
Lokalkammer München UPC_CFI_714/2024
Entscheidung
des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts betreffend die Kostenfestsetzung für die erste Instanz
erlassen am 12. Februar 2025
Klägerin
biolitec Holding GmbH & Co. KG , Untere Viaduktgasse 6/9, 1030 Wien, Österreich
vertreten durch: Paul Szynka
Beklagte
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- Light Guide Optics Germany GmbH, Werner-von-Siemens- Str. 39, 53340 Meckenheim, Deutschland
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- S.I.A. LIGHTGUIDE International , Celtniecības iela 8 - LV-5316 - Līvāni, Līvānu nov. LV
vertreten durch: Jörg Schmidt
STREITPATENT
EP 3 685 783
ENTSCHEIDENDER RICHTER
TOBIAS PICHLMAIER, BERICHTERSTATTER
VERFAHRENSSPRACHE
DEUTSCH
Sachverhalt
Die Klägerin ist mit einem Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen vor der Lokalkammer Düsseldorf gescheitert (LK Düsseldorf, Anordnung v. 05.09.2024, UPC_CFI_486/2024, ACT_47064/2024, ORD_47991/2024); dieses Verfahren ist derzeit vor dem Berufungsgericht anhängig, die Berufung datiert vom 19. September 2024 (UPC_CoA_540/2024, APL_52692/2024).
Am 20. November 2024 hat die Klägerin Verletzungsklage bei der Lokalkammer München eingereicht. Gegenstand der Verletzungsklage ist ebenfalls das Klagepatent; auch die angegriffene Ausführungsform und die Beklagten sind identisch.
Die Beklagten machen mit dem Einspruch geltend, dass die Klage nach Art. 33 Abs. 2 EPGÜ unzulässig sei. Für die Verletzungsklage zuständig sei nicht die Lokalkammer München, sondern die Lokalkammer Düsseldorf.
Auch die Zustellung sei unwirksam, da keine Empfangsvollmacht nach Regel 271 Abs. 1 lit. c) VerfO vorgelegen habe. Die Bestellung als Vertreter im Verfahren über den Erlass einstweiliger Maßnahmen stelle keine allgemeinen Empfangsvollmacht dar. Die Empfangsvollmacht beschränke sich vielmehr auf das Verfahren auf Erlass einstweiliger Maßnahmen.
Die Beklagten haben b e a n t r a g t,
die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
Vorsorglich haben sie beantragt, festzustellen, dass die Klage am 2. Dezember 2024 zugestellt worden ist.
Die Klägerin hat b e a n t r a g t ,
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I. den Einspruch der Beklagten zurückzuweisen.
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II. hilfsweise: Das Verfahren an die Lokalkammer Düsseldorf zu verweisen.
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III. den Antrag, festzustellen, dass die Klage am 02.12.2024 zugestellt wurde, zurückzuweisen.
Die Klägerin trägt vor, zum Zeitpunkt der Klageerhebung sei keine Klage i.S.d. Art. 33 Abs. 2 UA 1 EPGÜ vor einer anderen Kammer des Gerichts erster Instanz anhängig gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
Gründe
I. Zuständigkeit der Lokalkammer München
Die Lokalkammer München ist für die streitgegenständliche Verletzungsklage zuständig. Der Einspruch war daher zurückzuweisen.
Nach Art. 33 Abs. 2 EPGÜ darf zwischen denselben Parteien zum selben Patent keine Klage im Sinne des Artikels 32 Absatz 1 Buchstaben a), c), f), g) oder h) bei einer anderen Kammer erhoben werden, wenn eine Klage im Sinne des Artikels 32 Absatz 1 Buchstaben a), c), f), g) oder h) vor einer Kammer des Gerichts erster Instanz anhängig ist.
Die Klägerin hat am 20. November 2024 bei der Lokalkammer München eine Verletzungsklage erhoben. Zu diesem Zeitpunkt war zwischen denselben Parteien zum selben Patent keine Klage im Sinne des Artikels 32 Absatz 1 Buchstaben a), c), f), g) oder h) bei einer anderen Kammer anhängig. Der Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen vom 14. August 2024 betraf zwar ebenfalls das Streitpatent und dieselben Parteien wie die am 20. November 2024 bei der Lokalkammer München erhobenen Verletzungsklage. Im Zeitpunkt der Erhebung der Verletzungsklage war dieser Antrag allerdings bereits beim Berufungsgericht anhängig.
Nach dem EPGÜ und der Verfahrensordnung können Klagen zeitgleich - also parallel - bei mehreren Kammern des Gerichts erster Instanz anhängig sein (Regel 76.2 EPGVerfO). Im Hinblick auf den Instanzenzug ist eine Rechtssache aber entweder beim Gericht erster Instanz oder beim Berufungsgericht anhängig, wie etwa Regel 346.1 EPGVerfO zeigt. Die Rechtssache kann also nicht gleichzeitig in erster Instanz und in der Berufungsinstanz anhängig sein.
Nicht 'bei einer Kammer des Gerichts erster Instanz anhängig' ist eine Rechtssache folglich dann, wenn sie in der Berufungsinstanz anhängig ist. In der Berufungsinstanz anhängig ist sie, wenn dort die Berufung eingereicht wurde.
Die Klage auf Erlass einstweiliger Maßnahmen (UPC_CFI_486/2024, ACT_47064/2024) war am 19. September 2024 bereits beim Berufungsgericht anhängig. Folglich war am 20. November 2024, dem Tag der Erhebung der hiesigen Verletzungsklage, zwischen denselben Parteien zum selben Patent keine Klage vor einer anderen Kammer des Gerichts erster Instanz anhängig.
Sinn der Regelung des Art. 33 Abs. 2 EPGÜ ist es, dass nicht zwei verschiedene Lokalkammern gleichzeitig mit derselben Sache befasst sind. Da allerdings die Lokalkammer Düsseldorf seit dem 19. September 2024 nicht mehr mit der Klage auf Erlass einstweiliger Maßnahmen befasst war, stand einer Befassung der Lokalkammer München mit der am 20. November 2024 eingereichten Verletzungsklage nichts entgegen.
II. Zustelldatum
Es wird festgestellt, dass die Klage am 2. Dezember 2024 zugestellt wurde. Eine Empfangsvollmacht für die hiesige Verletzungsklage lag im Zeitpunkt der elektronischen Einreichung nicht vor. Die Beklagten sind aber bereit, die Zustellung am Tag des tatsächlichen Zugriffs auf das CMS am 2. Dezember 2024 gegen sich gelten zu lassen.
Entscheidung
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- Der Einspruch wird zurückgewiesen.
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- Es wird festgestellt, dass die Klage am 2. Dezember 2024 zugestellt wurde.
INFORMATIONEN ZUR BERUFUNG
Gegen eine Entscheidung des Berichterstatters, den Einspruch zurückzuweisen, kann nur gemäß Regel 220.2 Berufung eingelegt werden.
München, den 12. Februar 2025
Pichlmaier
Berichterstatter