
Lokalkammer Düsseldorf UPC_CFI_115/2024 UPC_CFI_377/2024
Verfahrensanordnung
des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts erlassen am 4. März 2025 betreffend EP 2 755 901 B1
KLÄGERIN:
Hartmann Packaging A/S (vormals Br ø drene Hartmann A/S), vertreten durch Torben Rosen- krantz-Theil, Ornegardsvej 18, 2820 Gentofte, Dänemark,
vertreten durch:
Rechtsanwalt Dr. Anton Horn, Rechtsanwältin Birthe Struck, LLM, Georg-Glock-Straße 4, 40474 Düsseldorf, Deutschland,
elektronische Zustelladresse:
a.horn@heuking.de b.struck@heuking.de
mitwirkend:
European Patent Attorney Jan Sørensen; Schou A/S, Hausergade 3, 1128 Kopenhagen, Dänemark,
BEKLAGTE:
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Omni-Pac Ekco GmbH Verpackungsmittel , vertreten durch ihren Geschäftsführer Pablo Libreros, An der Kaje 1, 26931 Elsfleth, Deutschland,
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Omni-Pac GmbH Verpackungsmittel, vertreten durch ihre Geschäftsführer Pablo Libreros, Am Tidehafen 5, 26931 Elsfleth, Deutschland,
vertreten durch:
Rechtsanwalt Dr. Christof Augenstein, Rechtsanwältin Nicole Schopp, Bahnstraße 16, 40212 Düsseldorf, Deutschland,
elektronische Zustelladresse:
augenstein@katheraugenstein.com schopp@katheraugenstein.com
mitwirkend:
Patentanwalt Claus Becker, Rechts- und Patentanwälte der GLAWE DELFS MOLL Partnerschaft mbB, Rothenbaumchaussee 58, 20148 Hamburg, Deutschland,
STREITPATENT:
Europäisches Patent Nr. EP 2 755 901 B1
SPRUCHKÖRPER/KAMMER:
Spruchkörper der Lokalkammer Düsseldorf
MITWIRKENDE RICHTER:
Diese Anordnung wurde durch den Vorsitzenden Richter Thomas als Berichterstatter erlassen.
VERFAHRENSSPRACHE: Deutsch
GEGENSTAND: R. 36 VerfO - Antrag auf Zulassung eines weiteren Schriftsatzes
GRÜNDE DER ANORDNUNG:
Die noch vor Abschluss des schriftlichen Verfahrens und damit rechtzeitig gestellten Anträge der Parteien auf Zulassung des Austauschs weiterer Schriftsätze im Verletzungsverfahren haben in der Sache keinen Erfolg.
Gemäß R. 36 VerfO kann der Berichterstatter auf einen mit einer Begründung versehenen Antrag einer Partei, eingereicht einen Tag vor dem Tag, an dem der Berichterstatter das schriftliche Verfahren abschließen möchte, den Austausch weiterer Schriftsätze innerhalb einer festzusetzenden Frist zulassen (vgl. dazu: UPC_CFI_16/2024 (LK Düsseldorf), Anordnung v. 30. Oktober 2024 - Ortovox v. Mammut; UPC_CFI_11/2024 (LK Düsseldorf), Anordnung v. 26. Februar 2025 - Grundfos v. Hefei).
Einen solchen Antrag hat die Klägerin vorliegend zunächst nicht gestellt, sondern sich dafür entschieden, in ihrer Duplik zur Nichtigkeitswiderklage ergänzend zur Verletzung des Streitpatents vorzutragen und sich in diesem Zusammenhang erstmals und ohne konkreten Bezug zur Nichtigkeitswiderklage hilfsweise auf eine äquivalente Verletzung des Streitpatents zu berufen.
Ein solches Vorgehen läuft dem in der Verfahrensordnung vorgesehenen Verfahrensablauf zuwider, wonach jeder Partei im schriftlichen Verfahren zwei Schriftsätze zur Verfügung stehen, um zur Frage der Patentverletzung vorzutragen. Mit der Einreichung der Duplik im Verletzungsverfahren ist dieses Kontingent regelmäßig erschöpft. Hält eine Partei gleichwohl weiteren schriftsätzlichen Vortrag für geboten, steht ihr die Möglichkeit offen, bis zum Abschluss des schriftlichen Verfahrens mit einem begründeten Antrag nach R. 36 VerfO die Zulassung des Austauschs weiterer Schriftsätze zu beantragen. Die Entscheidung, ob weiterer schriftsätzlicher Vortrag zugelassen wird, liegt im Ermessen des Berichterstatters. Da in der Präambel der Verfahrensordnung das Ziel vorgegeben ist, die mündliche Verhandlung in der Regel innerhalb eines Jahres nach Klageerhebung durchzuführen, müssen erhebliche Gründe für die Zulassung weiterer Schriftsätze vorgebracht werden (vgl. Tilmann/Plassmann/Steininger, Einheitspatent/Einheitliches Patentgericht, R. 36 VerfO, Rz. 7). Vorbringen, welches im schriftlichen Verfahren außerhalb der nach der Verfahrensordnung vorgesehenen Schriftsätze ohne eine vorherige Zulassung nach R. 36 VerfO in das Verfahren eingeführt wird, bleibt im weiteren Verfahren und bei der Entscheidungsfindung unberücksichtigt.
Die in R. 30.1 lit. b) VerfO angesprochene Möglichkeit von ergänzendem Vortrag zur Verletzung betrifft die vorgeschlagenen geänderten Patentansprüche und damit lediglich diejenigen Merkmale, die über die entsprechenden Änderungsanträge erstmals in das Verfahren eingeführt wurden.
3.
Der erstmals am 8. Januar 2025 und damit nach Einreichung der Duplik zur Nichtigkeitswiderklage gestellte Antrag der Klägerin bietet für die Einräumung der Möglichkeit zur Einreichung eines weiteren Schriftsatzes im Verletzungsverfahren keinen Anlass.
a)
Soweit die Klägerin in ihrer Duplik zur Nichtigkeitswiderklage ergänzend zur Auslegung des Streitpatents und zur Reichweite des Schutzbereichs vorgetragen und als Reaktion auf das Vorbringen der Beklagten zu dieser Frage ein ergänzendes Sachverständigengutachten vorgelegt hat, sind diese Fragen nicht nur für die Verletzungsklage, sondern auch für die Nichtigkeitswiderklage relevant. Insoweit bedurfte es weder einer gesonderten Zulassung noch der Gestattung des Austauschs weiterer Schriftsätze. Vielmehr stand der Klägerin hierfür die bereits nach der Verfahrensordnung vorgesehene Duplik zur Nichtigkeitswiderklage zur Verfügung, in welche das entsprechende Vorbringen - wie geschehen - zu integrieren war.
b)
Etwas anders gilt jedoch, soweit sich in der Duplik zur Nichtigkeitswiderklage erstmals Vortrag der Klägerin zu einer möglichen äquivalenten Verletzung des Streitpatents findet. Insoweit handelt es sich um neues schriftsätzliches Vorbringen zur Begründung des Verletzungsvorwurfs, welches der vorherigen Zulassung durch den Berichterstatter bedurft hätte. Einen entsprechenden Antrag hat die Klägerin jedoch zunächst nicht gestellt, sondern ihr weiteres Vorbringen unmittelbar in die Duplik zur Nichtigkeitswiderklage integriert. Der auf eine entsprechende Rüge der Beklagten hin nachgeschobene Antrag der Klägerin bietet für eine Zulassung eines Austauschs weiterer Schriftsätze keinen Anlass.
aa)
Auch wenn ein Antrag auf Zulassung weiterer Schriftsätze nach R. 36 VerfO bis zum Abschluss des schriftlichen Verfahrens gestellt werden kann, hat der Berichterstatter den Zeitpunkt eines solchen Antrages im Rahmen seiner Ermessensentscheidung über die Zulassung weiteren schriftsätzlichen Vorbringens im schriftlichen Verfahren zu berücksichtigen. Möchte die Klägerin zu dem Vorbringen in der Duplik im Verletzungsverfahren in Form eines weiteren Schriftsatzes ergänzend Stellung nehmen, ist ein entsprechender Antrag zeitnah im Anschluss an den Zugang der Duplik zu stellen. Nur so ist gewährleistet, dass das Verfahren durch die Gewährung einer möglichen weiteren Stellungnahmefrist nur im dafür notwendigen Umfang verzögert wird. Diesen Anforderungen wird der erst zwei Monate nach Zugang der Duplik im Verletzungsverfahrens gestellte Antrag nicht gerecht.
bb)
Abgesehen davon fehlt dem Antrag auch eine tragfähige Begründung. Soweit die Klägerin ihr Begehren auf Zulassung eines weiteren Schriftsatzes im Verletzungsverfahren mit der Doppelrelevanz der Ausführungen zur Auslegung des Streitpatents und zum Schutzumfang begründet, trifft dies wie ausgeführt zu. Nicht begründen lässt sich allein damit jedoch, weshalb es ausgehend vom Vorbringen der Beklagten in der Duplik erstmalig auch schriftsätzlicher Ausführungen zu einer möglichen äquivalenten Verletzung des Streitpatents bedurfte. Der ergänzende Verweis auf R. 30.1 lit. b) VerfO, wonach im Zusammenhang mit dem Antrag auf Änderung des Patents auch zu Verletzungsfragen vorzutragen ist, rechtfertigt schon deshalb keine andere Bewertung, weil das in Rede stehende Merkmal nicht mit den Änderungsanträgen in das Verfahren eingeführt wurde. Dessen Verwirklichung steht vielmehr bereits seit der Klageerwiderung in Streit.
4.
Nachdem der Antrag der Klägerin auf Zulassung des Austauschs weiterer Schriftsätze im Verletzungsverfahren davon ausgehend zurückzuweisen ist, ist auch für die Zulassung eines weiteren
Schriftsatzes der Beklagten zur Erwiderung auf das in Rede stehende klägerische Vorbringen kein Raum.
ANORDNUNG:
- I. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung eines weiteren Schriftsatzes zum Verletzungsverfahren wird zurückgewiesen.
- II. Der Antrag der Beklagten auf Zulassung eines weiteren Schriftsatzes zum Verletzungsverfahren wird zurückgewiesen.
DETAILS DER ANORDNUNG:
App_1153/2025 und App_66627/2024 zu den Hauptaktenzeichen ACT_13359/2024 und CC_39587/2024
UPC-Nummer: UPC_CFI_115/2024 und UPC_CFI_377/2024
Verfahrensart: Verletzungsklage und Nichtigkeitswiderklage
Erlassen in Düsseldorf am 4. März 2025 NAMEN UND UNTERSCHRIFTEN Vorsitzender Richter Thomas