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18 December, 2024
Order
ORD_60616/2024 Munich (DE) Local Di… EP2867997B1
Art. 67 EPGÜ
...

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ORD_60616/2024
18 December, 2024
Order

Summary
(AI generated)

Party

Koninklijke Philips N.V.

Registry Information
Registry Number:

App_60589/2024

Court Division:

Munich (DE) Local Division

Type of Action:

Generic application

Language of Proceedings:

DE

Patent at issue

EP2867997B1

Cited Legal Standards
Art. 44 EPGÜ
Art. 67 EPGÜ
Art. 69 EPGÜ
Art. 74 Abs. 1 EPGÜ
Art. 76 Abs. 1 EPGÜ
Art. 82 Abs. 4 EPGÜ
Art. 82 EPGÜ
R. 118.8 EPGVerfO
R. 354.1 VerfO
R. 354.4 VerfO
Regel 118.8 EPGVerfO
Regel 264 EPGVerfO
Regel 354.1 EPGVerfO
Regel 354.3 EPGVerfO
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ORD_60616/2024

Lokalkammer München

UPC_CFI_390/2023 ACT_583273/2023 App_60589/2024

Anordnung

des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts erlassen am 17. Dezember 2024

Leitsätze:

    1. Möchte der Kläger die nach Art. 67 EPGÜ zu erteilende Auskunft in elektronischer Form erhalten, muss dies konkret beantragt werden. Lässt der Urteilsausspruch offen, ob eine Auskunft in Papierform oder elektronisch erteilt werden soll, kann die Auskunft grundsätzlich wahlweise in einer der beiden Formen erteilt werden.
    1. Das nach Art. 82 EPGÜ festzusetzende Zwangsgeld hat sowohl Beuge- als auch Straffunktion. Ein Zwangsgeld kann daher nicht nur verhängt werden, um die Befolgung einer Anordnung zu erzwingen, sondern auch, um die Nichtbefolgung einer gerichtlichen Anordnung in der Vergangenheit zu bestrafen.

ANTRAGSTELLERIN

Koninklijke Philips N.V.,

vertreten durch: Dr. Tilman Müller

ANTRAGSGEGNERINNEN

    1. Belkin International, Inc., gesetzlich vertreten durch ihren Geschäftsführer (CEO), 55 Aviation Boulevard, Suite 180, El Segundo, Kalifornien 90245, USA
    1. Belkin GmbH, gesetzlich vertreten durch ihren Geschäftsführer, Otto-Hahn-Str. 20, 85609 Aschheim, Deutschland
    1. Belkin Limited, gesetzlich vertreten durch ihre Direktoren, Unit 1, Regent Park Booth Drive, Park Farm Industrial Estate, Wellingborough, Northamptonshire, England, NN8 6GR, Großbritannien

vertreten durch: Dr. Philipp Cepl, Dr. Constanze Krenz, Dr. Benedikt Hammerschmid, Dr. Carl Prior

KLAGEPATENT

Patent no.

EP 2 867 997 B1

Patentinhaberin

Koninklijke Philips N.V.

MITWIRKENDE RICHTER

Vorsitzender Richter

Dr. Matthias Zigann

Rechtlich qualifizierter Richter

Edger Brinkman

Technisch qualifizierter Richter

Berichterstatter

Dr. Anders Hansson

Tobias Pichlmaier

VERFAHRENSSPRACHE:

DEUTSCH

Sachverhalt

Die Lokalkammer hat die Antragsgegnerinnen mit Hauptsachentscheidung vom 13.09.2024 wegen Patentverletzung unter anderem dazu verurteilt,

  • B. II. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die zu B.I. bezeichneten Handlungen seit dem 28. Dezember 2016 begangen haben, und zwar unter Angabe
    1. des Ursprungs und der Vertriebswege der unter Ziffer B.I. genannten Erzeugnisse unter Nennung
  • a. der Namen und Anschriften der Lieferanten und anderer Vorbesitzer, und
  • b. der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren;
    1. der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden; und
    1. der Identität aller an dem Vertrieb der in Ziffer B.I. genannten Erzeugnissen beteiligten dritten Personen,

wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

  • H. Im Falle jeder Zuwiderhandlung gegen die Anordnungen nach Ziffern B.I und D haben die jeweiligen Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von bis zu EUR 100.000 für jeden Tag der Zuwiderhandlung an das Gericht zu zahlen; bei Zuwiderhandlungen gegen die Anordnungen gem. Ziffer B.II beträgt das Zwangsgeld bis zu EUR 50.000 für jeden Tag der Zuwiderhandlung.
  • K. Das Urteil ist für die Klägerin ohne Leistung einer Sicherheit vorläufig vollstreckbar.

Die Antragstellerin hat gegenüber den Antragsgegnerinnen mit Schreiben vom 20.09.2024 gemäß R. 118.8 EPGVerfO angezeigt, dass sie die Entscheidung in vollem Umfang vollstrecken wird. Sie hat die Antragsgegnerinnen aufgefordert, die nach Ziffer B.II. der Entscheidung geschuldete Auskunft im ausgeurteilten Umfang bis zum 7. Oktober 2024 zu erteilen.

Mit Schriftsatz vom 07.10.2024 (App_ 52799/2024; Mitteilung der Vollstreckungsabsicht der Antragstellerin nach Regel 118.8 EPGVerfO) gaben die Antragsgegnerinnen eine Stellungnahme zur Vollstreckungsankündigung ab. In diesem Zusammenhang

wurde unter anderem mitgeteilt, dass im Fall einer Zurückweisung des Antrags der Antragsgegnerinnen auf aufschiebende Wirkung (App_ 53031/2024 UPC_CoA_549/2024), innerhalb einer Woche nach Zustellung der entsprechenden Entscheidung des Berufungsgerichts Auskunft erteilt werde.

Mit Anordnung vom 30.10.2024 hat das Berufungsgericht den Antrag auf aufschiebende Wirkung im Hinblick auf die Antragsgegnerinnen zurückgewiesen. Diese Anordnung wurde den Parteien am 30.10.2024 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 11.11.2024 hat die Antragstellerin einen Antrag auf Festsetzung von Zwangsgeld eingereicht.

Mit Schreiben vom 12.11.2024 erfolgte eine Auskunftserteilung der Antragsgegnerinnen in Papierform: Den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin wurden - wie nachfolgend abgebildet - 16 Kartons (DIN A4) mit ausgedruckten Rechnungen sowie ein Karton (DIN A3) mit einer ausgedruckten Tabelle überreicht. Hierzu wurde ein 1,5seitiges, mit 'Rechnungslegung' überschriebenes Schreiben (Anlage AG-ZV 1) vorgelegt.

ORD_60616/2024

Mit Schriftsatz vom 25.11.2024 hat die Antragstellerin moniert, dass die Auskunft nicht vollständig erteilt wurde. So fehlten etwa Angaben dazu, zu welchem Preis die Beklagten die Verletzungsprodukte von ihren Herstellerinnen bezogenen haben, vollständig; das Schreiben der Antragsgegnerinnen vom 12. November 2024 führe lediglich die Namen der Hersteller auf.

UPC_CFI_390/2023

Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass die Auskunft elektronisch hätte erteilt werden müssen. Dies sei nicht geschehen. Die vorgelegte Auskunft mache eine Auswertung unmöglich. Der Auskunftsanspruch sei auch deshalb noch nicht erfüllt, weil nach wie vor bestimmte Angaben fehlten (Beispiel: Bezugspreise). Die Auskunft sei auch mit Blick auf bestimmte Werte in den mit der Auskunft gelieferten Tabellen ('UNIT_PRICE_LOCA') nicht nachvollziehbar.

Die Antragstellerin hat b e a n t r a g t ,

gegen die Antragsgegnerinnen für die Nichtbefolgung der Anordnung in Ziffer B.II. des Urteils des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts, Verfahrensnummer UPC_CFI_390/2023, erlassen am 13. September 2024, ein Zwangsgeld in Höhe von EUR 20.000 für jeden Tag seit dem 7. Oktober 2024 festzusetzen.

Hilfsweise:

    1. gegen die Beklagten für jeden Tag seit dem 7. Oktober 2024 bis zur vollständigen Erfüllung der mit Urteil der Kammer vom 13. September 2024 zu Ziffer B.II. ausgesprochenen Auskunftsverpflichtung ein Zwangsgeld festzusetzen, dessen Höhe ins Ermessen des Gerichts gestellt wird;

weiter hilfsweise:

    1. gegen die Beklagten für jeden Tag im Zeitraum vom 7. Oktober 2024 bis zum 12. November 2024 ein Zwangsgeld festzusetzen, dessen Höhe ins Ermessen des Gerichts gestellt wird sowie
    1. den Beklagten aufzugeben, der Klägerin die geschuldete Auskunft in einem vollständigen, geordneten Verzeichnis in elektronischer Form innerhalb einer vom Gericht festzusetzenden angemessenen Frist vorzulegen.

Die Antragsgegnerinnen haben b e a n t r a g t ,

die Anträge zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerinnen sind der Ansicht, die geschuldete Auskunft vollständig erteilt zu haben. Eine Vorlage in elektronischer Form sei nach dem Tenor der Hauptsacheentscheidung nicht geschuldet. Es sei zulässig gewesen, die Rechnungen teilweise zu schwärzen; dies sei allerdings nur manuell (also nicht elektronisch/digital) möglich gewesen, da die den Antragsgegnerinnen zur Verfügung stehende Software die weitgehend eingescannten Rechnungen nicht habe verarbeiten können.

Im Übrigen wird auf den Vortrag der Parteien im Rahmen des workflow App_60589/2024 verwiesen.

Gründe

Der gemäß Art. 82 EPGÜ i.V.m. R. 354.4 VerfO zulässige Zwangsmittelantrag hat in der Sache überwiegend Erfolg. Die Antragsgegnerinnen haben gegen die gerichtliche Anordnung zur Auskunftserteilung zwar nicht in formeller, aber in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht verstoßen. Angesichts dessen war ein Zwangsgeld festzusetzen.

I. Erfüllung der Auskunftsverpflichtung in formeller Hinsicht

  • Gegen die Antragsgegnerinnen kann nicht deshalb ein Zwangsgeld festgesetzt werden, weil die Auskunft in Papierform und nicht in elektronischer Form erteilt wurde. Der unter Ziffer 3. gestellte Antrag war daher zurückzuweisen.
    1. Weder Art. 67 EPGÜ noch die EPGVerfO enthalten spezifische Regelungen dazu, ob eine schriftlich zu erteilende Auskunft in elektronischer (digitaler) Form oder auf Papier zu leisten ist. Die Beantragung und Anordnung einer Auskunft in elektronischer Form ist allerdings nach dem insofern offenen Wortlaut von Art. 67 EPGÜ nicht ausgeschlossen. Nach Art. 76 Abs. 1 EPGÜ ('…Maßgabe der von den Parteien gestellten Anträge…') obliegt es der Klagepartei, den Antrag nach Art. 67 EPGÜ im Hinblick auf die gewünschte Form der Auskunftserteilung möglichst konkret zu fassen. Soll eine Auskunft (Art. 67 EPGÜ) in elektronischer Form erteilt werden, muss dies folglich konkret beantragt werden. Mangelt es dem Antrag an einer Bestimmung der Form, ist der Auskunftsantrag zwar insofern nicht wegen fehlender Bestimmtheit unzulässig; dem Schuldner der Auskunft steht es dann aber grundsätzlich frei, in welcher Form (elektronisch oder auf Papier) die Auskunft erteilt wird.

Art. 67 EPGÜ kann auch nicht zugunsten der Antragstellerseite dahin ausgelegt werden, dass einer tenorierten Auskunftsverpflichtung immer dann in elektronischer Form nachzukommen ist, wenn die Informationen beim Auskunftsschuldner in elektronischer Form vorliegen. Dafür gibt der technisch neutrale Wortlaut der Regelung keinen Anhalt; maßgeblich ist nach dem Wortlaut der Vorschrift allein, dass die genannten Informationen übermittelt werden. Die Lokalkammer hat in der von der Antragstellerin zitierten Passage der Entscheidung UPC_CFI_15/2023 auch nicht entschieden, dass eine Auskunft - unabhängig vom Wortlaut des entsprechenden Antrages - immer dann in elektronischer Form

zu erteilen ist, wenn die Informationen beim Auskunftsschuldner in elektronischer Form vorliegen, zumal im fraglichen Fall nach dem Vortrag der Antragstellerin die Auskunftserteilung in elektronischer Form beantragt war.

Auch aus Art. 44 EPGÜ lässt sich eine Pflicht zur Auskunftserteilung in elektronischer Form nicht ableiten; dies schon deshalb, weil Normadressat des Art. 44 EPGÜ 'das Gericht' ist.

    1. Das Erfordernis eines hinsichtlich der Form der Auskunftserteilung bestimmt gefassten Antrags und einer dementsprechend bestimmt gefassten gerichtlichen Anordnung ergibt sich auch aus unionsrechtlich geltenden Grundsätzen.

Auch für Maßnahmen wie die Verhängung eines Zwangsgeldes wegen Nichtbeachtung einer gerichtlichen Anordnung ist der in Art. 7 EMRK, Art. 49 Abs. 1 GRCh positivierte unionsrechtliche Grundsatz des »nulla poena sine lege« zu beachten.

Daher setzt die Vollstreckung einer Anordnung nach Regel 354.3 EPGVerfO (Zwangsgeldzahlungen bei Nichtbeachtung der Anordnung) voraus, dass die gerichtliche Anordnung so bestimmt gefasst ist, dass ein Verstoß eindeutig festgestellt werden kann. Steht etwa die Nichtbeachtung der Form der Auskunftserteilung in Rede, kann ein Zwangsgeld nur angeordnet werden, wenn die erforderliche Form in der gerichtlichen Anordnung auch hinreichend bestimmt zum Ausdruck gebracht wurde; andernfalls kann ein Formverstoß nicht festgestellt werden.

    1. Die Klägerin hat eine Auskunft in elektronischer Form nicht konkret beantragt. In ihrem Antrag heißt es, dass
  • '…entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind…'

Diesem Klageantrag entsprechend wurde in der Hauptsacheentscheidung nicht bestimmt, dass die Auskunft elektronisch zu erteilen ist. Kopien können sowohl analog als auch digital erstellt werden. Der Antrag und ihm folgend die Anordnung lassen dies offen. Die Antragsgegnerinnen haben Rechnungen in Papierform vorgelegt. Der Umstand, dass die Rechnungen nicht in elektronischer Form, sondern

in Papierform vorgelegt wurden, kann angesichts des Wortlauts der Anordnung nicht mit einem Zwangsgeld geahndet werden. Dies gilt auch angesichts der Tatsache, dass die Rechnungen eingescannt waren, so dass es nahegelegen hätte, die Auskunft in elektronischer Form zu erteilen. Es besteht die Pflicht, der Anordnung Folge zu leisten; es besteht innerhalb der Grenzen der Schikane keine Pflicht, etwas zu tun, das in der Anordnung nicht konkret gefordert wird, aber üblich oder naheliegend sein mag. Dass die Schuldnerinnen die Papierform nur zur Schikane der Gläubigerin gewählt haben, ist angesichts der von den Schuldnerinnen angebotenen Erklärung, dass die Rechnungen nur manuell (also nicht elektronisch/digital) geschwärzt werden konnten, im Rahmen des Zwangsgeldverfahrens nicht nachweisbar.

II. Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung in zeitlicher Hinsicht

Gegen die Antragsgegnerinnen kann allerdings schon deshalb ein Zwangsgeld festgesetzt werden, weil die am 12.11.2024 geleistete Auskunft zu spät erfolgte.

Leistet eine Partei einer Anordnung des Gerichts nicht Folge, so kann sie mit an das Gericht zu zahlenden Zwangsgeldern belegt werden (Art. 82 Abs. 4 EPGÜ).

Die Antragsgegnerinnen haben der Anordnung der Lokalkammer zur Auskunftserteilung bis zum 12.11.2024 überhaupt nicht Folge geleistet. Der am 11.11.2024 gestellte Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes war daher in der Sache begründet. Dieser erste Versuch einer Auskunftserteilung vom 12.11.2024 erfolgte verspätet, war aber bei der Festsetzung der Höhe des Zwangsgeldes zu berücksichtigen.

    1. Nach Regel 354.1 EPGVerfO sind Entscheidungen und Anordnungen des Gerichts - vorbehaltlich der Regeln 118.8 und 352 - ab dem Tag ihrer Zustellung in jedem Vertragsmitgliedstaat unmittelbar vollstreckbar.

Die Entscheidung, mit der die Antragsgegnerinnen zur Erteilung einer Auskunft verurteilt wurden, wurde den Parteien am 13.09.2024 zugestellt.

    1. Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 20.09.2024 gemäß R. 118.8 EPGVerfO angezeigt, dass sie die Entscheidung in vollem Umfang vollstrecken wird. Sie hat

die Antragsgegnerinnen aufgefordert, die nach Ziffer B. II. der Entscheidung geschuldete Auskunft bis zum 07.10.2024 zu erteilen.

Soweit die Antragsgegnerinnen mitgeteilt haben, eine Auskunft erst innerhalb einer Woche nach einer etwaigen Zurückweisung ihres Antrags auf aufschiebende Wirkung erteilen zu wollen, ist darauf hinzuweisen, dass weder der Antrag auf aufschiebende Wirkung eine solche aufschiebende Wirkung entfaltet noch die von den Antragsgegnerinnen eingelegte Berufung gegen die Entscheidung vom 13.09.2024 (Art. 74 Abs. 1 EPGÜ). Es bestand daher von Rechts wegen kein Grund, vor der Auskunftserteilung die Verbescheidung des Antrags auf aufschiebende Wirkung durch das Berufungsgericht abzuwarten. Dies hätten die Antragsgegnerinnen bei zutreffender rechtlicher Beratung auch wissen müssen.

Die Auskunft war folglich am 07.10.2024, also mehr als drei Wochen nach Zustellung des Urteils zu erteilen; einer Fristverlängerung hat die Antragstellerin nicht zugestimmt. Bis zum 07.10.2024 wurde keine Auskunft erteilt.

    1. Mit Anordnung vom 30.10.2024 hat das Berufungsgericht den Antrag auf aufschiebende Wirkung im Hinblick auf die Antragsgegnerinnen zurückgewiesen. Diese Anordnung wurde den Parteien am 30.10.2024 zugestellt. Die Auskunft wurde jedoch auch am 30.10.2024 nicht erteilt. Die Antragsgegnerinnen haben die Auskunft auch - entgegen ihrer eigenen Zusage - nicht innerhalb einer Woche nach Zustellung der Entscheidung des Berufungsgerichts über den Antrag auf aufschiebende Wirkung erteilt.

Da dies - soweit ersichtlich - die erste Entscheidung des EPG zur Frage ist, wann die in einer Hauptsacheentscheidung angeordnete Auskunft zu erteilen ist, sei den Antragsgegnerinnen ausnahmsweise zugestanden, dass sie mit der Auskunftserteilung bis zur Entscheidung des Berufungsgerichts zugewartet haben. Nicht zuzugestehen war den Antragsgegnerinnen allerdings, die Auskunftserteilung während dieses Zeitraums nicht weiter vorzubereiten, so dass diese auch mit Vorliegen der Entscheidung des Berufungsgerichts am 30.10.2024 nicht erteilt werden konnte.

Am 30.10.2024 hätte die Auskunft in jedem Falle erteilt werden müssen. Die Antragsgegnerinnen haben sie aber weder am 30.10.2024 noch - wie zugesagt -

bis zum 06.11.2024, sondern erst am 12.11.2024 erteilt. Die Antragsgegnerinnen durften entgegen ihrer Ansicht angesichts der bereits verstrichenen Zeit auch nicht darauf vertrauen, von der Antragstellerin eine Fristverlängerung eingeräumt zu bekommen.

    1. Es ist auch kein rechtfertigender und die Antragstellerinnen entschuldigender Grund für die seit dem 30.10.2024 überfällige und damit verspätet erteilte Auskunft ersichtlich:

Die Antragsgegnerinnen mussten - seit 2023 mit einer Verletzungsklage konfrontiert - davon ausgehen, alsbald nach dem erstinstanzlichen Urteil diese Auskunft leisten zu müssen. Dies gilt auch und gerade in Anbetracht des Umfangs der zu erteilenden Auskunft. Dementsprechend waren die Antragsgegnerinnen gehalten, die Auskunftserteilung spätestens mit Zustellung der Entscheidung vom 13.09.2024 vorzubereiten. Dies ist offenbar nicht mit dem erforderlichen Nachdruck geschehen, ohne dass hierfür ein nachvollziehbarer Grund ersichtlich ist. Anders ist nicht zu erklären, dass erst zwei Monate nach der Zustellung der Entscheidung eine Auskunft erteilt wurde.

Bei zeitgerechter Vorbereitung und nachdrücklichem Betreiben der Auskunftserteilung - auch während des Laufs des Antrags auf aufschiebende Wirkung - hätte diese deutlich früher, nämlich spätestens am 30.10.2024, erteilt werden können; ein Zeitbedarf von zwei Monaten ist - auch unter Berücksichtigung des Umfangs der Auskunft - deutlich zu lang. Insbesondere die nach der Zurückweisung des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung am 30.10.2024 geltend gemachte weitere Verzögerung wegen der manuellen Schwärzung von Unterlagen durch einen externen Dienstleister ist nur damit erklärbar, dass mit der Zusammenstellung der Unterlagen und deren Schwärzung nicht rechtzeitig, nämlich spätestens am 13.09.2024, begonnen und diese bis zur Entscheidung des Berufungsgerichts über den Antrag auf aufschiebende Wirkung nicht mit dem notwendigen Nachdruck weiterbetrieben wurde.

Die Antragsgegnerinnen durften angesichts der bereits verstrichenen Zeit auch nicht darauf vertrauen, dass von Seiten der Antragstellerin einer weiteren Fristverlängerung am 05.11.2024 zugestimmt würde.

    1. Nicht gefolgt werden kann den Antragsgegnerinnen in ihrer Ansicht, aufgrund der am 13.11.2024 geleisteten Auskunft könne kein Zwangsgeld mehr angeordnet werden, da mit einem solchen lediglich der Zweck verfolgt werde, den Schuldner zur Erfüllung einer Anordnung anzuhalten.

Mit dem nach Art. 82 Abs. 4 EPGÜ zu verhängenden Zwangsgeld soll die Nichtbefolgung der Entscheidungen des EPG geahndet werden. Dabei hat das Zwangsgeld, wie insbesondere die englische Sprachfassung ('penalty payment') zeigt, Strafcharakter; ein Zwangsgeld kann also nicht nur verhängt werden, um die Befolgung einer Anordnung zu erzwingen, sondern auch, um die in der Vergangenheit liegende Nichtbefolgung zu bestrafen (wie hier: LK Düsseldorf, UPC_CFI_177/2023; v.Falck/Stoll in Tilmann/Plassmann, EPGÜ Art. 82 Rn. 123 f.; aA Kircher in Bopp/Kircher, Handbuch Europäischer Patentprozess, 2. Auflage 2023, § 27 Rn. 60). Eine Beschränkung des Zwangsgeldes auf den Zweck, die betreffende Partei zur Befolgung einer gerichtlichen Anordnung anzuhalten, lässt sich dem Wortlaut von Art. 82 Abs. 4 EPGÜ nicht entnehmen.

    1. Die Voraussetzungen zur Anordnung eines Zwangsgeldes liegen vor. Gegenüber den Antragsgegnerinnen war am 13.09.2024 die Auskunftserteilung angeordnet worden; Zwangsmaßnahmen für den Fall der Zuwiderhandlung waren angedroht worden. Die Anordnung vom 13.09.2024 war gemäß R. 354.1 VerfO ohne weitere Vollstreckungsanordnung und ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. Den Antragsgegnerinnen war auch eine angemessene Frist zur Befolgung der Anordnung gesetzt worden. Das in Regel 264 EPGVerfO vorgesehene Verfahren wurde durchgeführt.

III. Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung in inhaltlicher Hinsicht

Soweit die Antragsgegnerinnen am 12.11.2024 Unterlagen übergeben haben, sind diese gemessen an Ziffer B. II. der Anordnung vom 13.09.2024 unvollständig.

Mit der Auskunft anzugeben war unter anderem die Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden. Mit Schriftsatz vom 25.11.2024 hat die Antragstellerseite vorgetragen, in der Auskunft vom 12.11.2024 fehlten Angaben dazu, zu

welchem Preis die Beklagten die Verletzungsprodukte von ihren Herstellerinnen bezogenen haben, vollständig. Die Antragsgegnerinnen haben dem mit Schriftsatz vom 10.12.2024 nicht widersprochen. Damit ist die Auskunft unstreitig unvollständig.

IV. Bestimmung der Höhe des Zwangsgeldes

Nach Art. 82 Abs. 4 Satz 2 EPGÜ muss das Zwangsgeld in angemessenem Verhältnis zur Bedeutung der zu vollstreckenden Anordnung stehen.

Vorliegend ist Gegenstand der zu vollstreckenden Anordnung die Erteilung einer Auskunft. Die Auskunft soll der Klagepartei die Berechnung des Schadens ermöglichen. Durch eine verspätet erteilte Auskunft verzögert sich die Geltendmachung des Schadens. Wirtschaftlich betrachtet mag durch diese Verspätung ein Zinsschaden entstehen, im äußersten Fall erhöht sich das Insolvenzrisiko des Schuldners. Diese infolge der Nichtbeachtung der Anordnung bestehenden wirtschaftlichen Risiken der Klagepartei sind allerdings bei der Bemessung des Zwangsgeldes nicht zu berücksichtigen, da nach Art. 82 Abs. 4 Satz 2 EPGÜ das Recht der Partei, Schadenersatz zu fordern, unberührt bleibt. Hinzu kommt, dass das Zwangsgeld nach Regel 354.3 EPGVerfO an das Gericht zu zahlen ist und nicht etwa an die gegnerische Partei.

Für ein angemessenes Verhältnis des Zwangsgeldes zum Gegenstand der zu vollstreckenden Anordnung sind daher insbesondere Art und Dauer des Verstoßes zu berücksichtigen.

Der Art nach handelt es sich hier um den Verstoß gegen eine Anordnung, welche etwa im Vergleich zu einer Unterlassungsanordnung weniger Bedeutung zukommt; die Anordnung der Auskunftserteilung dient lediglich der Vorbereitung der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches. Das bedeutet allerdings nicht, dass eine solche - einen Hauptanspruch lediglich vorbereitende - gerichtliche Anordnung ungestraft missachtet werden darf. Anordnungen des Gerichts ist in jedem Falle Folge zu leisten. Es steht nicht im Belieben des Schuldners, ob und wann er einer Anordnung Folge leistet. Die unterschiedlich zu gewichtende Bedeutung einer Anordnung hat lediglich Einfluss auf die Höhe der zu verhängenden Sanktion.

Bei der Dauer des Verstoßes sind hier, wie vorstehend gezeigt, jedenfalls der Zeitraum seit dem 30.10.2024 anzusetzen. Mit Blick auf die festzusetzende Höhe des Zwangsgeldes mindernd zu berücksichtigen ist, dass am 12.11.2024 ein erster Versuch zur Erteilung einer vollständigen Auskunft unternommen wurde.

Angesichts von Art und Dauer des Verstoßes ist hier eine Sanktion in Höhe von jeweils 500,00 €/Tag für den Zeitraum vom 31.10.2024 bis zum 25.11.2024 festzusetzen, weil die Auskunft erst verspätet und dann unvollständig erfolgte (26 x 500,00 € = 13.000,00 €).

Seit dem 25.11.2024 hat die Antragsgegnerin Kenntnis davon, dass die Auskunft vom 12.11.2024 unvollständig war. Dies hat sie allerdings nicht dazu veranlasst, die Auskunft nachzubessern. Für den Zeitraum vom 25.11.2024 bis zum 17.12. 2024 ist daher ein erhöhtes Zwangsgeld von jeweils 1.500,00 € pro Tag anzusetzen, um die Antragsgegnerinnen nunmehr zu einer vollständigen Auskunft zu veranlassen (22 x 1.500,00 € = 33.000,00).

Damit kommt einerseits deutlich zum Ausdruck, dass derartige Verstöße nicht hingenommen, sondern spürbar sanktioniert werden. Andererseits bewegt sich das Gericht damit am unteren Bereich der Zwangsgeldandrohung.

V. Kosten

Durch das Zwangsgeldverfahren sind durch die Tätigkeit der Parteivertreter Kosten entstanden. Dabei handelt es sich um Kosten des Rechtsstreits. Deren Verteilung im Rahmen einer gemäß Art. 69 EPGÜ zu treffenden Kostenentscheidung war zu bestimmen. Das Gericht bewertet den Antrag Ziffer 3., mit dem die Antragstellerin unterlegen ist, mit einem Anteil von 25%.

VI. Zulassung der Berufung

Die Berufung ist zuzulassen, da es sich - soweit ersichtlich - um die erste Entscheidung betreffend die Festsetzung von Zwangsgeld wegen unterbliebener bzw. unvollständiger Auskunftserteilung handelt.

Aus den vorgenannten Gründen ergeht durch den Vorsitzenden Richter Dr. Zigann, den rechtlich qualifizierten Richter Brinkman, den technisch qualifizierten Richter Dr. Hansson und den Berichterstatter Pichlmaier folgende

Entscheidung

  • A. Gegen die Antragsgegnerinnen wird für die Nichtbefolgung der Anordnung zur Auskunftserteilung (Ziffer B.II. des Urteils des Gerichts erster Instanz des EPG, UPC_CFI_390/2023, erlassen am 13. September 2024) ein Zwangsgeld in Höhe von insgesamt € 46.000,00 festgesetzt.
  • B. Im Übrigen werden die Anträge der Antragstellerin zurückgewiesen.
  • C. Die Kosten des Zwangsgeldverfahrens tragen die Antragstellerin 25% und die Antragsgegnerinnen 75%.
  • D. Diese Anordnung ist sofort vollstreckbar.
  • E. Die Berufung wird zugelassen.
  • F. Der Streitwert des Zwangsgeldverfahrens wird auf 150.000,00 € festgesetzt.

INFORMATIONEN ZUR BERUFUNG

Gegen die vorliegende Entscheidung kann durch jede Partei, die ganz oder teilweise mit ihren Anträgen erfolglos war, innerhalb von 15 Tagen nach Zustellung der Entscheidung des Gerichts Berufung eingelegt werden.

INFORMATIONEN ZUR ZAHLUNG

Das Zwangsgeld ist an das Gericht auf folgendes Konto zu zahlen:

LU38 0019 7355 1900 8000

München, den 17. Dezember 2024

Dr. Zigann Vorsitzender Richter
Brinkman Rechtlich qualifizierter Richter
Pichlmaier Berichterstatter
Dr. Hansson Technisch qualifizierter Richter
Für den Hilfskanzler
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