
Lokalkammer München UPC_CFI_614/2024
Entscheidung des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts, Lokalkammer München erlassen am 1. April 2025
ANTRAGSTELLERIN
MANN+HUMMEL GmbH, Schwieberdinger Str. 12, 71636 Ludwigsburg, Deutschland, vertreten durch:
Rechtsanwalt Schmid-Dreyer, Horn Kleimann Waitzhofer Schmid-Dreyer Patent- und Rechtsanwälte PartG mbB, Theresienhöhe 12, 80339 München, Deutschland.
ANTRAGSGEGNERIN
SOTRAS - S.R.L., Via Donatello 13, 10071 Borgaro Torinese (TO), Italien, vertreten durch:
Rechtsanwalt Schmidt, Wildanger Kehrwald Graf v. Schwerin & Partner mbB Rechtsanwälte, Couvenstranße 8, 40211 Düsseldorf, Deutschland.
STREITPATENT
Europäisches Patent EP 2 762 219
SPRUCHKÖRPER/KAMMER
Spruchkörper 2 der Lokalkammer München
MITWIRKENDE RICHTERIN
Diese Entscheidung wird durch die Vorsitzende Richterin Ulrike Voß (Berichterstatterin), den rechtlich qualifizierten Richter Dr. Daniel Voß und die rechtlich qualifizierte Richterin Mojca Mlakar erlassen.
VERFAHRENSSPRACHE
Deutsch
GEGENSTAND
Rücknahme Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen gem. R 265 VerfO / Rückerstattung von Gerichtsgebühren gem. R 370.9 VerfO
KURZE DARSTELLUNG DES SACHVERHALTS
Die Antragstellerin hat mit Antrag vom 23.10.2024 den Erlass einstweiliger Maßnahmen wegen behaupteter Verletzung des Europäischen Patents EP 2 762 219 beantragt. Die Antragsgegnerin ist dem Antrag mit Einspruch vom 19.12.2024 entgegengetreten.
Mit Schriftsatz vom 28.03.2025 hat die Antragstellerin erklärt, dass die Parteien einen außergerichtlichen Vergleich geschlossen haben. In diesem habe sich die Antragstellerin verpflichtet, ihren Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen zurückzunehmen, und die Antragsgegnerin habe sich verpflichtet, der Rücknahme zuzustimmen. Die Parteien hätten sich überdies verpflichtet, keine Anträge auf Kostenfestsetzung durch das Gericht zu stellen.
Mit Schriftsatz vom 31.03.2025 hat die Antragsgegnerin die Zustimmung zur Klagerücknahme erklärt, den Vergleich der Parteien bestätigt und ausgeführt, eine Kostenentscheidung sei nicht veranlasst, da die Parteien übereingekommen seien, keine Anträge auf Kostenfestsetzung zu stellen.
ANTRÄGE
Die Antragstellerin beantragt,
-
- den Antrag auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen zurückzunehmen;
-
- Gerichtsgebühren i. H. v. 6.600,00 € an die Antragstellerin zu erstatten.
Die Antragsgegnerin beantragt,
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- das Verfahren für beendet zu erklären,
-
- anzuordnen, dass die Entscheidung in das Register aufgenommen wird.
GRÜNDE
I.
Gemäß Regel 265.1 Satz 1 VerfO kann ein Kläger, solange noch keine Entscheidung über die Klage ergangen ist, die Rücknahme seiner Klage beantragen. Der Rücknahmeantrag wird nach Satz 3 nicht zugelassen, wenn die andere Partei ein berechtigtes Interesse daran hat, dass das Gericht über die Klage entscheidet.
Ausgehend hiervon ist die Rücknahme des Antrags auf Erlass einstweiliger Maßnahmen zuzulassen. Klage im Sinne der Regel 265.1 VerfO ist auch ein Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen (LK München, Entscheidung v. 13.01.2025, UPC_CFI_755/2024 -Avago/Realtek). Die Antragsrücknahme ist vor dem Erlass einer (End-)Entscheidung beantragt worden. Berechtigte Interessen der Antragsgegnerin im Sinne der Regel 265.1 S. 3 VerfO sind weder ersichtlich noch von der Antragsgegnerin vorgetragen.
II.
Folge der Zulassung der Klage- bzw. Antragsrücknahme ist nach Regel 265.2 (a) und (b) VerfO die Beendigung des Verfahrens sowie die Aufnahme der Entscheidung in das Register.
Nach Regel 265.2 (c) VerfO hat das Gericht zudem bei Zulassung der Rücknahme eine Kostentscheidung gemäß Teil 1 Kapitel 5 zu treffen. Für diese Entscheidung bedarf es keines Antrags der Parteien; sie ist auch ohne einen solchen zu erlassen. Äußern die Parteien, keine Entscheidung über die Kosten der Parteien zu beantragen, kann dies allerdings im Rahmen der zu treffenden Kostenentscheidung berücksichtigt werden. Diese Äußerung ist regelmäßig dahingehend zu verstehen, dass zwischen den Parteien im gerichtlichen Verfahren keine Kostenerstattung stattfinden und jede Partei ihre eigenen Kosten tragen soll (LK München, Entscheidung v. 07.01.2025, UPC_CFI_208/2024 -Avago/Tesla; LK München, Entscheidung v. 10.01.2025, UPC_CFI_396/2024 -DexCom/Abbott; LK Düsseldorf, Entscheidung v. 10.01.2025, UPC_CFI_459/2024, UPC_CFI_657/2024 -Valeo Electrification/Magna).
III.
Regel 370 Abs. 9 (b) VerfO bestimmt, dass im Falle der Rücknahme einer Klage [Regel 265], die zur Zahlung der Gerichtsgebühren verpflichtete Partei eine Rückerstattung erhalten kann. Maßgeblich für die Höhe der Rückerstattung ist entsprechend den Buchstaben (i) -(iii) der Zeitpunkt der Rücknahme. Wird die Klage vor Abschluss des schriftlichen Verfahrens zurückgenommen, kann gemäß Buchstabe (i) eine Rückerstattung in Höhe von 60 % der Gerichtsgebühren erfolgen. Für die Rückerstattung bedarf es nach Regel 370 Abs. 11 VerfO eines Antrags.
Basierend hierauf sind der Antragstellerin antragsgemäß 60 % der bezahlten Gerichtsgebühren, mithin 6.600,00 € zu erstatten. Regel 370 Abs. 9 (b) (i) VerfO findet auf die Gebührenerstattung infolge einer Rücknahme eines Antrags auf Erlass einstweiliger Maßnahmen analoge Anwendung (LK München, Anordnung v. 15.11.2024, UPC_CFI_515/2024 -Philips/Shenzen Yunding; LK Düsseldorf, Anordnung v. 03.07.2024, UPC_CFI_133/2024). Die Rücknahme des Antrages erfolgte vorliegend vor Abschluss des schriftlichen Verfahrens.
ANORDNUNG
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- Die Rücknahme des Antrags auf Erlass einstweiliger Maßnahmen wird zugelassen.
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- Das Verfahren wird für beendet erklärt.
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- Diese Entscheidung ist in das Register aufzunehmen.
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- Eine hier anzuordnende Kostenerstattung findet zwischen den Parteien nicht statt.
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- Der Antragstellerin sind 60 % der von ihr in diesem Gerichtsverfahren gezahlten Gerichtsgebühren und damit ein Betrag von 6.600,00 € zu erstatten.
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- Der Streitwert wird auf 500.000,00 € festgesetzt.
ANWEISUNG AN DIE KANZLEI
Der Kanzler wird angewiesen, die Zahlung von 6.600,00 € an die Antragstellerin so bald wie möglich vorzunehmen, Regel 370 Abs. 11, S. 2 VerfO.
ANGABEN ZUR ANORDNUNG
Anordnung Nr. ORD_15600/2025 im VERFAHREN NUMMER: 57675/2024
UPC Nummer: UPC_CFI_614/2024
Nr. des dazugehörigen Verfahrensantrags: App_15315/2025
Art des Antrags:
Antrag auf einstweilige Maßnahmen (Regel 206 VerfO)
Ulrike Voß
Vorsitzende Richterin
Dr. Daniel Voß
Rechtlich qualifizierter Richter
Mojca Mlakar
Rechtlich qualifizierte Richterin
Für den Hilfskanzler