der PUCCH gesendet (Abschnitt [0006]). Die Breite der Steuerkanäle sei variabel in Abhängigkeit der Menge an Kontrolldaten, die bewältigt werden müssten. Daher variiere mit der Varianz der Kontrollkanäle auch die SRS-Sendebandbreite. Hierbei definiert das Klagepatent in Abschnitt [0007], dass es die von einem einzelnen SRS-Signal beanspruchten Frequenzressourcen als SRS-Bandbreite bezeichnet und die Mehrzahl der übersendeten SRS-Signale als SRS-Sende-Bandbreite.
    1. Das Klagepatent stellt sich die technische Aufgabe, eine Problemlösung dafür anzubieten, dass die SRS-Sende-Bandbreite mit der Veränderung der Bandbreite der PUCCH-Kanäle variiere. Allerdings solle auch über die sich so verändernde Bandbreite, in der die Nutzdaten zusammen mit den SRS-Signalen im PUSCH (Physical Uplink Shared Channel)-Kanal gesendet werden, eine möglichst gute Abschätzung der Kanalqualität durch schmalbandige SRS-Signale ermöglicht werden. Hierbei stelle sich im Stand der Technik das Problem, dass die SRS-Signale bei sich verändernder Bandbreite der PUCCH-Kanäle mit diesen überschneiden könnten, was zu Signalverlusten führe. Dem Fachmann ist dabei geläufig, dass besonders Signalverluste in der Steuerung der Verbindung zu verhindern sind. Aus diesem Grund sind die PUCCH-Kanäle in LTE auch an den beiden Enden der Systembandbreite angeordnet und nicht etwa in deren Mitte, wo Kollisionen wahrscheinlicher sind. Um Interferenzen zwischen den SRS-Signalen und den PUCCH-Kanälen zu vermeiden, schildert das Klagepatent als Lösungsansätze als vorbekannt, entweder die Sendung von SRSSignalen von vornherein nur auf den Bandbereich zu beschränken, der verbleibt, wenn die PUCCH die netzwerkseitig festgelegte maximale Bandbreite einnehmen (vgl. Abschnitt [0009] und Figur 2). Diese Lösung weise indes den Nachteil auf, dass größere Bereiche des Bandes, in dem die SRS-Signale und Nutzerdaten gesendet werden können, nicht von den SRS-Signalen abgedeckt seien, wenn die PUCCH nicht die maximale Größe aufwiesen, sondern nur eine geringere Auslastung hätten. Hierdurch werde die Güte der Abschätzung der Übertragungsqualität gemindert. Wenn umgekehrt von der minimalen Größe der PUCCH ausgegangen werde, komme es zu Interferenzen mit den SRS-Signalen (Figur 3A und B).
    1. Als weitere Lösung sei bekannt gewesen, im Fall einer Überlappung der SRS mit dem PUCCH die Übertragung des SRS-Signals zu stoppen. Allerdings sei als Folge wiederum ein Bereich, der nicht durch ein SRS-Signal abgedeckt sei. Dies verringere wieder die Güte der Abschätzung der Kanalqualität (vgl. Abschnitt [0011] und Figur 4A und 4B). Beide Lösungsansätze bringen es daher mit sich, dass ein größerer Bereich der Bandbreite, die für eine möglichst gute Kanalqualitätsabschätzung bestmöglich unter den gegebenen Randbedingungen, unter denen nur schmalbandige SRS im Wege des

frequency hopping gesendet werden können, abgedeckt sein sollte, nicht abgedeckt sind und sich dadurch die Qualität der Abschätzung verschlechtert.

    1. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Klagepatent eine Funkkommunikationsvorrichtung nach Anspruch 1 und ein Funkkommunikationsverfahren nach Anspruch 13 vor. Die Merkmale des Anspruchs 1 lassen sich wie folgt gliedern:
1. Funkkommunikationsvorrichtung (200)
1.1 Die Funkkommunikationsvorrichtung, die so konfiguriert werden kann, dass sie ein Bezugssignal mit einer Sende-Bandbreite in einer gegebenen System-Bandbreite sendet, wobei beiden Enden derselben [System- Bandbreite] Steuerkanäle zugeordnet sind und die Sende-Bandbreite zwischen den Steuerkanälen liegt, oder dass sie Bezugssignale mit einer geringen Bandbreite mit Frequency Hopping sendet
1.2 Die Funkkommunikationsvorrichtung umfasst eine Zuordnungseinheit (202), die so konfiguriert ist, dass sie die Bezugssignale Frequenz- Ressourcen zuordnet
1.3 Die Funkkommunikationsvorrichtung umfasst eine Sendeeinheit (204), die so konfiguriert ist, dass sie die zugeordneten Bezugssignale sendet
1.3.1 Die Sende-Bandbreite variiert in der gegebenen System-Bandbreite
1.3.2 Die Zuordnungseinheit ordnet die Bezugssignale so zu, dass die Bezugssignale Frequenz-Ressourcen zugeordnet werden, von denen jede die geringe Bandbreite hat, die unabhängig von Änderungen der Sende-Bandbreite unveränderlich ist
1.3.3 Die Frequenz-Ressourcen werden entsprechend der Änderung der Sende-Bandbreite gleichmäßig in einem Frequenzband der Sende- Bandbreite verteilt

Auslegung des Patentanspruchs

Einige Merkmale bedürfen der näheren Erläuterung:

Merkmal 1.1

    1. Merkmal 1.1 bringt zum Ausdruck, dass die Funkkommunikationsvorrichtung entsprechend der Vorgaben des Anspruchs konfiguriert werden kann (in der maßgeblichen Verfahrenssprache des Klagepatents: 'configurable to'). Aufgrund der zuvor beschriebenen Zusammenhänge erkennt der Fachmann, dass es damit hinreichend ist, wenn die Vorrichtung durch netzwerkseitige Vorgaben entsprechend eingerichtet werden kann. Nicht erforderlich ist hingegen, dass die Vorrichtung stets entsprechend konfiguriert sein muss. Aufgrund des Umstandes, dass die Lösung im Kontext sich in der Funkzelle bewegender, und damit unterschiedlichen Rahmenbedingungen unterliegender Vorrichtungen ansetzt, ist dem Fachmann klar, dass gewisse Determinierungen der Kommunikation netzwerkseitig vorgegeben werden. So ist der Fachperson geläufig, dass die Bandbreite, die für die Steuerkanäle nötig ist, netzwerkseitig aufgrund des netzwerkseitig zu bestimmenden Bedarfs, Steuerinformationen zu senden, festzulegen ist. Entsprechend ist die Varianz der Bandbreite der PUCCHs netzwerkseitig determiniert. Die Vorrichtung muss nach Merkmal 1.1 dazu in der Lage sein, entsprechend der netzwerkseitig vorgenommenen Rahmenbedingungen zu operieren und die weiteren Elemente der Erfindung umzusetzen.
    1. Die Fachperson versteht im Zusammenhang des Klagepatents den Begriff der Sendebandbreite ('transmission bandwidth') entgegen der Ansicht der Klägerin als jene Bandbreite, innerhalb einer gegebenen System-Bandbreite ('system bandwidth'), die zwischen den Steuerkanälen gelegen ist und die mithin zum Senden von Bezugssignalen und Nutzerdaten zur Verfügung steht. Über diese Sendebandbreite, die mithin durch die System-Bandbreite abzüglich der für die PUCCH benötigten Bandbreite definiert ist, erstreckt sich das im Anspruch genannte breitbandige SRS-Signal. Über eben diesen Bereich werden in dem Fall, dass keine

genügende Energie vorhanden ist und daher kein Breitband-SRS gesendet werden kann, die schmalbandigen SRS im Wege des frequency hopping verteilt. Anders als die Klägerin meint, wird die Sende-Bandbreite hingegen nicht durch den Anfang des ersten in der Bandbreite übersendeten SRS-Signals bis zum Ende des letzten in der Bandbreite übersendeten SRS-Signals, mithin den tatsächlich von den SRS-Signalen überdeckten Bereich, definiert. Für eine solche Auslegung findet der Fachmann in der Schrift keine Stütze. Vielmehr beschreibt bereits Abschnitt [0006]:

'Accordingly, an SRS is transmitted in the band subtracting the PUCCHs from the system bandwidth.'

Dieses Verständnis findet die Fachperson bei der Lektüre der Beschreibung, die zur Auslegung des Anspruchs heranzuziehen ist (UPC_CoA_1/2024, Rn. 35), bestätigt. Hingegen findet sich keine Stütze für die von der Klägerin vertretene Auslegung. An keiner Stelle wird beschrieben, dass die Sendebandbreite sich - aufgrund welcher Umstände auch immer - nur vom Anfang der Frequenz des ersten schmalbandigen SRSSignals bis zum Ende der Frequenz des letzten schmalbandigen SRS-Signals erstreckt und sich mithin zwischen den PUCCHs zu beiden Enden und Anfang und Ende der Sendebandbreite ein nicht als Sendebandbreite zu verstehender Frequenzbereich ergäbe. Zwar mag der Fachperson vorstellbar sein, dass in der Frequenz auch andere Signalisierungen wie etwa ein RACH (Random Access Channel) lokalisiert sein könnten - für die vom Klagepatent entwickelte Lösung werden solcherlei Optionen jedoch nicht in den Blick genommen. Vielmehr liegt allen Ausführungsbeispielen zugrunde, dass sich die SRS transmission bandwidth durch Subtraktion der PUCCH transmission bandwidth von der system bandwidth ergibt (vgl. Abschnitt [0027] bzgl. Ausführungsbeispiel 1 auf das alle weiteren Ausführungsbeispiele sich rückbeziehen ('on the SRS transmission bandwidth obtained by substracting the PUCCH transmission bandwidth from the system bandwidth'), so etwa [0034]: 'different from … Embodiment 1 only in SRS allocation determination section in the basis station'; entsprechend [0045], [0054], [0058], [0061], [0066]). Es besteht damit ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Varianz der Steuerkanäle und der Größe der Sendebandbreite. Nichts anderes folgt auch aus Abschnitt [0072], der gleichfalls darauf abhebt, dass die Sendebandbreite in Abhängigkeit der Varianz der PUCCHs definiert ist, auch wenn es sich hierbei um ein spezifisches zugewiesenes Frequenzband handeln mag. Auch die nach den Merkmalen 1.3.2 und 1.3.3 Verteilung der SRS-Signale durch die Zuordnungseinheit erfolgt sinnfällig in der zunächst bestimmten zur Verfügung stehenden Sende-Bandbreite zwischen den Steuerkanälen. Diese Varianz der Sende-Bandbreite ist sodann auch in Merkmal 1.3.1 angesprochen.

Merkmal 1.3.2

    1. Nach dem Wortlaut von Merkmal 1.3.2 sind die Bezugssignale geringer Bandbreite ('narrow bandwidth reference signals') unabhängig von den Änderungen der SendeBandbreite unveränderlich. Der Fachmann versteht die Unveränderlichkeit der SRSSignale in dieser Hinsicht als einen zentralen Aspekt der vorgeschlagenen Lösung. Denn er erkennt sie gerade darin, einer Varianz in der Breite der Steuerkanäle und der hierdurch ausschließlich bestimmten Sende-Bandbreite gerade mit einer Verteilung von SRS-Signalen zu begegnen, die für sich genommen jeweils unveränderlich sind. Sie sind gerade nicht ihrerseits in der Bandbreite, die sie jeweils (je einzelnem SRS-Signal) im Frequenzbereich beanspruchen, veränderlich. Die SRS Signale sind etwa in Abschnitt [0068] angesprochen:

'In this way, according to the present embodiment, in accordance with an increase and decrease of the number of PUCCH channels, SRS allocation is changed such that a CQI estimation bandwidth is covered with fixing SRS bandwidths evenly.'

Soweit die Klägerin auf Abschnitt [0073] hinweist, der eine die Qualitätsschätzung nicht störend beeinflussende Varianz von ±1 bis 2 Resource Blocks für tolerierbar erklärt, nachdem zuvor die Ausführungsbeispiele jeweils nur mit unveränderlichen SRS-Signalen beschrieben wurden, kann angesichts des eindeutigen Anspruchswortlauts, der die geringe Bandbreite ohne Einschränkung als unveränderlich festlegt, hieraus keine Relativierung des Unveränderlichkeitskriteriums abgeleitet werden. Die Größe der schmalbandigen SRS-Signale ist in der Schrift nur nach unten hin dadurch begrenzt, dass sie mindestens 1/Δt betragen muss, um den Zeitversatz abschätzen zu können (vgl. Abschnitt [0005]). In der in Abschnitt [0008] referenzierten Schrift (Anlage VB-T D3) wird nach dem 3. Spiegelstrich im letzten

Absatz im Abschnitt 3 beschrieben, dass die minimale Bandbreite 1,25 MHz ist, um den Zeitversatz im Uplink abschätzen zu können. Dies entspricht, wie der angesprochenen Fachperson bekannt ist, 6 RBs. Eine Varianz von bis zu 2 RBs liest der Fachmann mithin nicht in die schmale Bandbreite des SRS-Signals mit hinein, weil dies sonst dazu führen könnte, dass das schmalbandige SRS nicht mehr die Funktion erfüllen kann, zugleich den Zeitversatz abschätzen zu können. Gegen eine Varianz innerhalb einer bestimmten Toleranz spricht auch das in der Figur 13B gezeigte erfindungsgemäße Beispiele, in dem die SRS-Signale teils überlappen, aber dennoch trotz der für die Qualitätsabschätzung nicht erforderlichen Überlappung nicht in der Größe angepasst werden, sondern auch für diesen speziellen Fall unveränderlich bleiben. Daher sprechen Wortlaut und funktioneller Zusammenhang innerhalb des Anspruchs dagegen, eine gewisse Veränderlichkeit der schmalbandigen SRS-Signale als anspruchsgemäß anzuerkennen.

Merkmal 1.3.3

    1. Die nach Merkmal 1.3.2 unveränderlichen schmalbandigen SRS-Signale sollen nach Merkmal 1.3.3 gleichmäßig in einem Frequenzband der Sende-Bandbreite verteilt werden (vgl. etwa [0032]: Then, as shown in Fig. 8, the positions where SRSs are ferquency-multiplexed in the SRS transmission bandwidth are positions to cover the SRS transmission band evenly, that is, the frequency band subject to CQI estimation.' Und [0068]: 'a CQI estimation bandwidth is covered with fixing SRS bandwidths evenly'). Die Schrift erhellt dem Fachmann in der Beschreibung und den Figuren, dass technisch-funktional keine vollständige Überdeckung der Sende-Bandbreite durch SRS-Signale erforderlich ist. Vielmehr versteht der Fachmann, dass kleinere Lücken in der Abdeckung zwischen den SRS-Signalen oder zwischen dem ersten bzw. letzten SRS und dem PUCCH für die Abschätzung der Kanalqualität hinnehmbar sind. Es sollen hingegen keine größeren Abdeckungslücken bestehen, die am Stand der Technik gerade kritisiert werden. Die Verteilung soll mithin dazu führen, dass stattdessen

allenfalls mehrere kleine, nicht durch SRS-Signale abgedeckte Frequenzbereiche innerhalb der Sende-Bandbreite verbleiben (siehe auch die Figuren 8, 10, 11, 13, 14).

    1. Die vorstehenden Ausführungen gelten in gleicher Weise für die Auslegung des Verfahrensanspruchs 13.

Rechtsbeständigkeit des Klagepatents

    1. Das Klagepatent erweist sich vor dem Hintergrund dieses Anspruchsverständnisses als rechtsbeständig, weshalb die Nichtigkeitswiderklage abzuweisen war.
    1. Damit kann im Ergebnis offenbleiben, ob die von den Beklagten erstmals in ihrer Replik zur Nichtigkeitswiderklage angeführte Schrift VB-T-15 berücksichtigungsfähig war. Die Schrift ist aus dem gegen Xiaomi geführten Parallelverfahren UPC_CFI_219/2023 betreffend das nämliche Klagepatent gegen den Rechtsbestand angeführt. Allerdings gibt der Fall dennoch Anlass, die Ansicht des Spruchkörpers zum Ausdruck zu bringen, dass grundsätzlich der Nichtigkeitswiderkläger gehalten ist, seine Angriffe bereits mit der Nichtigkeitswiderklage vorzubringen (Regel 25.1(b), (c), (d), (g) VerfO). Er kann neue Angriffe allenfalls im Einzelfall führen, wenn er substantiierten Vortrag dazu hält, dass und warum es ihm nicht möglich war, den entsprechenden Angriff bereits in der Nichtigkeitswiderklage zu führen. Denn auf neuen Stand der Technik muss der Patentinhaber seinerseits Gelegenheit erhalten, unter Umständen mit den erforderlichen Änderungen der Patentansprüche zu reagieren. Solche Anträge sind allerdings gemäß Regel 30.2 VerfO nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Gerichts zuzulassen. Entsprechend sieht auch Regel 32.2 VerfO nur vor, dass der Nichtigkeitswiderkläger auf einen Änderungsantrag des Patentinhabers mit den in Regel 44(d) bis (h)VerfO enthaltenem Vorbringen reagieren kann und alternativ zur Nichtverletzung argumentieren kann. Hingegen ist im Grundsatz nicht vorgesehen, dass der Nichtigkeitswiderkläger ohne Veranlassung durch den Änderungsantrag des Patentinhabers neu recherchierten Stand der Technik in das Verfahren einführt, den er bislang noch nicht recherchiert hatte. Dieser Stand der Technik ist vielmehr regelmäßig nach Regel 9.2 VerfO nicht mehr zu berücksichtigen.
    1. Im vorliegenden Fall mag zudem zu berücksichtigen sein, dass der von den hiesigen Beklagten recherchierte Stand der Technik der Klägerin aus dem Nichtigkeitsangriff der Beklagten des Parallelverfahrens bekannt war und sie dort innerhalb des Fristenregimes ausreichend Gelegenheit hatten, sich mit dem Stand der Technik zu befassen, zumal grundsätzliche Abweichungen in den Würdigungen des nämlichen Stands der Technik durch die hiesigen Nichtigkeitskläger nicht dargetan oder sonst ersichtlich wären. Jedenfalls aber kann die Frage vorliegend unbeantwortet bleiben, nachdem die Schrift ohnedies nicht neuheitsschädlich iSv Art 54 EPÜ und keine Nichtigkeit nach Art. 138(1)(a) EPÜ begründen kann.

Keine unzulässige Erweiterung

    1. Das Klagepatent ist vor dem Hintergrund dieser Auslegung nicht unzulässig iSv Art. 138(1)(c), 76(1), 65(2) EPÜ erweitert.
    1. Die Beklagten vertreten ihren Nichtigkeitsangriff unter der Prämisse, dass der klägerischen Auslegung des Patentanspruchs hinsichtlich der klagepatentgemäßen Sende-Bandbreite gefolgt wird. Diesem Auslegungsansatz folgt der Spruchkörper wie zuvor geschildert indes nicht.
    1. Soweit die Beklagten ihren Angriff damit begründen, dass die klagepatentgemäße Lehre aufgrund des Weglassens der in der Stammanmeldung offenbarten 'generation section' sowie der 'unit of transmission' unzulässig erweitert sei, folgt der Spruchkörper dieser Ansicht nicht. Wie die Klägerin zutreffend dargelegt hat, wird in der Stammanmeldung in Abschnitten [0101 ff.] bzw. [0102 ff.] klar, dass es nicht erforderlich ist, die angesprochene Funktionalität einer 'generation section' in einer bestimmten physischen Weise auszufüllen. Dass ein Bezugssignal für die Zwecke der Lehre bereitzustellen ist, kommt im Anspruch hinreichend zum Ausdruck. Gleiches gilt für die von den Beklagten im Anspruch vermisste 'unit of transmission'.

Stammanmeldung und Klagepatent zeigen in Abschnitten [0097] bzw. [0098], dass diese Funktionalität nicht in einer bestimmten Einheit verwirklicht sein muss.

Kein Entfall der in Anspruch genommenen Prioritäten

    1. Die Beklagten begründen den Wegfall der in Anspruch genommenen Prioritäten des Klagepatentes in gleicher Weise wie den Angriff der unzulässigen Erweiterung. Aus den nämlichen Gründen verfängt die Argumentation nicht. Die Prioritäten sind wirksam in Anspruch genommen.

Neuheit gegenüber VB-T D15 (EP 2 129 022 A1)

    1. Die Entgegenhaltung wurde am 2. Dezember 2009 veröffentlicht und beansprucht Prioritäten vom 15. Februar 2007 und 23. März 2007. Sie stellt damit ein älteres Recht dar, das nach Art. 54(3) EPÜ zur Prüfung der Neuheit herangezogen werden kann. Zweifel an der rechtmäßigen Beanspruchung der Priorität der JP 2007077900 sind nicht dargetan und auch nicht ersichtlich - das Dokument enthält den nämlichen Offenbarungsgehalt.
    1. Der technische Hintergrund der Schrift betrifft die Auflösung des Konfliktes zwischen den Kanälen PUCCH, PRACH und dem SRS-Signal in einem SC-FDMA Schema im Uplink, also durch ein striktes Frequenzmultiplexverfahren von PUCCH und PUSCH, wobei - in Erweiterung der klagepatentgemäßen Aufgabe - im PUSCH Datenkanal zusätzlich noch der Konflikt zwischen PRACH und SRS-Signal gelöst wird (Abschnitt [0012]).
    1. Im Unterschied zum Klagepatent, das den Konflikt zwischen SRS und PUCCH ausschließlich durch Frequenzmultiplex, also durch strikt getrennte Frequenzbereiche löst und sich zum Zeitbereich nicht verhält, ist bei der Entgegenhaltung der Steuerkanal PUCCH in zwei Typen ausgeprägt. Einerseits als Kanal, der vom Datenkanal PUSCH im Zeitmultiplex getrennt vorliegt, und

andererseits als Steuerkanal PUCCH, der vom Datenkanal PUSCH im Frequenzmultiplex getrennt ist (Abschnitt [0007]).

    1. Somit ergibt sich in dieser Hinsicht eine Erweiterung gegenüber der klagepatentgemäßen Aufgabe, da gemäß der Lehre der Entgegenhaltung die Konflikte vollständig sowohl im Frequenzbereich (Figuren 4 bis 6) als auch im Zeitbereich (Figuren 7 und 8) zu lösen sind. Allerdings ist dem Fachmann auch eine sich allein auf den Frequenzbereich fokussierende Lösung in der Schrift vorgestellt (vgl. Abschnitt [0025]).
  1. Ein Mobilfunksystem umfassend eine Basisstation und Mobilstationen in einer Funkzelle, die von der Basisstation versorgt wird, ist in Figur 1 dargestellt.
    1. Figur 2 zeigt einen Subframe, welche das SRS-Signal im ersten Long Block des Subframes verortet (Abschnitt [0038]).
    1. In Figur 3 ist im Prinzip das Übertragen von SRS-Referenzsignalen im Frequenzsprung über die System-Bandbreite dargestellt.
    1. Nicht gezeigt sind in dieser Figur hingegen, wo Steuerkanäle verortet sind und ob diese veränderlich sind oder nicht. Vor dem Hintergrund der zu Grunde liegenden Problemstellung und der weiteren Darlegung der Konfliktlösung zwischen SRS-Signal und den von der Schrift angesprochenen Kanälen im Frequenzbereich (Figuren 4, 5, 6 und 11) ist der Fachperson klar, dass PUCCH und PUSCH im Frequenzbereich strikt getrennt sind und es sich in Figur 3 um eine vereinfachte Darstellung handelt, um die Übertragung der SRS-Referenzsignale im Frequenzsprung zu veranschaulichen.
    1. Auch ist die alternative Übertragung eines einzigen breitbandigen Bezugssignals in der Sende-Bandbreite unmittelbar und eindeutig durch die Entgegenhaltung gezeigt (Abschnitt [0046]: 'It should be noted that the transmission band for the Sounding RS may be divided into one or more transmission bands').
    1. Dass die Steuerkanäle an beiden Enden der Sende-Bandbreite liegen können, ergibt sich aus Figur 4, die ein Mapping der Ressourcen im Uplink im Zeit- und Frequenzbereich für PUCCH und PRACH darstellt (Abschnitt [0042]). Dabei streiten die Parteien darüber, ob die Figuren 3 bis 5 von der Fachperson im Zusammenhang gelesen werden.

ORD_598506/2023

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  1. Was in Fig. 4 fehlt, ist die Darstellung eines zwischen den Steuerkanälen verorteten SRS-Referenzsignals und seine etwaige Verteilung.
    1. Allerdings bedeutet dies nicht, dass dort keine SRS-Referenzsignale zugeordnet werden. Denn dies ist von der Fachperson dadurch miterfasst, dass PRACH und SRSReferenzsignale zueinander im selben Frequenzbereich zu bestimmten Zeiten in Konflikt stehen können, wobei dieser nur zeitweilig auftretende Konflikt durch die in Figur 6 dargestellten Maßnahmen gelöst wird:
    1. Ferner wird dieser in Figur 4 fehlende Darlegungsgehalt auch dadurch in der Schrift vermittelt, dass die Zuordnung der Zeit- und Frequenzressourcen für die SRSReferenzsignale sich aus dem Mapping von PUCCH und PRACH ergibt, welche mittels Broadcast von der Basisstation an jede Mobilstation in der Funkzelle übermittelt (Abschnitt [0045]), und diese Information ferner beim Mapping der individuellen SRSRessourcen der einzelnen Mobilstation, welche mittels RRC Meldung mitgeteilt wird (letzter Satz [0040] sowie Figur 11), berücksichtigt wird.
    1. Der in der Darstellung in Figur 11 gezeigte Schritt S11 bezieht sich auf eine SendeBandbreite, wenn kein zeitlicher Konflikt im Frequenzbereich zwischen SRS und PRACH besteht. In diesem Fall wird die SRS in dieser Sendebandbreite übertragen (Figur 11 - Schritt S14).
    1. Tritt zu bestimmten Zeiten ein Konflikt auf (Figur 11 - Schritt S12) dann muss dieser in einem weiteren Schritt (Figur 11 - Schritt S13) mit Blick auf die in Figur 6 gezeigten Möglichkeiten gelöst werden.
    1. Wenn daher der Argumentation der Nichtigkeitsklägerin folgend der Schrift entnommen wird, dass in Figur 3 lediglich eine vereinfachte Darstellung des Grundprinzips der Übertragung der SRS Referenzsignale im Frequenzsprung dargestellt ist und zu beiden Seiten des Systembandes die Steuerkanäle zugeordnet sind und dort weder SRS Referenzsignale (Figur 11 - Schritt S11) zugeordnet sind und auch nicht übertragen werden (Figur 11 - Schritt S14), führt dies dennoch nicht zu einer vollständigen Offenbarung der Lehre des Klagepatents.
    1. Wenn nämlich der Argumentation der Beklagten wiederum folgend Figur 5 in diesem Zusammenhang mit den Figuren 3 und 4 gelesen wird (vgl. Abschnitt [0026] Beschreibung der Figuren: 'transmission band for a Sounding RS when a PUCCH is mapped to both ends of the system band'), zeigt sie zwar die Verteilung der Bezugssignale geringer Bandbreite in einer anspruchsgemäßen veränderlichen

FIG.6

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Sende-Bandbreite, jedoch mindestens nicht, dass die Bezugssignale in ihrer Größe unveränderlich sind:

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  1. Denn die Figuren 5A und 5B offenbaren zunächst nur eine Verteilung mit Bezugssignalen geringer Bandbreite, welche jedoch nicht unveränderlich ist, sondern variiert und deshalb nicht anspruchsgemäß ist. Innerhalb der Figur 5A variiert die Bandbreite des einzelnen SRS-Signals dabei zwischen 10 und 13 RB und damit sogar außerhalb der in der Klageschrift angesprochenen Toleranz von ±1 bis 2 RB, die wie zuvor ausgeführt aber ohnedies nicht dazu führt, dass der Anspruch hierin noch ein unveränderliches SRS-Signal erblicken würde. Jedenfalls stehen die Figuren 5A und B wiederum im Zusammenhang mit den Figuren 5C, 5D und 5E. Dem Fachmann werden hiermit also verschiedene Ausgestaltungsmöglichkeiten gezeigt, ohne dass er an dieser Stelle eine Festlegung auf ein Bezugssignal unveränderlicher Breite erkennt. Vielmehr variieren die Signale für ihn in den verschiedenen Ausgestaltungen der Figuren 5 arbiträr in ihrer Breite und sind lediglich so angeordnet, dass sie die zwischen den PUCCH liegende Sende-Bandbreite abdecken. Dem Fachmann wird hingegen nicht unmittelbar und eindeutig als zur Erfindung gehörig gezeigt, dass die Bezugssignale unveränderlich sind. Hinzu kommt, dass die PUCCH in der Figur 5

jeweils 2 RB breit sind und gerade nicht variieren. Der klagepatentgemäße Zusammenhang zur Lösung der Aufgabe, unveränderliche SRS-Signale in der durch variierende PUCCH definierten variablen Sendebandbreite zu verteilen, ist damit nicht als Element der Erfindung der Entgegenhaltung gezeigt.

    1. Hieran ändern auch die weiteren Figuren 5C, 5D und 5E nichts. Zwar zeigen die Figur 5C und die Figur 5D eine Verteilung mit einem Bezugssignal unveränderlicher geringer Bandbreite von 10 RB, wobei jedenfalls Figur 5D mit einander überlappenden Bezugssignalen von unveränderlichen 10 RB eine gleichmäßige Verteilung im Sinne von Merkmal 1.3.3 zeigt, wie sie auch in Figur 13B des Klagepatentes als anspruchsgemäß vorgestellt wird. Allerdings variieren auch hier die Frequenzbandbreiten, die die Steuerkanäle einnehmen, nicht, sondern sie sind jeweils 2 RB breit, wenngleich der Fachmann ihre Veränderlichkeit aus Abschnitt [0042] sowie Abschnitt [0045], letzter Satz, und Abschnitt [0040] sowie Figur 11 in die Figur hineinlesen mag. Allerdings sind dem Ansatz der Nichtigkeitskläger folgend auch diese Figuren in ihrem Kontext zu betrachten und stehen daher gleichberechtigt neben den Figuren 5A, 5B und 5E, die keine unveränderlichen, sondern variierende Bezugssignale zeigen. Die vorgestellten fünf verschiedenen Verteilungen in der Sendbandbreite stellen sich damit für den Fachmann als beliebig dar. Ihm wird gerade nicht unmittelbar und eindeutig als zur Erfindung gehörig zur Lösung des in der Entgegenhaltung angesprochenen Konflikts zwischen PUCCH und SRS-Signalen offenbart, dass die Bezugssignale im Sinne des Merkmals 1.3.3 des Klagepatents trotz Varianz der PUCCHs in jedem Fall unveränderlich sind. Diese Lösung des Klagepatents wird ihm auch in den Beschreibungsstellen, die die Figuren 5 erläutern, nicht unmittelbar und eindeutig vermittelt (Abschnitte [0047 ff.]). Vielmehr werden die Alternativen als beliebig austauschbar ohne Bevorzugung einer bestimmten Ausgestaltungsvariante neben einander gestellt. Entscheidend ist mithin, dass die Unveränderlichkeit des SRS-Signals vorliegend nicht, auch nicht in einer Ausführungsvariante der Figur 5 gezeigt ist. Vielmehr liest der Fachmann die Figuren 5 ebenso wie die Figuren 3 bis 5 im Zusammenhang. Dann ergibt sich für ihn jedoch gerade keine Unveränderlichkeit der Bandbreite des SRS-Signals, sondern nur ein je nach abzudeckender Sende-Bandbreite veränderliches SRS-Signal und kein trotz

variierender Sende-Bandbreite unveränderliches SRS-Signal. Merkmal 1.3.3 ist damit nicht neuheitsschädlich offenbart.

Neuheit gegenüber der VB-T D1

    1. Die Lehre des Klagepatents ist auch neu gegenüber der Entgegenhaltung D1.
    1. Im LTE Standard war es zum Prioritätszeitpunkt des Klagepatents bekannt, im Uplink die Steuerkanäle PUCCH (Physical Uplink Control Channel) an beiden Enden der Systembandbreite (Uplink Bandbreite) anzuordnen, wobei der zur Übertragung von Uplink-Daten gemeinsam genutzte Datenkanal PUSCH (Physical Uplink Control Channel) sich im Frequenzbereich dazwischen befindet. Dieses Verständnis ist durch Figur 18 in Abschnitt 6.4.3 der VB-T D9 belegt, wobei im Abschnitt 6.5.2.2 von VB-T D9 angegeben ist, dass das 'sounding reference signal' einem long SC-FDMA symbol zugeordnet ist. Ferner belegt VB-T D5 im Abschnitt 1.1, 2. Spiegelstrich, dass die PUCCH-Bandbreite variabel ist.
    1. Gemäß der Entgegenhaltung D1 war zur Abschätzung der Kanalqualität des PUSCH ferner bekannt, dass die zur Abschätzung der Kanalqualität erforderlichen Referenzsignale im Frequenzband des PUSCH verortet sind (Kapitel 7 - Frequency multiplexing of data and sounding signals).
    1. Ferner wird in der Entgegenhaltung D1 zwischen breitbandigen Bezugssignalen (nonhopped fixed sounding RS mit broadband sounding BW1) und schmalbandigen Bezugssignalen im Frequenzsprung (frequency hopped narrowband sounding RS mit narrowband sounding BW2) unterschieden, wobei die Variabilität der Bandbreite der Steuerkanäle bei der Zuweisung der Bandbreite für die Referenzsignale (sounding BW) berücksichtigt wird (Abschnitt 8 - 'May be specified in #RB, but will have to take into account the variable control channel overheads within a slot (i.e., top/bottom sounding may be smaller than nominal)).
    1. Aber diese Berücksichtigung führt zwangsweise dazu, dass die schmalbandigen Bezugssignale nicht unveränderlich, sondern von der Änderung der Steuerkanäle und somit der Sende-Bandbreite abhängig sind. (Abschnitt 8 - 'May be specified in #RB, but will have to take into account the variable control channel overheads within a slot (i.e., top/bottom sounding may be smaller than nominal)').
    1. Somit ist zumindest Merkmal 1.3.2 in Bezug auf die Forderung nach einer unveränderlichen Bandbreite der schmalbandigen Bezugssignale nicht in D1 unmittelbar und eindeutig offenbart.
    1. Selbst wenn man dem Vortrag der Beklagten in Bezug auf die Entgegenhaltung D1 folgen würde, so sind in ihrem Beispiel die schmalbandigen Bezugssignale im Frequenzsprung mit einer unveränderlichen Bandbreite von 1 RB dargestellt:
    1. Die Auswahl einer Bandbreite von 1 RB für ein schmalbandiges Bezugssignal ist indes willkürlich und widerspricht vor allem den Werten, die sich für die Narrowband Sounding BW2 gemäß den Ergebnissen der Evaluierung in Appendix B und der Empfehlung gemäß Tabelle in Abschnitt 8 ergibt, welche bei einer System-Bandbreite von 5 MHz eine Bandbreite von 1,25 MHz (6 RBs) für das schmalbandige Bezugssignal empfiehlt.
    1. Überdies blieb in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen, dass sich aus Abs. [0005] des Klagepatents für den Fachmann ergibt, dass zur Erfüllung der Anforderung an die Schätzung des Zeitversatzes (estimating timing offset) zwischen Basisstation und Mobilstation die Bezugssignale eine gewisse Mindestbandbreite aufweisen müssen, welche bei schmalbandiger SRS-Übertragung unveränderlich ist. Ein

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schmalbandiges Bezugssignal das lediglich 1 RB umfasst, erfasst - wie dem Fachmann bewusst ist - nicht die Mindestbandbreite, um als schmalbandige SRS imSinne des Klagepatents angesehen werden zu können. Dies bestätigt auch die VB-T D3, die im Klagepatent in Absatz [0008] als Stand der Technik zitiert wird und im 3. Spiegelstrich im letzten Absatz im Abschnitt 3 ausführt: 'The minimum sounding bandwidth of 1.25MHz would be sufficient for the uplink timing estimation'. Dies entspricht einer Breite von 6 RB.

Neuheit mit Blick auch auf die Entgegenhaltung VB-T D1a

    1. Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht, wenn die in der VB-T D1 angeführte VBT D1a in den Blick genommen wird.
    1. Entgegenhaltung D1a wird als Dokument [2] in Entgegenhaltung D1 zitiert und wird von den Beklagten in Bezug genommen, um darzulegen, wo die 1 RB großen Referenzsignale angeordnet sein sollen in einem Systemband mit einer Bandbreite von 5 MHz, d.h. 25 RB (Seite 4, Zeilen 3 bis 6 sowie 12 bis 16), um in Verbindung mit D1 die zuvor beschriebene Zuordnung schmalbandiger Referenzsignale einer Bandbreite von 1 RB im Frequenzsprung darzulegen.
    1. Ausweislich der zu in D1a zitierten Textstelle, i.e. 'Structure A', passenden Figur 2 zeigt diese jedoch, dass das dort im BPICH (broadband pilot channel) im Frequenzsprung übertragene schmalbandige 1 RB große Referenzsignal (narrowband SRS) über das gesamte Systemband von 5 MHz übertragen wird und dabei den Frequenzbereich der Steuerkanäle PUCCH mitumfasst.
    1. Figur 1 zeigt die Zuordnung des BPICH, welche das gesamte Systemband von 5 MHz einnimmt und den Frequenzbereich der Steuerkanäle PUCCH nicht ausschließt.
    1. Zusammengefasst wird bei einer Übertragung der Referenzsignale im BPICH gemäß D1a mithin immer das gesamte Systemband abgedeckt und die Steuerkanäle sind dabei gerade nicht ausgenommen.
    1. Unmittelbar und eindeutig kann D1a nämlich entnommen werden, dass wenn auf dem BPICH ein Referenzsignal gesendet wird, der Konflikt mit dem Steuerkanal inzeitlicher Hinsicht gelöst wird, wobei dieser zeitliche Block dann nicht dem Steuerkanal zur Verfügung steht.
    1. Somit kann ausgehend von D1 durch die in Abschnitt 7 zitierten Textpassage 'it may be desireable to exclude the edge-RBs used for UL control signaling from the sounding blocks, thus resulting in FDMA between sounding signals and control data signals', in der konkret von einer FDMA die Rede ist, durch Verweis auf D1a nichts Zusätzliches gewonnen werden, was sich nicht schon unmittelbar und eindeutig aus D1 ergibt.
    1. Insbesondere ist Merkmal 1.3.2 in Bezug auf die Forderung einer unveränderlichen Bandbreite der im Frequenzsprung übertragenen schmalbandigen Bezugssignale weiterhin nicht erfüllt und nicht unmittelbar und eindeutig offenbart.

Neuheit gegenüber der Entgegenhaltung VB-T D3

    1. D3 wird im Klagepatent in Absatz [0008] als Stand der Technik zitiert und wurde daher im Erteilungsverfahren berücksichtigt.
    1. In Abschnitt 2 der D3 werden zunächst zwei vorbekannte Ansätze diskutiert, wie Referenzsignale (abgekürzt als CS RS = uplink channel sounding reference signal) mit Uplink-Steuerkanälen (PUCCH) gemeinsam in einer Systembandbreite übertragen werden können.
    1. In einem ersten Ansatz, der ein Zeitmultiplexverfahren beschreibt (TDM - Time Division Multiplexing), belegen die Referenzsignale die gesamte Uplink-Bandbreite (System-Bandbreite). In diesem Ansatz kann der Steuerkanal während der Übertragung eines Referenzsignales nicht übertragen werden. Somit können während der Übertragung der Referenzsignale keine Informationen auf

Steuerkanälen übertragen werden. Dieser erste Ansatz ist in Figur 1 der D3 dargestellt. Es ist ersichtlich, dass das Referenzsignal die gesamte System-Bandbreite beansprucht.

    1. In einem zweiten Ansatz (FDM), der als Frequenzmultiplexverfahren bzw. Frequency Division Multiplexing (FDM) bezeichnet wird, werden die Referenzsignale nur innerhalb von Frequenzbändern übertragen, die nicht von einem Steuerkanal (PUCCH) belegt werden. In diesem Ansatz springen die Referenzsignale nur innerhalb eines Frequenzbandes, das nicht von den Steuerkanälen belegt wird. Dieser zweite Ansatz wird in D3 durch die Zitierung der Entgegenhaltung D3a in Bezug genommen (vgl. zur D3a sogleich unten).
    1. Gemäß der in D3 in Abschnitt 3 offenbarten Tabelle 1 betragen für Systembandbreiten bis 5 MHz die angegebenen Bandbreitenwerte der SendeBandbreite (Wide sounding BW) stets die gesamte System-Bandbreite. Somit verbleiben bei Systembandbreiten bis 5 MHz in der vorgegebene System-Bandbreite keine Ressourcen zur Zuordnung der Steuerkanäle (Merkmal 1.1) und ergibt sich mangels variierender Steuerkanäle auch keine Änderung der Sende-Bandbreite bei einer festen System-Bandbreite (Merkmal 1.3.1) und in direkter Folge auch keine Offenbarung der Merkmale 1.3.2 und 1.3.3.
    1. Aus dem Umstand, dass bei System-Bandbreiten über 5 MHz der restliche Anteil der von der Sende-Bandbreite nicht benutzten Systembandbreite verbleibt und grundsätzlich zur Verfügung stehen könnte, folgt nichts anderes, da D3 sich dazu nicht verhält und es diesbezüglich an einer konkreten Offenbarung mangelt.

Entgegenhaltung VB-T D3a

    1. Entgegenhaltung D3a wird als Dokument [3] in Entgegenhaltung D3 zitiert und wird von den Beklagten in Bezug genommen, um darzulegen, dass die Referenzsignale keinen der Blöcke ('LB'=Long Block) der Steuerkanäle (PUCCH) verwenden und der Konflikt zwischen Steuerkanälen und Referenzsignalen mittels

Frequenzmultiplexverfahren (Frequency-Division-Multiplex, FDM) gelöst werden kann.

    1. Tatsächlich zeigt Figur 1 in Abschnitt 6 eine Systemband-Breite, an deren beiden Enden jeweils ein einzelner Steuerkanal zugewiesen ist. Im dazwischen liegenden Bereich der Sende-Bandbreite werden im Frequenzsprung Bezugssingale geringer Bandbreite (narrowband SRS) übertragen:
    1. Durch die Anwendung von FDM gibt es nicht die vom Klagepatent adressierten Konflikte zwischen den Steuerkanälen und den Bezugssignalen, da eine strikte Trennung von Steuerkanälen und Referenzsignalen zur Verfügung stehenden Frequenz-Ressourcen vorliegt.
    1. Allerdings sind variierende Steuerkanäle auch nicht der D3a zu entnehmen und folglich fehlt weiterhin die Offenbarung der Merkmale 1.3.1 und 1.3.3.

Figure 1. An example of bandwidth allocation for UL data, DM RS and sounding RS.

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Keine Neuheitsschädlichkeit der VB-T D2 und erfinderische Tätigkeit

    1. Die Entgegenhaltung VB-T D2 ist nach eigener Argumentation der Beklagten (KE Rn. 224) nur dann neuheitsschädlich, wenn - wie nicht - der Auslegung des Begriffs der Sende-Bandbreite durch die Klägerin gefolgt würde. Mithin kann auch das Argument der mangelnden erfinderischen Tätigkeit ausgehend von der Schrift nicht verfangen.

Entgegenhaltungen VB-T D4a und 4b

    1. Beide Entgegenhaltungen VB-T D4a und 4b sind nach dem 14. August 2007 als maßgeblichem Prioritätszeitpunkt veröffentlicht und zählen mithin nicht zum Stand der Technik.

Weitere zum Beleg des Standes der Technik angeführten Entgegenhaltungen VB- T D5 bis D12

    1. Die weiteren von den Beklagten als Stand der Technik angeführten Schriften D5 bis D12 dienen nur als Beleg eines bereits in den obigen Ausführungen bestätigten fachmännischen Verständnisses oder dienen dazu, sich gegen die Patentfähigkeit in der Form der Unteransprüche zu wenden, und bedürfen daher keiner weitergehenden Würdigung.

Ausführbarkeit der Erfindung und mangelnde erfinderische Tätigkeit

    1. Die Erfindung ist entgegen der Ansicht der Beklagten für den angesprochenen Fachmann auch hinreichend ausführbar offenbart (Art. 138(1)(b) EPÜ, 65(2) EPÜ). Die Argumentation der Beklagten verfängt nach ihren eigenen Darlegungen indes wiederum nur dann, wenn man dem unzutreffenden Verständnis der SendeBandbreite durch die Klägerin folgen würde. Denn dann blieben nicht abgetastete Lücken, sodass unklar bleibe, wie dennoch eine gute Abschätzung der Kanalqualität erreicht werden solle. Insoweit wird hinsichtlich des zutreffenden Anspruchsverständnisses auf die vorherigen Ausführungen verwiesen.
    1. Das Klagepatent beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit. Die Beklagten argumentieren in ihrer Replik zur Nichtigkeitswiderklage wiederum diesen Angriff gegen das Klagepatent nur auf der Grundlage der unzutreffenden Anspruchsauslegung der Klägerin (s.o.).

Verletzung des Klagepatents

    1. Die angegriffenen Ausführungsformen, insbesondere die 4G-fähigen Smartphones wie etwa das OPPO Find X5 Pro und die 4G-fähigen Smartwatches der Beklagten, arbeiten nach dem 4G-Standard und verletzen dadurch das Klagepatent in seinen Hauptansprüchen 1 unmittelbar wortsinngemäß iSv Art 25(a) EPGÜ und den Verfahrensanspruch 13 mittelbar iSv Art. 26 EPGÜ, indem sie die angegriffenen Ausführungsformen ohne Zustimmung der Klägerin auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik, der Italienischen Republik, dem Königreich der Niederlande und dem Königreich Schweden, anbieten, in den Verkehr bringen, gebrauchen oder zu diesen Zwecken einführen und zu besitzen. Die angegriffenen Ausführungsformen sind Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen und die Beklagten hätten zumindest wissen müssen, dass sie dazu bestimmt und geeignet sind, in den vorliegend geltend gemachten Vertragsstaaten, in denen das jeweilige Bündelpatentteil des Klagepatents in Kraft steht, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.
    1. Die vorliegend relevanten Bestandteile des 4G-Standards sind obligatorisch. In diesem Zusammenhang sind die folgenden Bestandteile relevant:
  • · ETSI TS 136 213 V8.8.0 (2009-10), LTE; Evolved Universal Terrestrial Radio Access (E-UTRA); Physical Layer Procedures (nachfolgend: TS 136 213), Anlage KAP A 16;
  • · ETSI TS 136 211 V8.9.0 (2010-01), LTE; Evolved Universal Terrestrial Radio Access (E-UTRA); Physical channels and modulation (nachfolgend: TS 136 211), Anlage KAP A 17;
  • · ETSI TS 136 331 V8.12.0 (2011-01), LTE; Evolved Universal Terrestrial Radio Access (E-UTRA); Radio Resource Control (RRC) (nachfolgend: TS 136 331), Anlage KAP A 18.
    1. Die Beklagten stellen die Verletzung durch den LTE-Standard zu Unrecht in Abrede,
  • soweit die Merkmale 1.1, 1.3.1, 1.3.2 und 1.3.3 betroffen sind. Die Verwirklichung der übrigen Merkmale des Anspruchs steht zwischen den Parteien nicht im Streit und beruht auch nicht auf patentrechtlich verfehlten Anschauungen. Die Argumentation, dass das Klagepatent nicht verletzt sei, weil der LTE-Standard es erlaube, die Signalbandbreite der SRS-Signale unabhängig vom PUCCH einzustellen, und ein Wechsel der Signalbandbreite nicht von einem variierenden PUCCH abhängig sei, ist nicht zutreffend. Insoweit übersehen die Beklagten in ihrer Argumentation, dass es nach dem Anspruch ausreichend ist, dass die Funkkommunikationsvorrichtung durch netzwerkseitige Anweisungen entsprechend der Vorgaben des Anspruchs eingestellt werden kann ('radio communication apparatus configurable to').

Verletzung Merkmal 1.3.3

    1. Nach dem Standard können die SRS-Signale im Sinne des Merkmals 1.3.3 gleichmäßig in der Sende-Bandbreite verteilt werden. Dies kann sich auch in Abhängigkeit der Veränderung der Sende-Bandbreite vollziehen. Es verbleiben auch nicht die von den Beklagten als aus dem Stand der Technik bekannten nachteilhaften Lücken zwischen den Steuerkanälen und den durch die SRS-Signale tatsächlich abgedeckten Frequenzbereichen, die die Beklagten mit der nachfolgend eingeblendeten Grafik veranschaulicht haben:

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  1. Die Klägerin hat unter Verweis auf Tabelle 5.5.3.2-1 der TS 136 211 (Anlage KAP A 17) darauf hingewiesen, dass diese Darstellung artifiziell ist, weil die Basisstation in diesem Fall rechts und links der von SRS überdeckten Bereiche in Wahrheit keine Lücken beließe, sondern die Konfiguration nur dann so wähle, wenn entsprechend großer Traffic auf den PUCCHs herrsche und diese dann aber entsprechend mehr RBs belegen. Dies haben sie schematisch anhand der nachfolgend eingeblendeten Figur zu verdeutlichen versucht:

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  1. In dem von den Beklagten aufgezeigten Beispiel würde das Netzwerk hingegen die Konfiguration 3 mit einer Bandbreite von 20 RBs wählen, um den Bereich zwischen den PUCCHs möglichst gut abzudecken:

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SRS configuration SRS-Bandwidth SRS-Bandwidth SRS-Bandwidth SRS-Bandwidth BsRs =3
No N?
12 4
32 16 2 8
24 4
3 20 4
76 4 4
12 4
8 2
  1. Der Umstand, dass diese Festlegung durch das Netzwerk und nicht durch das UE getroffen wird, steht der Verletzung des Anspruchs nicht entgegen. Ausreichend ist vielmehr, dass netzwerkseitig etwa bei einer Systembandbreite von 8 MHz auch die Konfiguration BSRS = 3 bei CSRS = 0 ausgewählt werden kann, bei der sich nachfolgende Verteilung ergibt, die gleichmäßig und entsprechend der Änderung der SendeBandbreite im Sinne des Merkmals 1.3.3 ist:

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  1. Dies ist von der Klägerin substantiiert auch für die Konfiguration CSRS = 1 und BSRS = 3 aufgezeigt worden:

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    1. Dem sind die Beklagten nicht mit Substanz (Regel 172.2 VerfO) entgegengetreten. Ohne Belang ist der Verweis der Beklagten darauf, dass das von der Klägerin zur Veranschaulichung gewählte 8 MHz-Beispiel im LTE-Standard keine übliche Bandbreite ist. Denn die Beklagten haben zuletzt lediglich darauf verwiesen, dass die von der Klägerin angesprochenen Parameter mSRS und CSRS lediglich semi-statisch zugewiesen und die Anpassung nur kürzestenfalls in 80ms-Intervallen möglich sei (Duplik Technik Rn. 83 ff.). Dahingegen ändere sich der PUCCH jede Millisekunde und die in jedem Subframe dem PUCCH zugewiesenen Daten errechne das Endgerät aus Daten, die es erst 4 Millisekunden vor dem jeweiligen Subframe von der Basisstation im Downlink erhalten habe, weshalb der geltend gemachte LTE-Standard eine Anpassung der (semi-) statischen SRS-Konfiguration an die schnell und dynamisch variierenden PUCCHs ausschließe (Duplik Technik Rn. 90-110).
    1. Diese Argumentation ist jedoch patentrechtlich ohne Belang, weil die vorliegende Lehre nicht voraussetzt, dass der vom Klagepatent angesprochene Konflikt zwischen PUCCH und SRS-Signalen in jedweder der vielfältigen und dem Fachmann bekannterweise dynamischen Rahmenbedingungen absolut ausgeschlossen ist. Für eine solche, einen Absolutheitsanspruch formulierendes Verständnis der Lehre bietet das Klagepatent keinen zureichenden Anhaltspunkt. Wenn es daher in einzelnen Zeitintervallen aufgrund von Anpassungsversätzen in der Signalisierung durch das Netzwerk nicht zu der Verwirklichung der Lehre kommt, ist dies ohne Belang.
    1. Auch ist patentrechtlich die Argumentation der Beklagten ohne Belang, dass nach ihrem Vortrag zwischen den zuvor angesprochenen Parametern CSRS und BSRS sowie dem Parameter 𝑁𝑅𝐵 (2) , der einem Mobilgerät durch die Basisstation eine bestimmte Anzahl an Steuerkanälen zuweise, keine Korrelation bestehe (Klageerwiderung Rn. 121). Denn mit dieser Argumentation wird nicht in Abrede gestellt, dass die Funkkommunikationsvorrichtung nach Anspruch 1 entsprechend eingerichtet sein kann, was patentrechtlich ausreichend ist.
    1. Entsprechend kann die Verwirklichung des Merkmals 1.3.2 durch die Beklagten nicht mit Erfolg mit der Argumentation in Abrede gestellt werden, dass im Standard eine Änderung von CSRS eine Änderung von mSRS und damit eine Änderung der Bandbreite des Referenzsignals bewirken kann und damit die Bandbreite des Bezugssignals gerade nicht ohne Rücksicht auf CSRS fest ist (vgl. Klageerwiderung Technik Rn. 126). Denn die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass der Standard Konfigurationen aufweist, für die lediglich ein und dieselbe schmalbandige Bandbreite des SRS-Signals definiert ist, wie nachfolgend gezeigt die Konfigurationen 2 bis 6 als schmalbandige Bandbreite des SRS jeweils konstant 4 RBs aufweisen, was ausreichend für die Verwirklichung des Merkmals ist (Replik Technik Rn. 68 ff.):

5.5.3.2 Mapping to physical resources

[ 1

configuration BsRs =3
WsRS ! IllsRS 2
36 12 3
32 16
24
20
4
5 12
6 8

Verletzung Merkmal 1.3.1

  1. Standardgemäß variiert die Sende-Bandbreite auch in der gegebenen SystemBandbreite. Die Klägerin hat mit Substanz aufgezeigt, dass für eine Systembandbreite von 25 RB (5 MHz) mehrere Konfigurationen vom Standard vorgesehen sind und sich die Sendebandbreite mSRS,O durch die Änderung der Konfiguration CSRS ändert:

5.5.3.2 Mapping to physical resources

[]

Tabel 5.5.3.2-1: msRs,b and b=0,1,2,3, values for the uplink bandwidth of 6 < NKE < 40. Nb,

BsRs =3
CsRs N
  1. Wiederum ausreichend ist, dass die von der Funkkommunikationsvorrichtung durchgeführten Schritte netzwerkseitig gesteuert werden können, weil nach dem Wortlaut des Anspruchs ('configurable to') ausreichend ist, dass die Vorrichtung so eingerichtet ist, die entsprechenden Steuerbefehle zu interpretieren und zu verarbeiten.

Verletzung Merkmal 1.1

  1. Schließlich wird auch Merkmal 1.1 durch den LTE-Standard verwirklicht. Denn auch beim zutreffend zugrunde zu legenden Anspruchsverständnis der Sende-Bandbreite kann netzwerkseitig standardgemäß eine Konfiguration für den Wert mSRS,0 zur Verfügung gestellt werden, bei der die Sende-Bandbreite zwischen den Steuerkanälen liegt, da er die Bandbreite angibt, in der die Bezugssignale verteilt werden. Dies wurde mit der in der Klageerwiderung Technik Rn. 134 aufgestellten nicht näher belegten Behauptung, es sei 'naheliegend' dass die Tabelle 5.5.3.2-1 nur für sich ändernde Systembandbreiten vorgesehen sei, dagegen aber keine Anpassung der Sendebandbreite innerhalb gleichbleibender Systembandbreite fordere, nicht substantiiert in Abrede gestellt. Es ist ausreichend, dass der Standard eine patentgemäße Konfiguration ermöglicht.

Passivlegitimation der Beklagten

    1. Die Beklagten sind auch passivlegitimiert. Die Beklagte zu 1. unterhält in Düsseldorf ihre Europazentrale und steuert von hier den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen in den jeweils vorliegend geltend gemachten Vertragsstaaten des EPGÜ. Die Beklagte zu 2. betreibt in Düsseldorf zusammen mit der Beklagten zu 1 die Europazentrale des Konzerns. Die Beklagte zu 1. kontrolliert die Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 2.
    1. Sie weiß, über welche Kanäle mobilfunkfähige Geräte der OPPO-Gruppe insbesondere über Drittanbieter in Europa und insbesondere auch auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vertrieben werden und fördert dies und tritt dem trotz Kenntnis nicht entgegen. Auf ihrer Webseite sind Anbieter verlinkt, über die die 4G-fähigen Produkte der Oppo-Gruppe bezogen werden können. Zudem unterstützt diese Vertriebsaktivitäten, indem sie auf den vorliegend geltend gemachten Märkten auch die in der jeweiligen Sprache verfassten Benutzerhandbücher der 4G-fähigen Produkte vorhält, Garantiepakete anbietet, während der UEFA-Championsleague gezielte Werbung für die angegriffenen Ausführungsformen schaltet und damit aktiv die Vertriebsaktivitäten auf den vorliegend geltend gemachten Märkten fördert. Die Beklagte zu 2. wirkt hierbei mit der Beklagten zu 1. strukturiert zur Förderung des Absatzes zusammen.
    1. Insbesondere hat die Klägerin hinreichend substantiiert vorgetragen, dass - neben den in den weiteren Vertragsstaaten mit der vorliegenden Klage angegriffenen Handlungen -auch in der Bundesrepublik Deutschland, aus der sich die Beklagtengruppe angeblich zurückgezogen haben will, nach wie vor die angegriffenen Ausführungsformen auf Online-Marktplätzen wie etwa der Otto, Amazon-Marketplace und Google-Shopping angeboten und in den Verkehr gebracht werden. Damit ist auch hinsichtlich des deutschen Teils des vorliegend geltend gemachten Bündelpatents konkreter Vortrag zu Verletzungshandlungen erfolgt. Das pauschale Bestreiten der Beklagten mit Blick auf Verletzungshandlungen beider Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland ist unsubstantiiert (R.171.2 VerfO). Es

genügt hierfür nicht, pauschal die Ansicht zu vertreten, der Vortrag der Klägerin reiche als Beleg für die Förderung der von der Klägerin geschilderten Handlungen nicht aus. Konkret wurde dem Vortrag der Klägerin nichts entgegengehalten.

Rechtsfolgen der Patentverletzung

    1. Die festgestellte Patentverletzung des in den jeweils geltend gemachten Vertragsstaaten validierten nationalen Teils des Bündelpatents durch die Beklagten rechtfertigt die von der Klägerin begehrten Rechtsfolgenaussprüche.
    1. Der Antrag auf Feststellung der Patentverletzung findet seine Grundlage in Art. 64(2) (a) EPGÜ. Die Feststellung der Patentverletzung dient im vorliegenden Kontext der Verletzung eines standardessentiellen Patentes dem berechtigten Interesse der Klägerin, auch gegenüber (nicht) autorisierte Vertriebshändlern der Beklagten.
    1. Der von der Klägerin begehrte Unterlassungsausspruch hinsichtlich der patentverletzenden Handlung beruht auf Art. 25(a), Art. 63(1) EPGÜ und ist auszusprechen, weil aufgrund der in der Vergangenheit begangenen Verletzungshandlungen der Beklagten in den vorliegend geltend gemachten Vertragsstaaten eine Wiederholungsgefahr besteht. Die Beklagten dürfen die von der Klägerin in den von der Klage erfassten Vertragsstaaten beanstandeten Handlungen des Anbietens, Inverkehrbringens, Gebrauchens oder der Einfuhr oder Besitzens zu diesen Zwecken nicht fortsetzen. Es ist insbesondere hinreichender Vortrag mit Blick auf die vorliegend geltend gemachten nationalen Teile des Bündelpatents und deren Verletzung in den jeweiligen Territorien gehalten. Eines gesonderten Ausspruchs über die 'insbesondere'-Anträge der Klägerin hinsichtlich der Unteransprüche bedurfte es nicht, weil es sich lediglich um beispielhafte Konkretisierungen der durch den Hauptausspruch bereits erfassten Handlungen handelt.
    1. Umstände, vorliegend von dem dem Gericht zustehenden Ermessen ('kann … erlassen'), eine endgültige Verfügung zu erlassen, abzusehen, sind vorliegend nicht ersichtlich. Vielmehr ist Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten (Art. 42 EPGÜ und

Art. 3(2) Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums) bereits umfassend im Rahmen der Berücksichtigung des geprüften kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwandes unter Anwendung des austarierten Verhandlungsprogrammes des Europäischen Gerichtshofs umfassend Rechnung getragen (vgl. dazu unten). Weitere Umstände, die es aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten geboten erlassen scheinen würden, vorliegend keine Unterlassungspflicht auszusprechen, sind nicht ausreichend dargetan. Hierbei war auch zu berücksichtigen, dass die Beklagten nach ihrem eigenen Vortrag in den Märkten der Vertragsstaaten des EPGÜ ohnedies nicht ihr Hauptgeschäft sehen, wie sich auch in dem Umstand widerspiegelt, dass […]. Damit wird ihnen nach eigenem Vortrag durch die ausgesprochene Unterlassung nicht ein Tätigwerden in den Kernmärkten der Beklagten verschlossen. Auch kann das pauschal vorgetragene Argument, die Klägerin stelle selbst nicht her und stehe daher nicht im direkten Produktwettbewerb zu den Beklagten, nicht durchdringen. Vielmehr sind insoweit konkrete Tatsachen vorzutragen, die eine abweichende Entscheidung rechtfertigen, weil sie nicht bereits im Rahmen des Verhandlungsprogrammes der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs abgebildet sind. Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Der Vortrag der Beklagten zeigt keine solche weitergehenden Gesichtspunkte auf.

    1. Entgegen der Ansicht des UK Court of Appeal [2024] EWCA Civ 1143 para. 79 sind standard-essentielle Patente jedenfalls im Rechtsraum der Europäischen Union auch nicht als Patente anzusehen, die allein einen monetären Zuweisungsgehalt haben. Im Gegenteil kann der - für die Gerichte des Vereinigten Königreichs freilich nicht mehr maßgeblichen - Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Folge auch der Inhaber eines SEP die ihm auf der Grundlage des Patents zustehenden Untersagungsrechte ausüben, EuGH, Huawei v. ZTE, ECLI:EU:C:2015:477, Rn. 46:

'Nach ständiger Rechtsprechung gehört die Ausübung eines mit einem Recht des geistigen Eigentums verbundenen ausschließlichen Rechts, hier des Rechts, eine Verletzungsklage zu erheben, zu den Vorrechten des Inhabers eines Rechts des geistigen Eigentums, so dass sie als solche keinen Missbrauch einer beherrschenden

Stellung darstellen kann, selbst wenn sie von einem Unternehmen in beherrschender Stellung ausgeht.'

    1. Hierzu steht ein Verständnis des SEP als ein um die Durchsetzungsrechte der Unterlassung kupierten Rechtstitels, der allein der Durchsetzung höherer Lizenzforderungen dient, unvereinbar gegenüber. Eine solche Ansicht ist mit europäischem Recht unvereinbar, wie bereits Art. 11 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums als Standard im europäischen Rechtsraum zeigt. Dies ergibt sich auch aus der Entscheidung des EuGH (ebenda Rn. 57-59 und Rn. 71) , in der festgestellt wird, dass es keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung darstellt, eine Unterlassungsklage wegen einer Zuwiderhandlung zu erheben, solange vor einer solchen Klage bestimmte Schritte unternommen wurden. Ein solches Verständnis wäre auch mit den verfassungsrechtlichen Mindestgarantien der Bundesrepublik Deutschland als einem der vorliegend geltend gemachten Vertragsstaaten ebenso unvereinbar (Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland) wie mit Art. 17 Abs.2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.
    1. Auch ist keine sonstige Einschränkung des Unterlassungsausspruchs mit Blick auf die im Vereinigten Königreich in einem anderen Streitverhältnis stattfindende FRANDRatenbestimmung angezeigt. Die Entscheidung des UK Court of Appeal führt selbst aus, dass die Oppo-Unternehmensgruppe durch das declaratory judgement nicht betroffen ist (ebenda para.2). Daher kann im vorliegenden Streitverhältnis offenbleiben, ob es sich bei der getroffenen Feststellung - in den Worten des UK Court of Appeal de facto um einen im völkervertragsrechtlichen Kontext des TRIPs nicht hinzunehmenden 'anti-suit relief by the back door' (ebenda para. 67) handelt (vgl. die in diesem Kontext völkerrechtlich zu beachtenden Art. 1.1, 28.1 und .2, 41.1, 44.1 TRIPS).
    1. Die Androhung von Zwangsgeld für die Unterlassung (Art. 63(2) EPGÜ) begegnet keinen Bedenken. Mit der Stückbezogenheit desselben steht eine Größe für die Berechnung der an das Gericht zu zahlenden Zwangsgelder bei den zu

unterlassenden Vertriebshandlungen fest. Die Festlegung hat Abschreckungspotential. Sie war jedoch der Höhe nach auf EUR 1.000,00 pro Verletzungsform herabzusetzen, die als ausreichend aber auch in Bezug auf die Abverkaufspreise als angemessen erachtet wird. Soweit andere Handlungen beanstandet werden sollten, wird die angemessene Höhe im gesonderten Vollstreckungsverfahren festzusetzen sein. Der Gefahr etwaiger kumulierter Festsetzungen von Zwangsgeldern in Parallelverfahren mögen die Beklagten im Vollstreckungsverfahren entgegentreten, soweit die Klägerin tatsächlich die parallele Vollstreckung betreiben sollte.

    1. Die Androhung für die Maßnahmen der Auskunft, Information, Rückruf und Entfernung finden in Art. 82 Abs. 1 und 4 EPGÜ, R. 354.3 VerfO ihre Grundlage. Die Festsetzung der angemessenen Zwangsgelder ist dem Vollstreckungsverfahren vorzubehalten, weil gegenwärtig zureichender Vortrag zur Beurteilung der Angemessenheit eines der Höhe nach zu bestimmendem Zwangsgeldes fehlen.
    1. Der Antrag auf Vernichtung der den Anspruch 1 unmittelbar wortsinngemäß patentverletzenden Erzeugnisse findet seine Grundlage in Art. 64 (2) (e) EPGÜ, die Anträge auf Rückruf dieser Erzeugnisse aus den Vertriebswegen und endgültige Entfernung dieser Erzeugnisse aus den Vertriebswegen in Art. 64 (2) (b) und (d), (4) EPGÜ. Die endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen ist ausweislich des Wortlauts des EPGÜ eine eigenständige, von dem Rückruf zu trennende Maßnahme. Sie flankiert den Rückruf, wobei eine Entfernung nur dann in Betracht kommt, wenn der Verletzer hierzu die tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten hat. Es sind keine ausreichenden Gründe dargetan oder sonst ersichtlich, die der Anordnung dieser Maßnahmen etwa unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten entgegenstehen und über die sich aus einer Patentverletzung ergebenden Folgen, die der Verletzer zu tragen hat, hinausgehen. Allerdings war für die Durchsetzung dieser Verpflichtung keine nach Tagen bestimmte Frist vorzusehen. Insoweit war zu sehen, dass die Verpflichtung auf der Grundlage der gerichtlichen Anordnung einerseits unmittelbar besteht, andererseits aber - insbesondere bei einem sich auf mehrere Vertragsstaaten des EPGÜ erstreckenden Verletzungsvorwurf, dessen Abstellung

gewisse Zeit in Anspruch nehmen kann - keine starre Frist ohne Vortrag zu den Umständen des vorliegenden Falles angeordnet werden konnte, weil dem Gericht die Beurteilung der Frage, welche Frist angesichts des erheblichen Umfangs der Nutzungshandlungen (anders der diesbezüglich überschaubar gelagerte Fall Lokalkammer Düsseldorf (UPC_CFI_7/2023 v. 3. Juli 2024)) vorliegend angemessen erscheint, nicht möglich ist. Die Klärung der Frage mag einem etwaigen Vollstreckungsverfahren vorbehalten bleiben. Die Antragsfassung ist auch aufgrund des Rückbezugs zum Unterlassungsausspruch in Verbindung mit den Entscheidungsgründen hinreichend bestimmt. Der Antragsfassung entsprechend bleibt die Auswahl der geeigneten und wirksamen Maßnahmen den Beklagten frei. Die von den Beklagten vermisste territoriale Beschränkung ergibt sich aus dem Rückzug auf den Unterlassungsausspruch, die Beschränkung auf den Zeitraum nach Erteilung des Klagepatents aus einer verständigen Würdigung des Antrags und sodann der Entscheidungsgründe. Zu den Vertriebswegen zählen alle gewerblichen Endabnehmer.

    1. Der Ausspruch, die begehrten Auskünfte zu erteilen, findet seine Grundlage in Art. 25 (a), Art. 67 (1) EPGÜ. Die Auskünfte sind zur Berechnung des Schadensersatzes und zur Beurteilung, nach welcher Schadensberechnungsmethodik iSv Art. 68 EPGÜ vorgegangen werden soll, nötig. Den Beklagten kann nicht darin beigetreten werden, dass der Inhaber eines SEP von vorneherein gegenüber einem Verletzer auf eine Berechnung des Schadens nur im Wege der Lizenzanalogie beschränkt wäre. Der Europäische Gerichtshof hat im Gegenteil ausgesprochen, dass die vergangenheitsbezogenen Ansprüche durch den kartellrechtlichen Zusammenhang nicht berührt werden (EuGH Huawei v. ZTE ECLI:EU:C:2015:477, Tenor Ziffer 2). Insoweit ist in der nationalen Rechtsprechung bereits entschieden worden, dass sich der Schadensersatzanspruch seinem Umfang nach erst und nur dann auf die sich aus einer Lizenzanalogie ergebende Höhe beschränkt, wenn der Verletzer einen eigenen Schadensersatzanspruch entgegenhalten kann, der auf die Nichterfüllung seines Anspruchs auf Abschluss eines FRAND-Lizenzvertrages gerichtet ist und demzufolge er verlangen kann so gestellt zu werden, wie er unter einem solchen Vertrag stünde (vgl. deutscher Bundesgerichtshof GRUR 2020, 961 Rn. 109 ff. - FRAND-Einwand,

GRUR 2021, 565 Rn. 137 - FRAND-Einwand II). Die Auskunft über Ursprung und Vertriebswege dient der Aufklärung des Verletzungssachverhalts und der Möglichkeit, weitere Mitverantwortliche in Anspruch zu nehmen und weitere Verletzungshandlungen wirksam abstellen zu können. Wiederum war keine starre Frist zur Erteilung der Auskünfte festzusetzen (vgl. zuvor). Es war auf den Antrag auch anzuordnen, dass die Beklagten der Klägerin die Auskünfte in einer für jeden Monat eines Kalenderjahres und nach patentverletzenden Erzeugnissen strukturierten Aufstellung in elektronischer Form, die mit Hilfe eines Computers ausgewertet werden kann, bereitstellen. Dies dient der effizienten Durchsetzung des Auskunftsanspruchs und trägt dem Umstand Rechnung, dass eine elektronische Aufstellung, die mit Hilfe eines Computers ausgewertet werden kann, ohnedies der Standard in einer geschäftsmäßig geführten Buchhaltung ist. Allerdings war für die Durchsetzung dieser Verpflichtung wiederum keine nach Tagen bestimmte Frist vorzusehen.

    1. Gegenstand der Auskunft ist auch die mit dem Antrag IV.2. begehrte Rechnungslegung ('ihre Bücher […] offen zu legen, indem sie […] folgende Unterlagen zur Verfügung stellen'). Bei verständiger Auslegung der hierzu unterbreiteten Argumentation (Klageschrift Rn. 247 ff.) richtet sich der Antrag nicht auf die Überprüfung der Richtigkeit der erteilten Auskünfte und Rechnungslegung iSv R. 141 ff. VerfO, sondern begehrt dem Inhalt nach die Rechnungslegung unter Belegvorlage. Diese findet ihre Grundlage gleichfalls in Art. 68(3) EPGÜ, R. 191 VerfO. Die Lokalkammer tritt insoweit der Lokalkammer Düsseldorf (UPC_CFI_7/2023 v. 3. Juli 2024 bei F.I.2.b) darin bei, dass die Regeln eine materielle Berechtigung beinhalten, Informationen zu fordern, die der Verletzte benötigt, um die Auskünfte auf ihre Stichhaltigkeit überprüfen zu können und Anhaltspunkte für ihre Schadensberechnung zu erlangen. Hierfür sprechen insbesondere Effizienzgesichtspunkte, weil so weitere Verfahrensabschnitte erspart werden können. Daneben kann der Patentinhaber im Rahmen dieses Übermittlungsrechts ebenfalls eine Belegvorlage für die Auskünfte nach Art. 67(1) EPGÜ verlangen, nämlich Rechnungen oder -wenn diese nicht verfügbar sind -hilfsweise Lieferscheine. Denn abgesehen von dem Interesse an den reinen Auskünften, die der

Patentinhaber nach Art. 67(1) EPGÜ erhält, ist auch sein Interesse anerkennenswert, die Richtigkeit dieser Auskünfte jedenfalls stichprobenartig überprüfen zu können. Die Möglichkeit der im Ausspruch vorgesprochenen Schwärzung trägt etwaigen vertraulichen Informationen Rechnung (R. 191 S. 2, 190.1 S. 2 VerfO). Allerdings war für die Durchsetzung dieser Verpflichtung wiederum keine nach Tagen bestimmte Frist vorzusehen.

    1. Der beantragte Wirtschaftsprüfervorbehalt erlaubt einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Interesse des Verletzten an einer zutreffenden Auskunft und den berechtigten Geheimhaltungsinteressen des Verletzers. Da der Wirtschaftsprüfer nur in dem in der Entscheidung ausgesprochenen Umfang tätig werden darf und auch dem Verletzten gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, kann die Auswahl auch durch den Verletzten erfolgen. Wiederum war die Anordnung einer festgelegten Frist nicht angezeigt.
    1. Die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung beruht auf Art. 68(1) EPGÜ und rechtfertigt sich durch die festgestellte Verletzung. Die Beklagten haben auch jedenfalls fahrlässig gehandelt. Aus dem Erfordernis eines Verletzungshinweises durch den SEP-Inhaber gemäß der Rechtsprechung des EuGH lässt sich nicht mangelndes Vertretenmüssen ableiten wie bereits der Umstand zeigt, dass der EuGH die vergangenheitsbezogenen Ansprüche keinen weiteren Einschränkungen unterworfen hat. Sie dient zudem nach den einschlägigen Regelungen der Vermeidung einer Verjährung etwaiger Ansprüche. Die Klägerin ist auch berechtigt, die Feststellung des Schadens zu verlangen, der der Panasonic Intellectual Property Corporation of America als vorheriger Patentinhaberin entstanden ist. Die Panasonic Intellectual Property Corporation of America hat ihre Ansprüche insoweit an die Klägerin abgetreten.
    1. Soweit die Klägerin vorläufigen Schadensersatz in Höhe von 250.000 € begehren, war dem nach Art. 68(1) EPGÜ, Regel 119 VerfO vorliegend schon deshalb stattzugeben, weil allein die Gerichtsgebühren iHv. 336.000 € diesen Betrag übersteigen.
    1. Der Antrag auf Veröffentlichung des Urteils war hingegen abzuweisen. Insoweit genügt unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten der Ausspruch nach Art. 64(2)(a) EPGÜ (vgl. oben). Umstände, die ein weitergehendes Interesse an der begehrten Veröffentlichung des Urteils rechtfertigen würden, sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.
    1. Hinsichtlich der mittelbaren Verletzung des Klagepatents in seinem Verfahrensanspruch 13 durch die angegriffenen Ausführungsformen folgt das Recht der Klägerin auf Untersagung der Fortsetzung der Verletzung aus Art. 26(1) EPGÜ i.V.m. Art. 63(1) EPGÜ. Die Klägerin hat ebenfalls ein Recht auf Auskunft und Übermittlung von Informationen gem. Art. 26(1) EPGÜ i.V.m. Art. 67 EPGÜ, Art. 68 (3)(a), (b) EPGÜ i.V.m. R. 191 S. 1 Alt. 2 VerfO sowie auf Zahlung des vorläufigen Schadensersatzes und der Feststellung der Zuerkennung von Schadensersatz dem Grunde nach (Art. 26(1) EPGÜ i.V.m. Art. 68(1) EPGÜ, R. 119 VerfO). Die Androhung von Zwangsmitteln richtet sich nach Art. 63(2), 82(1) und (4) EPGÜ, R. 354.3 VerfO und gilt entsprechend für die Entscheidungen über die mittelbare Verletzung. Auf die obigen Ausführungen wird im Übrigen verwiesen.
    1. Der Kostenausspruch beruht auf Art. 69(2) EPGÜ, Regel 118.5 VerfO. Angesichts des nur geringfügigen Unterliegens der Klägerin hinsichtlich des Umfangs einzelner Rechtsfolgenaussprüche ist kein von der Klägerin zu tragender Kostenanteil auszusprechen.
    1. Gemäß Art. 82(2) EPGÜ, R. 118.8 S.2 VerfO kann das Gericht jede Anordnung bzw. Maßnahme von einer Sicherheitsleistung abhängig machen, die es festzusetzen hat. Der Lokalkammer steht bei der Anordnung einer Sicherheitsleistung ein Ermessen zu, wobei das Interesse der Klägerin an einer effektiven Durchsetzung ihres Schutzrechts mit dem Interesse an der effektiven Durchsetzung möglicher Schadenersatzansprüche im Fall einer späteren Aufhebung des Urteils abzuwägen ist. Vorliegend führen die Beklagten mit Recht an, dass die Vollstreckung einer solchen Anordnung deren Kerngeschäft, nämlich den Vertrieb von Smartphones, in den betroffenen Ländern unterbinden wird. Dies hätte nicht nur den Verlust sämtlicher

aktueller Umsätze, sondern auch künftige Geschäftsschädigungen zur Folge. Potentielle Endkunden und bisherige gewerbliche Kunden würden auf andere Hersteller ausweichen und möglicherweise dauerhaft dort verbleiben. Damit gehen konkrete Risiken erhöhter und dauerhafter Marktverluste einher. Diese Befürchtungen werden durch die Besonderheiten des Smartphonevertriebs noch verstärkt. Smartphones werden in erheblichem Umfang über gewerbliche Wiederverkäufer und über nationale Telefonnetzanbieter angeboten und vertrieben, wobei letztere oftmals mit langfristigen Lieferverträgen arbeiten. Wären die Beklagten dazu gezwungen, Lieferungen an die Netzanbieter trotz bestehender Verträge einzustellen, würde dies möglicherweise zu einem dauerhaften Ausschluss aus dem Programm der Netzanbieter führen. Ein wichtiger Vertriebskanal würde dadurch wegbrechen und es wäre nur schwer zu prognostizieren, ob und wann dieser wieder erschlossen werden könnte. Die Höhe der Sicherheitsleistung stellen die Beklagten in das Ermessen des Gerichts. Vorliegend […] ausreichend. Hierbei war zu sehen, dass der vorliegende Urteilsausspruch nicht alle EPÜ-Staaten erfasst, sondern nur die im Ausspruch aufgeführten Vertragsstaaten des EPGÜ. Daher ist der Sicherheitsbetrag ohne weiteren Vortrag der Beklagten, die die Entscheidung ausdrücklich ins freie Ermessen des Gerichts gestellt haben, ohne Angaben zu machen, jedenfalls ausreichend. Der Spruchkörper übt sein Ermessen weiter dahin aus, abweichend vom Antrag der Beklagten den Kreis der für die Begebung der Bankbürgschaft in Betracht kommenden Kreditinstitute in Ansehungen der Grundfreiheiten der Europäischen Union auf dort zum Geschäftsbetrieb befugte Kreditinstitute zu erstrecken. Hinsichtlich der gleichfalls vollstreckungsfähigen Ansprüche auf Auskunft/Rechnungslegung sowie des vorläufigen Schadensersatzes war eine Anordnung einer Sicherheitsleistung als Vollstreckungsvoraussetzung angesichts mangelnder Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin insoweit den hieraus resultierenden Schaden finanziell nicht kompensieren kann, wenn die erstinstanzliche Entscheidung keinen Bestand haben sollte, keine Sicherheitsleistung anzuordnen.

    1. Die Anordnungen sind erst vollstreckbar, nachdem die Klägerin dem Gericht mitgeteilt hat, welchen Teil der Anordnungen sie zu vollstrecken beabsichtigt und

eine beglaubigte Übersetzung der Anordnungen in die Amtssprache des Vertragsmitgliedstaats, in dem die Vollstreckung erfolgen soll, eingereicht hat und nachdem die Mitteilung und die (jeweilige) beglaubigte Übersetzung der Beklagten zugestellt wurde und die Sicherheitsleistung erbracht ist, R. 118.8 VerfO. Nachdem die Beklagten durch die angeordnete Sicherheit ausreichend geschützt sind, war eine Abwendungsbefugnis für die Beklagten nicht mehr anzuordnen.

FRAND-Einwand

    1. Den vorstehenden Rechtsfolgenaussprüchen steht auch kein auf Art. 102 AEUV beruhender FRAND-Einwand entgegen. Während die Klägerin sich dem an sie als SEPInhaberin gerichteten Pflichtenprogramm des EuGH entsprechend verhalten hat, haben die Beklagten nicht zielgerichtet und den Gepflogenheiten einer ernstlich an einer Lizenznahme interessierten Partei entsprechend an den Verhandlungen um eine FRAND-gemäße Lizenz im Sinne des vom Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-170/13 -Huawei v. ZTE, ECLI:EU:C:2015:477 entwickelten Verhandlungsprogrammes mitgewirkt.
    1. Das Einheitliche Patentgericht wendet in vollem Recht Unionsrecht an und achtet seinen Vorrang, Art. 20 EPGÜ. Das Unionsrecht ist vom Einheitlichen Patentgericht vorrangig anzuwendende Rechtsquelle, Art. 24(1)(a) EPGÜ. Bei Fragen, die die zutreffende Auslegung des europäischen Rechts betreffen, kann das Gericht erster Instanz entscheidungserhebliche Fragen dem EuGH zur Entscheidung vorlegen, Art. 267 AEUV. Die Entscheidungen des EuGH sind für das Einheitliche Patentgericht bindend, Art. 21 EPGÜ.
    1. Der vorliegende Fall gibt jedoch - zumal für das Gericht erster Instanz - auch vor dem Hintergrund des Amicus curiae letters der Europäischen Kommission, den diese unter dem Zeichen 020078-24 MLO / DLF beim Oberlandesgericht München am 15. April 2024 eingereicht hat und mit dem die Europäische Kommission das dortige Gericht zur Vorlage an den EuGH 'ermuntert', keine Veranlassung zur Vorlage an den EuGH. Vielmehr ist der Spruchkörper der Ansicht, dass sich vorliegend allein Fragen

betreffend den vorliegenden Einzelfall stellen, die unter Anwendung der durch den Gerichtshof entwickelten ausbalancierten Grundsätze, die den zur Rechtsanwendung im Einzelfall berufenen Gerichten eine sachgerechte Einschätzung des jeweiligen Falles erlauben, gelöst werden können. Hierbei kann der - freilich die von Verfassungs wegen unabhängigen Gerichte nicht bindenden -Ansicht der Europäischen Kommission zugleich Rechnung getragen werden. Das Dokument ist auch im hiesigen Verfahren eingeführt und wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung mit den Parteien intensiv diskutiert.

  1. Der EuGH hat in der Entscheidung Huawei vs. ZTE ein seither die mitgliedstaatlichen Gerichte - anders als nunmehr die Gerichte des Vereinigten Königreiches bindendes Verhandlungsprogramm aufgestellt. Dieses Verhandlungsprogramm haben die Gerichte der Mitgliedstaaten seither angewendet und in seinen Einzelheiten weiter anhand der jeweils zur Entscheidung unterbreiteten Fälle ausgefüllt (vgl. niederländischer Gerichtshof Den Haag, Fallnummer: 200.219.487/01, vom 2. Juli 2019 - Philips vs. Wiko; derselbe Fallnummer: 200.233.166/01, Urteil vom 24. Dezember 2019 - Philips vs. ASUS; deutscher Bundesgerichtshof GRUR 2020, 961 -FRAND-Einwand, GRUR 2021, 565 -FRAND-Einwand II). Hierbei ist der Spruchkörper der Auffassung, dass das Verhandlungsprogramm des EuGH nicht allein auf eine Bestimmung der jeweiligen Lizenzkonditionen fokussiert ist, die gleichsam um eine Beurteilung des jeweiligen Verhaltens der Parteien im Rahmen der Verhandlungen entkleidet wäre. Vielmehr ist zentrales Anliegen der Entscheidung, ein Verhandlungsprogramm mit wechselseitigen Pflichten zu etablieren, das zugleich der Beurteilung der EU-primärrechtlichen Frage dient, ob die Durchsetzung der Verbietungs- und Rückrufrechte aus dem Patent kartellrechtlichen Einschränkungen unterliegt. Die ggf. zu erfolgende Bestimmung einer FRAND-Lizenzrate ist nur ein Bestandteil dieses Programmes. Entsprechend ist im vorliegenden Fall erstmals eine Lokalkammer des Einheitlichen Patentgerichts als gemeinsames Gericht der Mitgliedstaaten zur Entscheidung berufen. Dies gibt Veranlassung zu den nachfolgenden Ausführungen.
    1. Der Europäische Gerichtshof hat in seiner Leitentscheidung Huawei vs. ZTE ein Verhandlungsprogramm aufgestellt, das den Parteien ihre jeweiligen Pflichten im Rahmen von Verhandlungen um eine Lizenz an einem standardessentiellen Patent aufzeigt und den Gerichten die Beurteilung des Verhaltens der Parteien auf dem Weg zu einer Lizenz ermöglicht. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (aaO Rn. 46) gehört die Ausübung eines mit einem Recht des geistigen Eigentums verbundenen ausschließlichen Rechts, hier des Rechts, eine Verletzungsklage oder Rückruf zu erheben, zu den Vorrechten des Inhabers eines Rechts des geistigen Eigentums, so dass sie als solche keinen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellen kann, selbst wenn sie von einem Unternehmen in beherrschender Stellung ausgeht. Die Ausübung eines mit einem Recht des geistigen Eigentums verbundenen ausschließlichen Rechts durch den Inhaber kann aber unter außergewöhnlichen Umständen ein missbräuchliches Verhalten im Sinne von Art. 102 AEUV darstellen (ebenda Rn. 47). Es ist - insbesondere vor dem Hintergrund der Entscheidung des UK Court of Appeal - in Erinnerung zu rufen, dass der EuGH ausgeführt hat, dass der notwendigen Wahrung der Rechte des geistigen Eigentums Rechnung zu tragen ist, die u. a. mit der Richtlinie 2004/48 bezweckt wird. Die Richtlinie sieht im Einklang mit Art. 17 Abs. 2 der Charta eine Reihe von Rechtsbehelfen vor, die gewährleisten sollen, dass für das geistige Eigentum im Binnenmarkt und das in Art. 47 der Charta garantierte Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz, das mehrere Elemente umfasst, zu denen das Recht auf Zugang zu den Gerichten gehört, ein hohes Schutzniveau besteht (EuGH aaO Rn. 57). Dieses Erfordernis des hohen Schutzes der Rechte des geistigen Eigentums impliziert, dass ihrem Inhaber grundsätzlich nicht die Möglichkeit genommen werden kann, gerichtliche Schritte zu unternehmen, durch die gewährleistet wird, dass seine ausschließlichen Rechte tatsächlich beachtet werden, und dass der Benutzer dieser Rechte, wenn er nicht ihr Inhaber ist, grundsätzlich vor jeder Benutzung eine Lizenz einholen muss (EuGH aaO Rn. 58).
    1. Diesen Grundsätzen dient das vom EuGH entwickelte Verhandlungsprogramm. Eine Beurteilung der Bedingungen einer FRAND-Lizenz unter Ausblendung der vom EuGH etablierten Schritte im Sinne einer rein ökonomischen Lizenzhöhebestimmung ohne Berücksichtigung des relevanten Verhaltens der an den Verhandlungen beteiligten

Parteien kann daher europarechtlich keinen Bestand haben und würde in den Mitgliedstaaten zwingend zu beachtendes Recht verletzen.

    1. Nach der Entscheidung des EuGH hat der SEP-Inhaber zunächst vor Erhebung einer Unterlassungsklage in einem ersten Schritt den Patentnutzer auf die Patentverletzung, die ihm vorgeworfen wird, hinzuweisen. Dabei hat er das fragliche SEP zu bezeichnen und muss angeben, auf welche Weise es verletzt sein soll (EuGH aaO Rn. 61). Bereits in der zitierten Rechtsprechung nationaler Gerichte hatte sich etabliert, dass für diese Zwecke die Übersendung von Claim-charts in jedem Falle ausreichend ist (vgl. etwa aus der nationalen Rechtsprechung Gerichtshof Den Haag, Fallnummer 200.233.166/01 v. 24.12.2019, para 4.157 et seqq. - Philips vs ASUS; OLG Karlsruhe, Urt. v. 09.12.2020, 6 U 103/19 - Mobilstation; LG Mannheim, Urt. v. 19.08.2016, 7 O 19/16 - Sekundärstation; Urt. v. 29.01.2016, 7 O 66/15 Steuerkanal; LG Düsseldorf, Urt. v. 11.07.2018, 4c O 81/17 Rn. 108). Soweit die Europäische Kommission in ihrer Stellungnahme in diesem Zusammenhang die Ansicht vertritt, dass dieser Hinweis in dem Anschreiben selbst erfolgen muss (Amicus curiae letter Rn. 65), kann einem solch formalistischen Verständnis nicht beigetreten werden. Zwar mag ein Hinweis auf eine pauschal gehaltene Internetseite des SEP-Inhabers, die keine einfach zugänglichen Informationen zum konkreten Klagepatent enthält, zu wenig sein, um als ausreichender Hinweis angesehen werden zu können. Das Urteil des EuGH macht aber an dieser Stelle aus gutem Grund keine strikten formalen Vorgaben, sondern überlässt den mitgliedstaatlichen Gerichten die Beurteilung im Einzelfall. Gerade im Falle des Vorwurfs der Verletzung einer Vielzahl von standard-relevanten Patenten kann ein Hinweis in der formalisierten Form, wie sie von der Kommission für nötig erachtet wird, eher zu Unübersichtlichkeit führen denn zu der erwünschten Transparenz.
    1. Im vorliegenden Fall war es ausreichend, um den Beklagten vor Augen zu führen, dass sie auch einer Verletzung im EU-Rechtsraum gültiger Patente bezichtigt werden und sie damit dazu anzuhalten, sich mit den weiteren Schritten des austarierten Verhandlungsprogrammes des EuGH zu befassen, dass die Klägerin - neben einer Vielzahl weiterer von den Beklagten angeforderten Claim-charts - auch ein Claim-

chart betreffend das chinesische Familienmitglied der Patentfamilie, zu der auch das vorliegende Klagepatent zählt, übersendet hat. Dabei war in dem Claim-chart ein ausdrücklicher Verweis auf das Klagepatent enthalten. Wenn die Beklagten in der mündlichen Verhandlung den Einwand geführt haben, dass das chinesische Patent einen breiteren Schutzbereich habe und sich daher die Einschlägigkeit des Klagepatents für den Standard nicht ohne weiteren Aufwand und Erklärung habe beurteilen lassen, bietet dieses Verhalten ein Beispiel dafür, wie sich ein ernsthaft an einer FRAND-Lizenz interessierter Implementierer nicht verhalten sollte. Ein solcher hätte mindestens einmal eine entsprechende Beanstandung erhoben, wenn er tatsächlich Verständnisprobleme gehabt hätte, und um vertiefte Diskussion gebeten. Die Beklagten haben hingegen keine solche Beanstandung erhoben, sondern nur immer wieder weitere Claim-charts zu anderen Patentfamilien angefordert, um sich sodann ohne nähere Auseinandersetzung mit dem gesamten eingeforderten Material darauf zurückziehen, dass sich aus von ihnen herangezogenen Quellen ohnedies allgemeingültige Befunde ergäben, welcher Anteil deklarierter Patente gemeinhin tatsächlich für den Standard essentiell sei (vgl. im Einzelnen unten). Es entspricht nicht den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs, auf die der EuGH abhebt (aaO Rn. 65, 67), sich wie die Beklagten in seiner solchen Situation auf formalistische Beanstandungen zurückzuziehen und daraus ableiten zu wollen, dass sich keine weiteren Obliegenheiten für die eigene Seite mit Blick auf zielgerichtete Verhandlungen in Richtung einer FRAND-Lizenz ergäben. Der Verletzungshinweis war ausreichend.

  1. Der Patentnutzer hat sodann in einem weiteren Schritt -gleichfalls vor Klageerhebung - seinen Willen zum Ausdruck zu bringen, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen zu schließen (EuGH aaO Rn. 63). Welche Bedeutung dieser Schritt im Verhandlungsprogramm des EuGH hat, wird zumindest mit Blick auf die Gewichtung dieses Schrittes im Rahmen des Verhandlungsprogrammes unterschiedlich beurteilt. Der Bundesgerichtshof hat hierzu in Rn. 83 seiner FRANDEntscheidung ausgeführt (BGH GRUR 2020, 961 Rn. 83):

'Daher genügt es nach dem ersten Hinweis zur Begründung weiterer Verpflichtungen des marktbeherrschenden Patentinhabers nicht, wenn der Verletzer sich daraufhin lediglich bereit zeigt, den Abschluss eines

Lizenzvertrages zu erwägen oder in Verhandlungen darüber einzutreten, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Vertragsschluss für ihn in Betracht komme (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Wathelet vom 20. November 2014 - C-170/13 Rn. 50). Vielmehr muss der Verletzer sich seinerseits klar und eindeutig bereit erklären, mit dem Patentinhaber einen Lizenzvertrag zu angemessenen und nicht-diskriminierenden Bedingungen abzuschließen, und muss auch in der Folge zielgerichtet an den Lizenzvertragsverhandlungen mitwirken. Der High Court von England und Wales (J. Birss) hat dies treffend dahin ausgedrückt, dass "a willing licensee must be one willing to take a FRAND licence on whatever terms are in fact FRAND" (EWHC, Urteil vom 5. April 2017, [2017] EWHC 711 (Pat) Rn. 708 - Unwired Planet v Huawei).'

    1. Dieses als 'Lizenzwilligkeit' bezeichnete Kriterium soll nach der Ansicht der Europäischen Kommission allein 'anhand des Inhalts und der Umstände der Erklärung zu bewerten [sein], nicht aber aufgrund des späteren Verhaltens während etwaiger Verhandlungen' (Amicus curiae letter Rn. 7, 75, 80 ff.). Die beiden ersten Schritte des Rahmenprogrammes gingen dem Beginn der Verhandlungen, insbesondere dem Angebot des SEP-Inhabers, voraus. Daher könnte die Beurteilung ihres Vorliegens nicht an bestimmte Lizenzbedingungen oder Lizenzgebühren geknüpft werden (ebenda Rn. 82). Die Lizenzbereitschaft des Patentnutzers dürfe nicht auf der Grundlage seines nachfolgenden Verhaltens während der Verhandlungen bestimmt werden, der zweite Schritt sei lediglich ein formaler Schritt als Auftakt von Verhandlungen. Insbesondere dürfe dieser Schritt nicht mit den nachfolgenden Schritten, dem Angebot des SEP-Inhabers und dem Gegenangebot des Patentnutzers vermengt werden (aaO Rn. 84 ff.).
    1. Der Europäischen Kommission ist darin beizutreten, dass die initiale Erklärung der Lizenzwilligkeit den Auftakt für die weiteren Verhandlungen bildet. Sie darf sich nicht in einem bloßen Lippenbekenntnis erschöpfen, sondern muss im Sinne der Ausführungen des BGH ernstlich sein. Allerdings führt die Betrachtung der jeweiligen Erklärung allein in der Regel bei der Prüfung, ob es sich um einen ernstlich an einer Lizenznahme interessierten Patentnutzer handelt, nicht weiter. Eine entsprechende Erklärung, mag sie sich auch an dem Wortlaut der zitierten UK bzw. BGHEntscheidung orientieren oder diesen gleichsam floskelhaft wortlautidentisch übernehmen, ist für sich allein genommen kein tauglicher Anhaltspunkt, um zu beurteilen, ob es dem jeweiligen Nutzer tatsächlich ernst um seine Erklärung ist.

Hierzu ist immer das jeweilige Verhalten in einer Gesamtschau zu betrachten. Die Kommission adressiert allerdings zutreffend, dass die Prüfung des FRAND-gemäßen Verhaltens sich nicht allein auf die Lizenzwilligkeit im Sinne einer Analyse allein des Verhaltens des Benutzers fokussieren darf. Daher ist es unzutreffend, die 'Lizenzwilligkeit' anhand des Gegenangebots des Patentnutzers zu beurteilen, indem jenes wieder als Indiz für oder gegen die Ernsthaftigkeit des Verhaltens des Benutzers herangezogen wird, ohne zuvor das Angebot des SEP-Inhabers zu betrachten. Bei einem solchen Verständnis besteht die erhebliche Gefahr, dass die erforderliche Prüfung des Angebots des kartellrechtsgebundenen SEP-Inhabers gänzlich unterbleibt oder allenfalls kursorisch erfolgt. Dies würde der Entscheidung des EuGH nicht gerecht. Eben dieser Punkt wird im Kern von der Europäischen Kommission im Kontext der von ihr analysierten Entscheidung des Landgericht München I kritisiert. Vielmehr ist stets - bei ausreichend bekundeter anfänglicher Lizenzwilligkeit - das Angebot des SEP-Inhabers auf seine FRAND-Gemäßheit zu prüfen. Dieser Schritt darf nicht unterbleiben oder nur ganz kursorisch erfolgen. Bereits das Landgericht Düsseldorf hatte in seiner Vorlage in dem Fall Huawei vs ZTE die Frage formuliert, ob Art. 102 AEUV besondere zeitliche und/oder qualitative Anforderungen an die Verhandlungsbereitschaft stelle und in der Vorlage ausgeführt, dass es nicht zufriedenstellend sein könne, den Begriff 'Verhandlungsbereitschaft' als Kriterium eines solchen Missbrauchs heranzuziehen, da dieser Begriff Raum für viele Interpretationen lasse (EuGH aaO Rn. 38). In diesem Sinne darf sich eine Prüfung, die der Rechtsprechung des EuGH entsprechen will, nicht damit begnügen, allein das Verhalten des Patentnutzers auf Anhaltspunkte zu analysieren, die sodann herausgegriffen werden, um eine unzureichende Lizenzwilligkeit zu beanstanden, ohne das Angebot des SEP-Inhabers ernstlich zu prüfen. Einem solchen Ansatz steht schon entgegen, dass der EuGH es bewusst nicht bei der sog. Orange-BookRechtsprechung des BGH belassen wollte. Der Generalanwalt Wathelet hat vielmehr in seinen Schlussanträgen (ECLI:EU:C:2014:2391 Rn. 51 f.) ausgeführt:

'Meines Erachtens würde sich aus der einfachen Übertragung des Urteils Orange-Book-Standard des Bundesgerichtshofs oder der Pressemitteilung auf den vorliegenden Fall eine Situation ergeben, bei der der SEP-Inhaber, der Benutzer der Lehre des Patents oder der Verbraucher entweder zu viel oder zu wenig Schutz erhalte. Es muss daher ein Mittelweg gefunden werden.'

  1. In diesem Sinne hat der EuGH zunächst den SEP-Inhaber für verpflichtet erklärt, ein FRAND-Angebot zu unterbreiten:

'Wie der Generalanwalt in Nr. 86 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, kann nämlich von dem Inhaber eines SEP, wenn dieser sich gegenüber der Standardisierungsorganisation zur Erteilung von Lizenzen zu FRANDBedingungen verpflichtet hat, erwartet werden, dass er ein solches Angebot unterbreitet. Außerdem ist der Inhaber des SEP, wenn weder ein Standardlizenzvertrag noch mit anderen Wettbewerbern bereits geschlossene Lizenzverträge veröffentlicht sind, in einer besseren Lage, um zu prüfen, ob sein Angebot die Voraussetzung der Gleichbehandlung wahrt, als der angebliche Verletzer.'

    1. Bei der Anwendung der Orange-Book-Rechtsprechung des deutschen BGH (BGH GRUR 2009, 694) sollte es gerade nicht verbleiben. Nach dieser Rechtsprechung musste der Patentnutzer zunächst ein unbedingtes Angebot auf Abschluss eines Lizenzvertrages machen, das der Patentinhaber nicht ablehnen dürfe, ohne seinerseits gegen seine kartellrechtlichen Pflichten zu verstoßen, den Lizenzsucher nicht unbillig zu behindern oder zu diskriminieren. Mithin ist auch eine Auslegung der FRAND-Rechtsprechung in einer Weise unzutreffend, die de facto wieder zu einer Anwendung der Orange-Book-Rechtsprechung führen würde. Insoweit ist der Kommission darin beizutreten, dass die Schrittfolge des Verhandlungsprogrammes des EuGH in diesem Sinne nicht so miteinander vermengt werden darf, dass die Untersuchung des Angebots des SEP-Inhabers zu stark in den Hintergrund rückt.
    1. Soweit mithin der Ansicht der Europäischen Kommission darin beigetreten werden kann, dass die vor Klageerhebung zum Ausdruck zu bringende Lizenzwilligkeit den Ausgangspunkt für die weiteren Verhandlungen bildet, ist damit noch nicht geklärt, inwieweit das weitere Verhalten während der Verhandlungen in die Beurteilung einzustellen ist. Aus Sicht des Spruchkörpers ist die Ernsthaftigkeit der in diesem engeren Sinne verstandenen initialen grundsätzlichen Lizenzbereitschaftserklärung aus den sie begleitenden unmittelbaren Umständen heraus zu bewerten. Daraus folgt aber keineswegs, dass das weitere Verhalten beider Parteien während der nachfolgenden Verhandlungen aus der Prüfung auszublenden wäre. Vielmehr

müssen sich sowohl der SEP-Inhaber als auch der Implementer bei den Verhandlungen 'den geschäftlichen Gepflogenheiten' entsprechend verhalten und gemäß Treu und Glauben in Richtung auf den Abschluss eines Lizenzvertrages hinarbeiten. Ihr Verhalten ist danach zu bewerten, ob es dem grundlegenden Ziel des Verhandlungsprogrammes des EuGH ausreichend Rechnung trägt, in zielgerichteten Verhandlungen zum zeitnahen Abschluss eines auf vorrangig privatautonomer Basis geschlossenen FRAND-Lizenzvertrages zu gelangen. Aus diesem Erfordernis folgen in jedem Verhandlungsstadium für den individuellen Fall zu konkretisierende Verpflichtungen. Ebenso wenig entspricht es dem Verhandlungsprogramm des EuGH, allein die Lizenzwilligkeit des Implementers zu prüfen, ohne das Angebot des SEPInhabers ausreichend einer Prüfung zu unterziehen, wie es ungenügend wäre, nach Bejahung der ersten beiden Schritte der Prüfung allein die sich gegenüberstehenden Angebote und Gegenangebote zu betrachten und hierbei das weitere Verhalten der Parteien auszublenden. Denn ob ein (Gegen-)Angebot FRAND-Kriterien entspricht, kann allein auf der Grundlage der konkreten Verhandlungen und des Verhaltens der Parteien beurteilt werden. Ebenso wie der Implementer ohne ausreichende Kenntnisse von ggf. Dritten gewährten Lizenzierungsbedingungen kein förderliches Angebot unterbreiten kann, kann der SEP-Inhaber kein förderliches Angebot unterbreiten, wenn der Implementer ihn bewusst über das Ausmaß seiner Benutzungshandlungen und seine wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wie etwa die von ihm am Markt geforderten Verkaufspreise im Dunkeln lässt und er keine Angaben zu den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seines Agierens macht, die umgekehrt für den SEP-Inhaber je nach Fortschritt der Verhandlungen hinreichend plausibilisiert seien müssen. Die gerichtliche Prüfungstiefe des klägerischen Verhaltens orientiert sich dabei nämlich maßgeblich daran, welche Punkte der Lizenzsucher gegenüber dem Kläger im Verhandlungsprozess beanstandet hat und welche Informationen er umgekehrt dem Inhaber zugänglich gemacht hat, um ihm, dem Benutzer, ein auf seine Verhältnisse zugeschnittenes Angebot unterbreiten zu können. Erst und allein im Zuge des vor Gericht vor dem Hintergrund des drohenden Unterlassungsgebots erhobene Beanstandungen allein genügen nicht. Denn der Patentnutzer hat bis auf extrem gelagerte Konstellationen stets die Pflicht, auf ein Angebot des SEP-Inhabers zu reagieren und mindestens seine

Beanstandungen dagegen vorzubringen und um Nachbesserungen nachzusuchen (vgl. aus der deutschen Rechtsprechung BGH GRUR 2021, 585 Rn. 71 - FRANDEinwand II; OLG Karlsruhe GRUR 2022, 1145 Rn. 152 ff. - Steuerkanalsignalisierung II.).

    1. Auch dieses Zusammenspiel der wechselseitigen Obliegenheiten in den Verhandlungen zeigt der vorliegende Fall wiederum beispielhaft. Die Beklagten haben sich geweigert, der Klägerin zureichende Angaben über ihre Benutzungshandlungen zu machen. Sie haben sich selbst nach Ablehnung ihres Gegenangebots geweigert, der Klägerin gegenüber Angaben zu ihren tatsächlichen Benutzungshandlungen zu machen. Die Beklagten haben die Klägerin vielmehr allein auf Daten von Wirtschaftsdatendiensten des Anbieters IDC verwiesen, ohne diese wenigstens für beispielhafte aussagekräftige Zeiträume durch Angaben zu den echten eigenen Benutzungshandlungen zu plausibilisieren. Insoweit können die Beklagten von der Klägerin auch kein Angebot erwarten, welches die sie betreffenden Umstände vollumfänglich abbildet, wenn sie nicht willens sind, diese Umstände zugänglich zu machen. Soweit die Beklagten in diesem Zusammenhang beanstanden, dass die Klägerin ihrerseits auch auf IDC-Daten zurückgegriffen habe, um die Vergleichbarkeit der den Beklagten angebotenen Konditionen anhand von Drittlizenzverträgen darzulegen, verkennen die Beklagten zweierlei: Zum einen haben die Drittlizenzvertragspartner ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse, soweit ihre konkreten Geschäfte betroffen sind. Jedenfalls ist der SEP-Inhaber daher nicht gehalten, solche Zahlen einem Verhandlungspartner unmittelbar zugänglich zu machen, wenn noch offen ist, ob dieser ernsthaft auf den Abschluss einer FRANDLizenz hin verhandelt. Der Implementierer kann vom SEP-Inhaber nicht mehr an Offenlegung verlangen, als er selbst offenzulegen bereit ist. Zudem verfügt der SEPInhaber über diese Informationen bei Pauschallizenzverträgen nicht, weil gerade keine Rapportpflichten über in bestimmten Zeitabschnitten zu vergütende Benutzungshandlungen bestehen. Zum anderen verkennen die Beklagten, dass sie als die Technologie nutzender Patentverletzer (vgl. oben), der die Verhandlungen anders als die Vergleichslizenznehmer der Klägerin über Jahre hinzieht, nicht verlangen können, in jeder Hinsicht mit den kooperativen Lizenzvertragspartnern des SEP-

Inhabers gleich behandelt zu werden, die etwaige Differenzen in kurzer Zeit ausräumen und zielgerichtet an Verhandlungen mitwirken und zum Abschluss bringen. Daher kann es durchaus kartellrechtlich beanstandungsfrei sein, wenn sich ein SEP-Inhaber für die Verhandlungen mit Daten von Wirtschaftsdiensten begnügt, wenn der betreffende Lizenzinteressent konstruktiv und zügig auf das Zustandekommen einer solchen Lizenz hinarbeitet. Dahingegen hat auch der EuGH klar zum Ausdruck gebracht, dass der Patentnutzer, der die Technologie rechtswidrig benutzt, spätestens nach Ablehnung seines Gegenangebots Auskünfte geben und Sicherheit leisten muss. Der Klägerin ist in ihrer Argumentation darin beizutreten, dass die Auskünfte dem Zweck dienen abzuschätzen, ob die angebotene Sicherheit ein Insolvenzrisiko des Patentverletzers ausreichend absichert. Hierbei muss sich der SEP-Inhaber, der selbst ein unter den jeweiligen Umständen der Verhandlungen als FRAND-gemäß zu beurteilendes Angebot abgegeben hat, gegenüber einem Patentverletzer, der die Verhandlungen in die Länge zieht, nicht mit Daten aus Wirtschaftsdiensten begnügen.

  1. Die Prüfung des Angebots des SEP-Inhabers hat sich an den vorstehenden Ausführungen zu orientieren. Der Spruchkörper ist der Ansicht, dass der SEP-Inhaber bei Unterbreitung seines Angebots nicht nur die bloßen mathematischen Faktoren angeben muss, mit der er die Lizenzgebühr berechnet. Er ist vielmehr gehalten, in der ihm nach dem Stand der Verhandlungen jeweils möglichen Weise zu plausibilisieren, warum er meint, das von ihm unterbreitete Angebot als FRAND-konform ansehen zu dürfen. Dies folgt aus den Ausführungen des EuGH in Rn. 64 seiner Entscheidung. Der SEP-Inhaber verfügt über die besseren Kenntnisse seiner Lizenzierungspraxis und soll diese dem Patentnutzer vermitteln, damit dieser nach Treu und Glauben hierauf reagieren kann. Dies entspricht auch dem Verständnis des Urteils, welches die Kommission entwickelt hat, die in Rn. 50 f. des Amicus curiae letters dazu ausführt:

'Hintergrund dieser Verteilung der Obliegenheiten ist, dass in Abwesenheit eines veröffentlichten Standard-Lizenzvertrages und wenn die mit anderen Nutzern abgeschlossenen Lizenzverträge nicht veröffentlicht sind, regelmäßig nur der Patentinhaber weiß, zu welchen Konditionen er bereits Lizenzverträge geschlossen hat und welche Bedingungen somit nicht-diskriminierend sind. Der

Patentinhaber muss das Lizenzangebot in einem vierten Schritt prüfen und in angemessener Frist darauf reagieren.'

    1. Das Ausmaß der Erläuterungen hängt vom jeweils erreichten Stand der Verhandlungen zwischen den Parteien ab. Es ist daher nicht in jedem Fall - so auch nicht im vorliegenden - geboten, Namen und Bedingungen der Drittlizenzverträge unmittelbar zur Plausibilisierung offenzulegen (vgl. im Einzelnen sogleich).
    1. Ausgehend von diesen Grundsätzen ergibt sich für den vorliegenden Fall das Folgende:

Ausreichender Verletzungshinweis vor Klageerhebung

    1. Wie zuvor ausgeführt, war der Hinweis auf die Verletzung des Klagepatents durch die Klägerin ausreichend. Die Klägerin übersandte der Guangdong Oppo […] eine Liste, welche ihrer essentiellen Patente sie für den 3G- und den 4G-Standard als verletzt ansieht (Anlage KAP FRAND 1). Explizite Bezeichnungen der 4G-fähigen Produkte der Beklagten finden sich in der Präsentation vom […] (Anlage VB- F 3), wobei den Beklagten ohnedies bewusst war, dass sich der Vorwurf der Verletzung gegen alle 4Gfähigen Produkte richtet. Eine aktualisierte Liste als verletzt erachteter Patente übermittelte die Klägerin […] (Anlage KAP FRAND 2). Hierin findet sich ein Hinweis auch auf das Klagepatent. Zudem übersandte die Klägerin […] bezüglich des chinesischen Familienmitglieds des Klagepatents (ZL201310315589.X) auch Claimcharts. Hierin fand sich nach unwidersprochenem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ein expliziter Hinweis auch auf das Klagepatent. Beanstandungen, dass dies für die Nachvollziehbarkeit des Verletzungsvorwurfs nicht ausreichend gewesen sei, haben die Beklagten erstmals in der mündlichen Verhandlung erhoben. Dies ist verspätet. Zudem war die Beanstandung in der Sache nach verfehlt, nachdem die Beklagten beanstandet haben, dass das chinesische Patent einen weiteren Schutzbereich habe als das Klagepatent. Wenn es hier Klärungsbedarf gegeben hätte, hätten die Beklagten als kooperativer Lizenzsucher bei der Klägerin nachfragen können und müssen. In der Duplik haben sich die

Beklagten hingegen auf den formalistischen Standpunkt zurückgezogen, es bedürfe eines Hinweises auf das Klagepatent im Hinweisschreiben selbst. Diese Argumentation kann wie bereits ausgeführt nicht überzeugen.

Bekundung der Lizenzwilligkeit durch die Beklagten vor Klageerhebung

  1. Die Beklagten haben nach den zuvor dargelegten Maßstäben ihre initiale Lizenzwilligkeit in einer ausreichenden Weise bekundet, um als Startpunkt für die weiteren Verhandlungen dienen zu können. Ihre Erklärungen, die sie vor Klageerhebung abgegeben haben, haben mit der hinreichenden Klarheit erkennen lassen, dass die Beklagten an einer Lizenznahme interessiert sind und die Klägerin als kartellrechtsgebundene Inhaberin des SEP daher gehalten ist, mit den Beklagten in konstruktive Verhandlungen einzutreten, was insbesondere die Unterbreitung eines FRAND-Angebots umfasst. Der Spruchkörper vertritt die Ansicht, dass das Bestehen auf einer bestimmten Formulierung an dieser Stelle in der Sache keinen weiteren Erkenntnisgewinn hinsichtlich der tatsächlichen Intention des Benutzers verspricht. Auch eine Erklärung, die den vom BGH zitierten Wortlaut der Entscheidung des High Court von England und Wales vollständig übernimmt ("a willing licensee must be one willing to take a FRAND licence on whatever terms are in fact FRAND"), kann sich als bloßes Lippenbekenntnis erweisen. Auch der Bundesgerichtshof führt in diesem Kontext zutreffend aus, dass 'sich die im Einzelnen zu stellenden Anforderungen einer generellen Definition [entziehen]" (BGH, Urteil vom 24. November 2020 - KZR 35/17 (FRAND-Einwand II), GRUR 2021, 585 Rn. 59). Vor diesem Hintergrund erscheinen die Erklärungen der Beklagten eingangs der Verhandlungen ausreichend, um als hinreichend ernsthafter Auftakt zu weiteren Verhandlungen angesehen werden zu können. In ihrer E-Mail […] (Anlage VB F-1) haben die Beklagten eine hinreichende Erklärung abgegeben und einen konkreten Ansprechpartner für die weiteren Gespräche benannt […]. Diese Erklärung hat die Klägerin auch nicht als unzureichend beanstandet, sondern nahm sie zum Anlass, die Verhandlungen […] zu beginnen, die Modalitäten eines ersten Treffens zu klären und den Beklagten sodann erste Vorstellungen in Form von Term Sheets zu unterbreiten. Umstände, die zeigen würden, dass die Erklärung der Beklagten zu diesem Zeitpunkt bereits nicht hinreichend ernstlich und ungeeignet war, um damit in konkrete Gespräche einzutreten, sind nicht ersichtlich.

Unterbreitung eines Angebots auf Abschluss einer FRAND-Lizenz durch die Klägerin

    1. Die Klägerin hat sodann […] wirtschaftliche Eckpfeiler eines Angebots in einem ZoomMeeting unterbreitet (Anlage VB-F 3, S. 4). In der Präsentation hat die Klägerin sich nicht nur darauf beschränkt, nicht näher erläuterte Preise einzufordern, sondern hat versucht, ihren Standpunkt zu verdeutlichen, warum sie die Preise für angemessen erachtet. Dies sei im Folgenden vertiefend betrachtet:
  1. […].
    1. Weiter hat die Klägerin erläutert, dass sie […].
    1. Die Klägerin hat zudem anhand einer Top-Down-Analyse (Anlage VB-F 3, Folien 17 ff.) aufgezeigt, wie sie ihre Lizenzgebühren herleitet. Hierzu hat sie […].
    1. Mit diesen Darlegungen hat die Klägerin ihre Forderungen bereits in einem frühen Stadium klar dargelegt und in ausreichender Weise für die weiteren Verhandlungen plausibilisiert, warum sie meint, der Ansicht sein zu dürfen, hiermit ein FRANDkonformes Angebot zu unterbreiten. Hätten die Beklagten als kooperierende Lizenzsucher noch Fragen z.B. zur Diskriminierungsfreiheit des Angebots gehabt, hätten sie diese sofort oder kurz danach stellen müssen.
    1. Die Beklagten beharren in ihrer Argumentation hingegen darauf, diese Darlegungen seien noch nicht als ein erstes Angebot zu werten, weil es eines schriftlich ausformulierten Vertragsangebots bedürfe. Dieser Ansicht kann sich der Spruchkörper nicht anschließen. Was vom SEP-Inhaber gefordert werden kann, lässt sich nicht pauschal in formalistischer Weise bestimmen. Die Anforderungen an das Verhalten des Patentinhabers und an das Verhalten des Nutzers der Erfindung bedingen sich wechselseitig. Maßstab der Prüfung ist dasjenige, was eine vernünftige

Partei, die an dem erfolgreichen, beiderseits interessengerechten Abschluss der Verhandlungen interessiert ist, zur Förderung dieses Ziels in einem bestimmten Verhandlungsstadium jeweils tun würde (in diesem Sinne auch BGH FRAND II, aaO, Rn. 59). Am Beginn der Verhandlungen entspricht es nicht den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs, sich unmittelbar mit unterschriftsreifen Vertragsentwürfen gegenüber zu treten, solange noch nicht einmal die zentralen wirtschaftlichen Punkte geklärt sind. Daher entspricht es auch nicht dem Verhalten eines nach Treu und Glauben in Richtung auf eine FRAND-Lizenz verhandelnden Patentbenutzers, hierauf dennoch formalistisch in seiner vor Gericht vertretenen Argumentation zu beharren. Vielmehr soll das Angebot des SEP-Inhabers den konstruktiven Ausgangspunkt für die weiteren Verhandlungen in Richtung auf den Abschluss eines FRAND-Lizenzvertrages darstellen, weil die individuell angemessenen Vertragsbedingungen bei komplexen Patentlizenzverträgen den jeweiligen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen anzupassen sind (Berufungsgericht Den Haag GRUR Int 2020, 174, 179 Rn. 4.34; in diesem Sinne auch BGH aaO FRAND II Rn. 70). Ausreichend ist vielmehr, wenn das Angebot des SEP-Inhabers dem Patentnutzer erlaubt, die wesentlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eines angesonnenen Lizenzvertrages zu erkennen und ggf. hierauf mit einem abweichenden Gegenangebot zu reagieren. Hierfür ist regelmäßig noch kein in allen Nebenpunkten ausdifferenziertes schriftliches Vertragsangebot, welches unterschriftsreif ist, nötig. Vielmehr obliegt es dem Patentnutzer, die Vorlage eines solchen förmlichen Vertragsangebots zu verlangen, falls er es abweichend von den Gepflogenheiten bereits in diesem Stadium der Verhandlungen erhalten möchte. Entscheidend ist nicht der vertragsrechtliche Angebotsbegriff, sondern ein im Kontext des europäischen Kartellrechts wirtschaftlich zu verstehenden Angebotsbegriff. […]). Vielmehr wären sie gehalten gewesen, bereits zu diesem Zeitpunkt konkret zu den Vorstellungen der Klägerin Stellung zu beziehen und Beanstandungen zu erheben, Gegenvorschläge zu unterbreiten oder zu klärende wirtschaftliche Fragen aufzuwerfen. Das Aufwerfen solcher Fragen durch ein Privatgutachten erst vor Gericht kann diese Mitwirkungsobliegenheit nicht ersetzen.

    1. Zudem war zu würdigen, dass die Klägerin […] in Beziehung setzte und auch daran versuchte aufzuzeigen, warum sie ihrer Ansicht nach angemessene Lizenzraten einfordert (vgl. Anlage VB FC 5 Seiten 14 ff., siehe Zusammenfassung der Ergebnisse der Analysen auf Folie 44). Zudem steckte die Klägerin weitere zentrale Punkte für einen Lizenzvertrag ab (vgl. ebenda Folie 46). Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin die wesentlichen Eckpunkte eines Angebots unterbreitet.
    1. Sodann unterbreitete die Klägerin den Beklagten […].
    1. Dennoch verwies die Klägerin in dieser Präsentation auf […] Mehr Informationen musste die Klägerin den Beklagten nach Ansicht des Spruchkörpers zu diesem Zeitpunkt nicht zur Verfügung stellen. Sie musste insbesondere unter diesen Gegebenheiten nicht die zu Vergleichszwecken herangezogenen Lizenzverträge mit Dritten vorlegen.
    1. […].
    1. […].
    1. […].
    1. […].
    1. Dieses Angebot stellt damit den Endpunkt der Vorschläge der Klägerin auf dem Weg zu einer FRAND-Lizenz dar und wird fortan nochmals näher betrachtet. Hierbei ist bereits dem Grunde nach dem Argumentationsansatz entgegenzutreten, dass schon das Ausmaß des Nachgebens im Verhältnis zu den initial geäußerten Vorstellungen die FRAND-Widrigkeit des Angebots der jeweiligen Verhandlungsseite belegen kann. Denn dies ist jedenfalls dann nicht ohne Weiteres der Fall, wenn sich das Nachgeben aus dem Gang der Verhandlungen erklären lässt und etwa auf in diesem Zusammenhang ausgetauschten neuen Informationen beruht, sich als Eingehen auf von der Gegenseite geäußerte Bedenken darstellt oder wenn eine Verhandlungsseite

aus eigener Motivation pauschalierte Nachlässe anbietet, um zu einem zügigen Vertragsabschuss zu kommen. […] Die Klägerin hat wie zuvor aufgezeigt jeweils anhand objektiver Kriterien begründet, weshalb sie den im jeweiligen Verhandlungsstadium von ihr eingenommenen wirtschaftlichen Standpunkt vertritt und verändert hat. Aus Sicht des Spruchkörpers hat sie hierbei stets auf nachvollziehbare Gesichtspunkte abgestellt und ihre Überlegungen auch in einer Weise dargestellt, die es einem am Fortgang der Verhandlungen ernstlich interessierten Patentbenutzer ermöglichen, hierzu inhaltlich Stellung zu beziehen.

    1. Das den Beklagten zuletzt unterbreitete Angebot stellt sich daher zum maßgeblichen Zeitpunkt im Zuge der Verhandlungen aus Sicht des Spruchkörpers als FRANDkonform dar. Ebenso zeigen die im Zuge des vorliegenden Verfahrens auf Anordnung hin vorgelegten Vergleichslizenzverträge, dass die Klägerin nicht etwa versucht war, gegenüber den Beklagten mit unzutreffenden Behauptungen hinsichtlich ihrer Vergleichslizenzpartner zu arbeiten. […] Wenngleich es - je nach erreichtem Verhandlungsstadium in den konkreten Verhandlungen - nicht sogleich notwendig sein mag, die eigenen Umsatzdaten vollumfänglich offenzulegen, so kann von einem nach Treu und Glauben verhandelnden Lizenzsucher dennoch erwartet werden, jedenfalls zur Plausibilisierung der eigenen Einwendungen gegen die von der Gegenseite in Ansatz gebrachten Zahlen für bestimmte ausschnittsweise Zeiträume solche Daten zugänglich zu machen, die für den SEP-Inhaber insgesamt nachvollziehbar erscheinen lassen, warum der Lizenzsucher sich berechtigt fühlt, auf seiner abweichenden Grundlage zu kalkulieren. […] Wie die Klägerin zutreffend argumentiert, muss der Patentnutzer nach Ablehnung seines Gegenangebots in einer Form Auskünfte erteilen, die es dem SEP-Inhaber ermöglicht zu beurteilen, ob die gleichfalls zu leistende Sicherheit genügend ist und insbesondere ein Insolvenzrisiko abdeckt (EuGH Huawei/ZTE Rn, 67). Solche Angaben haben die Beklagten zu keinem Zeitpunkt erbracht. […].
    1. Die Beklagten können zudem nicht ihr fehlendes konstruktives Verhandeln vor Klageerhebung nunmehr dadurch ex post rechtfertigen, dass sie das nunmehr vorliegende Tatsachenmaterial einer privatgutachterlichen Bewertung unterziehen

und hieraus eine Fülle von Einwendungen ableiten. Es ist unzureichend, erst im gerichtlichen Verfahren die Beanstandungen durch Auftragsgutachten zu unterlegen, die zudem nur in Teilen im Hauptschriftsatz hinsichtlich ihrer Systematik erläutert werden. Angezeigt ist es vielmehr, die Einwände in engem zeitlichem Zusammenhang zu der Darlegung des gegnerischen Berechnungsansatzes vorzutragen und sodann vorgerichtlich, ohne dass es gerichtliche Hilfe bräuchte, dem Gegner die Gelegenheit zu geben, die bestehenden Diskrepanzen durch geeignete Verhandlungsvorschläge auf dem Weg zu einer FRAND-Lizenz zu überwinden.

  1. Selbst wenn man die nunmehr offengelegten Vergleichslizenzen mit in die Beurteilung einbezieht, ob es der Klägerin aus kartellrechtlichen Gründen verwehrt bleiben muss, den geltend gemachten Unterlassungsanspruch sowie die weiteren zukunftsgerichteten Ansprüche aus dem Patent durchzusetzen, erweist sich das zuvor dargelegte Angebot der Klägerin nicht als FRAND-widrig, sondern als FRANDgemäß. Hierbei ist der Klägerin zunächst darin zuzustimmen, dass FRAND ein Korridor ist. Diese Ansicht erscheint mittlerweile allgemein anerkannt. Dann allerdings gibt es auch nicht nur das eine FRAND-Angebot, sondern innerhalb der Bandbreite mehrere Ausgestaltungen eines Lizenzvertrages, die allesamt FRAND-Kriterien genügen können. Daher verbleibt innerhalb dieses Bereichs der Klägerin auch ein Handlungsspielraum. Sie ist aus kartellrechtlichen Gründen nicht gezwungen, das billigste, noch im Korridor liegende Angebot zu unterbreiten. Sie ist auch nicht gehalten, eine von der Gegenseite präferierte Berechnungsmethodik zugrunde zu legen. Sie darf unter Angemessenheitsgesichtspunkten nur nicht in einer nicht mehr zu rechtfertigenden Weise von den als Vergleichsmaßstäben herangezogenen Umständen abweichen, mögen diese Umstände in eigenen Vergleichslizenzen liegen, die regelmäßig die stärkste Indizwirkung haben oder in zu Vergleichszwecken herangezogenen Lizenzvertragsgestaltungen, die etwa in Gerichtsentscheidungen diskutiert wurden und die sich auf die konkreten Verhältnisse übertragen lassen.

  2. […].

  3. […].

    1. […]
    1. […].
    1. […].
    1. […] Das Gegenangebot der Beklagten erweist sich daher nicht als FRAND-konform.
    1. Maßgeblicher Umstand für diese Diskrepanz ist bereits der als nicht-FRAND-konform zu bewertende Ansatz der Beklagten. […].
    1. Überdies können die Beklagten nicht umgekehrt […] Wenn man diese Systematik anerkennen würde, würde dies einen Benutzer privilegieren, der hold-out betreibt. Die Beklagten messen ohne zureichende Gründe mit zweierlei Maß.
    1. Aber auch im Übrigen haben sich die Beklagten nicht Treu und Glauben entsprechend so verhalten, wie es die Gepflogenheiten eines ernstlich an einer Lizenznahme interessierten Benutzers erfordern. Die Rechtsprechung des EuGH ist mit der Klägerin zutreffend dahin zu verstehen, dass die nach Ablehnung des Gegenangebots zu erteilenden Auskünfte dem Patentinhaber erlauben sollen, den Umfang der tatsächlichen Benutzungshandlungen überblicken zu können. Nur so wird er in die Lage versetzt zu prüfen, ob die angebotene Sicherheit ausreichend ist. Der Nutzer hat den Umfang seiner Nutzungshandlungen offen zu legen. Möchte der Patentnutzer eine Lizenz gegen einen Pauschalbetrag erhalten, ist er zudem auch unter diesem Gesichtspunkt regelmäßig gehalten, dem Patentinhaber Verkaufszahlen offenzulegen, damit dieser das Ausmaß der Benutzungshandlungen ermessen kann, das gegen Pauschalzahlung lizenziert werden soll.
    1. Ferner ist auch die von den Beklagten angebotene Sicherheit aus den von der Klägerin vorgetragenen Gründen unzureichend. Aufgrund der Formulierungen in der Bürgschaftsurkunde steht gerade im Insolvenzfall ein Totalausfall zu befürchten. Denn weder kann ein Insolvenzverwalter bei mangelnder Masse seine Zustimmung

erteilen, dass die Bürgschaft gezogen wird, noch kann in diesem Fall hinreichend sicher damit gerechnet werden, dass eine abschließende gerichtliche Klärung noch herbeigeführt werden kann, weil die Insolvenz insoweit das Verfahren regelmäßig zu einem Stillstand bringt (vgl. nur Regel 311.1 VerfO).

    1. Schließlich ist auch das prozessuale Verhalten der Beklagten als wider Treu und Glauben zu kennzeichnen, da es durch selbstwidersprüchliches Verhalten gekennzeichnet ist. Insoweit wollten die Beklagten bis zur mündlichen Verhandlung mit ihrem Einspruch die Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts überhaupt bekämpfen. Hierzu steht in Widerspruch, dass sie dann dennoch um Bestimmung einer FRAND-Rate im Wege einer FRAND-Widerklage angetragen haben. Erst auf dezidierten Hinweis des Spruchkörpers haben die Beklagten sich - wenngleich unter scharfem Protest - dazu in der Lage gesehen, den Einspruch nicht weiter zu verfolgen. Ferner waren die Anträge der Beklagten im Rahmen der FRAND-Widerklage zunächst allein darauf gerichtet, vom Spruchkörper eine territorial beschränkte Lizenzrate bestimmen zu lassen, die sich auf die EPÜ-Vertragsstaaten, die USA und Japan begrenzen sollte. Dies steht im Widerspruch zur eigenen Argumentation, das FRANDgemäß allein die Festsetzung einer globalen FRAND-Rate ist. Allerdings wurde auch auf diesen Widersprich erst auf gerichtlichen Hinweis reagiert und zumindest der neue Hauptantrag der FRAND-Widerklage auf eine globale Pauschallizenzzahlung gerichtet. Allerdings haben die Beklagten im Rahmen der hilfsweise geltend gemachten Antragsgruppen weiter an dem territorial beschränkten Bestimmungsansatz festgehalten. So soll schon nach dem ersten Hilfsantrag der Hauptteil der Lizenz durch den Beijing Intellectual Property Court festgelegt werden und […]. Insoweit entspricht es nach Ansicht des Spruchkörpers auch nicht dem Vorgehen eines nach Treu und Glauben auf den Abschluss eines Lizenzvertrages hinarbeitenden Nutzers, die ohnedies komplexe Lage dadurch weiter zu verkomplizieren, dass FRAND-Raten-Bestimmungsverfahren für Teilregionen der Welt bei verschiedenen Gerichten in der Welt angestrengt werden, zwischen deren Staaten keine Verträge bestehen, die eine Vorrangfolge zwischen den angerufenen Gerichten festlegen. Denn die Bestimmung ist nicht trennscharf territorial festlegbar.

Vielmehr besteht die nicht unbeträchtliche Gefahr, dass die jeweils befassten

Gerichte bei der Bestimmung der FRAND-Rate abweichende Ansätze verfolgen. Dies wiederum birgt die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen in sich, sodass die Verfolgung von Rechtsmitteln in den verschiedenen Jurisdiktionen zu erwarten steht. Dem zügigen Abschluss der globalen Streitigkeiten ist dies nicht dienlich. Neben dem Gericht in Beijing und dem EPG hat zuletzt auch noch der exklusive Lizenznehmer der Beklagten in Italien vor dem nationalen Gericht in Mailand ein auf Italien beschränktes Bestimmungsverfahren eingeleitet. Ferner heben die Beklagten auf das Bestimmungsverfahren im Verhältnis zwischen der Klägerin und der XiaomiUnternehmensgruppe vor dem High Court of England Wales ab. Hier wird der Konflikt besonders offenbar, weil Italien zugleich Vertragsstaat des EPGÜ ist und die vorliegende Klage explizit auch Benutzungshandlungen in Italien erfasst.

FRAND-Widerklage

  1. Die FRAND-Widerklage der Beklagten ist zwar zulässig, war aber als unbegründet abzuweisen.

Zuständigkeit des EPG:

    1. Es besteht eine Zuständigkeit des EPG für die von den Beklagten zusammen mit der Klageerwiderung eingereichte Widerklage, die auf Bestimmung einer FRAND-Lizenz gerichtet ist. Die Zuständigkeit folgt aus Art. 32(1)(a) UPCA. Danach besitzt das Gericht die ausschließliche Zuständigkeit für Klagen wegen tatsächlicher oder drohender Verletzung von Patenten und zugehörige Klageerwiderungen, einschließlich Widerklagen in Bezug auf Lizenzen. Hiervon erfasst sind nicht nur Streitigkeiten, die bereits bestehende Lizenzen an einem Patent betreffen, sondern auch Klagen, die auf den Abschluss einer Lizenz gerichtet sind.
    1. Der Umstand, dass der vorliegend von den Beklagten verfolgte Anspruch - neben dem Vertragsrecht basierend auf der ETSI-FRAND-Declaration der Klägerin - aus dem europäischen Kartellrecht abgeleitet wird, ändert hieran nichts. Denn das Einheitliche Patentgericht ist ein gemeinsames Gericht der Vertragsmitgliedstaaten und

unterliegt somit denselben Verpflichtungen nach dem Unionsrecht wie jedes nationale Gericht der Vertragsmitgliedsstaaten, Art. 1 EPGÜ. Das Gericht wendet das Unionsrecht in vollem Umfang an und achtet seinen Vorrang (Art. 20 EPGÜ) und stützt hierauf seine Entscheidungen (Art 24(1)(a) EPGÜ. Hierzu zählt auch das zwingend anzuwendende EU-Kartellrecht, namentlich Art. 102 AEUV.

    1. Die Beklagten leiten ihren Anspruch auf eine FRAND-Lizenz vorliegend zum einen aus vertragsrechtlichen Grundlagen ab, die sie in der ETSI-FRAND-Declaration erblicken, zum anderen aus Art. 102 AEUV. Selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass es sich insoweit um einen Anspruch handelte, der auf Art. 102 AEUV gestützt wird und mit dem der Verletzer vom SEP-Inhaber verlangt, es zu unterlassen, seine marktbeherrschende Stellung dadurch zu missbrauchen, dass er ihm eine FRANDLizenz verweigert, ändert dies an der Zuständigkeit des EPG nichts. Denn es geht im Kern darum, dass der Anspruch darauf gerichtet ist, sich gegen die aus dem staatlichen verliehenen Monopolrecht, dem erteilten Patent, und den aus ihm abgeleiteten Befugnissen, dem Unterlassungsanspruch sowie den weiteren in die Zukunft gerichteten Ansprüchen auf Entfernung und Vernichtung, zur Wehr zu setzen, indem unter Berufung auf den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben entgegengehalten wird, dass aus kartellrechtlichen Gründen ein entsprechender Leistungsanspruch besteht, der der Ausübung der patentrechtlichen Befugnisse entgegengehalten werden kann. Dieser Zusammenhang war den Vertragsmitgliedstaaten des EPG bei der Schaffung des EPG und bei der damit verbundenen Übertragung der nationalen Justizhoheit bewusst. Der Zusammenhang zwischen Patentrecht und Kartellrecht ist dem Patent ohnedies wesensimmanent und unauflösbar. Aufgrund der europarechtlichen Bindungen der Mitgliedstaaten und somit auch des EPG ist damit bei zutreffender Auslegung des Übereinkommens die Aufgabe, die dem EPG übertragen wurde, dieselbe, wie sie auch den nationalen Gerichten bei der Behandlung von Patentstreitigkeiten obliegt. Hier entscheiden die nationalen Gerichte sowohl über die patentrechtliche als auch über die hiermit kraft der Natur des Patentrechts als Ausschließlichkeitsrecht -verbundene wesensimmanente kartellrechtliche Dimension. Dies wird auch daran deutlich, dass vor nationalen Gerichten, so etwa in Deutschland oder den Niederlanden, regelmäßig

die nationalen Patentstreitkammern auch über die kartellrechtlichen Aspekte des Falles mitentscheiden und selbst der deutsche Bundesgerichtshof zwar formaliter SEP-Fälle durch den Kartellsenat entschieden hat, jedoch stets ein Mitglied des Patentsenats zur Berichterstattung über SEP-Fälle berufen war, um die erforderliche patentrechtliche Fachkompetenz einzubringen. Daher wäre ein Verweis darauf, dass in nationalen Verfahren formaliter ein für das Kartellrecht zuständiger Spruchkörper aufgrund der entsprechenden Bestimmungen eines durch das Gerichtspräsidium aufgestellten Geschäftsverteilungsplanes in SEP-Fällen entschieden hat, materiell in der Sache ohne Gehalt.

  1. Entsprechend hat schon der Generalanwalt Wathelet in seinen Schlussanträgen zum Fall C-170/13 Huawei vs ZTE zum Ausdruck gebracht, dass es vor dem Hintergrund der europarechtlichen Verpflichtungen dem angeblichen Patentverletzer nicht entgegengehalten werden kann, wenn er die Festsetzung von FRAND-Bedingungen durch ein Gericht oder Schiedsgericht verlangt (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Melchior Wathelet vom 20. November 2014 Rechtssache C-170/13 Rn. 93: 'Sind keine Verhandlungen aufgenommen worden oder sind diese ergebnislos geblieben, kann das Verhalten des angeblichen Patentverletzers im Übrigen nicht als zögerlich oder als nicht ernst gemeint angesehen werden, wenn dieser die Festsetzung der genannten Bedingungen durch ein Gericht oder ein Schiedsgericht verlangt.'). Das Übereinkommen bietet keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Mitgliedsstaaten bei der Übertragung der Justizhoheit auf das EPG entgegen den europarechtlichen Erfordernissen die Kognitionsbefugnis des an die Stelle der nationalen Gerichte tretenden gleichfalls mitgliedstaatlichen gemeinsamen Gerichts kupieren und die einheitliche Entscheidung über die patentrechtlichen Fragen einerseits und der kartellrechtlichen Fragen andererseits abschneiden wollten. Kann der kartellrechtliche Anspruch auf Erteilung einer Lizenz zu FRANDBedingungen als Einwand den betroffenen patentrechtlichen Ansprüchen entgegengehalten werden, besteht kein Grund, hierauf gestützte Widerklagen nicht als Widerklagen i.S.d. Art. 32(1)(a) EPGÜ anzusehen.
    1. Insoweit ist auch zu sehen, dass für SEP-Streitigkeiten, die ihren Ausgangspunkt in einem Europäischen Patent mit einheitlicher Wirkung haben, das EPG bereits jetzt ausschließlich zuständig ist. Gleiches gilt nach Auslaufen der Übergangsregelung gem. Art. 83 EPGÜ für europäische Bündelpatente, die nicht Gegenstand eines opt-out sind. Für diese Fälle bestünde mithin keine Zuständigkeit eines nationalen Gerichts. Wenn etwa ein kartellrechtlicher Anspruch auf eine FRAND-Lizenz vor einem nationalen Gericht geltend gemacht würde, und es als Vorfrage der kartellrechtlichen Prüfung auf eine patentrechtliche Frage ankommt - etwa ob die Lehre des Klagepatents tatsächlich für einen Standard essentiell ist und damit eine Monopolstellung aufgrund seiner Standardessentialität besteht - müsste diese Frage zwingend vom EPG geklärt werden. Da aber das EPG wiederum bei der Entscheidung über die Gewährbarkeit eines Unterlassungsantrags gehalten wäre, über dessen etwaige kartellrechtliche Einschränkung zu entscheiden, wird die Unauflösbarkeit der Patentund Kartellrechtsfrage offenbar. Gleiches würde gelten, wenn der Patentinhaber vor dem EPG einen nur eingeschränkten Unterlassungsantrag stellt, wobei er die Durchsetzbarkeit des Unterlassungstitels als Minus zur uneingeschränkten Unterlassung unter die Bedingung stellt, dass der Patentnutzer sich einer dem Gericht übertragenen FRAND-Bestimmung verweigert, indem er die für die Durchführung des vom Gericht festgelegten FRAND-Lizenzvertrages erforderliche Mitwirkung verweigert.

Unbegründetheit der Widerklageanträge der Beklagten

    1. Die Anträge der Beklagten sind allerdings in der gestellten Form nicht begründet.
    1. Der Hauptantrag ist abzuweisen, weil die Klägerin nicht durch das Gericht dazu verpflichtet werden kann, das FRAND-widrige Angebot der Beklagten vom […] gemäß Anlage VB-FC 14 anzunehmen. Wie zuvor ausgeführt, ist die von den Beklagten in dem Angebot zum Vertragsschluss unterbreitete Pauschallizenzsumme schon deshalb nicht FRAND-gemäß im Sinne der Rechtsprechung des EuGH, weil die angebotene Pauschallizenzsumme nicht auf der Grundlage der eigenen Benutzungshandlungen berechnet wurde. Das Ausmaß der tatsächlichen Nutzung

offenbaren die Beklagten beharrlich nicht, sondern berechnen die nach ihrer Ansicht angemessene globale Pauschallizenz allein auf der Grundlage der von der Klägerin angezweifelten IDC-Daten. Dies ist wie zuvor im Detail dargelegt ungenügend.

    1. Aus denselben Gründen war auch der Hilfsantrag I.2 abzuweisen, durch den umgekehrt der Klägerin aufgegeben werden sollte, den Beklagten das nämliche Angebot zu unterbreiten.
    1. Der weitere Hilfsantrag I.3 war gleichfalls abzuweisen. Der Antrag ist darauf gerichtet, der Klägerin aufzugeben, ein Lizenzvertragsangebot mit dem Inhalt gemäß Anlage VB-FC16 zu unterbreiten. Hierzu ist die Klägerin schon deshalb nicht verpflichtet, weil zum einen der für die Benutzungshandlungen in den EPÜ-Vertragsstaaten, Japan und den USA angebotenen Pauschallizenzbetrag wiederum nur unter Heranziehung der IDC-Daten, nicht aber der eigenen offengelegten Benutzungshandlungen berechnet wurde. Überdies entspricht es nicht den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs, […] erst noch durch ein weiteres Gericht, hier den Beijing Intellectual Property Court, festlegen zu lassen. Damit sind die Kernpunkte des Vertrages zum einen noch offen, zum anderen gehen beide Parteien zuletzt argumentativ übereinstimmend zutreffend davon aus, dass allein eine umfassende Streitbeilegung durch eine globale FRAND-Ratenbestimmung den Gepflogenheiten entspricht. Die Beklagten haben auch keine Gesichtspunkte vorgetragen, die dennoch eine nur partielle Bestimmung der Lizenzrate nur für bestimmte globale Regionen rechtfertigen könnten. Der bloße Verweis auf die größere lokale Sachnähe eines Gerichts zum jeweiligen Teilmarkt ist hierfür nicht ausreichend. An der Berechnung auf Grundlage der IDC-Daten kranken auch die innerhalb des Hilfsantrags gestellten weiteren hilfsweisen Anträge.
    1. Soweit die Beklagten hilfsweise zu den Anträgen der Antragsgruppe I mit der Antragsgruppe II.1 begehren, Feststellungen zu einem Anspruch auf eine Lizenz und deren Höhe im Gebiet der EPÜ-Vertragsstaaten zu treffen, war der Antrag schon deshalb abzuweisen, weil eine auf das EPÜ-Territorium beschränkte Bestimmung nicht FRAND-Kriterien entspricht (vgl. zuvor).
    1. Soweit die Beklagten weiter mit dem Hilfsantrag II.2. begehren, die Beklagten 'vorbehaltlich des Bestehens einer FRAND-Verpflichtung' zu verpflichten, wiederum einen allein auf die EPÜ-Vertragsstaaten beschränkten Pauschallizenzsatz zu bezahlen, war der Antrag aus denselben Gründen wie Antrag II.1 abzuweisen.
    1. Der Hilfsantrag gemäß Antrag II.3, die Klägerin zu verpflichten, in vollem Umfang zu kooperieren, um eine FRAND-Lizenz zu den von Ihrem Gericht festgelegten Bedingungen herbeizuführen, ist bereits zu unbestimmt und daher als nicht vollstreckungsfähiger Antrag nicht gewährbar.
    1. Die weitere Hilfsantragsgruppe III. war schon deshalb nicht gewährbar, weil die Beklagten an den begehrten abstrakten Feststellungen kein Rechtsschutzbedürfnis haben. Die Beklagten argumentieren selbst, dass sie einen Leistungsanspruch auf eine FRAND-Lizenz haben. Diesen waren sie gehalten mit geeigneten Antragsgruppen geltend zu machen, was nicht gelungen ist. An weiteren abstrakten Feststellungen, wie sie mit der vorliegenden Antragsgruppe verfolgt werden, haben die Beklagten kein beachtenswertes Rechtsschutzinteresse, nachdem sie sich bislang wie ausgeführt nicht den Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH entsprechend verhalten haben. Daher kann vorliegend offenbleiben, ob eine Bestimmung eines konkreten FRAND-Lizenzsatzes durch das Gericht - auch ohne FRAND-Widerklage des Implementers - etwa dann in Betracht kommt, wenn beide Parteien jeweils ein innerhalb des FRAND-Korridors liegendes (Gegen-)Angebot unterbreitet haben und sich dann nicht wie vom EuGH erwogen auf die Überwindung der verbleibenden Differenzen durch einen Dritten einigen können (vgl. EuGH aaO Rn. 68).. Der Antrag III.1(e) krankt überdies wiederum daran, dass die Klägerin verurteilt werden soll, nur ein auf das EP-Gebiet beschränktes Angebot zu unterbreiten, obwohl beide Parteien übereinstimmend zuletzt vortragen, dass allein eine globale Lizenz ihre Streitigkeiten endgültig beenden wird.
    1. Die weiter hilfsweise geltend gemachten Antragsgruppen, die Gegenstand der Widerklageschrift vom 22. Dezember 2023 waren, sind aus denselben Gründen wie die Hilfsantragsgruppe III.1 abzuweisen. Es werden bloße Feststelllungen beantragt

(Antrag (i), (iii), (vi), (vii), (viii), (ix)) oder die Anträge sind zu unbestimmt (Antrag (ii), (v)) oder wiederum entsprechend der Begründung der Widerklageschrift nur auf das EP-Gebiet bezogen (Antrag (ii), (iv), (v), (x)). Denn auf eine globale Lizenzregelung sind die Beklagten erst auf den expliziten Hinweis durch gerichtliche Anordnung übergegangen.

Anträge der Klägerin im Rahmen der FRAND-Widerklage

    1. Die Anträge der Klägerin 'im Rahmen der Widerklage' waren unter die Bedingung gestellt, dass die Widerklageanträge der Beklagten nicht abgewiesen werden und sich die Beklagten in den streitgegenständlichen Verhandlungen mit der Klägerin wie lizenzwillige Vertragsparteien verhalten haben. Diese innerprozessuale Bedingung ist nicht eingetreten.

Streitwert der Klage

    1. Der Spruchkörper setzt den Streitwert - in Erledigung des gegen die Anordnung des Berichterstatters eingelegten Überprüfungsantrags nach Regel 333 VerfO - auf […] fest. In der mündlichen Verhandlung haben die Parteien einen Betrag iHv […] für angemessen erachtet. Allerdings ist vorliegend zu sehen, dass es der Klägerin mit ihren im Rahmen der FRAND-Widerklage verfolgten Anträgen um die Durchsetzung einer für angemessen erachteten Pauschallizenz von […] geht, den Beklagten darum, nur […] zahlen zu müssen und die Verpflichtung abzuwenden, den von der Klägerin geforderten Mehrbetrag zahlen zu müssen […]. Da die Parteien durch ihre beidseitigen Anträge im Rahmen der FRAND-Widerklage die globale Lizenzstreitigkeit umfassend zur Entscheidung gestellt haben, konnte der Streitwert auch nicht mit Blick nur auf das Klagepatent festgesetzt werden. Demnach war allein die Festsetzung des […] Streitwerts möglich.

ENTSCHEIDUNG

A.

  • I. Es wird festgestellt, dass die Beklagte das Europäische Patent Nr. 2 568 724 B1 verletzt hat.
  • II. Die Beklagten werden verurteilt,

es zu u n t e r l a s s e n ,

    1. Funkkommunikations-Vorrichtungen

die so konfiguriert werden können, dass sie ein Bezugssignal mit einer SendeBandbreite in einer gegebenen System-Bandbreite senden, wobei beiden Enden derselben [System-Bandbreite] Steuerkanäle zugeordnet sind und die Sende-Bandbreite zwischen den Steuerkanälen liegt, oder dass sie Bezugssignale mit einer geringen Bandbreite mit Frequency Hopping senden, und die Funkkommunikations-Vorrichtungen umfassen: eine Zuordnungseinheit, die so konfiguriert ist, dass sie die Bezugssignale FrequenzRessourcen zuordnet; eine Sende-Einheit, die so konfiguriert ist, dass sie die zugeordneten Bezugssignale sendet, in der Bundesrepublik Deutschland, Französischen Republik, Italienischen Republik, dem Königreich der Niederlande und dem Königreich Schweden anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu diesen Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die Sende-Bandbreite in der gegebenen System-Bandbreite variiert, und die Zuordnungseinheit die Bezugssignale so zuordnet, dass die Bezugssignale Frequenz-Ressourcen zugeordnet werden, von denen jede die geringe Bandbreite hat, die unabhängig von Änderungen der Sende-Bandbreite unveränderlich ist, wobei die Frequenz-Ressourcen entsprechend der Änderung der Sende-Bandbreite gleichmäßig in einem Frequenzband der Sende-Bandbreite verteilt werden.

(unmittelbare Verletzung Vorrichtungsanspruch 1)

    1. Vorrichtungen, die zur Durchführung eines FunkkommunikationsVerfahrens, das so konfiguriert werden kann, dass ein Bezugssignal mit einer Sende-Bandbreite in einer gegebenen System-Bandbreite gesendet wird, wobei beiden Enden derselben Steuerkanäle zugeordnet sind und die SendeBandbreite zwischen den Steuerkanälen liegt, oder Bezugssignale mit einer geringen Bandbreite mit Frequency Hopping gesendet werden, geeignet sind,

in der Bundesrepublik Deutschland, Französischen Republik, Italienischen Republik, dem Königreich der Niederlande und dem Königreich Schweden anzubieten und/oder zu liefern, wobei das Funkkommunikations-Verfahren die folgenden Schritte umfasst:

Zuordnen der Bezugssignale zu Frequenz-Ressourcen; und

Senden der zugeordneten Bezugssignale, dadurch gekennzeichnet, dass die Sende-Bandbreite in der gegebenen SystemBandbreite variiert, und

die Bezugssignale Frequenz-Ressourcen zugeordnet werden, von denen jede die geringe Bandbreite hat, die unabhängig von Änderungen der SendeBandbreite unveränderlich ist, wobei die Frequenz-Ressourcen entsprechend der Änderung der Sende-Bandbreite gleichmäßig in einem Frequenzband der Sende-Bandbreite verteilt werden.

(mittelbare Verletzung des Verfahrensanspruchs 13)

Zu den Vorrichtungen im vorgenannten Sinne zählen insbesondere 4G-fähige Smartphones wie etwa das OPPO Find X5 Pro

und 4G-fähige Smartwatches, wie etwa die 4G-fähige Smartwatch

ORD_598506/2023

ORD_598506/2023

Im Falle jeder Zuwiderhandlung gegen die Anordnungen nach Ziffer 1 und/oder Ziffer 2 haben die Beklagten ein Zwangsgeld von EUR 1.000 pro Stück zu bezahlen.

III. Die Beklagten werden verurteilt, auf ihre Kosten

    1. die unter Nr. II. genannten Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen;
    1. die unter Nr. II. genannten Erzeugnisse endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen;
    1. die unter Nr. II. genannten Erzeugnisse zu vernichten;

IV. Die Beklagten werden verurteilt,

    1. der Klägerin in einer für jeden Monat eines Kalenderjahres und nach patentverletzenden Erzeugnissen strukturierten Aufstellung in elektronischer Form, die mit Hilfe eines Computers ausgewertet werden kann, ab dem 17.12.2014 Auskunft über die unter Nr. II. genannten Erzeugnisse zu erteilen, über

a) den Ursprung und die Vertriebswege der unter Nr. II. genannten Erzeugnisse;

b) die ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Mengen und die Preise, die für die unter Nr. II. genannten Erzeugnisse gezahlt wurden;

  • c) die Identität aller an dem Vertrieb der unter Nr. II. genannten Erzeugnisse beteiligten dritten Personen;
    1. der Klägerin ihre Bücher zum Nachweis der gemäß Nr. IV.1. gemachten Angaben zuzüglich der Angaben zum erzielten Gewinn offen zu legen, indem sie für jeden Monat eines Kalenderjahrs und für jedes patentverletzende Erzeugnis in elektronischer Form, die mit Hilfe eines Computers ausgewertet werden kann, folgende Unterlagen zur Verfügung stellen:
  • a) Rechnungen -oder, falls diese nicht verfügbar sind, Lieferscheine - der einzelnen Lieferungen, wobei sie die jeweiligen Lieferungen nach Angebotsmengen, Angebotszeiten, Preisen der angebotenen Waren und Typenbezeichnungen sowie Namen und Anschriften der gewerblichen Empfänger der Verkaufsangebote für alle verkauften oder anderweitig abgesetzten Erzeugnisse aufschlüsseln;
  • b) Nachweise über die durchgeführte Werbung einschließlich der Nachweise für diese Werbetätigkeiten, wobei sie die durchgeführte Werbung nach Werbeträgern, ihre Verbreitung, den Vertriebszeitraum und das Vertriebsgebiet aufschlüsseln;
  • c) Nachweise über die Kosten, wobei sie die Kosten aufgeschlüsselt nach einzelnen Kostenfaktoren und den erzielten Gewinnen aufschlüsseln;
  • d) Rechnungen -oder, wenn diese nicht verfügbar sind, Lieferscheine -und entsprechende Abrechnungen aller aufgewendeten Kosten, auf die sich die Beklagten bei der Berechnung ihrer Gewinne berufen;

deren Richtigkeit von einem von der Klägerin benannten, vereidigten Wirtschaftsprüfer auf Kosten der Beklagten geprüft und bestätigt wird, wobei der Wirtschaftsprüfer über die vorstehend genannten Informationen hinaus der Klägerin gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet ist;

  • V. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der der Panasonic Intellectual Property Corporation of America durch Handlungen gemäß Nr. II. seit dem 17.12.2014 entstanden ist und der Klägerin seit dem 29.07.2016 entstanden ist und zukünftig entstehen wird.
  • VI. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe EUR 250.000,00 als vorläufigen Schadenersatz zu zahlen;

VII. Im Übrigen wird die Verletzungsklage abgewiesen.

  • B. Die Nichtigkeitswiderklage wird abgewiesen.
  • C. Die FRAND-Widerklage wird abgewiesen.
  • D. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
  • E. Der Streitwert wird auf […] € festgesetzt.
  • F. Die Anordnungen sind erst vollstreckbar

hinsichtlich A.II.1, A.II.2, A.III. (Unterlassung/Rückruf/Entfernung/Vernichtung)

  • nachdem die Klägerin zugunsten der Beklagten eine Sicherheit in Form einer Hinterlegung in Höhe eines Betrages von […] geleistet oder eine schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der Europäischen Union zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts über […] gestellt hat;
  • nachdem die Klägerin dem Gericht mitgeteilt hat, welchen Teil der Anordnungen sie zu vollstrecken beabsichtigt und eine beglaubigte Übersetzung der Anordnungen in die Amtssprache des Vertragsmitgliedstaats, in dem die Vollstreckung erfolgen soll, eingereicht hat und nachdem den Beklagten die Mitteilung und die (jeweilige) beglaubigte Übersetzung zugestellt wurde.

Mannheim am 22. November 2024

NAMEN UND UNTERSCHRIFTEN

Vorsitzender Richter Prof. Dr. Tochtermann

Rechtlich qualifizierter Richter Böttcher

Rechtlich qualifizierter Richter Brinkman

Technisch qualifizierter Richter Loibner

Für den Hilfskanzler: Kranz, Clerk LK Mannheim

INFORMATIONEN ZUR BERUFUNG:

Gegen die vorliegende Entscheidung kann durch jede Partei, die ganz oder teilweise mit ihren Anträgen erfolglos war, binnen zwei Monaten ab Zustellung der Entscheidung beim Berufungsgericht Berufung eingelegt werden (Art. 73 Abs. 1 EPGÜ, R. 220.1 (a), 224.1 (a) VerfO).

INFORMATIONEN ZUR VOLLSTRECKUNG (ART. 82 EPGÜ, ART. 37 ABS. 2 EPGS, R. 118.8, 158.2, 354, 355.4

VERFO):

Eine beglaubigte Kopie der vollstreckbaren Entscheidung wird vom Hilfskanzler auf Antrag der vollstreckenden Partei ausgestellt, R. 69 RegR.

Diese Entscheidung wurde am 22. November 2024 in öffentlicher Sitzung verkündet.

Vorsitzender Richter Prof. Dr. Tochtermann

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