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20 December, 2024
Order
ORD_67522/2024 Mannheim (DE) Local… EP1993363B1
R. 206 VerfO
...

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ORD_67522/2024
20 December, 2024
Order

Summary
(AI generated)

Parties

pharma-aktiva GmbH,
Hofer Kommanditgesellschaft,
ALDI Nord Deutschland Stiftung & Co. KG,
ALDI SE & Co. KG,
ALDI SÜD Dienstleistungs-SE & Co. oHG
v. G. Pohl-Boskamp GmbH & C. KG

Registry Information
Registry Number:

ORD_67522/2024

Court Division:

Mannheim (DE) Local Division

Type of Action:

Generic Order

Language of Proceedings:

DE

Patent at issue

EP1993363B1

Cited Legal Standards
Art. 138(1)(a), 52(1) EPÜ
Art. 138(1)(b) EPÜ
Art. 25(a) EPGÜ
Art. 31, 32(1)(c) EPGÜ
Art. 33(1)(a), 33(1)(b) EPGÜ
Art. 33(1)(b) EPGÜ
Art. 47(1) EPGÜ
Art. 60(7) EPGÜ
Art. 60(8) EPGÜ
Art. 62(2) EPGÜ
Art. 62(3) EPGÜ
Art. 62 EPGÜ
Art. 67 EPGÜ
Art. 69 EPGÜ
Art. 73 (2) (a), 62 EPGÜ
Art. 82 EPGÜ
R. 118.8, 158.2, 354, 355.4 VerfO
R. 206.2(d) VerfO
R. 206 VerfO
R. 211.1(b) VerfO
R. 211.1(d) VerfO
R. 211.1 VerfO
R. 211.2 VerfO
R. 211.3 VerfO
R. 211.4 VerfO
R. 211.5 Satz 4 VerfO
R. 211.5 VerfO
R. 213.1 VerfO
R. 220.1 (c), 224.2 (b) VerfO
R. 354.3 VerfO
R. 8.5(c) VerfO
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ORD_67522/2024

Lokalkammer Mannheim UPC_CFI_541/2024

Anordnung

des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts erlassen am 20. Dezember 2024 betreffend EP 1 993 363 B1

ANTRAGSSTELLERIN:

G. Pohl-Boskamp GmbH & C. KG , gesetzlich vertreten durch ihre Komplementärin, die Boskamp GmbH, diese ge- setzlich vertreten durch ihre Geschäftsführerin,

  • Kieler Straße 11 - 25551 - Hohenlockstedt - DE

Vertreten durch Sebastian Horlemann

ANTRAGSGEGNERINNEN:

pharma-aktiva GmbH , gesetzlich vertreten durch ihren Geschäftsführer, - Eisenbahnstraße 49 - 66424 - Homburg

  • DE

Vertreten durch Matthias Ringer

  1. ALDI SÜD Dienstleistungs-SE & Co. oHG , gesetzlich vertreten durch ihre persönlich haftenden Gesellschafter, - Burgstraße 37 - 45476 - Mühlheim an der Ruhr - DE

Vertreten durch Alexander von Foullon

3) ALDI Nord Deutschland Stiftung & Co.

KG , gesetzlich vertreten durch ihre persönlich haftende Gesellschafterin, die ALDI Nord Deutschland Verwaltungs- Stiftung, diese gesetzlich durch ihren Vorstand,

  • Eckenbergstraße 16b - 45307 - Essen - DE

Vertreten durch Alexander von Foullon

  1. ALDI SE & Co. KG , gesetzlich vertreten durch ihren persönlich haftenden Gesell- schafter, die ALDI Nortorf Verwaltung SE, Nortorf, diese gesetzlich vertreten durch ihren gesetzlichen Vertreter, - An der Automeile 1 - 24589 - Nortorf - DE

Vertreten durch Alexander von Foullon

  1. Hofer Kommanditgesellschaft, gesetzlich vertreten durch ihre persönlich haftenden Gesellschafter - Hofer Straße 1 - 4642 - Sattledt - AT

Vertreten durch Alexander von Foullon

VERFÜGUNGSPATENT:

EUROPÄISCHES PATENT NR. EP 1 993 363 B1

SPRUCHKÖRPER/KAMMER:

Spruchkörper der Lokalkammer Mannheim

MITWIRKENDE RICHTER:

Diese Anordnung wurde durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Tochtermann, den rechtlich qualifizierten Richter Böttcher als Berichterstatter und die rechtlich qualifizierte Richterin Mlakar erlassen.

VERFAHRENSSPRACHE: Deutsch

GEGENSTAND: R. 206 VerfO - Antrag auf einstweilige Maßnahmen

MÜNDLICHE VERHANDLUNG: 12. Dezember 2024

KURZE DARSTELLUNG DES SACHVERHALTS:

    1. Die Antragstellerin beantragt gegen die Antragsgegnerinnen wegen behaupteter Verletzung des Europäischen Patents EP 1 993 363 B1 ('Verfügungspatent') betreffend eine Zusammensetzung zur Bekämpfung von Ektoparasiten und ihren Eiern die Anordnung einstweiliger Maßnahmen. Der Hinweis auf die Erteilung des am 17. Juli 2006 unter Inanspruchnahme der Priorität vom 13. März 2006 der DE 202006004172 U angemeldeten Klagepatents wurde am 14. Juli 2010 veröffentlicht. Die Antragstellerin ist eingetragene Inhaberin des in der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich in Kraft stehenden Verfügungspatents (Anlage ASt 7).
    1. Die Antragstellerin, ein Pharma-Unternehmen, das unter anderem ein Läusemittel als Medizinprodukt unter der Bezeichnung NYDA® vertreibt, wendet sich gegen ein Läusespray, das in der Bundesrepublik unter der Bezeichnung 'Vitalis Läuse Spray' ('angegriffene Ausführungsform I') und in der Republik Österreich unter der Bezeichnung 'ACTIV MED Läusespray' ('angegriffene Ausführungsform II') von der Antragsgegnerseite vertrieben wurde.
    1. Die Antragsgegnerin zu 1, ebenfalls ein Pharma-Unternehmen, ist die auf den Umverpackungen ausgewiesene Herstellerin der angegriffenen Ausführungsformen. Die Antragsgegnerinnen zu 2 bis 5 gehören zur Aldi-Süd- bzw. -Nord bzw. Hofer-Gruppe. Die Antragsgegnerin zu 2 erbringt Dienstleistungen für mehrere Aldi-SüdTochtergesellschaften in der Bundesrepublik Deutschland. Sie sorgt für den gemeinsamen Einkauf und die Verteilung der Ware auf die einzelnen Aldi-Süd-Filialen und ist für den Inhalt des wöchentlichen Werbeprospekts der Aldi-Süd-Gruppe und den Inhalt der Webseite https://www.aldi-sued.de/de/homepage.html verantwortlich, auf der der wöchentliche Werbeprospekt abrufbar ist. Die angegriffene Ausführungsform I wurde In dem Werbeprospekt für die Woche vom 12.08.2024 beworben und entsprechend in AldiSüd-Filialen in der Bundesrepublik Deutschland vertrieben. Die Antragsgegnerin zu 3 ist die Konzernmutter sämtlicher Aldi-Nord-Filialen in der Bundesrepublik Deutschland und verantwortlich für den Inhalt der Webseite https://www.aldi-nord.de/, auf der die angegriffene Ausführungsform I ebenfalls beworben worden ist. Die Antragsgegnerin zu 4 betreibt mehrere Aldi-Filialen in der Bundesrepublik Deutschland, darunter diejenige Filiale, in der eine Mitarbeiterin nach dem Vortrag der Antragstellerin am 13.08.2024 privat ein Exemplar der angegriffenen Ausführungsform I entdeckt hatte, und zwei Filialen, in denen Mitarbeiter nach dem Vortrag der Antragstellerinnen sodann Testkäufe tätigten. Die Antragsgegnerin zu 5 betreibt mehrere Hofer-Filialen in der Republik Österreich, darunter die Filiale, in der ein Mitarbeiter nach dem Vortrag der Antragstellerin am 17.09.2024 drei Exemplare der angegriffenen Ausführungsform II bei einem Testkauf erwarb. Sie ist verantwortlich für den Inhalt der Webseite https://www.hofer.at/de/homepage.html, auf der die angegriffene Ausführungsform II in der Republik Österreich beworben wurde.

ANTRÄGE DER PARTEIEN:

    1. Die Antragstellerin beantragt die folgenden einstweiligen Maßnahmen anzuordnen:

I. Der Antragsgegnerin zu 1) wird aufgegeben

    1. es zu unterlassen,

eine Zusammensetzung zur Abtötung von Ectoparasiten und/oder deren Eier in dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland herzustellen sowie in den Hoheitsgebieten der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland,

anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, welche umfasst:

30-49 Gew.-% bezogen auf die Zusammensetzung, eines niedrigviskosen linearen Polysiloxans mit einer Viskosität < 10 cSt, 35-65 Gew.-% bezogen auf die Zusammensetzung, eines höherviskosen linearen Polysiloxans mit einer Viskosität > 90 cSt sowie mindestens ein Spreitmittel

(unmittelbare Verletzung von Anspruch 1 des EP 1 993 363 B1).

    1. Bei jeder einzelnen Zuwiderhandlung gegen die Anordnung nach Ziffer I.1. hat die Antragsgegnerin zu 1) ein (ggfs. wiederholtes) Zwangsgeld in Höhe von bis zu EUR 250.000,00 an das Gericht zu zahlen.
    1. Der Antragsgegnerin zu 1) ist weiter aufzugeben, die Produkte gemäß Ziffer I.1., die sich in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befinden, an eine Person, die gemäß den Bestimmungen der Republik Österreich und/oder der Bundesrepublik Deutschland für die Vollstreckung benannt ist, herauszugeben, um sie in Verwahrung zu nehmen.
    1. Der Antragsgegnerin zu 1) ist weiter aufzugeben, den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung schriftlich und in einer geordneten Aufstellung folgende Informationen zur Verfügung zu stellen:
  • a. die Namen und Adressen aller gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für welche das Produkt gemäß Ziffer I.1. bestimmt war,
  • b. die Menge der hergestellten und ausgelieferten Produkte gemäß Ziffer I.1. sowie die Preise, die für das Produkt nach Ziffer I.1. bezahlt wurde,
  • c. die Identität Dritter, die bei der Herstellung oder dem Vertrieb des Produkts gemäß Ziffer I.1. involviert waren und/oder sind.
  • II. Den Antragsgegnerinnen zu 2) bis 4) wird aufgegeben,
    1. es zu unterlassen,

eine Zusammensetzung zur Abtötung von Ectoparasiten und/oder deren Eier in dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland

anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

welche umfasst:

30-49 Gew.-% bezogen auf die Zusammensetzung, eines niedrigviskosen linearen Polysiloxans mit einer Viskosität < 10 cSt, 35-65 Gew.-% bezogen auf die Zusammensetzung, eines höherviskosen linearen Polysiloxans mit einer Viskosität > 90 cSt sowie mindestens ein Spreitmittel

(unmittelbare Verletzung von Anspruch 1 des EP 1 993 363 B1).

    1. Bei jeder jeweiligen einzelnen Zuwiderhandlung gegen die Anordnung nach Ziffer II.1. hat die jeweilige Antragsgegnerin zu 2) bis 4) ein (ggfs. wiederholtes) Zwangsgeld in Höhe von bis zu EUR 250.000,00 an das Gericht zu zahlen.
    1. Den Antragsgegnerinnen zu 2) bis 4) ist weiter aufzugeben, die Produkte gemäß Ziffer II.1., die sich in ihrem jeweiligen unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befinden, an eine Person, die gemäß den Bestimmungen der Bundesrepublik Deutschland für die Vollstreckung benannt ist, herauszugeben, um sie in Verwahrung zu nehmen.
    1. Den Antragsgegnerinnen zu 2) bis 4) ist jeweils weiter aufzugeben, den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung schriftlich und in einer geordneten Aufstellung folgende Informationen zur Verfügung zu stellen:
  • a. die Namen und Adressen aller gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für welche das Produkt gemäß Ziffer II.1. bestimmt war,
  • b. die Menge der hergestellten und ausgelieferten Produkte gemäß Ziffer II.1. sowie die Preise, die für das Produkt nach Ziffer II.1. bezahlt wurde,
  • c. die Identität Dritter, die bei der Herstellung oder dem Vertrieb des Produkts gemäß Ziffer II.1. involviert waren und/oder sind.

III. Der Antragsgegnerin zu 5) wird aufgegeben,

    1. es zu unterlassen

eine Zusammensetzung zur Abtötung von Ectoparasiten und/oder deren Eier in dem Hoheitsgebiet der Republik Österreich,

anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, welche umfasst:

30-49 Gew.-% bezogen auf die Zusammensetzung, eines niedrigviskosen linearen Polysiloxans mit einer Viskosität < 10 cSt, 35-65 Gew.-% bezogen auf die Zusammensetzung, eines höherviskosen linearen Polysiloxans mit einer Viskosität > 90 cSt sowie mindestens ein Spreitmittel

(unmittelbare Verletzung von Anspruch 1 des EP 1 993 363 B1).

    1. Bei jeder einzelnen Zuwiderhandlung gegen die Anordnung nach Ziffer III.1. hat die Antragsgegnerin zu 5) ein (ggfs. wiederholtes) Zwangsgeld in Höhe von bis zu EUR 250.000,00 an das Gericht zu zahlen.
    1. Der Antragsgegnerin zu 5) ist weiter aufzugeben, die Produkte gemäß Ziffer III.1., die sich in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befinden, an eine Person, die gemäß den Bestimmungen der Republik Österreich für die Vollstreckung benannt ist, herauszugeben, um sie in Verwahrung zu nehmen.
    1. Der Antragsgegnerin zu 5) ist weiter aufzugeben, den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung schriftlich und in einer geordneten Aufstellung folgende Informationen zur Verfügung zu stellen:
  • a. die Namen und Adressen aller gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für welche das Produkt gemäß Ziffer III.1. bestimmt war,
  • b. die Menge der hergestellten und ausgelieferten Produkte gemäß Ziffer III.1. sowie die Preise, die für das Produkt nach Ziffer III.1. bezahlt wurde,
  • c. die Identität Dritter, die bei der Herstellung oder dem Vertrieb des Produkts gemäß Ziffer III.1. involviert waren und/oder sind.
  • IV. Den Antragsgegnerinnen ist aufzugeben, dass sie der Antragstellerin eine vorläufige Kostenerstattung in Höhe von EUR 11.000,00 zu zahlen haben.
  • V. Die Antragsgegnerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.
  • VI. Die oben erwähnten Anordnungen sind sofort wirksam und vollstreckbar.
    1. Die Antragsgegnerinnen beantragen, den Antrag auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen zurückzuweisen, der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen und insoweit die sofortige Vollstreckbarkeit anzuordnen. Hilfsweise zur Zurückweisung beantragen sie, die Anordnung einstweiliger Maßnahmen von der Beibringung einer Sicherheitsleistung durch die Antragstellerin abhängig zu machen, deren Höhe durch das Gericht zu bestimmen ist, jedoch nicht unter 250.000 EUR liegen sollte.

TATSÄCHLICHE UND RECHTLICHE STREITPUNKTE:

    1. Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass die Antragsgegnerinnen mit den chemisch identisch ausgestalteten angegriffenen Ausführungsformen I und II Anspruch 1 des Verfügungspatents unmittelbar wortsinngemäß verletzen. Dies habe eine Analyse eines

Exemplars der angegriffenen Ausführungsform I (Anlagen ASt 12, 13) bestätigt. Demnach handle es sich bei dem als Inhaltsstoff angegebenen niedrigviskosen Dimeticon um Dimeticon 1,5 cSt mit einem mittels Gaschromatographie-Analyse nachgewiesenen Masseanteil von 43 % bezogen auf die Zusammensetzung der angegriffenen Ausführungsform I. Das ebenfalls als Inhaltsstoff angegebene hochviskose Dimeticon weise eine Viskosität von über 90 cSt und einen mittels FTIR-Spektroskopie ermittelten Anteil von 87 % am Abdampfrückstand und dementsprechend einen Masseanteil von 50 % bezogen auf die Zusammensetzung der angegriffenen Ausführungsform I auf. Die genannte Viskosität des höherviskosen Dimeticon ergebe sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit daraus, dass die Viskosität der angegriffenen Ausführungsform I maßgeblich durch das Dimeticon bestimmt werde und nahezu identisch mit der Viskosität des von der Antragstellerin hergestellten und vertriebenen Läusesprays NXDRA® express sei, in dem als höherviskoses Polysiloxan ein höherviskoses […] verwendet werde. Zum Einsatz gekommen sei bei der Bestimmung der Viskosität der Läusesprays ein Rotationsviskosimeter bei 25 °C.

    1. Der Rechtsbestand sei hinreichend gesichert. Hierfür müsse ein Verfügungspatent nicht bereits ein Rechtsbestandsverfahren überstanden haben.
    1. Eine zeitliche Dringlichkeit sei gegeben. Insbesondere habe die Antragstellerin, nachdem eine Mitarbeiterin den Verletzungsgegenstand am 13. August 2024 erstmals in einer AldiNord-Filiale privat entdeckt und hierauf aufmerksam gemacht habe und die Antragstellerin die Untersuchungen/Analysen im Zeitraum 28. August bis 12. September 2024 in ihren Labors durchgeführt habe, die Rechtsverletzung mit dem erforderlichen Nachdruck und Sorgfalt verfolgt. Das Verfügungspatent laufe zudem bereits in ca. 1,5 Jahren ab. Auch im Übrigen falle die Interessensabwägung zugunsten der Antragstellerin aus. Durch das preislich deutlich günstigere Angebot der Antragsgegnerinnen mit ca. einem Fünftel des Preises des Produkts der Antragstellerin werde das Preisniveau nachhaltig untergraben.
    1. Nach Ansicht der Antragsgegnerinnen hat die Antragstellerin ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht genügt, insbesondere sei die angestellte Analyse des angeblichen Verletzungsgegenstands unzureichend. Die Antragsgegnerin zu 1 bestreitet mit Nichtwissen, dass die erforderliche Eignung/Zertifizierung mit Blick auf den Abdampfvorgang durchgeführt worden sei. Nach Auffassung der Antragsgegnerinnen zu 2 bis 5 sind die Analyseergebnisse gem. Anlage ASt 12 nicht nachvollziehbar.
  1. Für die Annahme eines gesicherten Rechtsbestands ist nach Auffassung der Antragsgegnerinnen zu fordern, dass das Verfügungspatent bereits ein Rechtsbestandsverfahren überstanden habe. Ungeachtet dessen sei sogar die Mindestschwelle einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit im Streitfall nicht erfüllt. Die Erfindung sei schon nicht so ausreichend offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Es mangele an der Angabe in der Verfügungspatentschrift, bei welcher Temperatur die geforderten Viskositäten zu bestimmen seien, und nach Auffassung der Antragsgegnerinnen zu 2 bis 5 zudem an den spezifischen Messparametern des zu verwendenden Messstands und der Scherrate. Eine Angabe der Temperatur sei aufgrund der starken Temperaturabhängigkeit der Viskosität unerlässlich. Die von der Antragstellerin nunmehr herangezogenen Schriftstücke ASt 19 und ASt 20 erwähnten einerseits 20 °C, andererseits 25 °C, eine zu verwendende Standarttemperatur existiere daher nicht. Jeder Versuch, die mangelnde Offenbarung auszuräumen, führe zwangsläufig zu einer unzulässigen Erweiterung. Zudem sei der Gegenstand des Verfügungspatents nicht erfinderisch. Aus der Druckschrift DE 2 823 595 A1 (Anlage D1, 'D1') sei eine Zusammensetzung zum Bekämpfen von Ektoparasiten mittels linearem Polysiloxan, auch als zusätzlichem Giftstoff in einem Präparat, das auch auf andere Weise läusevertilgend und/oder eierabtötend wirke, vorbekannt. Ausgehend davon habe der Fachmann Veranlassung gehabt, auch herkömmliche Präparate, die noch Insektizide verwendeten, zu berücksichtigen, wie beispielsweise in der Druckschrift DE 691 26 969 T2 (Anlage D2, 'D2'). Im Übrigen schließe der Anspruch 1 des Verfügungspatents weitere gegen Ektoparasiten wirksame Bestandteile neben den beiden linearen Polysiloxanen nicht aus. Die in D2 offenbarte Zusammensetzung enthalte unter anderem mit dem grenzflächenaktiven Mittel ein Spreitmittel, ein lineares Polysiloxan mit hoher Viskosität von 100 cPs bis 150.000 cPs und ein lineares Polysiloxan mit niedriger Viskosität bis herunter zu 5 cPs, wobei sich die Einheit cPs nicht wesentlich von der im Verfügungspatent verwendeten Einheit cSt unterscheide. Unerheblich sei, dass die angesprochenen beiden linearen Polyalkylsiloxane in Verbindung mit einer Haarkonditionierung beschrieben seien, weil dem Fachmann die Wirksamkeit von linearen Polysiloxanen als abtötend für Ektoparasiten bereits aus der D1 und zudem aus der Studie von Burgess, Brown, Lee, 'Treatment of head louse infestation with 4 % dimeticone lotion: randomised controlled equivalence trial' (Anlage D3, 'D3'), die im Jahr 2005 und damit in zeitlicher Nähe zum Prioritätsstichtag des Verfügungspatents veröffentlicht worden sei, bekannt sei. Daher habe der Fachmann die Anregung, aus der

Zusammensetzung nach D2 das Insektizid wegzulassen und stattdessen den Anteil der beiden dort genannten linearen Polysiloxane zu erhöhen. In welcher Weise dies erfolge, liege im fachmännischen Handeln und sei darüber hinaus durch die explizite Offenbarung der D1 von Werten zwischen 5 und 100 Gew.-% angeregt. Hierdurch werde der Fachmann zu einer erheblichen Erhöhung angehalten, weil dies besage, dass viel viel helfe. Zudem werde ihm in der D1 an die Hand gegeben, wie er eine geeignete Menge durch Versuche bestimmen könne.

    1. Selbst bei Annahme einer Kenntniserlangung erst am 13. August 2024 habe die Antragstellerin dringlichkeitsschädlich länger als die Regelfrist von einem Monat abgewartet, bis sie den Antrag auf einstweilige Maßnahmen am 20. September 2024 eingereicht habe, zumal zwischen Testkauf und Beginn der behaupteten Untersuchungen über zwei Wochen verstrichen seien. Auch im Übrigen falle die Interessensabwägung zu Lasten der Antragstellerin aus. Bei den angegriffenen Ausführungsformen handle es sich um Aktionsware mit üblicherweise kurzer Verkaufszeit. Sie sei in Deutschland und Österreich schon längst vom Markt genommen, die von der Antragsgegnerin zu 1 abgegebene Unterlassungserklärung (Anlage D4) sei in der Antragsschrift rechtsmissbräuchlich verschwiegen worden. Nach ihrem Vortrag vernichte die Antragsgegnerin zu 1 ihre Lagerbestände und habe Aldi Süd, Aldi Nord und Hofer darüber informiert, dass die angegriffenen Ausführungsformen nicht mehr in den Filialen vorhanden sein dürften, und zu ihrer Vernichtung aufgefordert. Potentielle Kunden beschafften die angegriffenen Ausführungsformen nicht auf Vorrat, sondern nur bei Bedarf, so dass ein unwiederbringlicher Schaden für die Antragstellerin auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu besorgen sei.
    1. Nach Auffassung der Antragsgegnerinnen kann ein Auskunftsanspruch nicht im Wege von einstweiligen Maßnahmen verfolgt werden. Andernfalls käme es zu einer Vorwegnahme der Hauptsache.
    1. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachund Streitstoffes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

GRÜNDE DER ANORDNUNG:

    1. Die Lokalkammer Mannheim des Einheitlichen Patentgerichts ist für den Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen zuständig (dazu I.). Dem Antrag fehlt es nicht an einem Rechtschutzbedürfnis (dazu II.). Von der Antragsberechtigung und Patentinhaberschaft der Antragstellerin und der Verletzung des Verfügungspatents durch die Antragsgegnerinnen mit den angegriffenen Ausführungsformen ist auszugehen (dazu III., VI., VII.). Eine für die Anordnung einstweiliger Maßnahmen ausreichend gesicherter Rechtsbestand des Verfügungspatents ist gegeben (dazu VIII.). Die vorzunehmende Interessensabwägung fällt zugunsten der Antragstellerin aus (dazu IX.). Hieraus rechtfertigen sich die einstweiligen Maßnahmen im angeordneten Umfang (dazu X.).

I. Zuständigkeit

    1. Die Zuständigkeit der Lokalkammer Mannheim des Einheitlichen Patentgerichts für den Antrag auf einstweilige Maßnahmen gegen die Antragsgegnerinnen ergibt sich aus Art. 31, 32(1)(c) EPGÜ i.V.m. Art. 7(2), Art. 71b Nr. 1 VO (EU) 1215/2012 und Art. 33(1)(a), 33(1)(b) EPGÜ. Der mit Blick auf die Antragsgegnerin zu 5, die die angegriffene Ausführungsform II in der Republik Österreich vertreibt und dort ihren Sitz hat, zu fordernde Zusammenhang gem. Art. 33(1)(b) EPGÜ (vgl. hierzu Lokalkammer Düsseldorf, Order vom 06.09.2024, UPC_CFI_1/2024) ist, wie die Antragsgegnerin zu 5 mit Recht nicht in Abrede stellt, gegeben. Die Antragsgegnerin zu 5 gehört wie die Antragsgegnerin zu 2 zur Aldi-Südgruppe und wurde durch die Antragsgegnerin zu 1 als Herstellerin der angegriffenen Ausführungsform II beliefert.

II. Rechtsschutzbedürfnis

    1. Das Rechtsschutzbedürfnis an dem Antrag auf einstweilige Maßnahmen ist durch die von der Antragsgegnerin zu 1 abgegebene Unterlassungserklärung (Anlage D4) nicht entfallen. Die Unterlassungserklärung bezieht sich schon nicht auf die patentgemäßen Merkmale. Soweit auf den dort eingelichteten Umverpackungen eine Liste mit Inhaltsstoffen gezeigt ist, geht aus der Unterlassungserklärung bereits bei isolierter Betrachtung nicht mit der gebotenen Deutlichkeit hervor, dass das Unterlassungsversprechen unabhängig von den sonstigen Umständen alle Produkte mit diesen Inhaltstoffen erfasst. Die Unterlassungserklärung hindert damit den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen unter anderer Bezeichnung und in anderer Umverpackung nicht und ist daher

unzureichend. Dies gilt umso mehr, als - wie sich in der mündlichen Verhandlung ergeben hat -die Unterlassungserklärung auf eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung hin abgegeben worden ist, mit der die Kategorisierung der angegriffenen Ausführungsformen durch die Antragsgegnerin zu 1 als Medizinprodukt der Klasse I wettbewerbsrechtlich beanstandet worden war. Der bei anderer Sachlage unter Umständen durchaus beachtliche Vorwurf der Antragsgegnerinnen, die Antragstellerin habe diese Unterlassungserklärung bei der Antragstellung rechtsmissbräulich verschwiegen, verfängt daher unter den gegebenen Umständen nicht. Dieser Kontext bestätigt vielmehr, dass die Antragstellerin durch die Unterlassungserklärung nicht mit Blick auf patentrechtliche Unterlassungsansprüche klaglos gestellt werden sollte und aus dem maßgeblichen objektivierten Empfängerhorizont insoweit auch nicht klaglos gestellt wird. Zugunsten der übrigen Antragsgegnerinnen wirkt die Unterlassungserklärung der Antragsgegnerin zu 1 ohnehin nicht.

III. Antragsberechtigung und Patentinhaberschaft

    1. Die Antragstellerin ist als Patentinhaberin antragsberechtigt gem. Art. 47(1) EPGÜ. Soweit in den Angaben zur Antragsschrift der Buchstabe 'o' im Rechtsformzusatz 'GmbH & Co. KG' der Antragstellerin fehlte, handelte es sich um einen nach den Umständen offensichtlichen Schreibfehler. Mit Recht sind die Antragsgegnerinnen nach den Erläuterungen der Antragstellerin in ihrer Replik hierauf in ihren Dupliken nicht mehr zurückgekommen. Die widerlegliche Vermutung gem. R. 8.5(c) VerfO, dass die in den Registern eingetragene Antragstellerin materiell berechtigte Inhaberin des deutschen und österreichischen Teils des Verfügungspatents ist, ist demnach nicht widerlegt.

IV. Technischer Kontext des Verfügungspatents und Problemstellung

    1. Das Verfügungspatent betrifft eine Zusammensetzung zur Bekämpfung von Ektoparasiten, insbesondere Kopfläusen, und ihren Eiern (Nissen). Nach der Verfügungspatentschrift sind die Eier häufig von Schutzhüllen umhüllt, die von vielen Giftstoffen nicht durchdrungen werden können (Abs. [0002]). Weder die Läuse noch deren Eier könnten durch eine normale Haarwäsche beseitigt werden, sondern nur durch eine lokale Behandlung mit geeigneten Mitteln, insbesondere Insektiziden. An in Deutschland verwendeten sehr effizienten, aktiven Inhaltsstoffen solcher Mittel wie Allethrin, Lindan, Permethrin und Pyrethrum kritisiert die Verfügungspatentschrift, dass toxikologische Bedenken bestünden

und in jüngerer Zeit die Entwicklung von Resistenzen beobachtet worden sei. Viele der unterschiedlichen als Alternativen entwickelten Kosmetik- und Medizinprodukte hätten sich als weniger oder nicht effizient erwiesen. Ein vielversprechender Ansatz sei jedoch die Verwendung von linearen Siloxan-Polymeren. So sei in der Patentanmeldung DE 2 823 595 die Verwendung einer Menge linearer Siloxan-Polymere, insbesondere von Dimeticon offenbart, wobei Dimeticone mit einer Viskosität von 100 bis 1000 cSt als am wirksamsten bei der Bekämpfung von Läusen beschrieben seien. Für die Bekämpfung von Gliederfüßlern werde in der Patentanmeldung EP 1 215 965 eine Zusammensetzung mit einem flüchtigen und einem nicht-flüchtigen Siloxan-Polymer offenbart. Letzteres sei bevorzugt ein zyklisches Siloxan wie Cyclopentasiloxan oder Cyclomethicon, das in einer Menge von 95,597,5-Gewichtsprozent bezogen auf die Zusammensetzung verwendet werde. An den vorbekannten Zusammensetzungen kritisiert das Verfügungspatent, dass einige zwar zufriedenstellend für die Bekämpfung von Läusen seien, sie jedoch eine niedrige Wirksamkeit gegen Eier hätten, mithin Eier nicht zuverlässig zerstörten. Außerdem seien sie potentiell gesundheitsschädlich (Abs. [0003] bis [0006]).

    1. Vor diesem Hintergrund stellt sich das Verfügungspatent die Aufgabe, eine toxikologisch akzeptierbare, gleichwohl aber hoch wirksame Zusammensetzung zur Bekämpfung von Ektoparasiten und ihrer Eier zur Verfügung zu stellen (vgl. Abs. [0007]).
    1. Als Lösung schlägt das Verfügungspatent eine Zusammensetzung nach Anspruch 1 vor, deren Merkmale sich wie folgt gliedern und übersetzen lassen:
1. Composition for killing ectopara- sites and/or their ova, compris- ing 1. Zusammensetzung zur Abtötung von Ec- toparasiten und / oder deren Eiern, um- fassend
1.1 30-49 wt.-%, based on the composition, of a low vis- cosity linear polysiloxane having a viscosity < 10 cSt, 1.1 30-49 Gew.-%, bezogen auf die Zu- sammensetzung, eines niedrigvis- kosen linearen Polysiloxans mit ei- ner Viskosität < 10 cSt
1.2 35-65 wt.-%, based on the composition, of a higher vis- cosity linear polysiloxane having a viscosity > 90 cSt, and 1.2 35-65 Gew.-% bezogen auf die Zu- sammensetzung, eines höhervisko- sen linearen Polysiloxans mit einer Viskosität > 90 cSt sowie
1.3 at least one spreading agent. 1.3 mindestens ein Spreitmittel

Nach der Verfügungspatentschrift sei in Experimenten überraschenderweise herausgefunden worden, dass solche Zusammensetzungen in hohem Maße wirksam sowohl gegen Läuse als auch gegen ihre Eier seien. Infolge des Verzichts auf zyklische Siloxane seien diese Zusammensetzungen sehr gut verträglich. Sie hätten eine sehr niedrige Oberflächenspannung und zugleich eine hohe Verteilungsfähigkeit. Ohne sich auf eine Theorie zur Wirkweise festlegen zu wollen, vermutet die Verfügungspatentschrift, dass solche Zusammensetzungen infolge ihrer sehr vorteilhaften Kriecheigenschaften tief in die Tracheen und Tracheolen der erwachsenen Kopfläuse und ihrer Larven und in die Luftgänge (aeropyles) der Nissen eindringen könnten. Dort verdunsteten die flüchtigen Siloxane, wodurch die Zusammensetzung in der Trachea bzw. den Nissen immer stärker verdicke und schließlich Klumpen bilde. Infolgedessen würden die Läuse, Larven und Nissen vom Gasaustausch getrennt und erstickten (Abs. [0009], [0017]).

V. Auslegung des Patentanspruchs 1

Einige Merkmale bedürfen der näheren Erläuterung:

    1. Die in den Merkmalen 1.1 und 1.2 in centistokes (cSt=0,01 St = 0,01 cm²/s = 1 mm²/s) verlangten Viskositäten sind als in dem Temperaturbereich angegeben zu verstehen, der auf dem menschlichen Kopf bei Raumtemperatur vorherrscht. Zwar ist in der Verfügungspatentschrift nicht ausdrücklich angegeben, auf welche Temperatur sich die grundsätzlich temperaturabhängigen Viskositäten beziehen. Aus der in Abs. [0009] beschriebenen vermuteten Wirkweise der patentgemäßen Zusammensetzung ergibt sich jedoch, dass die merkmalsgemäßen Eigenschaften im normalen Anwendungsbereich der patentgemäßen Zusammensetzung vorhanden sein müssen, wobei die abtötende Wirkung ausweislich der Verfügungspatentschrift nach 45 Minuten bestimmt wird (Abs. [0016]). Hieraus folgt, dass die geforderten Viskositäten jedenfalls bei der vorstehend genannten Temperatur vorhanden sein müssen, wenn die Zusammensetzung auf die Läuse, Larven und Eier bei herkömmlicher Anwendung einwirkt. Die Angabe in der Einheit centistokes weist die verlangten Viskositäten als kinematische Viskositäten aus.
    1. Ein patentgemäßes Spreitmittel ist ein Mittel, dass eine Verteilung der Zusammensetzung über das Haar fördert (Abs. [0009]. Zudem mag es die sehr guten Kriecheigenschaften der patentgemäßen Zusammensetzung (vgl. Abs. [0009]) begünstigen.

VI. Verwirklichung des Patentanspruchs 1 durch die angegriffenen Ausführungsformen

    1. Von einer Verwirklichung der Merkmale des Patentanspruchs 1 des Verfügungspatents ist auszugehen. Die Antragsgegnerinnen haben die von der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Antragstellerin substantiiert behauptete Verwirklichung nicht konkret bestritten (Regel 171.2 VerfO). Hierzu genügt es nicht, die ordnungsgemäße Durchführung der von der Antragstellerin durchgeführten Analysen zu den Gewichtsanteilen und Viskositäten zu bestreiten. Auf der Umverpackung der angegriffenen Ausführungsformen sind unstreitig niedrigund hochviskose Dimeticone als enthaltene Inhaltsstoffe angegeben. Vielmehr hätte die Antragsgegnerin zu 1 - zumal als Herstellerin der angegriffenen Ausführungsformen - die behaupteten Gewichtsanteile und Viskositäten des niedrig-viskosen Dimeticon und des hoch-viskosen Dimeticon konkret in Abrede stellen müssen. Für die Antragsgegnerinnen zu 2 bis 5 sind keine anderen Maßstäbe angezeigt. Sie sind zwar nicht Herstellerin der angegriffenen Ausführungsformen. Sollte es darauf überhaupt ankommen, hätte es ihnen jedoch oblegen, sich bei der Antragsgegnerin zu 1 als ihrer Lieferantin und Herstellerin zu den Eigenschaften der angegriffenen Ausführungsformen zu erkundigen. Dass die angegriffenen Ausführungsformen die von der Antragstellerin unabhängig von der Belastbarkeit der eigenen Untersuchungen behaupteten Werte nicht aufweisen würden, machen die Antragsgegnerinnen nicht geltend. Dementsprechend ist insbesondere unerheblich, ob die Mitarbeiter der Antragstellerin bei ihren Analysen lege artis einzuhaltende Vorgaben eingehalten haben und ob statt eines Kegel-Platte-Rotationsviskosimeters ein Kapillarviskosimeter hätte verwendet werden bzw. ermittelte Werte noch hätten umgerechnet werden müssen. Dass die Antragstellerin die Viskosität bei 25 °C bestimmt hat, ist ebenso ohne Belang, denn die Antragsgegnerinnen behaupten keine andere Viskosität bei anderen als Temperatur am menschlichen Kopf bei Raumtemperatur anzusprechenden Temperaturbereichen. Aus den genannten Gründen ist ferner unerheblich ist, dass die Antragstellerin - soweit ersichtlich - nur die angegriffene Ausführungsform I analysiert hat. Die behauptete identische chemische Zusammensetzung der angegriffenen Ausführungsformen I und II bestreiten die Antragsgegnerinnen ohnehin nicht.

VII. Rechtsverletzungen durch die Antragsgegnerinnen

    1. Durch die nicht in Abrede gestellte Herstellung der angegriffenen Ausführungsformen in Deutschland und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform I in Deutschland und

der angegriffenen Ausführungsform II in Österreich, in dem ein Anbieten und ein InVerkehr-Bringen zu sehen ist, hat die Antragsgegnerin zu 1 das Ausschließlichkeitsrecht der Antragstellerin als Inhaberin des deutschen und des österreichischen Teils des Verfügungspatents gem. Art. 25(a) EPGÜ verletzt. Die Antragsgegnerinnen zu 2 bis 4 haben ebenfalls das genannte Ausschließlichkeitsrecht in Deutschland verletzt. In dem Bewerben auf den genannten deutschen Webseiten bzw. in dem dort abrufbaren Prospekt, für deren Inhalt die Antragsgegnerin zu 2 bzw. die Antragsgegnerin zu 3 unstreitig verantwortlich sind, liegt ein patentrechtliches Anbieten in der Bundesrepublik Deutschland, weil hierdurch die angegriffene Ausführungsform I dort zum Verkauf feilgehalten wird. Die Möglichkeit eines unmittelbaren Bezugs über die genannten Webseiten ist hierfür nicht erforderlich. Es genügt jedenfalls, dass den Empfängern die Aldi-Süd- bzw. Aldi-NordFilialen als Bezugsquellen bekannt sind. Da die Antragsgegnerin zu 4 unstreitig Aldi-NordFilialen betreibt, in denen die angegriffene Ausführungsform I erworben werden konnte, verletzt sie ebenfalls das Ausschließlichkeitsrecht der Antragstellerin betreffend den deutschen Teil des Verfügungspatents, nämlich durch Anbieten, In-Verkehr-Bringen und das Besitzen zu den genannten Zwecken. Gleiches gilt mit Blick auf den österreichischen Teil des Verfügungspatents für die Antragsgegnerin zu 5, die unstreitig die angegriffene Ausführungsform II über ihre österreichische Webseite beworben und in ihren Filialen in Österreich zum Erwerb angeboten und verkauft hat.

VIII. Rechtsbestand des Verfügungspatents

    1. Der Rechtsbestand ist als für die Anordnung einstweiliger Maßnahmen ausreichend gesichert anzusehen.
    1. An einer ausreichend sichereren Überzeugung vom Rechtsbestand, die neben anderen Voraussetzungen für die Anordnung einstweiliger Maßnahmen zu verlangen ist, fehlt es, wenn es das Gericht für überwiegend wahrscheinlich ansieht, dass das Patent nicht rechtsbeständig ist. Sofern die Anordnung einstweiliger Maßnahmen Gegenstand eines zweiseitigen Verfahrens ist, liegt die Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen betreffend die fehlende Gültigkeit des Verfügungspatents und andere Umstände, die den Standpunkt des Antragsgegners stützen, nach allgemeinen Grundsätzen beim Antragsgegner (vgl. Berufungsgericht, Anordnung vom 26.02.2024, UPC_CoA_335/2023, GRUR 2024, 527 Rn. 92 ff.).
    1. Nach diesen Maßgaben ist es nicht als überwiegend wahrscheinlich anzusehen, dass das Verfügungspatent nicht rechtsbeständig ist.

Ausführbarkeit

    1. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerinnen ist der Nichtigkeitsgrund des Art. 138(1)(b) EPÜ, der voraussetzt, dass das europäische Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass der Fachmann sie ausführen kann, nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegeben.
    1. Wie oben erörtert, lässt sich der Klagepatentschrift auch ohne ausdrückliche Angabe entnehmen, dass die in den Merkmalen 1.1 und 1.2 geforderten Viskositäten jedenfalls im üblichen Temperaturbereich der Anwendung am menschlichen Kopf bei Raumtemperatur vorliegen müssen. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass in diesem Rahmen neben der Raumtemperatur auch Körpertemperatur in Betracht komme und daher der maßgebliche Bereich vage sei, weil sich in einem solchen Bereich die Viskosität einer Flüssigkeit ändern könne, wie die Antragsgegnerinnen meinen, würde das an der Beurteilung nichts ändern. Da der Patentanspruch für das höherviskose Polysiloxan einen Mindestwert und für das niedrigviskose Polysiloxan einen Höchstwert verlangt, wird der Fachmann - nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragsgegnerin zu 1 ein promovierter Chemiker mit mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Mittel zur Bekämpfung von Ektoparasiten wie Kopfläusen - etwaigen Unsicherheiten insbesondere wegen einer etwaigen Varianz der Temperatur der Anwendungsbereiche mit seinem Fachwissen und Fachkönnen dadurch Rechnung tragen, dass er einen Sicherheitszuschlag bzw. -abschlag ansetzt, dessen Bestimmung ihm als Fachmann geläufig ist und der gewährleistet, dass der geforderte Mindestbzw. Höchstwert im gesamten bei herkömmlicher Anwendung in Betracht kommenden Temperaturbereich eingehalten wird. Abgesehen davon machen die Antragsgegnerinnen schon nicht geltend, dass lineare Polysiloxane im Bereich der Körper- und Raumtemperatur überhaupt eine erhebliche Temperaturabhängigkeit ihrer Viskosität aufweisen würden. Erst Recht nicht machen sie geltend, dass dies für die in der Patentschrift ausdrücklich erwähnten, für die vorliegende Verletzungsfrage relevanten Dimeticone als linearen Polysiloxanen der Fall ist. Selbst wenn der Gegenstand des Patentanspruchs 1 für andere Polysiloxane nicht hinreichend ausführbar offenbart und dies für den Rechtsbestand schädlich sein sollte, könnte sich die Antragstellerin bei dieser Sachlage auf Dimeticone beschränken, was zu ihren Gunsten

jedenfalls im Rahmen der Interessensabwägung zu berücksichtigen wäre. Aus den gleichen Gründen ist ohne Belang, dass in der Verfügungspatentschrift keine Angaben zu den spezifischen anderen Messparametern und der Scherrate gemacht werden. Die Antragsgegnerinnen legen nicht dar, welche konkreten anderen Messparameter aus welchen Gründen mit welchen Unsicherheiten in den Blick zu nehmen wären und weshalb hierdurch erhebliche Unterschiede bei den zu bestimmenden Viskositäten auftreten. Mit Blick auf die Scherrate kommt hinzu, dass sie nach den eigenen Ausführungen der Antragsgegnerinnen zu 2 bis 5 eine Eigenschaft der zu untersuchenden Flüssigkeit ist. Soweit sie die Viskosität mitbestimmt, fließt sie daher in die geforderte, zu messende Viskosität ein.

Erfinderische Tätigkeit

    1. Der Nichtigkeitsgrund der fehlenden erfinderischen Tätigkeit gem. Art. 138(1)(a), 52(1) EPÜ kann ebenfalls nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit angenommen werden.
    1. Die in der Verfügungspatentschrift (Abs. [0004] als Stand der Technik erörterte Entgegenhaltung D1 offenbart eine Zusammensetzung zur Bekämpfung von Ektoparasiten und deren Eiern, die ggfs. neben einem aktiven Giftstoff zusätzlich als Giftstoff eine toxische Menge eines linearen Siloxan-Polymers mit einer Viskosität enthält, die unterhalb von etwa 20.000 cSt liegt, vorzugsweise kleiner als etwa 10.000 cSt ist und insbesondere etwa 1.000 cSt oder weniger beträgt (vgl. D1, Patentanspruch 1, S. 4 Z. 21 bis Z. 24, S. 6 Z. 8 bis Z. 11). Dabei wird das Polymer im Allgemeinen in einer Konzentration von etwa 5 Gew.% bis 100 Gew.-%, vorzugsweise von etwa 10 Gew.-% bis 100 Gew.-% eingesetzt (D1, S. 6 Z. 5 bis Z. 6). Die effektive Menge hänge von dem im Einzelfall eingesetzten Polymer, dem im Einzelfall eingesetzten, inerten, pharmazeutisch verträglichen Träger und anderen vorhandenen Bestandteilen ab, wobei für eine effektive Menge die Abtötung von mindestens 50 % der Ektoparasiten, ermittelt nach einem beschriebenen, 2-minütigen Eintauchtest, gefordert werden (D1, S. 5 Z. 24 bis Z.35). Aus dargestellten Versuchsergebnissen mit mehreren Zusammensetzungen leitet die Druckschrift ab, dass die getesteten Dimeticone mit einem Viskositätsbereich von 100 bis 1000 cSt unterhalb von 15 Gew.-% die höchste Aktivität in Bezug auf die Läusevertilgung zeigten (D1, S. 11 Z. 1 bis Z. 7). Damit sind die Verwendung von zwei anspruchsgemäßen linearen Polysiloxanen und die Verwendung eines Spreitmittels dem Fachmann nicht neuheitsschädlich offenbart.
    1. Anders als die Antragsgegnerinnen meinen, gelangt der Fachmann ausgehend von D1 in Zusammenschau mit D2 und/oder D3 nicht zur Lehre des Patentanspruchs 1 des Verfügungspatents.
    1. Die Entgegenhaltung D2 offenbart Zusammensetzungen zur Bekämpfung von Läusen mit Insektiziden, nämlich synthetischen Pyrethroiden und natürlichen Pyrethrinen (D2, S. 6, S. 16, S. 26, jeweils unter 'Gegen Läuse wirksame Bestandteile'), wobei mit synthetischen Pyrethroiden die synthetischen Analoga der natürlichen Pyrethrine bezeichnet werden (D2, S. 5 Abs. 2). Dabei geht es der Entgegenhaltung darum, insbesondere bei hohen Lagertemperaturen stabile, verringerte Sicherheitsrisiken für den Menschen aufweisende und einfach anzuwendende Zusammensetzungen zur Verfügung zu stellen. Zur Verkapselung und damit Stabilisierung von Gemischen von natürlichen Pyrethrinen und synthetischen Pyrethroiden herkömmlich beigefügte Siloxane verhinderten jedoch nicht die Abtrennung der wirksamen Bestandteile in Haarbehandlungszusammensetzungen wie Shampoos, Lotionen und Konditionierungsmitteln bei Temperaturen über 38 °C, die einmal erfolgt -nicht reversibel ist. Erfindungsgemäße Zusammensetzung von synthetischen Pyrethroiden und natürlichen Pyrethrinen in den erfindungsgemäßen Mischungsverhältnissen haben hingegen einen breiten Wirkungsbereich, weshalb sie in geringeren Dosen verwendet werden können, wodurch die Sicherheit der Behandlung verbessert wird. Zugleich sind sie auch bei höheren Lagertemperaturen stabil, d.h. die wirksamen Bestandteile trennen sich nicht aus der Haarbehandlungszusammensetzung ab (vgl. D2, insb. S. 3 Abs. 2 bis S. 4 letzter Abs.). Für Shampoo-Zusammensetzungen, die solche Gemische zur Bekämpfung von Läusen enthalten (D2, S. 6), schlägt die Druckschrift vor, ihnen als fakultative Komponenten Silikonverbindungen einzuverleiben, um für das Haar Konditionierungsvorteile zu gewährleisten und um die Entfernung von toten Läusen und von deren Eiern zu erleichtern (D2, S. 12 unter 'Fakultative Komponenten'). Nicht flüchtige Silikonmaterialien werden hierzu in Mengen von 1 Gew.-% bis 10 Gew.-% der erfindungsgemäßen Zusammensetzungen angewandt. Nichtflüchtige, Silikone enthaltende Verbindungen sind insoweit bevorzugt und werden in Mengen von 0,1 Gew.-% bis 10 Gew.%, vorzugsweise von 0,25 Gew.-% bis 3 Gew.-% in der Zusammensetzung eingesetzt. Nichtflüchtige Silikone sind vorzugsweise von der Gruppe ausgewählt, welche aus Polyalkylsiloxanen, Polyalkylarylsiloxanen, Polyethersiloxancopolymeren und Gemischen hiervon besteht. Nützliche Polyalkylsiloxane umfassen demnach beispielsweise Polydimethylsiloxane (PDMS) mit Viskositäten im Bereich von 5 bis 15.000.000 Centipoise

(cP) bei 25°C, nützliche Polyalkylarylsiloxane beispielsweise Polymethylohenylsiloxane mit Viskositäten von 5 bis 15.000.000 cP bei 25° C und nützliche Polyethersiloxancopolymeren beispielsweise Polypropylenoxid [und] modifizierte Polydimethylsiloxane (D2, S. 12 unten bis S. 13 unten). Patentanspruch 4 der D2 sieht eine ovizide/pedikulizide Zusammensetzung zur Haarbehandlung in Shampoo-Form nach einem der Ansprüche 1 bis 3 vor, die zusätzlich 1 Gew.-% bis 10 Gew.-% von einem nichtflüchtigen Silikonmaterial umfasst, welches Silikonmaterial vorzugsweise von der aus Polyalkylsiloxanen, Polyalkylarylsiloxanen, Polyethersiloxancopolymeren und Gemischen hiervon bestehenden Gruppe ausgewählt ist, dessen Viskosität bei 25°C 100 cPs bis 150.000 cPs beträgt. Patentanspruch 7 der D2 sieht eine ovizide/pedikulizide Zusammensetzung zur Haarbehandlung nach insbesondere Patentanspruch 6 vor, die zusätzlich 0,2 Gew.-% bis 5 Gew.-% von flüchtigen und nichtflüchtigen Silikonen umfasst, welche von der aus Polyalkylsiloxanen, Polyalkylarylsiloxanen und Gemischen hiervon bestehenden Gruppe ausgewählt sind.

    1. Der Fachmann hatte in einem ersten Schritt bereits keine Veranlassung, die Entgegenhaltungen D2 in den Blick zu nehmen. Die dem Verfügungspatent objektiv zugrundeliegende Aufgabe besteht darin, eine hoch wirksame Zusammensetzung zu finden, in der Insektizide durch die Verwendung alternativer Mittel zur Abtötung von Ektoparasiten und/oder deren Eiern vermieden oder zumindest verringert werden, weil Insektizide zum einen toxikologisch bedenklich sind und sich zum anderen Resistenzen herausbilden können (Abs. [003]). Der Fachmann wird daher Entgegenhaltungen, die Insektizide als alleiniges Mittel zur Abtötung vorsehen, auf der Suche nach alternativen Mitteln nicht in den Blick nehmen, selbst wenn sie für sich in Anspruch nehmen, eine toxikologisch akzeptierbare Zusammensetzung bereitzustellen. Selbst wenn der Fachmann jedoch die Entgegenhaltung D2 gleichwohl in den Blick nehmen würde, führt eine Kombination der Entgegenhaltungen D1 und D2 jedenfalls nicht zur Lehre des Klagepatents. Zunächst hat der Fachmann, welcher die Entgegenhaltung D2 in Betracht zieht, in einem zweiten Schritt keine Veranlassung, die dort lediglich als Konditionierungsmittel eingesetzten Polysiloxane als Mittel zur Abtötung von Läusen und deren Eiern heranzuziehen und zu diesem Zweck ihren Gewichtsanteil zu erhöhen. Zwar mag dem Fachmann insbesondere aus der D1 und der D3 die abtötende Wirkung bekannt sein. Weshalb er hierfür jedoch gerade die in D2 als Konditionierungsmittel vorgesehenen Gemische in Erwägung ziehen sollte, ist nicht ersichtlich. Weder die D2 noch die D1 oder

die D3 enthalten einen Hinweis, dass solche Gemische auch zur Abtötung (besonders) geeignet sind. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, weshalb der Fachmann, nachdem er ein Polysiloxan mit einer Viskosität von 100 cPs bis 150.000 cPs wie in Patentanspruch 4 der D2 vorgesehen gewählt hat, das zusätzliche Polysiloxan, wie es in Patentanspruch 7 der D2 vorgesehen sein mag, mit einer Viskosität von unter 10 cSt wählen sollte. Selbst wenn er hierfür auf den dritten Absatz auf S. 13 der D2 zurückgreift, erschließt sich nicht, weshalb er sich gerade am unteren Ende der dort angegebenen Spanne von 5 bis 15.000.000 cP, der nach Umrechnung den Bereich von unter 10 cSt umfassen mag, orientieren sollte. Unabhängig davon ist nicht ersichtlich, wie der Fachmann, selbst wenn er zur gleichzeitigen Verwendung eines niedrigviskosen und eines höherviskosen linearen Polysiloxans mit den patentgemäßen Viskositäten angeregt würde, auf die in Patentanspruch 1 genannten Gewichtsanteile kommen sollte. Hierfür genügt nicht ohne weiteres, dass die merkmalsgemäßen Gewichtsanteile in einen aus der D1 vorbekannten größeren Bereich fallen. Vielmehr müsste eine Veranlassung bestehen, gerade die merkmalsgemäßen Bereiche aus den umfassenderen Bereichen im Sinne einer Lehre auszuwählen und zwar für jeweils das niedrigund das höherviskose lineare Polysiloxan. Dass die merkmalsgemäßen Gewichtsanteile entgegen der Verfügungspatentschrift (Abs. [0008], [0009], [0017]) willkürlich herausgegriffen seien, machen die Antragsgegnerinnen nicht geltend. Zwar wird dem Fachmann in D1 (S. 5 Z. 24 bis Z. 30) ein Testverfahren an die Hand geben, wie er zu einer hinreichend wirksamen Menge des Stoffgemisches gelangen kann, welches die abtötende Wirkung hat. Die Antragsgegnerinnen machen jedoch nicht geltend, dass der Fachmann bei Anwendung dieses Verfahrens ohne weiteres zu den merkmalsgemäßen Gewichtsanteilen nach Merkmalen 1.1 und 1.2 gelangen würde. Ferner ist nicht ersichtlich, wie mit dem Verfahren sowohl für das niedrigviskose als auch für das höherviskose lineare Polysiloxan der geforderte Massenanteil bezogen auf die Gesamtzusammensetzen gefunden werden kann. Darüber hinaus haben die Antragsgegnerinnen nicht hinreichend dargelegt, dass es sich bei dem in D2 (Patentanspruch 1, S. 6 unten ff.) offenbarten grenzflächenaktiven Mittel um ein Spreitmittel im Sinne des Klagepatents handelt. Zwar mag das Verfügungspatent nicht ausschließen, dass ein Spreitmittel grenzflächenaktiv ist. Den Einwand der Antragstellerin, dass grenzflächenaktive Substanzen im Allgemeinen die Oberflächenspannung bzw. die Grenzflächenspannung zwischen zwei Phasen herabsetzen und dadurch die Durchmischung von zwei Substanzen fördern, nicht aber zwangsläufig Spreitmittel seien,

mithin der Verbreitung eines Stoffes dienten (Replik auf den Widerspruch der Antragsgegnerin zu 1, S. 13), haben die Antragsgegnerinnen jedoch nicht hinreichend ausgeräumt. Insbesondere haben die Antragsgegnerinnen nicht aufgezeigt, dass eine der in D2 beispielhaft benannten grenzflächenaktiven Substanzen eine solche Wirkung eines Spreitmittels hat. Soweit die Antragsgegnerin zu 1 darauf verweist, dass in D2 als grenzflächenaktive Substanz Kokosnussölalkohol (D2, S. 7 Z. 15) und in der Verfügungspatentschrift (Abs. [0011]) Kokosnussöl als Spreitmittel beispielhaft genannt sind, haben sie den Einwand der Antragstellerin, dass Kokosnussölalkohole Derivate des Kokosnussöls seien und nicht dem Kokosnussöl entsprächen, nicht ausgeräumt.

    1. Aus der D3 ergeben sich kein weitergehender Offenbarungsgehalt und keine weitergehenden Anregungen.

IX. Interessensabwägung

    1. Die Antragstellerin hat mit dem Antrag auf einstweilige Maßnahmen nicht dringlichkeitsschädlich zugewartet. Auch im Übrigen fällt die gem. Art. 62(2) EPGÜ, R. 211.3 VerfO anzustellende Interessensabwägung zugunsten der Antragstellerin aus.

Zeitliche Dringlichkeit

    1. Die Antragstellerin hat die Dringlichkeit der Rechtsdurchsetzung nicht durch ein zu langes Zuwarten selbst widerlegt (R. 211.4 VerfO).
    1. Es kann dahinstehen, ob nach Ablauf einer Regelfrist von einem Monat zwischen Kenntniserlangung und der Einreichung eines Antrags auf einstweilige Maßnahmen von einer fehlenden Dringlichkeit auszugehen sein mag, wie die Antragsgegnerinnen meinen. Selbst wenn man den Ausgangspunkt der Antragsgegnerinnen teilen würde, wäre der Zeitablauf zwischen dem 13. August 2024, zu dem die Antragstellerin nach eigenem Vortrag erstmalige Kenntnis von der Existenz der angegriffenen Ausführungsform erlangt hat, und dem 20.09.2024 als dem Tag der Einreichung des Antrags auf einstweilige Maßnahmen jedenfalls aufgrund der Umstände des Streitfalls nicht schädlich. Ein Antragsteller darf grundsätzlich die notwendigen Sachverhaltsermittlungen tätigen, um sich in die Lage zu versetzen, Beweismittel gem. R. 206.2(d) VerfO vorlegen und insbesondere auf etwaige Anordnungen des Gerichts gem. R. 211.2 VerfO zügig reagieren zu können (vgl. Lokalkammer Düsseldorf, Anordnung vom 09.04.2024, UPC_CFI_452/2023, GRUR-RS 2024,

7207 Rn. 127; bestätigt durch Berufungsgericht, Anordnung vom 25.09.2024, UPC_CoA_182/2024, GRUR-RS 2024, 25707 Rn. 227 f.). Um eine zuvor allenfalls vermutete patentgemäße Zusammensetzung der angegriffenen Ausführungsformen zu bestätigen, durfte die Antragstellerin im Streitfall daher Zeit für eine Laboranalyse aufwenden. Dass sie für die Analyse unangemessen viel Zeit verwendet hätte, ist nicht ersichtlich. Anders als die Antragsgegnerinnen meinen, ist unschädlich, dass zwischen dem 13. August 2024 und dem behaupteten Beginn der Laboranalyse rund zwei Wochen vergangen sind. Dem Antragsteller ist eine nach den Umständen des Einzelfalls angemessene Überlegungsfrist einzuräumen, bevor er den Aufwand von Laboranalysen auf sich nimmt. Wie lange diese Frist im Streitfall ist, bedarf keiner Entscheidung. Wird die angemessene Überlegungsfrist überschritten, ist dies nämlich unschädlich, wenn der Antragsteller insgesamt noch zügig gehandelt hat, d.h. die aufgrund der Umstände des Einzelfalls insgesamt einzuräumende Frist zwischen Kenntniserlangung und Antragstellung nicht überschritten ist. In Anbetracht des Umstands, dass Laboruntersuchungen zumindest angezeigt waren, ist eine zwischen Kenntniserlangung und Antragstellung im Streitfall verstrichene Zeit von weniger als 6 Wochen nicht zu beanstanden.

    1. Anhaltspunkte für eine frühere Kenntnis der Antragstellerin sind nicht ersichtlich. Ohne Belang ist, dass der erste Kauf durch eine Mitarbeiterin am 13. August 2024, auf den die Kenntniserlangung nach dem Vortrag der Antragstellerin beruhte, nicht durch einen Kaufbeleg oder eine eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin belegt ist. Die Antragsgegnerinnen behaupten schon nicht, dass die angegriffenen Ausführungsformen erheblich früher im Markt vorhanden gewesen seien. Insbesondere stellen sie den Vortrag der Antragstellerin nicht in Abrede, dass die angegriffene Ausführungsform erst mit dem Prospekt für die Woche vom 12. August 2024 beworben worden sei.

Interessensabwägung

    1. Bei der Interessensabwägung sind die Interessen der Parteien unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls gegeneinander abzuwägen. Dabei ist insbesondere der Schaden zu berücksichtigen, der einer der Parteien aus dem Erlass der Verfügung oder der Abweisung des Antrags erwachsen könnte (vgl. Berufungsgericht, Anordnung vom 25.09.2024, UPC_CoA_182/2024, GRUR-RS 2024, 25707 Rn. 225). Diese Interessensabwägung fällt vor dem Hintergrund der bereits erörterten Umstände sowie der weiteren Umstände des Streitfalls zugunsten der Antragstellerin aus.
    1. Wie erörtert ist die Rechtsverletzung unstreitig. Der Rechtsbestand ist auf der Grundlage der von den Antragsgegnerinnen vorgebrachten Beanstandungen in einem das Mindestmaß deutlich übersteigenden Ausmaß hinreichend gesichert. Durch einen Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen, die ein Konkurrenzprodukt zum Produkt der Antragstellerin sind, werden der Antragstellerin die mit dem Patentschutz verbundenen Marktchancen zumindest in dem Zeitraum entzogen, der bis zur Erlangung eines Titels in der Hauptsache vergeht. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass Läusemittel herkömmlicherweise nicht auf Vorrat gekauft werden mögen. Hinzu kommt, dass der Patentschutz wegen Erreichens der maximalen Schutzdauer 2026 ablaufen wird, so dass bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens ein erheblicher Teil der Restschutzdauer des Verfügungspatents abgelaufen wäre. Das Gewicht des Interesses der Antragstellerin wird weiter dadurch verstärkt, dass die angegriffenen Ausführungsformen im Endverkaufspreis lediglich rund ein Fünftel des Konkurrenzprodukts NYDA der Antragstellerin kosten. Davon, dass das Produkt NYDA mit einer Packungsgröße von 50 ml für einen Endverkaufspreis von 14,95 EUR und im Doppelpack von 26,50 EUR verkauft wird, wie die Antragstellerin behauptet, ist der Spruchkörper aufgrund des in Antragschrift auf S. 10 und S. 46 eingeblendeten Screenshots von der Produktseite unter www.nyda.de überzeugt. Die Antragsgegnerinnen machen nicht geltend, dass sich aus dem Internetauftritt ein niedriger Preis ergebe. Bezogen auf die Packungsgröße der angegriffenen Ausführungsformen von 100 ml ergibt sich damit die genannte Preisdifferenz.
    1. Der Umstand, dass die Antragsgegnerinnen den Vertrieb eingestellt haben und Lagerbestände einer Vernichtung zuführen mögen, fällt nicht ausschlaggebend zu ihren Gunsten ins Gewicht, weil sich die Antragsgegnerinnen gegenüber der Antragstellerin hierzu nicht verpflichtet haben und daher die Antragstellerin keine Sicherheit hat, dass die Antragsgegnerinnen den Vertrieb nicht wieder aufnehmen oder sonst von einer Vernichtung der Lagerbestände Abstand nehmen. Auch der Umstand, dass es sich bei den angegriffenen Ausführungsformen um Aktionsware handeln mag, ändert daran nichts. Die von den Antragsgegnerinnen behaupteten Umstände senken vielmehr das Gewicht des Interesses der Antragsgegnerinnen an der Abwehr der einstweiligen Maßnahmen mindestens im gleichen Maße ab, wie sie das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung von einstweiligen Maßnahme absenken mögen. Wenn die Antragsgegnerinnen den Vertrieb ohnehin eingestellt haben und die Lagerbestände vernichten wollen, werden

sie nämlich durch ein einstweiliges Unterlassungsgebot und eine Sequestration in Anbetracht des Sicherungsinteresses der Antragstellerin nicht über Gebühr belastet. Da die von der Antragsgegnerin zu 1 abgegebene Unterlassungserklärung (Anlage D4) den Vertrieb unter anderer Bezeichnung und in anderer Umverpackung nicht hindert und zudem die Antragsgegnerinnen zu 2 bis 5 nicht bindet, ändert sie ebenfalls nichts am Überwiegen der Interessen der Antragstellerin. Soweit die Antragsgegnerinnen der Antragstellerin ein rechtsmissbräuchliches Verhalten durch die fehlende Erwähnung der Unterlassungserklärung der Antragsgegnerin zu 1 (Anlage D4) vorwerfen, ist dies bereits deshalb nicht zu ihren Gunsten ausschlaggebend, weil die Unterlassungserklärung wie erörtert nicht auf die patentgemäßen Merkmale bezogen und damit für den Gegenstand des vorliegenden Rechtstreits unerheblich ist.

X. Rechtsfolgen

    1. Die Umstände rechtfertigen die einstweiligen Maßnahmen im angeordneten Umfang.

Unterlassung

    1. Die Anordnung der einstweiligen Unterlassung ist im beantragten Umfang begründet.
    1. Die Antragsgegnerin zu 1 hat bis auf die Einfuhr nach Deutschland sämtliche Verletzungshandlungen selbst begangen, deren einstweilige Untersagung beantragt ist. In Ermangelung abweichender Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass sie als Herstellerin Exemplare der angegriffenen Ausführungsformen I und II im Sinne des Art. 25(a) EPGÜ in Deutschland und Österreich gebraucht hat, etwa als Muster oder Tester. Damit hat die Antragsgegnerin angegriffene Ausführungsformen auch zu den Zwecken des Art. 25(a) EPGÜ besessen. Soweit für die Antragsgegnerin zu 5 bestimmte Exemplare der angegriffenen Ausführungsformen II nicht durch die Antragsgegnerin zu 1 selbst nach Österreich eingeführt worden sein sollten, besteht jedenfalls eine hinreichende Erstbegehungsgefahr, weil greifbare Anhaltspunkte für eine drohende Einfuhr nach Österreich bestehen, nachdem mit der in Österreich ansässige Antragsgegnerin zu 5 bereits eine Abnehmerin aus Österreich zu den Abnehmern der Antragsgegnerin zu 1 in der Vertriebskette gezählt hat.
    1. Die Antragsgegnerinnen zu 2 und 3 haben wie erörtert selbst jedenfalls angegriffene Ausführungsformen beworben und damit angeboten. Wie ebenfalls erörtert haben die

Antragsgegnerinnen zu 4 und 5 durch den Verkauf in ihren Filialen angegriffene Ausführungsformen selbst zumindest angeboten (die Antragsgegnerin zu 5 zusätzlich durch die Bewerbung auf ihrer Internetseite) und in den Verkehr gebracht und zu diesen Zwecken besessen. In diesem Zusammenhang besteht zumindest auch eine Erstbegehungsgefahr für das Gebrauchen, weil greifbare Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Exemplare der angegriffenen Ausführungsformen wie nicht unüblich als Muster bzw. Tester potentiellen Endkunden zur Verfügung gestellt werden.

    1. Soweit die Antragsgegnerinnen zu 2 bis 5 die ihnen untersagten Handlungen nicht bereits selbst vorgenommen haben, besteht jedenfalls eine ausreichende Erstbegehungsgefahr. Zumindest die Antragsgegnerinnen zu 2 und 5 sowie die Antragsgegnerinnen zu 3 und 4 sind konzernverbunden. Bereits aufgrund der arbeitsteiligen Zusammenarbeit im Konzernverbund beim Vertrieb der angegriffenen Ausführungsausführungsformen bestehen durch die jeweils selbst verwirklichten Verletzungshandlungen greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Begehung der anderen Verletzungshandlungen droht, soweit sie nicht bereits selbst, sondern lediglich durch eine andere konzernverbundene Antragsgegnerin begangen sein sollten. Jedenfalls gebietet es das Sicherungsbedürfnis, die Anordnung der einstweiligen Untersagung im beantragten Umfang entsprechend zu erstrecken. Eine andere Sichtweise würde nämlich dazu führen, dass die Antragsgegnerinnen eine nur gegenüber der handelnden Antragsgegnerin ausgesprochene Untersagung dadurch umgehen könnten, dass künftig die jeweils andere konzernverbundene Antragsgegnerin die untersagte Benutzungshandlung übernimmt. Zudem haben die Antragsgegnerinnen zu 2 bis 4 den Vortrag der Antragstellerin nicht bestritten, dass die Antragsgegnerin zu 2 für den gemeinsamen Einkauf und die Verteilung der Ware auf die einzelnen Aldi-Süd-Filialen sorgt und damit bestimmt und steuert, welche Ware wohin geliefert und welche Ware verkauft wird, und dass die Antragsgegnerin zu 3 als Konzernmutter sämtlicher Aldi-Nord-Filialen deren Geschäftstätigkeit steuert und somit für den dortigen Vertrieb jedenfalls mitverantwortlich ist. Selbst wenn hierin keine eigenen Handlungen des In-Verkehr-Bringens und des patentverletzenden Besitzens durch die Antragsgegnerinnen zu 2 und 3 zu sehen sein sollten, begründen diese Umstände ebenfalls jedenfalls eine Erstbegehungsgefahr.
    1. Die begangenen Verletzungshandlungen begründen aufgrund der Umstände des Streitfalls auch eine Erstbegehungsgefahr für eine Einfuhr durch die Antragsgegnerin zu 1 bis 4 nach

Deutschland. Zwar haben die Antragsgegnerin zu 1 als Herstellerin und die Antragsgegnerinnen zu 2 bis 4 auf Abnehmerseite in Deutschland ihren Sitz in Deutschland. Da es sich bei der angegriffenen Ausführungsform I jedoch um einen preiswerten Massenartikel handelt, besteht aufgrund der begangenen Verletzungshandlungen eine hinreichende Gefahr, dass patentverletzende Produkte aus dem Ausland nach Deutschland eingeführt werden könnten. Gleiches gilt für eine Einfuhr nach Österreich durch die Antragsgegnerin zu 5, sofern sie die angegriffenen Ausführungsformen II bisher nicht selbst nach Österreich eingeführt haben sollte.

    1. Soweit sich die Antragsgegnerinnen damit verteidigen, dass sie den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen endgültig eingestellt hätten und Lagerbestände fortlaufend der Vernichtung zuführten, beseitigt dies - neben einer Wiederholungsgefahr -auch die Erstbegehrungsgefahr nicht, soweit die Antragsgegnerinnen einzelne Verletzungshandlung bisher nicht selbst vorgenommen haben sollten. Da die Antragsgegnerinnen keine bzw. im Fall der Antragsgegnerin zu 1 keine hinreichende Unterlassungserklärung mit Bezug auf diejenigen Verletzungshandlungen abgeben haben, die sie bisher selbst begangen haben, bestehen nämlich Zweifel an der hinreichenden Belastbarkeit und Ernsthaftigkeit der Einlassungen. Daher räumen die Einlassungen die durch die jeweilige Verletzungshandlung begründete Erstbegehungsgefahr für die anderen Verletzungshandlungen nicht aus. Dass die Antragsgegnerin zu 1 die Abgabe einer (strafbewerten) Unterlassungserklärung und die Erteilung von Auskünften über (weitere) Vertriebswege davon abhängig machen mag, dass die Antragstellerin die Abgabe einer (strafbewerten) Unterlassungserklärung durch die Antragsgegnerinnen zu 2 bis 5 nicht mehr verlangt, ändert an der Bewertung nichts, denn hierauf musste sich die Antragstellerin nicht einlassen.

Zwangsgeldandrohung

    1. Die Androhung der Zwangsgeldzahlungen hat ihre Grundlage in R. 354.3 VerfO. Für die Festlegung der Obergrenze der Höhe des Zwangsgelds hat der Spruchkörper rund das Vierfache des auf die Packungsgröße der angegriffenen Ausführungsformen bezogenen Endverkaufspreises des Konkurrenzprodukts der Antragstellerin (100ml für 25,60 EUR) pro Verstoß angesetzt. Dieser Betrag erscheint für eine Abschreckung angemessen und ausreichend. Auf die unverbindliche Einlassung der Antragsgegnerinnen, sie würden

Lagerbestände vernichten und hätten dies bereits getan, muss sich die Antragstellerin nicht verweisen lassen.

Beschlagnahme/Herausgabe

    1. Um den weiteren Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen zu verhindern, ist es geboten, den Antragsgegnerinnen den Gewahrsam zu entziehen. Hierzu kommt die Verwahrung durch die hierfür nach dem jeweils anzuwendenden nationalen deutschen bzw. österreichischen Recht zuständigen Vollstreckungsorgane in Betracht (Art. 62(3) EPGÜ, R. 211.1(b) VerfO). Um eine Weiterreichung im Konzernverbund zu verhindern, ist die Anordnung gegen alle Antragsgegnerinnen zu 2 bis 5 unabhängig davon angezeigt, ob sie in der Vergangenheit Gewahrsam an angegriffenen Ausführungsformen in Deutschland oder Österreich hatten.

Auskunftserteilung

    1. Die beantragte einstweilige Anordnung der Auskunftserteilung kommt im Streitfall nicht in Betracht.
    1. Die Frage, ob zulässige einstweilige Maßnahmen in Art. 62 EPGÜ abschließend geregelt sind oder die nicht abschließende Formulierung in R. 211.1 VerfO daneben weitere andere Maßnahmen zulässt bzw. Art. 67 EPGÜ im Verfahren über den Antrag auf einstweilige Maßnahmen anwendbar ist, bedarf keiner abschließenden Betrachtung. Ebenso kann offenbleiben, ob eine Auskunftserteilung von vornherein als einstweilige Maßnahme ausscheidet, weil eine erteilte Auskunft nicht mehr rückgängig gemacht werden kann und daher die Hauptsache mit Blick auf die Auskunftserteilung vollumfänglich vorweggenommen würde. Jedenfalls kommt die Anordnung einer Auskunftserteilung als einstweilige Maßnahme allenfalls bei Vorliegen besonderer Umstände in Betracht, weil andernfalls mit Blick auf die nicht mehr ungeschehen zu machende Auskunftserteilung die Hauptsache - die dem erfolgreichen Eilrechtschutz wegen Art. 62(5) i.V.m. Art. 60(8) EPGÜ, R. 213.1 VerfO zwangsläufig nachzufolgen hat - vollumfänglich vorweggenommen würde. Solche besonderen Umstände könnten etwa in Piraterie-Fällen oder ihnen gleichkommenden Fallgestaltungen denkbar sein, in denen sich der Antragsteller mit einer Vielzahl von offensichtlich patentverletzenden Erzeugnissen konfrontiert sieht und bei denen das Zuwarten mit der Auskunftserteilung einer endgültigen Rechtsvereitelung im erheblichen Umfang gleichkommt, weil der Antragsteller ohne die Auskunft die Quelle der

patentverletzenden Erzeugnisse nicht ausfindig machen und deren weitere Tätigkeit nicht unterbinden kann, wie es zu einer effektiven Rechtsdurchsetzung erforderlich wäre. Unter solchen Umständen mag auch das von der Enforcement-Richtlinie (Richtlinie 2004/48/EG) angestrebte hohe Schutzniveau gebieten, dass zumindest eine Auskunft über die Vertriebsund Lieferwege patentverletzender Erzeugnisse im Eilrechtsschutz erlangt werden kann.

    1. Solche besonderen Umstände hat die Antragstellerin im Streitfall jedoch nicht dargetan. Mit der Antragsgegnerin zu 1 ist die Herstellerin der angegriffenen Ausführungsformen bekannt. Anhaltspunkte für erhebliche weitere fremde Vertriebskanäle neben dem Vertrieb über die Antragsgegnerinnen zu 2 und 5 sind nicht aufgezeigt.

Vorläufige Kostenerstattung

    1. Die Anordnung der vorläufigen Kostenerstattung hat ihre Grundlage in Art. 69 EPGÜ i.V.m. R. 211.1(d) VerfO. Aufgrund der nicht erheblich bestrittenen Patentverletzung und dem deutlich hinreichend gesicherten Rechtsbestand ist die Anordnung einer vorläufigen Kostenerstattung angezeigt. Ein Insolvenzrisiko auf Antragsgegnerseite ist hierfür jedenfalls vor diesem Hintergrund nicht erforderlich.
    1. Eine Verringerung des Betrags der vorläufigen Kostenerstattung gegenüber dem Antrag der Antragstellerin, um ihr teilweise Unterliegen zu berücksichtigen, ist nicht angezeigt. Die Antragstellerin ist mit ihrem Antrag auf einstweilige Maßnahmen deutlich überwiegend erfolgreich gewesen. Der begehrte und zugesprochene Betrag entspricht seiner Höhe nach lediglich der angefallenen Gerichtsgebühr.

Sicherheitsleistung

    1. Von der grundsätzlich im Ermessen des Gerichts liegenden Anordnung einer Sicherheitsleistung wird abgesehen.
    1. Nach Art. 62(5) i.V.m. Art. 60(7) EPGÜ, R. 211.5 VerfO kann das Gericht anordnen, dass der Antragsteller für die im Falle der Aufhebung einstweiliger Maßnahmen durch das Gericht eventuell von ihm zu leistende angemessene Entschädigung des Antragsgegners für den Schaden, den dieser wahrscheinlich erleiden wird, angemessene Sicherheit zu leisten hat. Von der ordnungsgemäßen Erbringung der Sicherheit hängt die Wirksamkeit der Anordnung der einstweiligen Maßnahmen ab (R. 211.5 Satz 4 VerfO). Die Sicherheitsleistung trägt dem Umstand Rechnung, dass bei der Anordnung der

einstweiligen Maßnahmen lediglich eine vorläufige Bewertung insbesondere der Patentverletzung stattfindet, und ist ein Ausgleich dafür, dass bereits auf der Grundlage einer vorläufigen und damit in der materiellen Richtigkeitsgewähr regelmäßig herabgesetzten Bewertung in den Rechtskreis des Antragsgegners eingegriffen wird (vgl. Lokalkammer Düsseldorf, Order vom 31.10.2024, UPC_CFI_368/2024, V.4 (S. 38)).

    1. Die besonderen Umstände des Streitfalls führen dazu, dass vorliegend die Anordnung einer Sicherheitsleistung nicht angemessen wäre. Die Antragsgegnerinnen haben nach eigenem Vortrag bereits vor Zustellung des Antrags auf einstweilige Anordnung den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen eingestellt und geplant, vorhandene Lagerbestände der Vernichtung zuzuführen, bzw. dies bereits getan. Insoweit kann ihnen infolge der Anordnung der einstweiligen Maßnahmen kein erheblicher Schaden entstehen. Einen drohenden Schaden machen sie folgerichtig auch nicht geltend. Die Belastung mit Rechtverteidigungskosten und der angeordneten vorläufigen Erstattung von Kosten der Antragstellerin, sollten sie überhaupt vom Sicherungszweck einer Sicherheitsleistung nach Art. 62(5) i.V.m. Art. 60(7) EPGÜ, R. 211.5 VerfO erfasst sein, gebieten im Streitfall ebenfalls keine Sicherheitsleistung. Die Antragsgegnerinnen haben die Rechtsverletzung wie erörtert nicht erheblich bestritten. Der Rechtsbestand ist auf der Grundlage der Beanstandungen der Antragsgegnerinnen in einem Ausmaß gesichert, dass das für die Anordnung von einstweiligen Maßnahmen erforderliche Mindestmaß deutlich übersteigt.

XI. Kostengrundentscheidung

    1. Eine Kostengrundentscheidung über die Kosten des Verfahrens findet jedenfalls bei Erfolg des Antrags auf einstweilige Maßnahmen nicht statt. Der Spruchkörper schließt sich insoweit der Auffassung der Lokalkammer Düsseldorf (Order vom 31.10.2024, UPC_CFI_368/2024, V.5 (S. 39)) an.

ANORDNUNG:

  • I. Den Antragsgegnerinnen wird wie nachstehend angegeben einstweilen aufgegeben, es zu unterlassen,
  • eine Zusammensetzung zur Abtötung von Ectoparasiten und/oder deren Eier, welche umfasst:

30-49 Gew.-%, bezogen auf die Zusammensetzung, eines niedrigviskosen linearen Polysiloxans mit einer Viskosität < 10 cSt, 35-65 Gew.-%, bezogen auf die Zusammensetzung, eines höherviskosen linearen Polysiloxans mit einer Viskosität > 90 cSt sowie mindestens ein Spreitmittel,

(unmittelbare Verletzung von Anspruch 1 des EP 1 993 363 B1).

      • nur im Fall der Antragsgegnerin zu 1 - in dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland herzustellen
      • im Fall der Antragsgegnerinnen zu 1 bis 4 - in dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen
      • im Fall der Antragsgegnerinnen zu 1 und 5 - in dem Hoheitsgebiet der Republik Österreich anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen.
  • II. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Anordnung nach Ziff. I haben die zuwiderhandelnden Antragsgegnerinnen ein Zwangsgeld von EUR 100 pro Stück zu bezahlen.
  • III. Den Antragsgegnerinnen wird wie nachstehend angegeben einstweilen weiter aufgegeben, die Produkte gemäß Ziffer I., die sich in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befinden, an eine Person, die für die Vollstreckung zuständig ist und zwar
      • im Fall der Antragsgegnerin zu 1 - gemäß den Bestimmungen der Republik Österreich und/oder der Bundesrepublik Deutschland,
      • im Fall der Antragsgegnerinnen zu 2 bis 4 - gemäß den Bestimmungen der Bundesrepublik Deutschland und
      • im Fall der Antragsgegnerin zu 5 - gemäß den Bestimmungen der Republik Österreich,

herauszugeben, um sie in Verwahrung zu nehmen.

  • IV. Die Antragsgegnerinnen haben der Antragstellerin als Gesamtschuldner eine vorläufige Kostenerstattung in Höhe von EUR 11.000,00 zu zahlen.
  • V. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.
  • VI. Die einstweilige Anordnung ist sofort wirksam und vollstreckbar.
  • VII. Die angeordneten einstweiligen Maßnahmen werden auf Antrag der Antragsgegnerinnen, unbeschadet etwaiger Schadenersatzforderungen, aufgehoben oder auf andere Weise außer Kraft gesetzt werden, wenn die Antragstellerin nicht innerhalb einer Frist von 31 Kalendertagen oder 20 Werktagen - je nachdem, welcher Zeitraum länger ist ab dem 20. Dezember 2024 gerechnet beim Einheitlichen Patentgericht das Verfahren in der Hauptsache einleitet.

Erlassen in Mannheim am 20. Dezember 2024

NAMEN UND UNTERSCHRIFTEN

Vorsitzender Richter Prof. Dr. Tochtermann

Rechtlich qualifizierter Richter Böttcher

Rechtlich qualifizierte Richterin Mlakar

Für den Hilfskanzler: Kranz, Clerk LK Mannheim

Hinweis zum Recht auf Berufung:

Die Parteien können gegen diese Anordnung innerhalb von 15 Tagen nach ihrer Zustellung Berufung einlegen (Art. 73 (2) (a), 62 EPGÜ, R. 220.1 (c), 224.2 (b) VerfO).

Informationen zur Vollstreckung (Art. 82 EPGÜ, Art. Art. 37(2) EPGS, R. 118.8, 158.2, 354, 355.4 VerfO):

Eine beglaubigte Kopie der vollstreckbaren Entscheidung oder der vollstreckbaren Anordnung wird vom Hilfskanzler auf Antrag der vollstreckenden Partei ausgestellt, R. 69 RegR.

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