16 January, 2025
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Order
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n/A
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Luxembourg (LU)
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EP1740740
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R. 19.1 VerfO
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EPG - Berufungsgericht UPC_CoA_30/2024 APL_4000/2024
ANORDNUNG
des Berufungsgerichts des Einheitlichen Patentgerichts erlassen am 16. Januar 2025 Einspruch bezüglich der Zuständigkeit des Gerichts (R. 19.1 VerfO)
LEITSÄTZE:
- -Die Zuständigkeit des Gerichts (oder Jurisdiktion) besteht auch für eine selbständige Klage auf Festsetzung von Schadenersatz, nachdem ein Gericht eines Vertragsmitgliedstaates die Verletzung eines europäischen Patents und eine Verpflichtung des Verletzers dem Grunde nach zur Zahlung von Schadenersatz festgestellt hat.
- -Die Zuständigkeit des Gerichts erfasst auch Verletzungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des EPGÜ am 1. Juni 2023 begangen wurden, solange das geltend gemachte europäische Patent zu diesem Zeitpunkt noch nicht erloschen ist.
SCHLAGWÖRTER:
- -Einspruch, Zuständigkeit, Schadenersatz
BERUFUNGSKLÄGER (UND KLÄGER IM VERFAHREN VOR DEM GEI)
Fives ECL, SAS, Ronchin, Frankreich
(im Folgenden: Fives)
vertreten durch: Konstantin Schallmoser, Rechtsanwalt, Bonabry, Hamburg, Deutschland
BERUFUNGSBEKLAGTER (UND BEKLAGTER IM VERFAHREN VOR DEM GEI)
REEL GmbH, Veitshöchheim, Deutschland (REEL)
(im Folgenden: REEL)
vertreten durch: Dr. Benjamin Schröer, Rechtsanwalt, Hogan Lovells International, München, Deutschland
STREITPATENT
EP 1 740 740
VERFAHRENSSPRACHE
Deutsch
SPRUCHKÖRPER UND ENTSCHEIDENDE RICHTER
Diese Anordnung wurde von dem zweiten Spruchkörper erlassen, bestehend aus Rian Kalden, Vorsitzende Richterin und rechtlich qualifizierte Richterin Ingeborg Simonsson, rechtlich qualifizierte Richterin und Berichterstatterin Patricia Rombach, rechtlich qualifizierte Richterin
BEANSTANDETE ENTSCHEIDUNG DES GERICHTS ERSTER INSTANZ
Lokalkammer Hamburg, 17. November 2023, UPC_CFI_274/2023; ACT_559935/2023
STREITPUNKTE
Einspruch; R. 19.1 VerfO; Zuständigkeit des EPG; Art. 32(1) EPGÜ; Festsetzung von Schadenersatz; nationales Patentverletzungsverfahren
MÜNDLICHE VERHANDLUNG
- September 2024
TATBESTAND UND ANTRÄGE DER PARTEIEN
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- Vor dem Inkrafttreten des Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht (EPGÜ) erhob Fives vor dem Landgericht Düsseldorf (Deutschland) Klage gegen (unter anderem) REEL wegen Verletzung des deutschen Teils des EP 1 740 740 B1 (Streitpatent). Das Streitpatent betrifft ein kompaktes Servicemodul für Anlagen zur elektrolytischen Herstellung von Aluminium. Mit Urteil vom 9. August 2022 hat das Landgericht Düsseldorf festgestellt, dass REEL verpflichtet ist, Fives allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die seit dem 2. Dezember 2016 begangenen, unter Ziffer I.1. des Urteils näher bezeichneten Patentverletzungen entstanden ist und noch entstehen wird. Gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf wurde keine Berufung eingelegt.
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- Am 8. August 2023 erhob Fives eine Klage gegen REEL vor dem Einheitlichen Patentgericht (EPG), Lokalkammer Hamburg, und beantragte die Festsetzung von Schadenersatz gemäß Art. 32(1)(f) EPGÜ, Art. 68(1) EPGÜ und Teil 1 Kapitel 4 der Verfahrensordnung (VerfO). Fives beantragte die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 6,5 Millionen Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 1.341.038,74 Euro sowie Zinsen ab dem 9. August 2023 in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 6,5 Millionen Euro als Entschädigung für die Schäden, die ihr durch die patentverletzenden Angebote von REEL in Deutschland in Bezug auf das Angebot von Alba/Bahrein entstanden sind, gemäß dem Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 9. August 2022.
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- REEL hat gemäß R. 19.1(a) VerfO Einspruch eingelegt und geltend gemacht, dass das angerufene Gericht für den vorliegenden Antrag auf Festsetzung von Schadenersatz gemäß Art. 32(1) EPGÜ nicht zuständig sei.
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- In der beanstandeten Anordnung gab die Lokalkammer dem Einspruch statt und wies den Antrag auf Festsetzung von Schadenersatz mit der Begründung ab, dass das EPG für Klagen auf Festsetzung von Schadenersatz auf der Grundlage eines vor einem nationalen Gericht rechtskräftig abgeschlossenen Verletzungsverfahrens nicht zuständig sei. Nach Ansicht der Lokalkammer eröffne Art. 32(1)(a) EPGÜ die Zuständigkeit des EPG für die Festsetzung von Schadenersatz erst nach einer vorangegangenen
Klage wegen Patentverletzung beim EPG. Art. 32(1)(f) EPGÜ begründe die Zuständigkeit nur für Klagen auf Schadenersatz oder Entschädigung auf der Grundlage des vorläufigen Schutzes, der durch eine veröffentlichte Anmeldung eines europäischen Patents gewährt wird. Die Anerkennung eines Schadenersatz zusprechenden nationalen Urteils könne die Zuständigkeit des EPG für die Zuerkennung von Schadenersatz nicht begründen.
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- Fives hat gegen die beanstandete Entscheidung Berufung eingelegt und beantragt (soweit hier von Belang), sie aufzuheben.
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- REEL beantragt, die Berufung zurückzuweisen und Fives die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
VORBRINGEN DER PARTEIEN
Fives
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- Fives macht geltend, dass das EPG für den geltend gemachten Schadenersatzanspruch zuständig sei. Die Argumente von Fives lassen sich wie folgt zusammenfassen:
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- Gemäß Art. 32(1)(a) EPGÜ sei das EPG ausschließlich für Klagen wegen tatsächlicher oder drohender Verletzung von u.a. europäischen Patenten zuständig. Entgegen der Auffassung der Lokalkammer beziehe sich die Formulierung 'wegen tatsächlicher oder drohender Verletzung von Patenten' begrifflich und im normalen Wortsinn auf alle Klagen, deren Rechtsgrund die tatsächliche oder drohende Verletzung von Patenten ist, die in ihrer Begründung also auf die Verletzung eines Patents gestützt sind. Dem hier streitgegenständlichen Sachverhalt liege - was nicht in Streit stehe -, eine Patentverletzung zugrunde. Auch die Schadensersatzhöheklage sei daher eine Klage 'wegen' dieser zugrunde liegenden Patentverletzung, die den Rechtsgrund der Klage bildet.
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- Der Umstand, dass bereits ein nationales Urteil zwischen den Parteien ergangen sei, in dem die Patentverletzung festgestellt und Unterlassung sowie Schadensersatzfeststellung ausgeurteilt wurden, ändere daher nichts daran, dass eine Klage, mit der nun ein konkreter Schadensersatzbetrag für die Patentverletzung eingeklagt werde, ebenfalls eine Klage wegen Patentverletzung sei und damit nach dem Wortlaut in den Zuständigkeitskatalog von Art. 32(1)(a) EPGÜ falle.
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- Ob die frühere Klage auf Unterlassung und Schadensersatz der Zulässigkeit der späteren Klage entgegenstehe, sei - entgegen der Auffassung der Lokalkammer - keine Frage der Zuständigkeit nach Art. 32(1)(a) EPGÜ, sondern sei richtigerweise nach den allgemeinen Grundsätzen der EU-Verordnung 1215/2012 (im Folgenden: Verordnung Brüssel Ia) zu klären (entgegenstehende Rechtskraft, anderweitige Rechtshängigkeit).
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- Es sei völlig in Einklang mit dem EPGÜ und dessen Zielsetzungen, wenn die Rechtsfolgen, namentlich die Höhe des Schadenersatzes wegen einer Patentverletzung eines nationalen Teils eines Bündelpatents, vor dem EPG festgelegt werden. Gerade mit Blick auf die Berechnungsmethoden des Schadensersatzes bestehe ein konkretes und anzuerkennendes Harmonisierungsbedürfnis.
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- Ein 'Entzug' der Zuständigkeit des EPG durch eine nationale Klage lasse sich aus dem EPGÜ nicht entnehmen. Im Gegenteil finde sich im EPGÜ nur eine Vorschrift, nach der die Zuständigkeit des EPGÜ
durch eine Handlung des Patentinhabers ausgeschlossen sei. Nach Art. 83 EPGÜ könne eine Klage vor dem EPGÜ nicht erhoben werden, wenn das Patent durch ein nach Art. 83(3) EPGÜ erklärtes Opt-out von der Zuständigkeit des EPGÜ ausgenommen worden sei und die Rücknahme des Opt-out gemäß Art. 83(4) EPGÜ ausgeschlossen sei.
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- Ein engeres Verständnis folge auch nicht aus der Verfahrensordnung. Die Verfahrensordnung könne die gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen des EPGÜ materiell-rechtlich nicht verändern, weshalb R. 135.2 VerfO kein die Zuständigkeit des EPGÜ beschränkender Regelungsgehalt zu entnehmen sei. Abgesehen davon sehe R. 135.2 VerfO ausdrücklich Ausnahmen von der Zuständigkeit des zuvor befassten Spruchkörpers vor, wenn dieser Zuständigkeit Hindernisse entgegenstehen oder wenn sie nicht zweckmäßig sei. Selbst bei unterstellter Relevanz stehe R. 135.2 VerfO der Zuständigkeit des EPG nach vorheriger nationaler Klage nicht entgegen.
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- Ein Entzug der Zuständigkeit durch eine Handlung des Patentinhabers könne auch nicht durch anhand allgemeiner rechtlicher Erwägungen begründet werden. Fives habe nie ein Wahlrecht entgegen der Zuständigkeit des EPG ausgeübt. Das nationale Verfahren sei bereits mit Urteil vom 9. August 2022 beendet worden. Bis dahin habe Fives keine Möglichkeit gehabt, ihre Ansprüche vor dem EPG geltend zu machen, da ungewiss gewesen sei, wann das EPG seine Tätigkeit aufnehmen würde. Fives habe ferner das Streitpatent nicht ausoptiert und es damit der Jurisdiktion des EPG auch mit Blick auf etwaige Rechtsbestandseinwände gegen das Patent unterstellt.
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- Eine Auslegung von Art. 32(1)(a) EPGÜ in Übereinstimmung mit Art. 31 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge (das Wiener Übereinkommen) liefere hinreichende Belege dafür, dass Art. 32(1)(a) EPGÜ auch Klagen zur Festsetzung von Schadenersatz für Patentverletzungen umfasst. Es werde verwiesen auf Art. 68 EPGÜ, Art. 1(1) EPGÜ, Art. 3(c) EPGÜ, Art. 65 EPGÜ, Art. 83(3) EPGÜ und Art. 32(2) EPGÜ.
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- Durch die Zuständigkeit des EPG werde das Risiko beseitigt, dass sich nach Ablauf der Übergangsfrist des Art. 83(1) EPGÜ kein zuständiges Gericht mehr für die hier vorliegende Klage finde. Denn es sei ohne weiteres denkbar, dass eine vor Ablauf des Übergangsfrist erhobene nationale Klage, gerichtet (u.a.) auf die Festsetzung von Schadenersatz, erst nach Ablauf der Übergangsfrist rechtskräftig abgeschlossen werde. In diesem Fall sei Art. 83(2) EPGÜ, der das Prinzip der perpetuatio fori kodifiziert, nicht anwendbar, da eine nationale Klage nicht mehr anhängig sei.
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- Das rechtskräftig abgeschlossene nationale Verfahren stehe einem weiteren Verfahren nicht wegen anderweitiger Rechtshängigkeit gemäß Art. 29 EuGVVO entgegen. Nationale Verfahren wegen Patentverletzung seien derzeit zwischen den Parteien nicht anhängig.
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- Das rechtskräftig abgeschlossene nationale Verfahren stehe auch nicht der Zulässigkeit einer weiteren Klage nach Art. 36 EuGVVO entgegen. Ganz im Gegenteil: Art. 36 EuGVVO bestimme, dass die Entscheidungen der Gerichte der Mitgliedstaaten vor den Gerichten der anderen Mitgliedstaaten anerkannt werden. Das später angerufene Gericht müsse die materiell-rechtlichen Feststellungen der Entscheidung des anderen Gerichts in seiner Entscheidung berücksichtigen. Sofern eine Vorfrage, die für das spätere Verfahren relevant sei, in dem früheren Verfahren bereits entschieden worden sei, habe das später angerufene Gericht diese Entscheidung in seinen Gründen zu berücksichtigen und
grundsätzlich anzuerkennen. Hiergegen könne sich die andere Partei mit den in Art. 45 EuGVVO genannten Gründen wehren, die hier allerdings nicht geltend gemacht seien.
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- Nach Art. 71a (1) EuGVVO gelte ein gemeinsames Gericht der Mitgliedstaaten für die Zwecke der Brüssel-Ia-VO als Gericht eines Mitgliedstaats im Sinne der Verordnung. Dies ergebe sich unmittelbar aus Art. 1(2) EPGÜ, Art. 20 EPGÜ und Art. 24(1)(a) EPGÜ. Damit seien Art. 29 ff. und Art. 35 ff. EuGVVO grundsätzlich auch auf das Verhältnis zwischen den nationalen Gerichten und dem EPG anwendbar.
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- Das EPG sei zuständig, auch über Sachverhalte zu entscheiden, die bereits vor dem 1. Juni 2023 stattgefunden haben. Dies folge bereits aus Art. 3(c) EPGÜ, der ausdrücklich die Zuständigkeit des EPG für alle europäischen Patente eröffne, die am 1. Juni 2023 noch nicht erloschen waren. Da europäische Patente ab der Veröffentlichung der Anmeldung einklagbare Rechte entfalten, könne Art. 3(c) EPGÜ nur so verstanden werden, dass sämtliche Ansprüche aus europäischen Patenten, die am 1. Juni 2023 noch nicht erloschen sind, vor dem EPG geltend gemacht werden können. Dies entspreche der Tatsache, dass das EPG Patente mit Wirkung ex tunc für nichtig erkläre. Die Nichtigerklärung betreffe also alle Wirkungen des europäischen Patents ab dem Tag der Veröffentlichung.
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- Keines der Ziele der Errichtung des EPG könnte erreicht werden, wenn das EPG regelmäßig nur für Ansprüche zuständig wäre, die ab dem 1. Juni 2023 entstanden sind. Dies hätte zur Folge, dass bei Verletzungshandlungen, die sich häufig über mehrere Jahre und mehrere Länder erstreckten, das EPG sämtliche Ansprüche für sämtliche Länder nur ab dem 1. Juni 2023 beurteilen könnte, wohingegen der Patentinhaber für Ansprüche aus der Zeit vor dem 1. Juni 2023 auf die nationalen Gerichtssysteme verwiesen werden müsste.
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- Nach Klärung der Zuständigkeitsfrage sei der Rechtsstreit nicht an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen. Dies folge direkt und unmittelbar aus Art. 75(1) EPGÜ, der eine Sachentscheidung durch das Berufungsgericht anordne. Es handelt sich nicht um einen Ausnahmefall im Sinne von R. 242.2(b) VerfO, der eine Zurückverweisung rechtfertige.
REEL
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- REEL macht geltend, dass das EPG für den Antrag nicht zuständig sei. Hilfsweise sei das EPG in zeitlicher Hinsicht nicht zuständig und der Antrag sei nicht statthaft. Die Argumente von REEL lassen sich wie folgt zusammenfassen:
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- Die Berufung sei nicht rechtzeitig eingereicht worden und müsse daher als unzulässig abgewiesen werden. Dies liegt daran, dass Fives die Gerichtsgebühren für die Berufung nicht rechtzeitig und in der geschuldeten Höhe gezahlt habe.
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- Art. 32(1) EPGÜ nenne enumerativ diejenigen Klagen, für die dem EPG von den Vertragsmitgliedstaaten (VMS) die Zuständigkeit übertragen worden sei. Diese Aufzählung sei erschöpfend. Für alle anderen Klagen oder Anträge blieben die nationalen Gerichte gemäß Art. 32 Abs. 2 EPGÜ zuständig. Die Zuständigkeitstatbestände des Art. 32(1) EPGÜ seien vor diesem Hintergrund zurückhaltend auszulegen.
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- Der Antrag von Fives stellt keine Klage wegen Verletzung von Patenten gemäß Art. 32(1)(a) EPGÜ dar. Er sei isoliert auf die Festsetzung der Schadenshöhe gerichtet, stelle aber die Patentverletzung und die Schadensersatzpflicht dem Grunde nach nicht zur Entscheidung des Gerichts. Fives sei daran gehindert, weil das Landgericht Düsseldorf bereits über den Anspruch auf Schadenersatz dem Grunde nach entschieden habe. Bei dem vorliegenden Verfahren handelt es sich somit um einen isolierten Antrag auf Festsetzung der Schadenshöhe gemäß R. 125 ff. VerfO, für den das EPGÜ in Art. 32(1) keinen Zuständigkeitstatbestand vorsehe, sondern den die Verfahrensordnung nur als unselbständigen Verfahrensbestandteil des Patentverletzungsverfahrens nach Art. 32(1)(a) EPGÜ kennt.
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- Wenn der Patentinhaber die Haftung für den Schadenersatz dem Grunde nach durch ein nationales Gericht (während des Übergangszeitraums) habe beurteilen lassen, sei es angemessen, an dieser Entscheidung zugunsten eines nationalen Gerichtsverfahrens auch für die Bemessung der Höhe des Schadenersatzes festzuhalten. Es bestehe kein Anlass, von diesem Prinzip deshalb eine Ausnahme zuzulassen, weil Patentinhaber vor dem Inkrafttreten des EPGÜ noch nicht das EPG hätten anrufen können, und daher, wie Fives, gegebenenfalls ein nationales Schadensersatzfeststellungsurteil erstritten hätten. Fives stehe weiterhin der nationale, deutsche Rechtsweg offen, insbesondere der Gang vor das bereits vorbefasste Gericht.
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- Aus dem unzweideutigen Wortlaut von Art. 32(1)(a) EPGÜ ergebe sich, dass eine Klage wegen Patentverletzung eine Verletzung zum Gegenstand haben müsse. Das EPG könne nur in einem zweiten Schritt von seiner Befugnis Gebrauch machen, Schadenersatz anzuordnen. Ein isolierter Antrag auf Festsetzung von Schadenersatz ist daher in der Sache keine Klage gemäß Art. 32(1)(a) EPGÜ, da sie die Frage der Patentverletzung zum Gegenstand weder habe noch haben könne. Das Fehlen einer Zuständigkeit des EPG gemäß Art. 32(1)(a) EPGÜ werde durch die VerfO bestätigt, die in R. 125 ff. lediglich ein Verfahren zur Festsetzung von Schadenersatz als unselbständigen Teil des Verletzungsverfahrens vorsehe.
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- Das Verfahren nach R.125 ff. VerfO sei lediglich ein gesonderter Verfahrensabschnitt einer normalen Klage wegen Patentverletzung, den die VerfO aus verfahrensökonomischen Gründen prozessual 'ausgelagert' habe. Es werde auf R. 10 VerfO, R. 125 VerfO, R. 118 VerfO, R. 150 VerfO, R. 126 VerfO, R. 220.1(a) VerfO und R. 135.2 VerfO verwiesen.
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- Es handele sich hier um einen rein nationalen Rechtsstreit, in dem ein nationales deutsches Gericht auf der Grundlage des nationalen deutschen Rechts einen grundsätzlich auf Deutschland beschränkten Anspruch auf Schadenersatz für Verletzungshandlungen festgestellt habe. Es gebe keinen Grund, warum sich in einer solchen Situation das EPG anstelle des nationalen Gerichts mit der Festsetzung von Schadenersatz und damit mit der 'Ausbuchstabierung' der nationalen Gerichtsentscheidung befassen sollte.
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- Wenn das EPG die Höhe des Schadenersatzes hier nach dem Recht des EPGÜ bestimmen müsste, würde dies dazu führen, dass verschiedene Teilfragen desselben Rechtsstreits von verschiedenen Gerichten entschieden werden (Feststellung der Patentverletzung und der Rechtsfolge dem Grunde nach durch das nationale Gericht; Schadenshöhe durch das EPG). Patentinhaber könnten auch ein missbräuchliches 'Rechtsordnungsshopping' für die verschiedenen Teilfragen ein und desselben Sachverhalts betreiben.
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- Eine Vergleichbarkeit mit unbestrittenen Patentverletzungen sei nicht gegeben. Zwar treffe zu, dass es für die Zuständigkeit des EPG für eine Klage nach Art. 32(1)(a) EPGÜ keine Rolle spiele, wenn die zugrunde liegenden Tatsachen unstreitig seien. Mit der vorliegenden Problematik habe dies aber nichts zu tun. Auch in einem solchen Fall entscheide das EPG über die Patentverletzung und damit den Anspruch dem Grunde nach, wenngleich auf Basis unstreitiger Tatsachen und ohne die Notwendigkeit Beweise zu erheben oder nach Beweislastgrundsätzen zu entscheiden. Im vorliegenden Verfahren stelle Fives die Frage der Patentverletzung aber gerade nicht zur Entscheidung des EPG.
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- Es sei auch für die Frage der Zuständigkeit des EPG unerheblich, unter welchen Voraussetzungen das EPG die Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf nach Art. 36 ff. EuGVVO angeblich anerkennen müsste. Art. 36 ff. EuGVVO fänden in der vorliegenden Konstellation von vornherein keine Anwendung, da nach dieser Vorschrift ein Gericht eines EU-Mitgliedstaates die Entscheidungen der Gerichte anderer Mitgliedstaaten anerkennen müsse. Beim Gericht eines VMS handele es sich aber im Verhältnis zum EPG nicht um das Gericht eines anderen Mitgliedstaates. Dies werde auch in Art. 71d EuGVVO klargestellt. Für das Verhältnis des EPGs und 'seinen' VMS sei ausschließlich das EPGÜ maßgeblich (vgl. Art. 72d Abs. 2 EuGVVO), das keine entsprechende Regelung kenne.
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- Es bestehe auch kein Risiko, dass es nach dem Übergangszeitraum an einem zuständigen Gericht fehle. Wie die beanstandete Entscheidung zutreffend feststelle, sei die Zuständigkeit für eine solche Klage nicht auf das EPG übertragen worden und sei daher bei den VMS verblieben (Art. 32(2) EPGÜ). Vom Ablauf der Übergangszeit seien solche Klagen daher nicht betroffen (siehe S. 9 der beanstandeten Entscheidung).
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- Hilfsweise verteidigt REEL die Entscheidung unter Berufung auf die dort ausdrücklich offen gelassene Erwägung (S. 11) (R. 236.2 VerfO), dass dem EPG, selbst wenn eine der Zuständigkeitstatbestände des Art. 32(1) EPGÜ einschlägig wäre, zumindest in zeitlicher Hinsicht die Zuständigkeit fehle. Fives mache lediglich Schadenersatz für Verletzungshandlungen geltend, die sich vor dem 1. Juni 2023, dem Datum des Inkrafttretens des EPGÜ, zugetragen hätten. Das EPG sei nicht zuständig, Entscheidungen über Verletzungshandlungen vor diesem Zeitpunkt zu erlassen. Für solche Sachverhalte finde das nationale Recht Anwendung. Aus dem EPGÜ ergebe sich, dass das EPG nicht für Sachverhalte zuständig sei, auf die das materielle Recht des EPGÜ keine Anwendung finde. Eine solche Rückwirkung wäre mit höherrangigem Recht unvereinbar.
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- Das EPGÜ schaffe eine Verknüpfung zwischen Zuständigkeit und anwendbarem Recht: Nur das EPG wende das EPGÜ an; das EPGÜ steht den nationalen Gerichten nicht als Rechtsquelle zur Verfügung. Das Gleiche gelte umgekehrt: Unterliege ein Sachverhalt - wie hier - schon dem Grunde nach nicht dem EPGÜ, sondern dem nationalen Recht, sei das EPG nicht zuständig. Es sei zwar denkbar, dass vor dem EPG nationales Recht zur Anwendung komme (vgl. Art. 24(1)(e) EPGÜ). Die eben dargestellte Verknüpfung zwischen Zuständigkeit und anwendbarem Recht sowie die hierarchische Auflistung der anwendbaren Rechtsquellen in Art. 24(1) EPGÜ, die das nationale Recht an letzter Stelle nennt, sprächen dafür, dass das EPG dies nur dann dürfe, wenn es bei der Anwendung des Rechts des EPGÜ (und der anderen vorrangigen Rechtsquellen) auf eine Lücke stoße, die es sodann mit nationalem Recht schließe. Um eine solche Konstellation handele es sich hier aber nicht, da das Recht des EPGÜ schon dem Grunde nach nicht anwendbar sei.
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- Eine Zuständigkeit des EPG für Patentverletzungen vor Inkrafttreten des EPGÜ hätte außerdem zur Folge, dass eine Abgrenzung zwischen materiell-rechtlichen und den verfahrensrechtlichen Bestimmungen des EPGÜ vorgenommen werden müsste, eine solche Unterscheidung sei jedoch nicht möglich.
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- Sollte das Berufungsgericht die Zuständigkeit des EPG (und die Zulässigkeit der Klage) bejahen, sollte das Verfahren zur Entscheidung in der Sache an die Lokalkammer zurückverwiesen werden.
GRÜNDE
Zulässigkeit
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- Die Berufung ist zulässig. Fives hat die Gerichtsgebühren rechtzeitig und in voller Höhe gezahlt, wie von der Kanzlei gemäß R. 229 VerfO gefordert.
Auslegung von Art. 32(1)(a) EPGÜ gemäß dem Wiener Übereinkommen
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- Gemäß Art. 32(1)(a) EPGÜ hat das Gericht die ausschließliche Zuständigkeit für Klagen wegen tatsächlicher oder drohender Verletzung von Patenten und ergänzenden Schutzzertifikaten und zugehörige Klageerwiderungen, einschließlich Widerklagen in Bezug auf Lizenzen. In diesem Fall und grundsätzlich stellt sich die Frage, ob die Zuständigkeit des Gerichts für eine selbständige Klage auf Festsetzung von Schadenersatz besteht, nachdem ein Gericht eines Vertragsmitgliedstaates das Vorliegen einer Verletzung eines europäischen Patents und eine grundsätzliche Verpflichtung des Verletzers dem Grunde nach zur Zahlung von Schadenersatz festgestellt hat. Mit anderen Worten: Hat das EPG die Zuständigkeit, allein über Schadenersatz für Verletzungen europäischer Patente zu entscheiden, obwohl die Verletzung nicht vom EPG, sondern von einem Gericht eines VMS festgestellt wurde?
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- Beide Parteien verweisen zu Recht auf die im Wiener Übereinkommen festgelegten Auslegungsregeln. Art. 31 trägt die Überschrift 'Allgemeine Auslegungsregel'. Absatz 1 dieses Art. lautet:
- Ein Vertrag ist nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen.
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- Wie später noch erläutert wird, scheint die Verfahrensordnung von einem engen Verständnis auszugehen, wann und wie Schadenersatz vor dem EPG geltend gemacht werden kann. Das Gericht orientiert sich dabei jedoch in erster Linie an dem EPGÜ als Rechtsquelle (Art. 24(1)(b) EPGÜ in Verbindung mit Art. 41(1) EPGÜ). Im Falle eines Widerspruchs müssen die Regeln entweder im Einklang mit dem EPGÜ ausgelegt werden, oder, wenn eine solche Auslegung nicht möglich ist, hat das EPGÜ Vorrang (R. 1.1 VerfO).
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- Eine Auslegung von Art. 32(1)(a) EPGÜ nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen Bedeutung, die dem Wortlaut des Übereinkommens zu geben ist, und im Lichte seines Ziels und Zwecks bedeutet, dass der Wortlaut der Bestimmung unter Bezugnahme auf andere Artikel des Übereinkommens und unter Berücksichtigung des rechtlichen Kontextes, einschließlich des
anwendbaren Rechts der Europäischen Union, als Richtschnur dienen sollte. Die Entstehungsgeschichte von Art. 32(1)(a) EPGÜ wird hier für ein besseres Verständnis von Ziel und Zweck der Bestimmung untersucht und die Verfahrensregeln werden in den Blick genommen.
Der Wortlaut von Artikel 32(1)(a) EPGÜ und sein Verhältnis zu anderen Bestimmungen des EPGÜ
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- Der Wortlaut von Art. 32(1)(a) EPGÜ, 'Klagen wegen tatsächlicher oder drohender Verletzung von Patenten', schließt weder aus, dass selbständige Klagen auf Schadenersatz, wie die im vorliegenden Verfahren, von der Zuständigkeit des EPG erfasst werden. Noch wird eine solche Zuständigkeit ausdrücklich vorgeschrieben.
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- Teil III, Kapitel IV EPGÜ trägt die Überschrift 'Befugnisse des Gerichts'. Art. 56 EPGÜ trägt den Untertitel 'Allgemeine Befugnisse des Gerichts', und nach dessen Absatz 1 kann das Gericht die in diesem Übereinkommen festgelegten Maßnahmen, Verfahren und Abhilfemaßnahmen anordnen und seine Anordnungen nach Maßgabe der Verfahrensordnung von Bedingungen abhängig machen.
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- In demselben Kapitel findet sich Art. 68 EPGÜ mit dem Titel 'Zuerkennung von Schadenersatz'. Das Gericht ordnet danach auf Antrag der geschädigten Partei an, dass der Verletzer, der wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass er eine Patentverletzungshandlung vornahm, der geschädigten Partei zum Ausgleich des von ihr wegen der Verletzung erlittenen tatsächlichen Schadens angemessenen Schadenersatz zu leisten hat.
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- Allerdings kommen Art. 56 und 68 EPGÜ erst für das EPG zum Tragen, wenn das Gericht zuständig ist.
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- Es gibt Grund, die Beziehung zwischen Art. 32(1)(a) und Art. 32(1)(f) EPGÜ zu betrachten. Gemäß Art. 32(1)(f) EPGÜ besitzt das Gericht die ausschließliche Zuständigkeit für Klagen auf Schadenersatz oder auf Entschädigung aufgrund des vorläufigen Schutzes, den eine veröffentlichte europäische Patentanmeldung gewährt. Art. 32(1)(f) EPGÜ ist in diesem Fall nicht anwendbar. Ein Blick auf diese Bestimmung kann jedoch dennoch von Bedeutung sein, da sie die Zuständigkeit für eine gesonderte Klage auf angemessene Entschädigung für die vorläufige Benutzung der Erfindung vor der Erteilung des Patents vorsieht. Sie bezieht sich auf die Vergangenheit und verlangt ausweislich ihres Wortlauts nicht, dass zuvor durch das EPG die Haftung auf Entschädigung dem Grunde nach festgestellt wird. Es ist schwer zu erkennen, welche Logik dahinter steckt, Schadenersatz für Patentverletzungen in dieser Hinsicht anders zu behandeln als Schadenersatz aus dem vorläufigen Schutz. Die Interessenlage des Klägers im Hinblick auf die Zuständigkeit des EPG unterscheidet sich in beiden Fällen nicht. Die Tatsache, dass Art. 32(1)(f) EPGÜ eine besondere Bestimmung über Schadenersatz oder Entschädigung enthält, lässt sich leicht damit erklären, dass die Benutzung des Gegenstands der Patentanmeldung keine Verletzung im Sinne des Art. 32(1)(a) EPGÜ darstellt.
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- Die Übergangsregelung in Art. 83 EPGÜ muss ebenfalls erwähnt werden. Art. 83 EPGÜ trägt den Titel 'Übergangsregelung'. Art. 83(1) EPGÜ sieht vor, dass während eines Übergangszeitraums von sieben Jahren nach dem Inkrafttreten des EPGÜ (am 1. Juni 2023) Klagen, die in die Zuständigkeit des EPG fallen, 'weiterhin bei nationalen Gerichten oder anderen zuständigen nationalen Behörden erhoben werden können' (im Folgenden gemeinsam als 'nationale Gerichte' bezeichnet). Für die Dauer des Übergangszeitraums gibt es also eine parallele Zuständigkeit der nationalen Gerichte eines VMS und des EPG.
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- Nach dem Übergangszeitraum können Fälle, die in die Zuständigkeit des EPG fallen (wie in Art. 32 EPGÜ aufgeführt), nur noch vor dem EPG verhandelt werden. Es muss daher geklärt werden, was nach Ablauf des Übergangszeitraums mit den Klagen geschieht, die während dieses Zeitraums bei den nationalen Gerichten eingereicht wurden. Absatz (2) stellt klar, dass diese Klagen durch den Ablauf der Übergangszeit nicht berührt werden, auch wenn ab diesem Zeitpunkt nur noch das EPG ausschließlich zuständig ist und keine Klagen mehr bei den nationalen Gerichten erhoben werden können.
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- Die Übergangsregelung mit paralleler Zuständigkeit in Art. 83 EPGÜ kommt jedoch nur dann zum Tragen, wenn das EPG von vornherein zuständig ist. Ist dies nicht der Fall, bleibt die Zuständigkeit gemäß Art. 32(2) EPGÜ bei den nationalen Gerichten. Das bedeutet, dass Erwägungen in Bezug auf Art. 83 EPGÜ für die hier zu entscheidende Frage nicht relevant sind. Das Berufungsgericht stimmt mit dem Gericht erster Instanz darin überein, dass keine Gefahr besteht, es gebe nach dem Übergangszeitraum kein zuständiges Gericht mehr.
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- Aus den dargelegten Gründen führen die Ausführungen des Berufungsgerichts zu Art. 32(1)(a) EPGÜ und anderen Bestimmungen des Übereinkommens zu dem Schluss, dass Art. 32(1)(a) EPGÜ hinsichtlich seines Wortlauts nicht nicht eindeutig ist, dass die Art. 56, 68 und 83 EPGÜ als Auslegungshilfen nicht geeignet sind, da sie alle nur dann zum Tragen kommen, wenn das EPG zuständig ist, während andererseits das Art. 32(1)(f) EPGÜ unterliegende Grundprinzip für die Zuständigkeit des EPG für gesonderte Schadenersatzklagen spricht, wenn die Verletzung von einem nationalen Gericht festgestellt wurde.
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- Das Berufungsgericht wendet sich nun dem rechtlichen Kontext zu, einschließlich der Verordnung Brüssel Ia (EuGVVO) und der Frage zu, ob das Recht der Europäischen Union zur Rechtswahl die Zuständigkeit des EPG beeinflussen sollte.
Die Verordnung Brüssel Ia (EuGVVO)
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- Das Berufungsgericht befasst sich mit der Frage, ob eine Anerkennung eines nationalen Urteils durch das EPG nach der Verordnung Brüssel Ia erforderlich ist und inwieweit die Verordnung Brüssel Ia hier gegebenenfalls relevant ist.
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- Gemäß Art. 36(1) der Verordnung Brüssel Ia werden die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. Für das EPG gibt es jedoch eine besondere Bestimmung in Artikel 71a der Verordnung, in der das EPG als ein gemeinsames Gericht mehrerer Mitgliedstaaten definiert wird. Ein solches Gericht gilt als Gericht eines Mitgliedstaats, wenn ein solches gemeinsames Gericht gemäß dem Rechtsakt zu seiner Errichtung die Zuständigkeit in Angelegenheiten ausübt, die in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen.
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- Daraus folgt, dass das EPG als Gericht eines Mitgliedstaates angesehen wird. Da die nationalen Gerichte ihre eigenen Urteile anerkennen, ist es nicht erforderlich, dass die Verordnung die Anerkennung von Urteilen der Gerichte eines VMS durch das EPG vorsieht. Wird die Anerkennung und Vollstreckung einer vom EPG erlassenen Entscheidung in einem Mitgliedstaat, der Vertragspartei des EPGÜ ist,
beantragt, so gelten die Vorschriften des EPGÜ über die Anerkennung und Vollstreckung anstelle der Vorschriften der Verordnung Brüssel Ia (Art. 71d letzter Absatz der Verordnung Brüssel Ia).
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- Wie das Gericht erster Instanz zu Recht festgestellt hat, regelt Art. 71b der Verordnung Brüssel Ia nur die internationale Zuständigkeit des EPG im Verhältnis zu den Gerichten der Nichtvertragsstaaten. Außerdem betrifft Art. 71d (a) und (b) der Verordnung Brüssel Ia die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen des EPG, die in einem Mitgliedstaat, der nicht Vertragspartei des EPGÜ ist, anerkannt und vollstreckt werden sollen, sowie Entscheidungen der Gerichte eines Mitgliedstaats, der nicht Vertragspartei des EPGÜ ist, die in einem VMS anerkannt und vollstreckt werden sollen. Als solche ist die Verordnung nicht relevant für die Frage der Auslegung von Art. 32(1)(a) EPGÜ, der die Zuständigkeitsverteilung zwischen dem EPG und den nationalen Gerichten der VMS betrifft.
Einfluss des anwendbaren Rechts auf die Zuständigkeit?
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- Im Kontext der Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit besteht kein Erfordernis, zu gewährleisten, dass nur eine Rechtsordnung anwendbar ist (Urteil des Gerichtshofs vom 5. September 2019 in der Rechtssache C-172/18, AMS Neve u.a., ECLI:EU:C:2019:674, Rn. 63).
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- Es kann dennoch von Interesse sein, ob es bei der Rechtswahl offensichtliche nachteilige Folgen gibt, die die Zuständigkeit des EPGÜ für einen Fall wie den vorliegenden dem Sinn und Zweck des EPGÜ zuwiderlaufen lassen würden.
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- Die Vorgabe aus Art. 64 (3) des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) nationales Patentrecht anzuwenden wurde jedenfalls für Rechtsstreitigkeiten vor dem EPG durch das EPGÜ ersetzt.
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- Art. 24(1) EPGÜ sieht vor, dass unter uneingeschränker Beachtung des Artikels 20 (der vorsieht, dass das Gericht das Unionsrecht in vollem Umfang anwendet und seinen Vorrang achtet), das Gericht seine Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten, in denen es nach dem Übereinkommen angerufen wird, auf Folgendes stützt:
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(a) Unionsrecht, einschließlich der Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 und der Verordnung (EU) Nr. 1260/2012 (1);
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(b) dieses Übereinkommen;
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(c) das EPÜ;
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(d) andere internationale Übereinkünfte, die für Patente gelten und für alle Vertragsmitgliedstaaten bindend sind, und
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(e) das nationale Recht.
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- Das EPG hat sein eigenes materielles Recht betreffend Patentverletzungen. Teil I Kapitel V EPGÜ trägt die Überschrift 'Rechtsquellen und materielles Recht' und umfasst:
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-Art. 25 EPGÜ, Recht auf Verbot der unmittelbaren Benutzung der Erfindung,
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-Art. 26 EPGÜ, Recht auf Verbot der mittelbaren Benutzung der Erfindung,
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-Art. 27 EPGÜ, Beschränkungen der Wirkungen des Patents,
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-Art. 28 EPGÜ, Recht des Vorbenutzers der Erfindung,
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-Art. 29 EPGÜ, Erschöpfung der Rechte aus einem europäischen Patent, und
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-Art. 30 EPGÜ, Wirkung von ergänzenden Schutzzertifikaten.
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- Diese Bestimmungen gelten gleichermaßen für europäische Patente und europäische Patente mit einheitlicher Wirkung (Art. 2(g) EPGÜ). Die Anwendung des Rechts der Nichtvertragsstaaten ist in Art. 24(2) und (3) EPGÜ angesprochen.
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- Die Entscheidungen des Gerichts gelten im Falle eines europäischen Patents für das Hoheitsgebiet derjenigen VMS, für die das europäische Patent Wirkung hat (Art. 34 EPGÜ). Der Zweck dieser Bestimmung würde nicht erreicht, wenn die Entscheidungen des Gerichts aufgrund das Ergebnis getrennter tatsächlicher und rechtlicher Beurteilungsgrundlage nach Maßgabe des nationalen Rechts des jeweiligen VMS ergingen. Dies würde zu verschieden Entscheidungen in jedem VMS führen und nicht zu allumfassenden Entscheidungen, wie sie in Art. 34 EPGÜ vorgesehen sind.
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- Es gibt einen guten Grund, Art. 68 EPGÜ über den Schadenersatz zu überprüfen. Diese Bestimmung bildet das für das EPG geltende materielle Recht zu den Folgen einer Patentverletzung. Aufgrund von Art. 68 EPGÜ verfügt das EPG über seine eigenen Bestimmungen zum Schadensersatz.
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- Wenn eine Klage beim EPG eingereicht wird, der in seine Zuständigkeit fällt und einen Antrag auf Schadenersatz umfasst, gibt es nach alledem einen vollständigen Satz materiell-rechtlicher Vorschriften, soweit die europäischen Patente der VMS betroffen sind. Sie unterliegen einem einheitlichen materiellen Recht und einheitlichen Verfahrensvorschriften.
Die Verfahrensordnung und die Entstehung des EPGÜ als Auslegungshilfe
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- Es sei daran erinnert, dass das EPG als gemeinsames Gericht für eine große Anzahl von VMS eingerichtet wurde und verschiedene Verfahrensaspekte aus den verschiedenen Rechtssystemen dieser Staaten übernimmt.
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- Die nationalen Verfahren in mehreren VMS erlauben es dem Patentinhaber, statt gleichzeitig ein Verfahren über die Verletzung und die Berechnung des Schadensersatzes einzuleiten, in einem ersten Schritt eine Verletzungsklage zu erheben, bei der die Anträge einen Antrag auf Feststellung enthalten, dass der Patentinhaber Anspruch auf Schadensersatz für die Patentverletzung durch den Verletzer hat. Sofern im ersten Verfahren eine Patentverletzung festgestellt wird, kann der Patentinhaber anschließend ein Verfahren gegen den Verletzer zur Bezifferung der Schadenshöhe anstrengen. Die Patentverletzung und die Verpflichtung zur Zahlung von Schadenersatz sind im ersten Verfahren festgestellt worden und sind nicht Gegenstand des nachfolgenden Rechtsstreits. Das nachfolgende Verfahren kann sich ausschließlich auf die Berechnung des Schadenersatzes konzentrieren. Dies schafft Verfahrensökonomie. Das erste Verfahren müsste sonst z.B. mit Anträgen auf Vorlage von Beweismitteln für die Schadensersatzberechnung belastet werden, und es müssten Tatsachen und Beweise für und gegen eine Schadensersatzberechnung vorgebracht werden, die möglicherweise völlig irrelevant sind, wenn das nationale Gericht schließlich in der Frage der Verletzung gegen den Patentinhaber entscheidet. Wird das erste Verfahren gegen mehrere mutmaßliche Verletzer angestrengt, kann sich auch herausstellen, dass nur einer oder zwei von ihnen als Verletzer des Patents angesehen werden. Spätere Verfahren zum Schadenersatz können dann nur gegen diese gerichtet werden.
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- Darüber hinaus sind die Parteien auf beiden Seiten häufig an einem Urteil interessiert, in dem relativ schnell das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Patentverletzung festgestellt wird, möglicherweise in
Verbindung mit einer Entscheidung über den Rechtsbestand des Patents. Dies ermöglicht es den Parteien, ihre jeweiligen Geschäftstätigkeiten fortzusetzen und ihre Produkte im Einklang mit dem Urteil des nationalen Gerichts zu vermarkten, während etwaiger Schadenersatz infolge einer Verletzung entweder außergerichtlich geregelt oder in einem anschließenden Verfahren wie erläutert verfolgt werden kann. Die Folgeverfahren werden häufig als gesonderte Verfahren vor dem nationalen Gericht und nicht als Teil des ersten Verfahrens behandelt werden. Die Parteien sind nicht verpflichtet, sich zur Festsetzung von Schadenersatz an ein nationales Gericht zu wenden. Stattdessen können sie sich gemeinsam für eine außergerichtliche Einigung, eine Mediation oder ein Handelsschiedsverfahren entscheiden. Wenn der Rechtsstreit vor Gericht ausgetragen werden soll, müssen jedoch die geltenden Zuständigkeitsvorschriften beachtet werden.
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- Dieselbe Vorgehensweise ist in der VerfO vorgesehen, wo in R. 118.1 VerfO festgelegt ist, dass das Gericht in einer Entscheidung in der Sache auf Antrag die Zahlung von Schadenersatz oder Entschädigung gemäß Artikel 68 und 32(1)(f) EPGÜ anordnen kann. Die Höhe des Schadensersatzes oder der Entschädigung kann in der Anordnung angegeben oder in einem gesonderten Verfahren festgelegt werden.
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- R. 125 ff. VerfO regeln ein gesondertes Verfahren zur Festsetzung von Schadenersatz. Die detaillierten Bestimmungen über einen Antrag auf Festsetzung von Schadenersatz sind in R. 126 bis R. 144 VerfO zu finden.
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- Als Mittelweg zu den beiden oben genannten Alternativen kann das Gericht der obsiegenden Partei in der Entscheidung in der Hauptsache unter von ihm festgelegten Bedingungen vorläufigen Schadensersatz zuerkennen. Dieser soll zumindest die voraussichtlichen Kosten für das Schadenersatzund Entschädigungsverfahren auf Seiten der obsiegenden Partei abdecken (R. 119 VerfO).
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- Allerdings behandelt die Verfahrensordnung die Anträge auf Festsetzung von Schadenersatz in prozessualer Hinsicht als Nebenanträge zu den Klagen wegen Verletzungen. Dies zeigt sich daran, dass keine separate Klage auf Schadenersatz vorgesehen ist, zumindest nicht wörtlich, sondern nur Anträge . Dies wirft die Frage auf, ob die Regeln die oben beschriebene Verfahrensökonomie und Wahlmöglichkeiten für den Kläger zulassen, oder ob die Systematik eine inhärente Beschränkung der Zuständigkeit des EPG widerspiegelt.
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- Es kommt in Betracht, dass die Verfahrensordnung in erster Linie mit Blick auf Patente mit einheitlicher Wirkung verfasst wurden. Europäische Patente mit einheitlicher Wirkung können nur vor dem EPG verhandelt werden; nationale Gerichte sind nicht zuständig. Die Situation, dass zunächst ein nationales Urteil die Verletzung feststellt und anschließend ein EPG-Verfahren zur Festsetzung von Schadenersatz anhängig ist, kann bei Patenten mit einheitlicher Wirkung folglich nicht eintreten. Dies könnte die Systematik erklären, bei der es keine separate Klage auf Schadenersatz gibt, sondern nur Anträge.
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- Es kann jedoch Fälle geben, in denen das Vorliegen einer Verletzung eines europäischen Patents oder eines europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung als solches zwischen den Parteien unstreitig ist und der Konflikt lediglich in der Festsetzung von Schadenersatz besteht. In einem solchen Fall würde der Kläger eine Klage wegen Verletzung einreichen und in der Klageschrift darlegen, dass die Verletzung nach den vorprozessualen Korrespondenz zwischen den Parteien unstreitig ist, und das Gericht bitten,
die Zahlung eines bestimmten Betrags an Schadenersatz gemäß R. 118.1 VerfO anzuordnen. Sofern der Beklagte die Verletzung einräumt, kann sich das Gericht dann auf die Bemessung des Schadensersatzes beschränken. Das Gericht müsste zumindest feststellen, dass sich die Parteien tatsächlich über die Verletzung einig sind, so dass die Entscheidung die Verletzung (wenn auch in eingeschränkter Form) noch abdeckt. Dagegen ist anzumerken, dass bei einer reinen Schadenersatzklage, wie im vorliegenden Fall, das Gericht auch feststellen muss, dass es tatsächlich ein nationales Urteil über die vorliegende Verletzung gibt.
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- Aus der Analyse hinsichtlich der unstreitigen Verletzungen ergibt sich, dass es nach der Verfahrensordnung Fälle geben kann, in denen das Vorliegen einer Verletzung nicht vom Gericht rechtlich und tatsächlich beurteilt werden muss. Es gibt keinen Grund, die Situation im vorliegenden Fall anders zu behandeln.
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- Soweit die Verfahrensordnung die Festsetzung von Schadenersatz als Antrag behandelt, muss dies folglich ignoriert werden, da sich aus einer kombinierten Lesart von Art. 32(1)(a), 32(1)(f) und 34 EPGÜ ergibt, dass dies auch Gegenstand einer gesonderten Klage sein kann.
Andere Erwägungen im Zusammenhang mit dem Ziel und Zweck von Art. 32(1)(a) EPGÜ
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- REEL hat auf nachteilige Folgen im Zusammenhang mit Forum Shopping und 'Rechtsordnungsshopping' hingewiesen. Insbesondere der Wechsel von einer Reihe von Rechtsvorschriften zu einer anderen - vom deutschen nationalen Recht zu Art. 68 EPGÜ - wurde von REEL als lästig oder sogar unüberwindbar bezeichnet.
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- Obwohl diese Argumente nicht völlig unbegründet sind, müssen sie abgewiesen werden.
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- Erstens: Art. 68 EPGÜ ist so formuliert, dass er mit Art. 13 der Durchsetzungsrichtlinie (Richtlinie 2004/48/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums) vereinbar ist. Die Bestimmungen dieser Richtlinie sollen nicht alle Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums regeln, sondern nur die Aspekte, die erstens mit der Durchsetzung dieser Rechte und zweitens mit der Verletzung dieser Rechte verbunden sind, indem sie vorschreiben, dass es wirksame Rechtsbehelfe geben muss, die darauf abzielen, eine Verletzung eines bestehenden Rechts des geistigen Eigentums zu verhüten, abzustellen oder zu beheben. Damit hat sich der EU-Gesetzgeber für eine Mindestharmonisierung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums im Allgemeinen entschieden (siehe Urteil des Gerichtshofs vom 11. Januar 2024 in der Rechtssache C-473/22, Mylan, ECLI:EU:C:2024:8, Rn. 33). Das bedeutet, dass es Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten geben kann, zum Beispiel bei den Verjährungsfristen oder der Berechnung des Schadensersatzes.
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- Die Möglichkeit unterschiedlicher Ergebnisse wird jedoch bereits durch die Übergangsregelung in Kauf genommen. Klagen können während des Übergangszeitraums weiterhin vor den nationalen Gerichten eingereicht werden. Selbst wenn es zu Unterschieden zwischen dem von den nationalen Gerichten und dem EPG angewandten Recht kommen sollte, ist dies vorgesehen und fällt unter den Zweck und das Ziel des EPGÜ.
Zeitliche (Un-)Anwendbarkeit
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- Die Frage der zeitlichen Anwendbarkeit lässt sich anhand des Beispiels veranschaulichen, was passieren würde, wenn ein Antrag nach R. 125 VerfO gestellt würde, nachdem die Haftung für Schäden vom EPG festgestellt wurde, und zwar nur für Schäden, die vor dem Inkrafttreten am 1. Juni 2023 entstanden sind; oder für Schäden, die teilweise vor dem 1. Juni 2023 und teilweise danach entstanden sind. Das EPG konnte seine Zuständigkeit in einem solchen Fall nicht verweigern. Weder aus Art. 3 c) noch aus Art. 32.1 EPGÜ lässt sich ableiten, dass das EPG keine Zuständigkeit hat, über Verletzungen zu entscheiden, die vor dem Inkrafttreten des EPGÜ am 1. Juni 2023 begangen wurden, wobei die einzige Voraussetzung darin besteht, dass das geltend gemachte europäische Patent zu diesem Zeitpunkt noch in Kraft ist. Das Argument der zeitlichen Unanwendbarkeit greift also nicht.
Schluss
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- Die Zuständigkeit des Gerichts besteht auch für eine selbständige Klage auf Festsetzung von Schadenersatz, nachdem ein nationales Gericht das Vorliegen einer Verletzung eines europäischen Patents und eine grundsätzliche Verpflichtung des Verletzers zur Zahlung von Schadenersatz festgestellt hat.
Zurückverweisung an das Gericht erster Instanz
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- Der Ausgang dieser Rechtssache stellt einen außergewöhnlichen Umstand dar, bei dem es gerechtfertigt ist, die Klage zur Entscheidung in der Sache an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen (R. 242.2(b) VerfO). Derselbe Spruchkörper, dessen frühere Entscheidung aufgehoben wird, befasst sich weiter mit der Klage (R. 243.1 VerfO).
Kosten
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- Über die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Kosten der vorliegenden Berufung, soll das Gericht erster Instanz entscheiden.
ANORDNUNG
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- Das Berufungsgericht hebt die Entscheidung der Lokalkammer Hamburg vom 17. November 2023, UPC_CFI_274/2023; ACT_559935/2023 auf. Die Klage wird an die Lokalkammer Hamburg zurückverwiesen.
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- Derselbe Spruchkörper, dessen frühere Entscheidung aufgehoben wird, befasst sich weiter mit der Klage (R. 243 VerfO).
Erlassen am 16. Januar 2025
Ingeborg Simonsson, rechtlich qualifizierte Richterin und Berichterstatterin
Patricia Rombach, rechtlich qualifizierte Richterin
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24 April, 2025
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Decision
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ORD_598601/2023
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Paris (FR) Lokalkamm…
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EP3404726
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ORD_598601/2023
24 April, 2025
The Paris local division of the Unified Patent Court issued a substantive decision on April 24, 2025. Seoul Viosys Co., Ltd. filed a patent infringement suit against Laser Components SAS regarding European patent EP 3 404 726, owned by Seoul Viosys. Seoul Viosys alleges that Laser Components manufactures and distributes LED chips (PKB-H02-F35, PKC-H02-F35, PKD-H02-F35) infringing its patent, particularly features involving a mesa with indentations and passivation layer openings. The court found Laser Components and its distributor, Photon Wave, liable for infringement, with the court ordering permanently enjoining them from manufacturing, offering, or selling the infringing LED chips within France, and ordering damages, information disclosures, and measures to cease distribution. The decision limits enforcement to France and mandates provisional damages and costs.
Das Gericht bestätigt, dass LASER COMPONENTS zahlreiche Aktions- und Produktmerkmale des Patents EP 3404726 (UV-Lichtemittierende Vorrichtung) in Frankreich verletzt hat. Es ordnet eine dauerhafte einstweilige Verfügung an, die den Import, Verkauf und Besitz der angeblich patentverletzenden LED-Produkte verbietet, insbesondere die Referenzen PKB-H02-F35, PKC-H02-F35 und PKD-H02-F35. Außerdem wird die Verantwortung von LASER COMPONENTS für die Contrefaçon festgestellt, verbunden mit einer Pflicht, die kontrollierten Produkte zu entfernen oder zu zerstören, sowie Auskunft über die Herkunft und Vertriebswege zu geben. Die Entscheidung ist auf französischem Territorium durchsetzbar; eine internationale Anwendung wurde abgelehnt. Die gesetzlichen Regelungen zu Schadensersatz, Kosten und Strafzahlungen wurden ebenfalls bestätigt, wobei die Forderungen des Klägers abgewiesen wurden.
Le Tribunal de première instance de la Juridiction unifiée du brevet a rendu une décision le 24/04/2025 concernant une plainte pour contrefaçon du brevet EP 3404726 détenu par Seoul Viosys Co., Ltd. contre Laser Components SAS. Seoul Viosys affirme que Laser Components a importé, offert et détenu en France des puces LED ultraviolettes contrefaisantes. La Cour a déclaré que Laser Components a commis des actes de contrefaçon pour les références PKB-H02-F35, PKC-H02-F35 et PKD-H02-F35 dans le territoire français et a ordonné une interdiction permanente de leur commercialisation. La décision limite également la compétence au territoire français et impose des mesures correctives telles que le rappel et la destruction des produits contrefaisants, ainsi qu'une communication d’informations. Laser Components est condamné à supporter les coûts de la procédure, notamment une provision de 50 000 euros. Aucun montant de dommages-intérêts n’a été accordé à cette étape.
Parties
Seoul Viosys Co., Ltd
v.
Laser Components SAS,
Photon Wave Co., Ltd.
Registry Information
Registry Number:
ACT_588685/2023
Court Division:
Paris (FR) Lokalkammer
Type of Action:
Infringement Action
Language of Proceedings:
FR
Headnotes
(FR)
HEADNOTES (FR)
1- Sur la force probante d’un rapport de tests produit en demande : aucune des critiques des défendeurs sur la force probante du rapport de tests produit par le demandeur n’est pertinente pour démontrer qu’il est inapproprié. La Cour considère que ledit rapport est doté de la force probante appropriée à une expertise privée telle que décrite à la règle 170 b) RdP, et qu’aucun élément au dossier ne permet de douter du fait qu’ils ont été effectués par un laboratoire indépendant, en outre, la méthodologie utilisée est suffisamment explicitée et les questions posées par le demandeur apparaissent suffisamment objectives pour ne pas avoir influencé le résultat des tests.
2- Sur la responsabilité du distributeur pour des actes de contrefaçon directe (art. 25 AJUB) : le défendeur est un distributeur professionnel appartenant à un groupe de distribution d’envergure européenne. Il est donc inopérant pour ce dernier d’arguer du défaut d’une mise en connaissance du Brevet qui lui est opposé pour contester sa responsabilité dans les actes de contrefaçon directe qui lui sont reprochés.
3- Sur la territorialité des actes de contrefaçon : le demandeur affirme que les défendeurs n’ont pas contesté les mesures demandées et qu’il serait donc en droit de demander des mesures non seulement sur le territoire de la France, mais également en Allemagne, aux Pays-Bas et au Royaume-Uni. S’il est vrai que la défense n’a discuté aucune des mesures sollicitées, à l’exception de la demande en paiement de dommages et intérêts à titre provisionnel, néanmoins, il appartient au demandeur d’arguer de faits précis et démontrables à l’appui de ses demandes sur le fondement du règlement de procédure JUB à la règle R. 13m RdP (« le demandeur a la charge de la preuve des actes de contrefaçon allégués ») et la règle R. 171.1 RdP (« preuve des faits susceptibles d’être contestés »).En l’espèce, même s’il s’agit d’un groupe européen, le demandeur a choisi de n’agir que contre l’entité française du groupe et cette dernière ne peut pas supporter seule les actes de l’ensemble du groupe. Le demandeur n’a apporté aucun élément de preuve précis sur des ventes du groupe de distributeurs sur les territoires d’Allemagne, Pays-Bas et Royaume-Uni, alors que les extraits du site internet produits indiquent clairement une sectorisation des ventes selon les distributeurs au sein du groupe.Or, le demandeur n’apporte aucun élément indiquant que le défendeur vend les produits contrefaisants dans les autres États contractants à l’AJUB où le brevet en cause est en force, comme en Allemagne ou aux Pays-Bas. Concernant le Royaume-Uni, si une demande concernant des actes de contrefaçon commis sur le territoire d’un État tiers à l’UE sur lequel le brevet en cause est en force, peut être reconnue admissible devant la JUB (CJUE, Aff C-339/22, 25 février 2025, BSH Hausgeräte GmbH v Electrolux AB), encore faut-il que des faits précis sur l’existence de tels actes de contrefaçon commis par le défendeur soient rapportés par le demandeur, ce qui n’est pas le cas en l’espèce.
Keywords
(FR)
Charge de la preuve des actes de contrefaçon- R. 13m RdP - R. 171.1 RdP-, Charge de la preuve des actes de contrefaçon- R. 13m RdP - R. 171.1 RdP-, Responsabilité du distributeur- Contrefaçon directe - Art. 25 AJUB- Mise en connaissance du brevet-
Headnotes
(EN)
1- On the evidential value of a test's report produced by the claimant: none of the defendants' criticisms of the probative value of the test report produced by the claimant is relevant to show that this report is inappropriate. The Court considers that the report has the evidential value appropriate to a report as described by rule 170(b) of the RoP, and that there is nothing in the file to cast doubt on the fact that the tests were carried out by an independent laboratory; moreover, the method used is sufficiently detailed and the questions asked by the claimant appear sufficiently objective not to have influenced the result of the tests.
2- On the distributor's liability for acts of direct infringement (art. 25 UPCA): the defendant is a professional distributor belonging to a European distribution group. It is therefore ineffective for the defendant to argue the default of prior knowledge of the existence of the patent and the alleged acts of infringement that are asserted against him to contest its liability for the acts of direct infringement of which it is accused.
3- On the territoriality of the acts of infringement: the claimant asserts that the defendants have not contested the measures requested and that it would therefore be entitled to request measures not only on French territory, but also in Germany, the Netherlands and the United Kingdom. While it is true that the defence has not contested any of the measures requested, unless the request for payment of provisional damages, it is nonetheless up to the claimant to put forward precise and demonstrable facts in support of its claims on the basis of the UPC Rules of Procedure in rule R. 13(m) RoP (‘the claimant has the burden of proof of the alleged acts of infringement’) and rule R. 171.1 RoP (‘evidence of facts likely to be contested’). In this case, even though it is a European group, the claimant has chosen to introduce an action only against the French entity of the group, and the latter cannot bear alone the acts of the whole group. The claimant has not provided any specific evidence of sales by the group of distributors in Germany, the Netherlands and the United Kingdom, while extracts from the website that were produced clearly indicate a sectorisation of sales by distributor within the group.
Nevertheless, the claimant has not provided any evidence that the defendant is selling the infringing products in other Contracting Member States of the UPCA where the patent in question is in force, such as Germany or the Netherlands. With regard to the United Kingdom, while a claim concerning acts of infringement committed on the territory of a non-EU State in which the patent at issue is in force may be recognised as admissible before the UPC (CJEU, C-339/22, 25 February 2025, BSH Hausgeräte GmbH v Electrolux AB), the claimant still has to provide precise facts concerning the existence of such acts of infringement committed by the defendant, which is not the case here.
Keywords
(EN)
Burden of proof of acts of infringement - R. 13(m) RoP - R. 171.1 RoP
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