
Hamburg - Lokalkammer
UPC_CFI_664/2024
Verfahrensanordnung des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts,
erlassen am: 12/12/2024
Parteien:
Hand Held Products, Inc. , vertreten durch ihren Geschäftsführer, 855 S Mint Street, Charlotte, NC 28202, USA,
Klägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte und Patentanwälte der BARDEHLE PAGENBERG Partnerschaft mbB, Dr. Tilmann Müller, Dr. Tobias Wuttke, Bohnenstraße 4, 20457 Hamburg mueller@bardehle.de
Scandit AG , vertreten durch den Geschäftsführer Herrn Samuel Mueller, Hardturmstrasse 181, 8005 Zürich, Schweiz,
Beklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte und Patentanwälte der Quinn Emanuel Urquhart & Sullivan LLP, Dr. Marcus Grosch, Hermann-Sack-Straße 3, 80331 München,
STREITGEGENSTÄNDLICHES PATENT: EP 3 764 271
ENTSCHEIDENDER RICHTER
VORSITZENDE RICHTERIN UND BERICHTERSTATTERIN SABINE KLEPSCH
VERFAHRENSSPRACHE: DEUTSCH
GEGENSTAND DER RECHTSSACHE: PATENTVERLETZUNG
BEGRÜNDUNG DER ANORDNUNG:
Mit Klage vom 6. November 2024 macht die Klägerin bei der Lokalkammer Hamburg Ansprüche gegen die Beklagte wegen einer behaupteten Verletzung des EP 3 764 271 (Klagepatent) geltend. Die Klage wurde der Beklagten gemäß der Vorschriften des Übereinkommens über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen (HZÜ) in der Schweiz am 20. November 2024 zustellt. Im Case Management System (CMS) des Einheitlichen Patentgerichts ist als Zustelldatum der 23. November 2024 vermerkt. Das eingetragene Zustellungsdatum hat seine Ursache in dem Umstand, dass im CMS automatisch die in Regel 271.6 VerfO vorgesehen Fiktion, wonach bei Zustellung mit Einschreiben Rückschein oder gleichwertigem Beleg diese am zehnten Tag nach Aufgabe zur Post als zugestellt gilt. Eine Änderung des Zustelldatums lässt das CMS nicht zu.
Vorliegend findet Regel 271.6 VerfO allerdings keine Anwendung, da keine Zustellung nach der Verordnung (EU) 2020/1784 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2020 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Ziviloder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) (EuZVO) erfolgt ist, welche Regel 271.1 VerfO vorsieht. Bei der Schweiz, dem Sitz der Beklagten, handelt es sich nicht um einen Mitgliedstaat im Sinne der Verordnung, so dass die Regel 271 VerfO und die in Abs. 6 geregelte Zustellungsfiktion nicht zur Anwendung kommt.
Für eine Zustellung in die Schweiz ist vielmehr Regel 274 VerfO maßgeblich, welcher die Zustellung außerhalb der Mitgliedstaaten regelt. Diese sieht weder eine Zustellfiktion ausdrücklich vor noch enthält sie einen Verweis auf die Regel 271.6 VerfO. Vielmehr unterrichtet die Kanzlei nach Regel 274.3 VerfO den Kläger über das Datum der Zustellung, was den Schluss zulässt, dass es auf das tatsächliche Datum der Zustellung ankommt. Dass für die Zustellung außerhalb der Vertragsmitgliedstaaten keine entsprechende Fiktion vorgesehen ist, dürfte seine Ursache darin habe, dass von einer Zustellung innerhalb von zehn Tagen nicht ausgegangen werden kann, so dass es auf das tatsächliche Datum der Zustellung ankommt.
Da mithin eine Diskrepanz zwischen dem im CMS eingetragenen Zustelldatum und der tatsächlichen Zustellung besteht, bedarf es vorliegender Anordnung.
ANORDNUNG:
Es wird festgestellt, dass die Klageschrift vom 6. November 2024 der Beklagten am 20. November 2024 zugestellt wurde.
Angaben zur ANGABEN ZUR ANORDNUNG:
Anordnung Nr. ORD_65439/2024 im VERFAHREN NUMMER: ACT_59941/2024
UPC Nummer: UPC_CFI_664/2024
Art des Vorgangs:
Verletzungsklage