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10 April, 2025
Decision
ORD_68984/2024 Düsseldorf (DE) Loca… EP3356109B1
Art. 32 Abs. 1 lit. f) EPGÜ
...

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ORD_68984/2024
10 April, 2025
Decision

Summary
(AI generated)

Parties

Erwin Härtwich,
Yellow Sphere Innovations GmbH
v. Knaus Tabbert AG

Registry Information
Registry Number:

ACT_6665/2024

Court Division:

Düsseldorf (DE) Local Division

Type of Action:

Infringement Action

Language of Proceedings:

DE

Patent at issue

EP3356109B1

Sections

Headnotes (DE)

1. Product-by-Process-Ansprüche zeichnen sich dadurch aus, dass der technische Inhalt der Er-indung regelmäßig nicht im Verfahren als solchem besteht, sondern in den technischen Eigenschaften, die dem Erzeugnis durch das Verfahren verliehen werden. Entscheidend ist, wie der angesprochene Fachmann die Angaben zum Herstellungsweg versteht und welche Schlussfolgerungen er hieraus für die erfindungsgemäße Beschaffenheit der Sache zieht. 2. Auch eine eventuelle finanzielle Entschädigung wegen der Benutzung der veröffentlichten EP-Anmeldung fällt in den Zuständigkeitsbereich des Einheitlichen Patentgerichts (Art. 32 Abs. 1 lit. f) EPGÜ). Da eine solche Entschädigung weder in der EPatVO noch im EPGÜ geregelt ist, muss das Gericht auf der Grundlage von Art. 24 Abs. 1 lit. c) EPGÜ die Vorschrift des Art. 67 EPÜ anwenden, die den Mitgliedsstaaten einen Spielraum hinsichtlich der Ausgestaltung gewährt. Da es zur Frage der Entschädigung bisher an einer einheitlichen Regelung fehlt, ist es zunächst an dem eine entsprechende Entschädigung begehrenden Kläger, die Voraussetzungen der Entschädigung für die einzelnen in Rede stehenden Mitgliedsstaaten darzulegen.

Keywords (DE)

Herstellungsweg, Verjährung, Product-by-process-Ansprüche, Entschädigungsansprüche
Cited Legal Standards
Art. 138 Abs. 1 lit. b) EPGÜ
Art. 138 EPÜ
Art. 20, 24 Abs. 1 lit. a) EPGÜ
Art. 21 EPGÜ
Art. 24 Abs. 1 lit. c) EPGÜ
Art. 24 Abs. 2 3 EPGÜ
Art. 25 EPGÜ
Art. 25 ff. EPGÜ
Art. 25 lit. a) EPGÜ
Art. 28 EPGÜ
Art. 29 EPGÜ
Art. 2 lit. g) EPGÜ
Art. 32 Abs. 1 lit. a) EPGÜ
Art. 32 Abs. 1 lit. f) EPGÜ
Art. 32 Abs. 1 lit. g) EPGÜ
Art. 32 EPGÜ
Art. 34 Abs. 1 lit. g) EPGÜ
Art. 34 EPGÜ
Art. 3 lit. c) EPGÜ
Art. 47 Abs. 1 EPGÜ
Art. 54 EPÜ
Art. 56 Abs. 1 EPGÜ
Art. 56 EPÜ
Art. 56 f. EPGÜ
Art. 56 ff. EPGÜ
Art. 63 Abs. 1 EPGÜ
Art. 63 Abs. 2 EPGÜ
Art. 64 Abs. 2 lit. b), 4 EPGÜ
Art. 64 Abs. 2 lit. d), 64 Abs. 4 EPGÜ
Art. 64 Abs. 2 lit. e), 64 Abs. 4 EPGÜ
Art 64 EPGÜ
Art. 67 EPGÜ
Art. 67 EPÜ
Art. 68 Abs. 1 EPGÜ
Art. 68 Abs. 3 lit. a) b) EPGÜ
Art. 68 EPGÜ
Art. 69 Abs. 2 EPGÜ
Art. 69 EPÜ
Art. 72, 24 Abs. 2 3 EPGÜ
Art. 72 EPGÜ
Art. 73 Abs. 1 EPGÜ
Art. 82 Abs. 2 EPGÜ
Art. 82 EPGÜ
Art. 83 Abs. 3 EPGÜ
Art. 83 EPÜ
Art. 89 EPGÜ
R. 11.3 VerfO
R. 118 Abs. 5 VerfO
R. 118 Abs. 8, 158 Abs. 2, 354, 355 Abs. 4 VerfO
R. 118 Abs. 8 S. 1 VerfO
R.118 Abs. 8 S. 1 VerfO
R. 118. Abs. 8 S. 1 VerfO
R. 118 Abs. 8 S. 2 VerfO
R. 118 Abs. 8 VerfO
R. 119 VerfO
R. 11 Abs. 3 VerfO
R. 11 EPGVerfO
R. 13 Abs. 1 lit. a) bis lit. i) VerfO
R. 13 Abs. 1 lit. f) VerfO
R. 13 Abs. 1 lit. I) VerfO
R. 13 Abs. 1 lit. j) bis q) VerfO
R. 13 Abs. 1 lit. l) (i) VerfO
R. 13 Abs. 1 lit. l) VerfO
R. 158 VerfO
R. 16 Abs. 2 VerfO
R. 16 Abs. 3 lit. a) VerfO
R. 16 Abs. 5 VerfO
R. 171 Abs. 2 VerfO
R. 191 S. 1 Alt. 2 VerfO
R. 19.1 VerfO
R. 220 Abs. 1 lit. a), 224 Abs. 1 lit. a) VerfO
R. 265 Abs. 1 S. 2 VerfO
R. 265 Abs. 2 lit. c) VerfO
R. 265 Abs. 2 VerfO
R. 266 Abs. 5 S. 1 VerfO
R. 305 VerfO
R. 312 Abs. 1 VerfO
R. 312 VerfO
R. 354 Abs. 2 S. 1 VerfO
R. 355 Abs. 1 lit. a) VerfO
R. 8.5 lit. a) c) VerfO
R. 8 Abs. 5 lit. a) c) VerfO
R. 8 Abs. 5 lit. c) VerfO
R. 9 Abs. 2 VerfO
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ORD_68984/2024

Lokalkammer Düsseldorf UPC_CFI_50/2024

Entscheidung

des Gerichts erster Instanz des einheitlichen Patentgerichts verkündet am 10. April 2025 betreffend EP 3 356 109 B1

LEITSÄTZE:

    1. Product-by-Process-Ansprüche zeichnen sich dadurch aus, dass der technische Inhalt der Erfindung regelmäßig nicht im Verfahren als solchem besteht, sondern in den technischen Eigenschaften, die dem Erzeugnis durch das Verfahren verliehen werden. Entscheidend ist, wie der angesprochene Fachmann die Angaben zum Herstellungsweg versteht und welche Schlussfolgerungen er hieraus für die erfindungsgemäße Beschaffenheit der Sache zieht.
    1. Auch eine eventuelle finanzielle Entschädigung wegen der Benutzung der veröffentlichten EP-Anmeldung fällt in den Zuständigkeitsbereich des Einheitlichen Patentgerichts (Art. 32 Abs. 1 lit. f) EPGÜ). Da eine solche Entschädigung weder in der EPatVO noch im EPGÜ geregelt ist, muss das Gericht auf der Grundlage von Art. 24 Abs. 1 lit. c) EPGÜ die Vorschrift des Art. 67 EPÜ anwenden, die den Mitgliedsstaaten einen Spielraum hinsichtlich der Ausgestaltung gewährt. Da es zur Frage der Entschädigung bisher an einer einheitlichen Regelung fehlt, ist es zunächst an dem eine entsprechende Entschädigung begehrenden Kläger, die Voraussetzungen der Entschädigung für die einzelnen in Rede stehenden Mitgliedsstaaten darzulegen.

SCHLAGWÖRTER:

Product-by-process-Ansprüche; Herstellungsweg; Entschädigungsansprüche; Verjährung

Klägerin:

    1. Yellow Sphere Innovations GmbH, gesetzlich vertreten durch ihren Geschäftsführer, Herrn Guido Endert, Schmiedhofsweg 1, 50769 Köln, Deutschland
    1. Erwin Härtwich, Äuleswiesen 34, 71573 Allmersbach, Deutschland

vertreten durch:

Rechtsanwalt Dr. Dirk Jestaedt, Krieger Mes & Graf von der Groeben Partnerschaft mbB, Bennigsen-Platz 1, 40474 Düsseldorf, Deutschland

elektronische Zustelladresse:

info@krieger-mes.de

Dritt-Widerbeklagter:

Alexander Christ, Schmiedhofsweg 1, 50769 Köln vertreten durch:

Rechtsanwalt Dr. Dirk Jestaedt, Krieger Mes & Graf von der Groeben Partnerschaft mbB, Bennigsen-Platz 1, 40474 Düsseldorf, Deutschland elektronische Zustelladresse:

mitwirkend:

info@krieger-mes.de

Patentanwalt Rüdiger Bals, Bals & Vogel Patentanwälte PartG mbB, Konrad-Zuse-Straße 4, 44801 Bochum, Deutschland

Beklagte:

Knaus Tabbert AG, Helmut-Knaus-Straße 1, 94118 Jandelsbrunn, vertreten durch:

Rechtsanwalt Dr. Rüdiger Pansch, Rechtsanwalt Dr. Simon Klopschinski, Rospatt Rechtsanwälte PartGmbB, Emanuel-LeutzeStraße 11, 40547 Düsseldorf, Deutschland elektronische Zustelladresse:

mitwirkend:

pansch@rospatt.de

Patentanwalt Dr. Oliver Schneider, Rechtsanwalt Eugen Tuscherer, advotec. Patent- und Rechtsanwaltspartnerschaft Tappe mbB, Georg-Schlosser-Straße 6, 35390 Gießen, Deutschland

STREITPATENT:

Europäisches Patent Nr. EP 3 356 109 B1

SPRUCHKÖRPER/KAMMER:

Spruchkörper der Lokalkammer Düsseldorf

MITWIRKENDE RICHTER:

Die Entscheidung wurde verkündet unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Thomas als Berichterstatter, die rechtlich qualifizierte Richterin Dr. Thom, den rechtlich qualifizierten Richter Brinkman sowie den technisch qualifizierten Richter Ashley.

VERFAHRENSSPRACHE: Deutsch

GEGENSTAND: Verletzungsklage und Nichtigkeitswiderklage

MÜNDLICHE VERHANDLUNG: 13. Februar 2025

KURZE DARSTELLUNG DES SACHVERHALTS:

    1. Die Kläger nehmen die Beklagte wegen einer Verletzung des Europäischen Patents EP 3 356 109 B1 (nachfolgend: Streitpatent) in Anspruch.
    1. Das Streitpatent wurde am 25. Januar 2017 unter Inanspruchnahme der Priorität der DE 10 2016 101 274 vom 25. Januar 2016 durch den Kläger zu 2) sowie den Dritt-Widerbeklagten in deutscher Verfahrenssprache angemeldet. Die Veröffentlichung des Hinweises auf Patenterteilung erfolgte am 9. März 2022. Das Streitpatent steht in Deutschland, Frankreich, Irland, Italien und Slowenien in Kraft. Gegen die Erteilung des Streitpatents wurde beim Europäischen Patentamt kein Einspruch eingelegt. Der am 15. Mai 2023 in Bezug auf das Streitpatent erklärte Opt-Out wurde am 2. Februar 2024 zurückgenommen.
    1. Am 30. Dezember 2022 schlossen die Parteien einschließlich des Dritt-Widerbeklagten eine 'Verkaufs- und Übertragungserklärung für den Schutzrechtskomplex zur deutschen Prioritätsanmeldung DE 10 2016 101 274 mit dem Titel ,Rahmen für ein Fahrzeug mit zumindest einem Strukturteil aus Schaumharz sowie Herstellungsverfahren dafür''. Hinsichtlich des Inhalts dieser Vereinbarung wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.
    1. Das Streitpatent trägt die Bezeichnung 'Rahmen für ein Fahrzeug mit zumindest einem Strukturteil aus Schaumharz sowie Herstellungsverfahren dafür'. Seine Schutzansprüche 1, 3, 4, 7 und 9 lauten:

Schutzanspruch 1:

'Rahmen (11) für ein Fahrzeug (10) mit zumindest einem Strukturteil (15), wobei das Strukturteil (15) als Gussteil (52) in einer Gussform (50) hergestellt ist und die Gussform (50) die dreidimensionale Außenform des Strukturteils (15) wiedergibt, wobei das Strukturteil (15) durch ein selbstaufquellendes Schaumharz (20) gebildet ist,

dadurch gekennzeichnet,

dass das Strukturteil (15) zumindest teilweise von außen mit einer Schutzschicht (19) beschichtet ist, wobei die vorhandenen Strukturteile (15) einen tragenden Teil des Rahmens (11) bilden.'

Schutzanspruch 3:

'Rahmen (11) nach Anspruch 1 oder 2,

dadurch gekennzeichnet,

dass zumindest ein Einsatzelement (16) im Strukturteil (15) vorgesehen ist, welches zumindest teilweise eingegossen ist.'

Schutzanspruch 4:

'Rahmen (11) nach Anspruch 3,

dadurch gekennzeichnet,

dass das Einsatzelement (16) ein Verstärkungselement (17) ist und die mechanische Festigkeit, insbesondere die Zug- und/oder Druckfestigkeit, des Strukturteils (15) verbessert, wobei das Verstärkungselement (17) zumindest aus Glasfasern, Carbonfasern, Verstärkungsmatte, Sandwichstruktur, Innenkern, metallischem Verstärkungselement oder eine Kombination davon gebildet ist und/oder

dass das Einsatzelement (16) ein Verbindungselement (18) ist, wodurch das Strukturteil (15) mit weiteren Teilen, insbesondere vom Rahmen (11) des Fahrzeuges (10), verbindbar ist.'

Schutzanspruch 7:

'Rahmen (11) nach einem der vorherigen Ansprüche,

dadurch gekennzeichnet,

dass der Schaumharz (20) eine Dichte zwischen 100 bis 300 kg/cbm, bevorzugt zwischen 130 bis 200 kg/cbm und besonders bevorzugt zwischen 140 bis 180 kg/cbm aufweist und/oder dass der Schaumharz (20) eine Wärmeleitfähigkeit zwischen 0,1 und 0,015 W/(mK), bevorzugt zwischen 0,08 und 0,02 W/(mK), besonders bevorzugt zwischen 0,05 und 0,021 W/(m*K) aufweist und/oder das Strukturteil (15) eine Zugfestigkeit zwischen 15 und 25.000 N/mm, bevorzugt zwischen 30 und 10.000 N/mm, besonders bevorzugt zwischen 45 und 2.000 N/mm sowie zwischen 100 und 1.600 N/mm aufweist.'

Schutzanspruch 9:

'Rahmen (11) nach einem der vorherigen Ansprüche,

dadurch gekennzeichnet,

dass ein Freiraum (11.1) zwischen zumindest zwei Strukturteilen (15) durch ein Füllelement (12) ausfüllbar ist, wobei insbesondere das Füllelement (12) als Wand- (12.1) und/oder Dachelement (12.2) ausgestaltet ist, und wobei insbesondere zumindest eine Aussparung (12.3) für ein Fenster oder eine Tür vorsehbar ist.'

    1. Die nachfolgend eingeblendeten Figuren 1, 4 und 5 zeigen bevorzugte Ausführungsbeispiele der Erfindung. Bei Figur 1 handelt es sich um eine dreidimensionale Ansicht eines Strukturteils mit angedeuteten Einsatzelementen:

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    1. Figur 4 zeigt einen Rahmen für einen Wohnwagen mit den Strukturteilen in einer dreidimensionalen Ansicht, wobei der Rahmen in Figur 5 zusätzliche Füllelemente aufweist:
    1. Der Kläger zu 2) ist unter anderem Inhaber und Geschäftsführer der Freitec Kunststoffe GmbH sowie der Freitec Technologies GmbH. Er schloss in der Vergangenheit und noch vor Anmeldung des Streitpatents zusammen mit dem Dritt-Widerbeklagten (und gemeinsam mit ihren Unternehmen) eine Entwicklungsvereinbarung mit der Beklagten, die über eine gewisse Zeit auch umgesetzt wurde. Im Rahmen dieser Entwicklung ging es um die Umsetzung der Erfindung gemäß dem Streitpatent für Wohnwagen bzw. Wohnmobile der Beklagten und konkret um die Entwicklung eines Leichtbauwohnwagens mit dem 'Frame Konzept' für solche Wohnmobile bzw. Wohnwagen, wie dies Gegenstand des Streitpatents ist.
    1. Zusammen mit dem Dritt-Widerbeklagten baute der Kläger zu 2) auf der Grundlage des Entwicklungsvertrages ein Testmodel, wobei sich die geforderten Eigenschaften im Rahmen eines Tests bestätigten. Die Beklagte vertrieb dieses Modell unter der Bezeichnung 'Travelino' und beauftragte sodann ein weiteres Konzept für einen Wohnwagen 'Deseo'. Auch dieses Konzept erstellten der Kläger zu 2) und der Dritt-Widerbeklagte und übergaben die Produktionsdaten für dieses Modell. Eine Vereinbarung mit der Einräumung von Nutzungsrechten schlossen die Parteien nicht. Rückmeldungen hierzu blieben auf Nachfrage aus.
    1. Die Beklagte beauftragte den Kläger zu 2) sowie den Dritt-Widerbeklagten in der Folge noch mit einem Konzept, bei dem weniger Formen für die einzelnen Rahmenbauteile benötigt werden. Auch dieses Konzept erstellte der Kläger zu 2) mit dem Dritt-Widerbeklagten, wobei

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auch dieses Konzept an die Beklagte übergeben wurde. Ohne eine Rückmeldung und ohne eine Vereinbarung über die Einräumung von Nutzungsrechten brachte die Beklagte auf dieser Grundlage das Modell 'Azur' auf den Markt. Nach einer weiteren Kontaktaufnahme teilte die Beklagte mit, dass sie davon ausginge, es werde kein Patent erteilt. In der Folgezeit beendeten sowohl der Kläger zu 2) (durch Vereinbarung) als auch der Dritt-Widerbeklagte durch Kündigung die Entwicklungsvereinbarung.

    1. Die Beklagte bewirbt die durch sie eingesetzte Technologie als 'modernste Fibre FRAMETechnologie'. Sie setzt diese sowohl bei ihrem Wohnwagen 'DESEO' als auch bei ihrem Wohnwagen 'AZUR' ein (nachfolgend: angegriffene Ausführungsformen). Hierzu heißt es auf der Internetseite der Beklagten unter anderem (vgl. Anlagenkonvolut K 5):

'Dank modernster Fibre Frame-Technologie gelingt es uns so, den DESEO noch flexibler und geräumiger zu machen. Die variable Raumaufteilung und zukunftsweisende Konstruktion sorgt dabei für die perfekte Balance zwischen Nutz- und Wohnraum, so dass selbst zwei vollwertige Motorräder transportiert werden können. Am Zielort verwandelt sich der DESEO dann in einen vollausgestatteten, komfortablen Caravan. Ganz schön praktisch, oder?'

'Progressive Formensprache durch innovative Bauweise: So gut sieht die Zukunft aus. Unser DESEO. Ein echtes Stauraumwunder mit Ecken und Kanten. Auch wenn die meisten davon ja eigentlich rund sind - und natürlich besonders praktisch, schützen sie doch alles, was wir an Ausstattung in das Exterieur gepackt haben.'

[…]

'Der selbsttragende Fibre Frame sorgt nicht nur für mehr Flexibilität beim Grundriss - und Raumdesign, sondern unterstützt auch die progressive Formensprache.'

    1. Darüber hinaus findet sich auf der Internetseite des deutschen 'Caravaning-Instituts' folgende Erläuterung (vgl. Anlage K 6):

'Fibre Frame ist ein hochfester Glasfaserrahmen, der für einen verbindungssteifen selbsttragenden Aufbau sorgt und zudem kompromisslosen Ultraleichtbau bei erhöhter Crashsicherheit erlaubt.

Die Pluspunkte:

  • -verklebte Flächenelemente mit durchgängiger Dichtebene
  • -ermöglicht in Zukunft völlig neue Denkansätze bei der Grundrissgestaltung und bei der Platzierung der Möbel (wie variable Grundrisse oder frei positionierbare Elemente)
  • -Das Herstellungsverfahren des Frames ermöglicht neue Möglichkeiten der Umsetzung von 'mehrdimensionalen' Elementen bei der Design-Gestaltung
  • -Automatisierte Herstellung, Weiter- und Endverarbeitung des Rahmens und der Flächenelemente am Fertigungs-Band sind in Vorbereitung und werden im Zuge der Modernisierung der Fertigungs-Straßen integriert
  • -In den Rahmen kann theoretisch schon bei der Herstellung Funktion (wie Kabelkanäle) integriert werden.
  • -Erweiterte Traglasten (Dach) sind möglich'
    1. Schließlich heißt es in einer Pressemitteilung der Beklagten (Anlage K 7):

'Die zukunftsweisende Frame-Technologie basiert auf Fibre Frame-Teilen, die automatisiert zu einem stabilen Rahmen verklebt werden und somit gänzlich ohne Schraubverbindungen auskommen. Der selbstragende und hochfeste Rahmen sorgt für beste Stabilität und Langlebigkeit

sowie gegenüber der herkömmlichen Bauweise von Wohnwagen für eine deutlich größere Flexibilität bei Grundrissgestaltung und Raumdesign.'

    1. Aus dieser Pressemitteilung ergibt sich weiter, dass das beschriebene Rahmenkonzept auch bei den angegriffenen Ausführungsformen eingesetzt wird.
    1. Die Kläger bestellten bei der Beklagten ein Strukturteil in Gestalt einer A-Säule des Rahmens für einen Wohnwagen und ließen es bei der Gesellschaft für Werkstoffprüfung mbH (GWP) überprüfen. Hinsichtlich des Inhalts des Prüfberichts wird auf die Anlage K 15 Bezug genommen. Das untersuchte Strukturteil ist nachfolgend eingeblendet:
    1. Im Querschnitt weist das Bauteil folgende, klägerseitig beschriftete Bestandteile auf:
    1. Nachfolgend eingeblendet ist eine Figur der Beklagten zu dem 'Fiber Frame System', aus welcher sich der Aufbau des Rahmens, bestehend aus den verschiedenen Strukturteilen, erkennen lässt:

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ANTRÄGE DER PARTEIEN:

Klage:

17. Die Kläger beantragen zuletzt,

  • I. die Beklagte zu verurteilen,
    1. es zu unterlassen, Rahmen für ein Fahrzeug mit zumindest einem Strukturteil, wobei das Strukturteil als Gussteil in einer Gussform hergestellt ist und die Gussform die dreidimensionale Außenform des Struktur-teils wiedergibt, wobei das Strukturteil durch ein selbstaufquellendes Schaumharz gebildet ist,

in dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, der französischen Republik, Italiens und Slowenien herzustellen, in Verkehr zu bringen, anzubieten, zu gebrauchen und/oder einzuführen, auszuführen und/oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,

wenn das Strukturteil zumindest teilweise von außen mit einer Schutzschicht beschichtet ist, wobei die vorhandenen Strukturteile einen tragenden Teil des Rahmens bilden;

(Anspruch 1 von EP 3 356 109)

    1. im Falle einer Zuwiderhandlung gegen die Anordnung gemäß I. 1. an das Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von bis zu 250.000,- EUR zu zahlen;
    1. den Klägern Auskunft zu erteilen über die seit dem 8. September 2018 begangenen Verletzungshandlungen gemäß I. 1. unter Angabe
  • a) des Ursprungs und der Vertriebswege der verletzenden Erzeugnisse;
  • b) der erzeugten, hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Mengen und der Preise, die für die verletzenden Erzeugnisse gezahlt wurden und
  • c) der Identität aller an der Herstellung oder dem Vertrieb von den verletzenden Erzeugnissen beteiligten dritten Personen;
    1. die Erzeugnisse gemäß I. 1., welche seit dem 9. April 2022 ausgeliefert worden sind, innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen nach der Zustellung der Mitteilung im Sinne von R. 118 Abs. 8 S. 1 VerfO und gegebenenfalls der beglaubigten Übersetzung auf Kosten der Beklagten
  • a) aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem die Dritten, von denen die verletzenden Erzeugnisse zurückzurufen sind, darauf hingewiesen

werden, dass dieses Gericht festgestellt hat, dass die Erzeugnisse das Europäische Patent EP 3 356 109 verletzen, wobei die Beklagte den Dritten verbindlich zuzusagen hat, die entstandenen Kosten zu erstatten, die anfallenden Verpackungs- und Transportkosten zu übernehmen, die mit der Rücksendung der Produkte verbundenen Zollund Lagerkosten zu erstatten und die Produkte wieder entgegenzunehmen und

  • b) endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen, indem die Beklagte unter Hinweis, dass dieses Gericht festgestellt hat, dass die Erzeugnisse das Europäische Patent EP 3 356 109 verletzen, Dritte, die gewerbliche Abnehmer, aber nicht Endabnehmer sind, hinsichtlich der in I. 1. genannten Erzeugnisse auffordern, sämtliche Aufträge betreffend die unter I. 1. genannten Erzeugnisse zu stornieren und dem Gericht und den Klägern innerhalb des genannten Zeitraums von 30 Tagen nach der Zustellung der Mitteilung im Sinne von R. 118 Abs. 8 S. 1 VerfO und gegebenenfalls der beglaubigten Übersetzung einen schriftlichen Nachweis über die durchgeführten Maßnahmen vorzulegen;
    1. die im unmittelbaren und/oder mittelbaren und/oder im Eigentum der Beklagten befindlichen Erzeugnisse gemäß I. 1. zu vernichten oder an einen von den Klägern zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;
  • II. die Beklagte zu verpflichten, den Klägern allen Schaden zu erstatten, der ihnen durch die Handlungen gemäß I. 1. in der Zeit seit dem 9. April 2022 entstanden sind und noch entstehen werden;
  • III. die Beklagte zu verpflichten, den Klägern für die Zeit vom 8. September 2018 bis zum 8. April 2022 für Handlungen gemäß I. 1. eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
  • IV. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger einen Betrag in Höhe von 100.000,- EUR als vorläufigen Schadensersatz zu zahlen;
  • V. der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
    1. Hinsichtlich der Formulierung der 'insbesondere, wenn'-Anträge wird auf die Klageschrift Bezug genommen.

19. Die Beklagte beantragt,

  • I.1. die Verletzungsklage abzuweisen;

  • I.2. hilfsweise:

  • a) den Dritt-Widerbeklagten zu verurteilen, seine Rechtsstellung als aktueller Lizenzgeber der Nutzungsrechte zugunsten der Beklagten aus dem Entwicklungsvertrag an dem französischen, italienischen und slowenischen Teil des europäischen Patents EP 3 356 109 (nachfolgend: Streitpatent) auf die Klägerin zu 1) zu übertragen;

  • b) die Verletzungsklage abzuweisen.

I.3. weiter hilfsweise:

das Verfahren gemäß R. 266 Abs. 5 S. 1 VerfO auszusetzen und dem EuGH gemäß Art. 21 EPGÜ iVm Art. 267 AEUV die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

  • a) Gebietet die Unionsrechtsordnung die Anwendung und Auslegung des EPGÜ gemäß den in der Wiener Vertragsrechtskonvention von 1969 kodifizierten und völkergewohnheitsrechtlich anerkannten Grundsätzen der Vertragsanwendung und -auslegung?
  • b) Folgt aus Art. 15 Buchst. d) Rom-II-VO, dass das EPG, welches gemäß dem EPGÜ keine verfahrensrechtlichen Befugnisse im Hinblick auf Patentverletzungen nach nationalem Recht besitzt, insofern keine Anordnungen auf Unterlassung, Abhilfe, Auskunft sowie Zuerkennung von Schadensersatz aussprechen kann?
  • c) Ist Art. 11 S. 1 der Enforcement-Richtlinie dahingehend auszulegen, dass eine endgültige Verfügung nicht erlassen werden darf, wenn lediglich eine drohende Verletzung festgestellt wird?
  • d) Ist Art. 11 S. 1 der Enforcement-Richtlinie dahingehend auszulegen, dass nur die Fortsetzung der festgestellten Verletzungshandlung untersagt werden kann, z.B. im Fall der Feststellung einer Verletzung durch Anbieten die Fortsetzung des Anbietens, während Verletzungshandlungen, die nicht festgestellt worden sind, nicht untersagt werden können?
  • e) Ist Art. 3 Abs. 2 S. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1217/2010 bzw. Art. 3 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EU) 2023/1066 dahingehend zu verstehen, dass er es gebietet, einen Forschungs- und Entwicklungsvertrag derart auszulegen, dass in Zweifelsfällen davon auszugehen ist, dass der Vertrag den Parteien uneingeschränkten Zugang zu den Endergebnissen der gemeinsamen Forschung und Entwicklung einschließlich daraus erwachsender Rechte des geistigen Eigentums und daraus erwachsenden Know-hows einräumt?
  • f) Gebiet es die unionsrechtliche Warenverkehrsfreiheit, dass das EPG seine verfahrensrechtlichen Befugnisse nach Artt. 56 ff. EPGÜ nicht gegen den Beklagten einer Verletzungsklage ausüben darf, der sich auf ein vertragliches Nutzungsrecht am Streitpatent berufen kann, das ihm vom ursprünglichen Mitinhaber des Streitpatents eingeräumt wurde, welcher es in vertragsbrüchiger Weise unterlassen hat, auf den Erwerber des Anteils am

Streitpatents, der nunmehr als Kläger gegen den Beklagten aus diesem Patent vorgeht, seine Rechtsstellung als Lizenzgeber zugunsten des Beklagten zu übertragen?

  • g) Gebietet die unionsrechtliche Implied Powers -Doktrin eine Auslegung des Art. 32 Abs. 1 Buchst. a) EPGÜ, nach der eine 'Widerklage in Bezug auf Lizenzen' sich auch gegen eine bisher nicht am Verletzungsverfahren beteiligte Person richten kann (Dritt-Widerklage)?
  • h) Gilt die Rechtsprechung des EuGH zur unionsweiten Erschöpfung entsprechend für das Vorbenutzungsrecht, z.B. gemäß § 12 des deutschen PatG?
  • i) Gebietet das Unionsrecht, insbesondere Art. 9 Abs. 3 UMV, dass Art. 25 Buchst. a) EPGÜ als eine abschließende Regelung der dem Patentinhaber vorbehaltenen Benutzungshandlungen zu verstehen ist?
  • j) Gebietet das Unionsrecht, insbesondere Art. 9 Abs. 3 Buchst. e) UMV, dass Art. 25 Buchst. a) EPGÜ dahin auszulegen, dass Werbung keine Angebotshandlung iSv Art. 25 Buchst. a) EPGÜ ist?

II. höchst hilfsweise:

  • a) die Vollstreckung der Entscheidung für den Fall einer Verurteilung der Beklagten von der Stellung einer Sicherheit oder gleichwertigen Garantie abhängig zu machen, die einen angemessenen Ersatz für durch die Vollstreckung verursachte Schäden sicherstellt, falls die Entscheidung in der Folge abgeändert oder aufgehoben wird (Art. 82 Abs. 2 EPGÜ und R. 354 Abs. 2 S. 1 VerfO);
  • b) soweit das Vollstreckungsverfahren dem Recht der Vertragsmitgliedstaaten unterliegt (Art. 82 Abs. 3 S. 1 EPGÜ), die der Beklagten nach dem jeweiligen nationalen Recht zustehenden Rechtsbehelfe und Möglichkeiten zur Abwendung der Vollstreckung vorzubehalten;
  • III. den Klägern die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

20. Die Klägerin beantragt,

    1. die Widerklage gegen die Kläger zu 1) und zu 2) sowie den Dritt-Widerbeklagten abzuweisen;
    1. den Antrag auf Vorlage an den EuGH abzuweisen;
    1. den Antrag auf Sicherheitsleistung für die Vollstreckung der Entscheidung zurückzuweisen.

Nichtigkeitswiderklage:

    1. Die Beklagte beantragt zuletzt,
  • I. das Europäische Patent EP 3 356 109 mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland, die Französische Republik, die Italienische Republik und die Republik Slowenien vollständig für nichtig zu erklären.

II. höchst hilfsweise:

  • a) die Vollstreckung der Entscheidung für den Fall einer Verurteilung der Beklagten von der Stellung einer Sicherheit oder gleichwertigen Garantie abhängig zu machen, die einen angemessenen Ersatz für durch die Vollstreckung verursachte Schäden sicherstellt, falls die Entscheidung in der Folge abgeändert oder aufgehoben wird (Art. 82 Abs. 2 EPGÜ und R. 354 Abs. 2 S. 1 VerfO);
  • b) soweit das Vollstreckungsverfahren dem Recht der Vertragsmitgliedstaaten unterliegt (Art. 82 Abs. 3 S. 1 EPGÜ), die der Beklagten nach dem jeweiligen nationalen Recht zustehenden Rechtsbehelfe und Möglichkeiten zur Abwendung der Vollstreckung vorzubehalten;
  • III. den Klägern die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

22. Die Kläger beantragen,

    1. die Nichtigkeitswiderklage abzuweisen;
    1. der Beklagten die Kosten der Nichtigkeitswiderklage aufzuerlegen.

Anträge auf Änderung des Patents:

23. Die Kläger beantragen,

    1. die Widerklage auf Nichtigerklärung abzuweisen, hilfsweise, die Widerklage auf Nichtigerklärung im Umfang der Hilfsanträge 1 bis 17 abzuweisen, wobei die Hilfsanträge in der Reihenfolge 1 bis 17 gestellt werden;
    1. die Beklagte in dem in der Klageschrift beanspruchten Umfang, jedoch jeweils bezogen auf die aufrechterhaltene Anspruchsfassung nach dem Hilfsantrag zu verurteilen.
    1. Hinsichtlich der Formulierung der Hilfsanträge 1 bis 17 wird auf das Anlagenkonvolut K 22 Bezug genommen.
    1. Die Beklagte ist den Anträgen auf Änderung des Streitpatents entgegengetreten, da
    1. die vorgeschlagenen Änderungen aus ihrer Sicht entweder nicht zulässig seien oder
    1. das Streitpatent nicht wie beantragt aufrechterhalten werden könne oder
    1. das Streitpatent nicht verletzt sei.

WESENTLICHE VERFAHRENSSCHRITTE:

    1. Soweit die Kläger in ihrer Klageschrift zunächst auch Anordnungen in Bezug auf das Hoheitsgebiet der Republik Irland begehrt haben, haben sie die Klage in ihrer Replik zum Verletzungsverfahren vom 10. Juli 2024 zurückgenommen. Die Beklagte hat dieser teilweisen Rücknahme der Verletzungsklage in ihrer Duplik vom 10. September 2024 zugestimmt und das Gericht gebeten, diese nach R. 265 Abs. 1 S. 2 VerfO zuzulassen, die Entscheidungen und Anordnungen gemäß R. 265 Abs. 2 VerfO zu erlassen und insbesondere eine Kostenentscheidung zu Lasten der Kläger zu treffen.
    1. Im Hinblick auf die Nichtigkeitswiderklage hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 10. Februar 2025 erläutert, in ihrer Nichtigkeitswiderklage vom 23. Februar 2024 sei der auch die Republik Irland betreffende Antrag für den Fall gestellt worden, dass Irland zum Zeitpunkt der Entscheidung der Lokalkammer über die Nichtigkeitswiderklage Vertragsmitgliedsstaat geworden sei. Da dies nicht der Fall sei stelle sie klar, dass in Bezug auf die Nichtigkeitswiderklage der vorstehend wiedergegebene, die Republik Irland nicht einschließende Antrag gestellt werde. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung für den Fall, dass die nunmehr gestellten Anträge mit einer teilweisen Rücknahme der Nichtigkeitswiderklage verbunden sein sollten, deren Zulassung beantragt. Die Kläger sowie der Dritt-Widerbeklagte haben einer solchen Teil-Rücknahme der Nichtigkeitswiderklage in der mündlichen Verhandlung unter Verwahrung gegen die Kostenlast zugestimmt.

TATSÄCHLICHE UND RECHTLICHE STREITPUNKTE:

A. Einspruch

    1. Mit ihrem am 12. März 2024 eingelegten Einspruch rügt die Beklagte die fehlende internationale Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts in Bezug auf Irland.
    1. Des Weiteren ist die Beklagte der Auffassung, dem Einheitlichen Patentgericht fehle unter Berücksichtigung des in Art. 28 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge (nachfolgend: Wiener Vertragsrechtskonvention, WKV) normierten völkerrechtlichen Rückwirkungsverbots für die Zeit vor Inkrafttreten des EPGÜ die Zuständigkeit.

B. Verletzungsklage

    1. Nach Auffassung der Kläger machen die von der Beklagten hergestellten und vertriebenen Strukturelemente von der technischen Lehre des Streitpatents Gebrauch. Sie sind der Auffassung, erfindungsgemäß gebe die Gussform die dreidimensionale Außenform des Strukturteils wieder. Das Strukturteil müsse in einer solchen Weise hergestellt werden, dass es geeignet sei, in einer Gussform hergestellt zu werden, welche die dreidimensionale Außenform des Strukturteils wiedergebe. Das sei bei der Herstellung durch ein geschäumtes 2-kompontiges Polyurethan, wie es bei den angegriffenen Ausführungsformen zum Einsatz komme, der Fall. Dieses werde üblicherweise in einer Gussform hergestellt, indem die Gussform die Form für das herzustellende Strukturteil vorgebe. Des Weiteren handele es sich bei einem 2-komponentigen Polyurethan auch um ein selbstaufquellendes Schaumharz. Überdies sei das Strukturteil bei den angegriffenen Ausführungsformen auch zumindest teilweise von außen mit einer Schutzschicht beschichtet, die im vorstehend eingeblendeten Querschnitt als 'Außenhaut' bezeichnet sei. Diese Außenhaut bestehe ebenfalls aus einem 2-komponentigen Polyurethan-Harz, welches nicht als Schaumstruktur, sondern als gegossenes, nicht ge-

schäumtes Material ausgestaltet sei. Schließlich bilde das vorhandene Strukturteil einen tragenden Teil des Rahmens. Aus den Erläuterungen der Beklagten zu ihrer 'Frame Technologie' (Anlage K 6) ergebe sich, dass die hier interessierenden Strukturteile einen Rahmen bilden und somit die tragenden Teile des Rahmens seien. Die Beklagte bezeichne ihren Rahmen als 'selbsttragenden Fibre-Frame'.

    1. Die Beklagte stellt die Aktivlegitimation der Klägerin zu 1) in Abrede. Diese stütze ihre angebliche Mitinhaberschaft am Streitpatent auf die als Anlage K 1 überreichte Vereinbarung. Auch wenn die Verfahrensordnung für eine Übertragung des Streitpatents im Vorfeld des Verfahrens keine Regelung enthalte, müsse insoweit auch R. 312 Abs. 1 VerfO entsprechend gelten. Daher könne der neue Inhaber des Streitpatents von vornherein nur insoweit als Kläger auftreten, wie das Patent und die im Verfahren geltend gemachten Ansprüche auf ihn übertragen wurden. Inwieweit bereits entstandene Ansprüche aus der Verletzung eines erworbenen europäischen Patents auf den Rechtserwerber übergehen, bestimme sich aufgrund des Schutzlandprinzips nach den auf die einzelnen nationalen Teile eines europäischen Patents anwendbaren nationalen Rechtsordnungen. Die als Anlage K 1 vorgelegte Vereinbarung enthalte jedoch keine Abtretung der Anteile des Dritt-Widerbeklagten an angeblich bereits entstandenen (quod non) Ansprüchen auf Auskunft und Rechnungslegung, Schadenersatz und Entschädigung aus dem deutschen Teil des Streitpatents an die Klägerin zu 1). Die bloße Erwähnung von 'Ansprüchen' sei nicht hinreichend bestimmt. Daher seien die Anteile an Ansprüchen gegen Dritte wegen Benutzung der Lehre des Streitpatents nicht nach dem anwendbaren deutschen Recht auf die Klägerin zu 1) übertragen worden. Diese sei daher nicht entsprechend R. 312 Abs. 1 VerfO berechtigt. Darüber hinaus hätten die Kläger in ihrer Verletzungsklage auch nicht im Hinblick auf Frankreich, Italien und Slowenien vorgetragen, warum die Klägerin zu 1) Auskunft, Schadenersatz und Entschädigung für Benutzungshandlungen, die sich vor der Übertragung gemäß Anlage K 1 vom 30. Dezember 2022 ereignet haben, verlangen können solle, obwohl sie dazu unter anderem nach R. 13 Abs. 1 lit. f) VerfO verpflichtet gewesen sei. Ohne anderslautenden Vortrag der Kläger sei daher die Vermutung nach R. 8 Abs. 5 lit. c) VerfO widerlegt.
    1. Abgesehen davon machten die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Streitpatents keinen Gebrauch.
    1. Soweit das Strukturteil erfindungsgemäß als Gussteil in einer Gussform hergestellt werden solle, entspreche ein Strukturteil nur dann der Lehre des Streitpatents, wenn es tatsächlich als Gussteil in genau einer Gussform hergestellt worden sei. Das Streitpatent beruhe auf der WO 2017/129589 A1. Nach dem dortigen Anspruch 1 müsse das Strukturteil nur als Gussteil in einer Gussform herstell bar sein. Nachdem dieses Merkmal sowohl in der internationalen Phase als auch der europäischen Phase des Erteilungsverfahrens wegen mangelnder Klarheit gerügt worden sei, sei es dahingehend geändert worden, dass das Strukturteil als Gussteil in einer Gussform her gestellt sei. Eine entsprechende Herstellung sei mithin für eine Verwirklichung der beanspruchten technischen Lehre zwingend.
    1. Des Weiteren müsse das Strukturteil im Rahmen der Herstellung in einer Gussform auch von außen mit der Schutzschicht beschichtet werden.
    1. Soweit das anspruchsgemäße Strukturteil erfindungsgemäß zumindest teilweise von außen mit einer Schutzschicht beschichtet sein solle, sei dies dahingehend zu verstehen, dass die Schutzschicht zumindest teilweise außen liege und nicht noch von einer weiteren Schicht überdeckt sei. Dadurch solle zum einen eine Materialersparnis erreicht und die Fertigung

vereinfacht werden. Zum anderen solle auch eine anspruchsvolle und ansehnliche Oberfläche direkt als Sichtfläche im Fahrzeugaußenbereich bereitgestellt werden. Vor diesem Hintergrund müsse die Schutzschicht jedenfalls in dem Bereich außen anliegen, welcher die Oberfläche als Sichtfläche im Fahrzeugaußenbereich bilde. Ein Strukturteil, dessen Schutzschicht in diesen Bereichen außen durch eine weitere Schicht vollständig bedeckt sei, falle daher nicht unter den Anspruch.

    1. Durch das in Patentanspruch 1 aufgenommene Verfahren würden insgesamt vier vorteilhafte Eigenschaften des Strukturteils beschrieben: Erstens weise die Schutzschicht eine gleichmäßig kontrollierte Dicke auf. Zweitens würden durchdrückende Abstandshalter vermieden. Drittens könne die Schutzschicht besonders dünn ausgestaltet werden, was ein besonders leichtes Bauteil ermögliche. Schließlich seien viertens der Schaumkern und die Schutzschicht besonders eng miteinander verbunden.
    1. Ausgehend von einem solchen Verständnis des Schutzbereichs fehle es an einer Verwirklichung der durch Patentanspruch 1 unter Schutz gestellten technischen Lehre durch die angegriffenen Ausführungsformen.
    1. Bei der Herstellung der angegriffenen Ausführungsformen kämen nicht nur eine, sondern zwei Gussformen zum Einsatz.
    1. Weiterhin erfolge die Beschichtung des Seitenteils mit einer Schutzschicht nicht in derselben Gussform, in der auch das Seitenteil selbst hergestellt werde, sondern in einer zweiten Gussform. Für diesen zusätzlichen Arbeitsschritt würden hakenförmige Abstandshalter benötigt, die in dem Endprodukt verbleiben. Der durch die zweite Gussform erforderliche weitere Arbeitsschritt erschwere die Serienfertigung. Weiterhin könne unter anderem aufgrund der zweiten Gussform und hakenförmiger Abstandshalter keine Rede von einer materialschonenden Herstellung sein. Da die hakenförmigen Abstandshalter nicht verschwinden, sondern nach dem zweiten Prozessschritt (Überfluten mit einem 2-komponentigen Polyurethan-Harz) sichtbar blieben, sei es zusätzlich erforderlich, in einem dritten Prozessschritt außen eine Lackschicht aufzubringen.
    1. Schließlich sei das beanstandete Strukturteil nicht teilweise von außen mit einer Schutzschicht bedeckt. Die Schutzschicht sei vielmehr in den Bereichen, die die Oberfläche im Sichtbereich des Fahrzeugs bilden, durch eine weitere Lackschicht nach außen vollständig bedeckt.
    1. Darüber hinaus fehle es an hinreichendem Vortrag der Kläger zu Benutzungshandlungen, der den Anforderungen des EPGÜ bzw. der Verfahrensordnung entspreche. Gemäß R. 13 Abs. 1 lit. I) VerfO müsse die Verletzungsklage einen oder mehrere Fälle angeblicher oder angedrohter Verletzungshandlungen unter Angabe von Datum und Ort der jeweiligen Handlung sowie die Bezeichnung der angeblichen Patentansprüche enthalten. Für die Zeit vor dem 1. Juni 2023 müssten die Kläger daher für Deutschland, Frankreich, Italien und Slowenien konkrete angebliche Benutzungshandlungen in den einzelnen Ländern darlegen und erläutern, inwiefern diese angeblichen Benutzungshandlungen gemäß dem jeweils anwendbaren nationalen Patentrecht einzelne Patentansprüche der jeweiligen nationalen Teile des Streitpatents verletzen.
    1. Diesen Anforderungen werde die vorliegende Verletzungsklage nicht gerecht. Diese enthalte keinerlei konkreten Vortrag zu angeblichen Benutzungshandlungen vor dem 1. Juni 2023 in Deutschland, Frankreich, Italien und Slowenien.
    1. Der in der Verletzungsklage erwähnte Testkauf scheide als Benutzungshandlung von vornherein aus, da die damit beabsichtigte Lieferung mit Zustimmung der Kläger erfolgt sei.
    1. Die als Anlagen K 5 bis K 7 und K 18 vorgelegte Werbung stelle kein Angebot gemäß Art. 25 lit. a) EPGÜ dar. Auch sei Anlage K 18 verspätet in das Verfahren eingeführt worden, weshalb diese Anlage von vornherein keine Berücksichtigung finden könne. Dem Begriff des Angebots sei in allen authentischen Sprachfassungen gemein, dass das Angebot die Bedingungen der Überlassung hinreichend spezifiziere, so dass es vom Angebotsempfänger mit einem einfachen 'Ja' angenommen werden könne. Ein objektiver Betrachter werde nur dann von der Absicht bzw. Bereitschaft des Anbietenden, den präsentierten Gegenstand dem Angebotsempfänger zu übergeben und damit von einem Angebot i.S.v. Art. 25 lit. a) EPGÜ ausgehen, wenn das Angebot so konkret gefasst sei, dass es vom Angebotsempfänger gegenüber dem Anbietenden ohne Weiteres angenommen werden könne.
    1. Die Kläger sind diesem Vorbringen entgegengetreten. Insbesondere habe die Beklagte im Rahmen außergerichtlicher Vergleichsgespräche ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie von dem Modell 'Deseo' bis Ende 2023 knapp 600 Wohnmobile veräußert habe. Bezüglich des Modells 'Azur' habe die Beklagte nach ihren eigenen Angaben bis Ende 2023 knapp 70 Stück verkauft.

C. Widerklage und Dritt-Widerklage in Bezug auf eine Lizenz

    1. Die Beklagte beruft sich auf eine Nutzungsberechtigung aufgrund einer Lizenz, die nach ihrer Auffassung als Widerklage in Bezug auf eine Lizenz gemäß Art. 32 Abs. 1 lit. a) EPGÜ geltend zu machen ist. Für eine solche Klage sei das Einheitliche Patentgericht im vorliegenden Fall in zeitlicher Hinsicht zuständig, da die hier geltend gemachten Nutzungsrechte zwar aus der Zeit vor dem 1. Juni 2023 herrührten, aber bis zum heutigen Tag fortdauern.
    1. Die Widerklage sei begründet, da sich die Beklagte gegenüber der Klägerin auf vertragliche Nutzungsrechte berufen könne. Die Beklagte handele daher mit Zustimmung der Kläger im Sinne von Art. 25 EPGÜ, weshalb die Rechte aus dem Streitpatent nach Art. 29 EPGÜ erschöpft seien. Daher stehe den Klägern aus dem Streitpatent kein Verbietungsrecht zu.
    1. Gegenüber dem Kläger zu 2) existiere ein Nutzungsrecht aus einem Aufhebungsvertrag. Zwischen dem Kläger zu 2) und der Beklagten bestehe im Hinblick auf die deutsche Patentanmeldung DE 10 2016 101 274.2 und die Nachanmeldung WO 2017/129589, aus der auch das Streitpatent hervorgegangen sei, folgende Vereinbarung:
  • 'Sollte aus der im Entwicklungsvertrag genannten Patentanmeldung (DE 10 2016 101 274.2) oder einer Nachanmeldung aus dieser Patentanmeldung (z.B. WO 2017/129589) ein Patent oder Gebrauchsmuster hervorgehen, verpflichtet sich HÄRTWICH, keine Rechte aus einem derartigen Patent oder Gebrauchsmuster gegen KTG oder einem mit KTG verbundenen Unternehmen geltend zu machen.'
    1. HÄRTWICH meine unter anderem den Kläger zu 2), während KTG die Beklagte sei. Der Kläger zu 2) habe mit der vorstehend eingeblendeten Klausel zum Ausdruck gebracht, dass die Beklagte die Lehre des Streitpatents nutzen dürfe.
    1. Darüber hinaus stünde der Beklagten gegenüber beiden Klägern ein Nutzungsrecht aus einem zwischen dem Dritt-Widerbeklagten, dem Kläger zu 2) (und ihren jeweiligen Unternehmen) sowie der Beklagten geschlossenen Entwicklungsvertrag zu, hinsichtlich dessen Inhalts auf die Anlage rop 10 Bezug genommen wird. Dieser Nutzungsvertrag räume umfassende,

unentgeltliche und unkündbare Nutzungsrechte an der Lehre des Streitpatents ein.

    1. Die von den Klägern durch Kündigungsschreiben vom 16. Oktober 2023 (Anlage rop 12) ausgesprochene Kündigung sei unwirksam. Gekündigt worden sei gemäß § 7 Abs. 2 des Entwicklungsvertrages aus wichtigem Grund. Nach dieser Regelung müsse bei einer solchen Kündigung vorab fruchtlos eine Abhilfefrist gesetzt worden sein. Daran fehle es hier. Überdies sei auch kein die außerordentliche Kündigung rechtfertigender wichtiger Grund gegeben. Die klägerseitig angeführte angebliche Benutzung des Streitpatents sei der Beklagten nach dem Vertrag gestattet und keine Pflichtverletzung. Eine angebliche Nichtweiterführung der Entwicklung werde durch die Kläger nicht substantiiert.
    1. Das vertragliche Nutzungsrecht bestehe gegenüber beiden Klägern und insbesondere auch gegenüber der Klägerin zu 1). Hinsichtlich des deutschen Teils des Streitpatents bestehe Sukzessionsschutz nach dessen anteiliger Übertragung. Insoweit gelte § 15 Abs. 3 des deutschen Patentgesetzes, wonach ein Rechtsübergang oder die Erteilung einer Lizenz nicht Lizenzen berührt, die Dritten vorher erteilt worden sind.
    1. Hinsichtlich des französischen, des italienischen und des slowenischen Teils des Streitpatents fehle dem Einheitlichen Patentgericht in Bezug auf die Klägerin zu 1) nach deren anteiliger Übertragung demgegenüber die verfahrensrechtliche Befugnis. Auch hinsichtlich dieser nationalen Teile könne die Beklagte der Verletzungsklage im Hinblick auf die Klägerin zu 1) ein ihr aus dem Entwicklungsvertrag zustehendes Nutzungsrecht entgegenhalten, und zwar unabhängig davon, ob das jeweils anwendbare Recht einen Sukzessionsschutz vorsehe. Das EPGÜ sehe keine Ansprüche i.S.v. § 194 Abs. des deutschen BGB vor, sondern ausschließlich verfahrensrechtliche Befugnisse nach Art. 56 ff. EPGÜ, aufgrund derer das EPG in seinem Ermessen stehende Rechtsfolgen aussprechen könne. Bei Ausübung seiner verfahrensrechtlichen Befugnisse und bei Anwendung des pflichtgemäßen Ermessens habe das EPG Fairness und Billigkeit durch Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Parteien sicherzustellen und zu berücksichtigen, dass § 11 Abs. 5 des Entwicklungsvertrages die Parteien verpflichte, ihre sich aus der Vereinbarung ergebenden Verpflichtungen ihren Rechtsnachfolgern aufzuerlegen. Diese Pflicht treffe auch den Dritt-Widerbeklagten. Im hiesigen Verfahren könne es der Beklagten nicht zum Nachteil gereichen, dass der Dritt-Widerbeklagte dieser Verpflichtung vertragsbrüchig nicht nachgekommen sei. Vielmehr müsse das Gericht im Rahmen der Ausübung seines Ermessens und seiner verfahrensrechtlichen Befugnisse die Beklagte so stellen, als wäre der Dritt-Widerbeklagte seiner Pflicht aus § 11 Abs. 5 des Entwicklungsvertrages nachgekommen.
    1. Überdies habe das Einheitliche Patentgericht bei seiner Ermessensausübung die gemäß Art. 20, 24 Abs. 1 lit. a) EPGÜ vorranging zu berücksichtigende primärrechtliche Warenverkehrsfreiheit und insbesondere das Verbot mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen sowie aller Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den EU-Mitgliedsstaaten (Art. 34 AEUV) zu achten. Die durch die Einräumung eines Nutzungsrechts aus dem Entwicklungsvertrag am Streitpatent eintretende Erschöpfungswirkung könne nicht wieder entfallen, nur weil es der DrittWiderbeklagte unter Verletzung seiner Pflicht aus § 11 Abs. 5 des Entwicklungsvertrages im Rahmen der Übertragung seines Anteils am Streitpatent versäumt habe, zugunsten der Beklagten seine Stellung als Lizenzgeber der Nutzungsrechte aus dem Entwicklungsvertrag an dem französischen, italienischen und slowenischen Teil des Streitpatents auf die Klägerin zu 1) zu übertragen. Das Einheitliche Patentgericht habe die Beklagte im Verhältnis zur Klägerin zu 1) auch aufgrund der primärrechtlichen Warenverkehrsfreiheit so zu stellen, als wäre der Dritt-Widerbeklagte seiner Pflicht aus § 11 Abs. 5 des Entwicklungsvertrages nachgekommen.
    1. Auch die Dritt-Widerklage sei begründet, da der Dritt-Widerbeklagte aufgrund des Entwicklungsvertrages verpflichtet sei, seine Rechtsstellung als aktueller Lizenzgeber der Nutzungsrechte zugunsten der Beklagten aus dem Entwicklungsvertrag an dem französischen, italienischen und slowenischen Teil des Streitpatents auf die Beklagte zu 1) zu übertragen. Hilfsweise sei in einem ersten Schritt anzuordnen, dass der Dritt-Widerbeklagte seine Rechtsstellung als aktueller Lizenzgeber der Nutzungsrechte zugunsten der Beklagten aus dem Entwicklungsvertrag an dem französischen, italienischen und slowenischen Teil des Streitpatents auf die Klägerin zu 1) überträgt. In einem zweiten Schritt sei die Verletzungsklage abzuweisen.
    1. Nach Auffassung der Klägerin geht aus der durch die Beklagte angesprochenen Vergleichsvereinbarung (Anlage K 20) kein Nutzungsrecht hervor. Die Vereinbarung betreffe ausschließlich das Modell 'Travelino'. Die durch die Beklagte angesprochene Regelung finde sich in der Vergleichsvereinbarung nicht.
    1. Ebenso wenig könne die Beklagte aus dem Entwicklungsvertrag (Anlage rop 10) ein Nutzungsrecht herleiten. In dieser Vereinbarung sei nur geregelt, dass die Beklagte das Modell 'Travelino' weiterbenutzen dürfe. Für alle anderen Entwicklungen sei klargestellt worden, dass ein Recht zur Benutzung einer gesonderten Vereinbarung bedürfe. Die Parteien seien ausweislich des Vertrages davon ausgegangen und hätten dies auch ausdrücklich festgelegt, dass sich das Nutzungsrecht aus dem Lizenzvertrag ergeben könne und für den Zeitraum des Lizenzvertrages bestehe. Die Beklagte habe sich niemals bei den Klägern mit der Bitte gemeldet, einen Lizenzvertrag abzuschließen. Auf Nachfrage der Kläger nach einem Lizenzvertrag habe die Beklagte in Gesprächen darauf hingewiesen, dass sie einen solchen Lizenzvertrag nicht abschließen wolle. Sie gehe davon aus, dass das Streitpatent nicht erteilt werde. Nach der Entwicklung des Modells 'Travelino' habe es Aufträge zur Entwicklung von Rahmenkonzepten für den 'Deseo' und den 'Azur' gegeben. Die Kläger hätten auch für diese Modelle die Rahmenkonstruktion entwickelt und diese Entwicklung der Beklagten präsentiert. Hierzu hätten die Kläger Musterwohnwagen gebaut und der Beklagten präsentiert. Auch hätten die Kläger Zeichnungen sämtlicher Rahmenbauteile, welche sie für diese Modelle entwickelt hätten, präsentiert. Die Rahmenkonstruktion für den 'Deseo' als auch für den 'Azur' sei eigenständig entwickelt worden. Diese beruhe weder auf dem 'Travelino' noch stimme sie mit diesem überein. Es handele sich auch nicht um eine gemeinsame Entwicklung.
    1. Des Weiteren sei der Entwicklungsvertrag auch wirksam gekündigt worden. Obwohl die Kläger die durch die Beklagte beauftragten Rahmenkonzepte einschließlich der Zeichnungen abgegeben hätten, erhielten die Kläger auch auf wiederholte Rückfrage keine Rückmeldung, ob die Beklagte diese umsetzen wolle. Weder sei die Beklagte dem Wunsch nach Abschluss eines Lizenzvertrages nachgekommen noch habe die Beklagte die Kläger darüber informiert, dass sie tatsächlich die Produktion der Modelle 'Azur' und 'Deseo' aufgenommen habe. Die Beklagte habe in einem Zeitraum von sechs Monaten vor der Kündigung keine Auftragsanfragen gestellt. Daher sei die Kündigung gerechtfertigt. Einer Fristsetzung bedürfe es nach dem Vertrag im Fall eines sechsmonatigen Ausbleibens adäquater Auftragsanfragen nicht. Darüber hinaus sei die Kündigung auch deshalb gerechtfertigt, weil die Beklagte die Schutzfähigkeit des Streitpatents in Frage stelle.
    1. Die Dritt-Widerklage stehe unter einer Bedingung und sei bereits deshalb unzulässig. Auch könne sich die Beklagte insoweit nicht mit Erfolg auf Art. 32 Abs. 1 lit. a) EPGÜ stützen. Dieser betreffe ein Recht zur Benutzung am Streitpatent. Die Dritt-Widerklage beruhe jedoch auf der Vorstellung, dass es ein solches Recht zur Benutzung nicht gebe. Es handele sich um einen normalen vertragsrechtlichen Streit, der vor den nationalen Gerichten auszutragen sei. Dem Einheitlichen Patentgericht fehle für lizenzvertragliche Streitigkeiten die Zuständigkeit.
    1. Abgesehen davon sei die Dritt-Widerklage auf ein Nullum gerichtet. Der Dritt-Widerkläger sei weder Inhaber des Streitpatents noch Nutzungsberechtigter. Unabhängig davon sei der Dritt-Widerbeklagte auch nicht verpflichtet, irgendwelche Rechte einzuräumen. Für den durch die Beklagte erhobene Einwand der Vertragsbrüchigkeit sei das Einheitliche Patentgericht bereits nicht zuständig.
    1. Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Insbesondere handele es sich bei der als Anlage K 20 vorgelegten 'Vergleichsvereinbarung' nicht um den in der Klageschrift erwähnten Aufhebungsvertrag. Die Vergleichsvereinbarung stamme aus dem Jahr 2020, während der Aufhebungsvertrag ausweislich der Kündigungen der Kläger im Jahr 2018 geschlossen worden sei. Während der Aufhebungsvertrag laut dem Vortrag in der Klage mit dem Kläger zu 2) abgeschlossen worden sei, wurde die als Anlage K 20 vorgelegte Vergleichsvereinbarung nur mit der Freitec Kunststoffe GmbH abgeschlossen. Schließlich hebe der in der Klageschrift erwähnte Aufhebungsvertrag auf den Entwicklungsvertrag ab. Solches sei in der Vergleichsvereinbarung gemäß Anlage K 20 nicht vorgesehen. Stattdessen rücke die Freitec Kunstoffe GmbH darin lediglich von angeblichen Forderungen gegenüber der Beklagten i.H.v. 181.392,70 EUR ab und einige sich mit dieser auf einen Vergleichsbetrag i.H.v. 50.000,- EUR (Anlage K 20, Erwägungsgrund 3).

D. Vorbenutzungsrecht

    1. Soweit sich die Beklagte weiterhin auf ein Vorbenutzungsrecht beruft, ist sie der Auffassung, ein Solches sei gegenüber der Verletzungsklage als Klage im Zusammenhang mit einem Vorbenutzungsrecht gemäß Art. 34 Abs. 1 lit. g) EPGÜ geltend zu machen. Für eine solche Klage sei das Einheitliche Patentgericht auch in zeitlicher Hinsicht gemäß Art. 32 Abs. 1 lit. g) EPGÜ zuständig, da das hier geltend gemachte Vorbenutzungsrecht zwar aus der Zeit vor dem 1. Juni 2023 herrühre, aber bis zum heutigen Tag fortdauere.
    1. In der Sache stehe der Beklagten ein Vorbenutzungsrecht zu.
    1. Die Beklagte habe der Öffentlichkeit ihren Wohnwagen Eurostar erstmals während der Caravan Motor Touristik (CMT) Messe im Januar 2013 vorgestellt und dafür den 'Red Dot Award' gewonnen. Während der Messe in Stuttgart sei der Katalog 'Caravans' der Beklagten verteilt worden, hinsichtlich dessen Inhalts auf die Anlage rop 14 verwiesen wird. Ab dem gleichen Zeitpunkt habe die Beklagte den Wohnwagen 'Grande Puccini' vertrieben. Insoweit wird auf den als Anlage rop 15 vorgelegten Katalog Bezug genommen. Eine am 1. Februar 2012 durch einen Mitarbeiter der Beklagten erstellte und am 1. März 2012 geänderte technische Zeichnung stelle ein L ong F ibre njection Bugteil mit Fenster dar (Anlage rop 16). Das I dargestellte Bugteil, auf welches in den Anlagen rop 14 und rop 15 Bezug genommen werde, sei ab dem Modelljahr 2013 zum Einsatz gekommen. Im Hinblick auf die Eigenschaften des dargestellten Bugteils findet sich in Anlage rop 16 Folgendes:

'LFI-Formteil

Aussenhaut: Tiefziehteil aus ABS-PMMA RAL9023

3 mm dick mit PE-Schutzfolie

Hinterschäumt mit Glasfaser-Polyurethan-Gemisch

Dichte 0,5kg/dm3

Oberfläche mit Aussenhaut incl. Fensterbereich 445 dm2

Volumen komplett incl. Fensterberich 88 dm3

Tiefzieh-, Schäumwerkzeug und Beschnitt nach 3D-Daten'

    1. Ergänzend verweist die Beklagte hinsichtlich der Eigenschaften des Bugteils auf die deutsche Patentanmeldung DE 10 2013 008 364 A1.
    1. Ein als Anlage rop 17 vorgelegtes Balkendiagramm zeige die Mengen der von dem Unternehmen (nachfolgend: seit 2012 an die Beklagte gelieferten LFI Bug- und Heckteile mit und ohne Fenster für den Wohnwagen Grande Puccini (W23), den Wohnwagen Eurostar (W03) und den Wohnwagen Tabbert Supreme (W29). Zu den von an die Beklagte gelieferten LFI-Bug- und Heckteilen habe auch das in der Anlage rop 16 dargestellte Bugteil für den Wohnwagen Grande Puccini ('Bugwand mit Fenster W23-13, Art.-Nr. R 10132223) gehört. Die von an die Beklagte gelieferten LFI Bugteile für den Wohnwagen Eurostar ('Bugwand mit Fenster 'W03-13', Art.-Nr. R 10132417) seien in ihrer Beschaffenheit mit dem LFI-Bugteil für den Wohnwagen Grande Puccini (Art.-Nr. 10132223) bis auf die Außenfarbe identisch. Gleiches gelte für die von an die Beklagte gelieferten LFI-Bugteile für den Wohnwagen Tabbert Supreme (Bugwand mit Fenster W29-13, Art.-Nr. 10132293).
    1. Auch bei den angegriffenen Ausführungsformen komme eine glasfaserverstärkte Polyurethan-Schaummasse (LFI) zum Einsatz. Die Wohnwagen Eurostar, Tabbert Supreme und Grande Puccini, einschließlich LFI-Bugteilen, wie sie in der Anlage rop 16 dargestellt sind, seien von der Beklagten bereits vor dem Prioritätstag des Streitpatents unter anderem in Deutschland und Frankreich verkauft worden (vgl. Anlagen rop 19-1, rop 19-2 und rop ZA2). Das in Anlage rop 16 darstellte Bugteil verwirkliche sämtliche Merkmale der Patentansprüche 1, 3, 4, 7 und 9 des Streitpatents. Damit habe sich die Beklagte im Prioritätstag des Streitpatents im Erfindungsbesitz befunden.
    1. Das deutsche Vorbenutzungsrecht erstrecke sich aufgrund der Warenverkehrsfreiheit gemäß Art. 28 ff. AEUV auch auf die weiteren vorliegend im Raum stehenden Länder.
    1. Die Klägerin bestreitet das Vorbringen der Beklagten zum Vorbenutzungsrecht mit Nichtwissen. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass die in Anlage rop 16 gezeigten Bauteile die Merkmale des Streitpatents verwirklichen, bei den aufgeführten Wohnwagen verwendet wurden und tatsächlich im Prioritätszeitpunkt des Streitpatents in Wohnwagen eingebaut worden sind.
    1. Das in der vorgenannten Anlage gezeigte Bauteil stelle offensichtlich ein Bug- oder Heckteil dar und betreffe die Außenwand des Wohnwagens. Es handele sich nicht um ein Rahmenteil des Wohnwagens und insbesondere nicht um ein Strukturteil des Rahmens, sondern um ein Füllelement, wie es in der Streitpatentschrift zusätzlich beschrieben werde, und damit um ein Bauteil der Außenhaut, welches nichts mit dem Rahmen zu tun habe. Auch ergebe sich aus den Ausführungen der Beklagten nicht, dass das Bauteil in einer Gussform hergestellt sei. Anlage WK 15 sei zu entnehmen, dass es sich um ein Tiefziehteil handele. Dieses werde im Wege des Tiefziehens der Außenkontur hergestellt. In einem weiteren Schritt werde das Tiefziehteil im Innenbereich mit einer Glasfaser-Polyurethan-Mischung aufgefüllt. Es werde mithin nicht in einer Gussform hergestellt. Mit der DE `364 lasse sich das Vorbenutzungsrecht nicht begründen, da diese nicht die tatsächliche Beschaffenheit des Bauteils wiedergebe. Im

Übrigen sei auch aus der Patentschrift erkennbar, dass es sich um einen Bestandteil der Außenhaut handele. Im Übrigen wäre ein Vorbenutzungsrecht auch räumlich begrenzt.

E. Nichtigkeitswiderklage

    1. Nach Auffassung der Beklagten (Klägerin der Nichtigkeitswiderklage) ist das Streitpatent in vollem Umfang für nichtig zu erklären, da der Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit im Sinne von Art. 138 Abs. 1 lit. b) EPGÜ gegeben sei. Nach Patentanspruch 1 des Streitpatents solle ein Fahrzeugrahmen mit zumindest einem Strukturteil unter Schutz gestellt werden, wobei die vorhandenen Strukturteile im kennzeichnenden Teil dieses Anspruchs dahingehend definiert werden, dass sie einen tragenden Teil des Rahmens bilden. Um den Schutzbereich des Patentanspruchs bestimmen zu können, sei es zunächst essentiell, den Begriff 'Fahrzeugrahmen' zu definieren. Ausgehend von Wikipedia würden als Rahmen oder Fahrgestell eines Fahrzeugs die tragenden Teile eines Fahrzeugs bezeichnet, welche die Funktion haben, den Antrieb, die Karosserie oder die Nutzlast zu tragen. Danach bestehe der Rahmen aus den tragenden Teilen. Anspruchsgemäß sollen die vorhandenen Strukturteile einen 'tragenden Teil' des Rahmens bilden. Demzufolge müssten auch nicht tragende Teile des Rahmens existieren. Es bleibe aber völlig unklar, was die tragenden und die nichttragenden Teile des Rahmens sein sollen.
    1. Darüber hinaus sei die durch Patentanspruch 1 unter Schutz gestellte Lehre des Streitpatents jeweils ausgehend von der DE 198 98 026 A1 (Anlage WK3), der DE 10 2015 111 421 A1 (Anlage WK 4), der DE 10 2013 006 300 A1 (Anlage WK 5), der DE 10 2014 204 369 A1 (Anlage WK 7), der EP 0 670 357 A1 (Anlage WK 26), der DE 10 2013 008 364 A1 (WK 31), einer technischen Zeichnung der Kläger vom 1. Februar 2012 (Anlage WK 15) sowie einem Produktkatalog der Firma Fendt-Caravan vom August 2014 (Anlage WK 19) nicht neu (Art. 24 Abs. 1 lit. c) EPGÜ i.V.m. Art. 138 Abs. 1 lit. a), Art. 54 EPÜ).
    1. Schließlich macht die Beklagte eine mangelnde erfinderische Tätigkeit geltend (Art. 24 Abs. 1 lit. c) EPGÜ i.V.m. Art. 138 Abs. 1 lit. a), Art. 56 EPÜ). In diesem Zusammenhang beruft sich die Beklagte auf eine Kombination der DE 10 2013 215 933 A1 (Anlage WK 6) mit dem allgemeinen Fachwissen bzw. der Anlagen WK 3, WK 4 und WK 5 sowie der EP 1 484 150 A2 (Anlage WK 11), der EP 1 212 189 (Anlage WK 25) i.V.m. dem fachmännischen Wissen bzw. Anlagen WK 3, WK 4, WK 5, WK 11 sowie der Anlage WK 31 in Verbindung mit den Anlagen WK 3 bis WK 7, WK 15 sowie WK 26.
    1. Im Hinblick auf die aus Sicht der Beklagten fehlende Rechtsbeständigkeit der Unteransprüche wird auf das Vorbringen im Rahmen der Nichtigkeitswiderklage Bezug genommen.
    1. Die Kläger und der Dritt-Widerbeklagte verteidigen das Streitpatent in der erteilten Fassung. Hilfsweise machen sie insgesamt 17 Hilfsanträge geltend, hinsichtlich deren Fassung auf das Anlagenkonvolut K 22 Bezug genommen wird.

F. Rechtsfolgen

    1. Nach Auffassung der Beklagten hat das Einheitliche Patentgericht im Hinblick auf Benutzungshandlungen vor dem 1. Juni 2023 keine Befugnisse. Gemäß Art. 56 Abs. 1 EPGÜ seien die Kompetenzen des Einheitlichen Patentgerichts auf die im EPGÜ ausdrücklich genannten Befugnisse beschränkt. Bei der Ausübung der verfahrensrechtlichen Befugnisse der Art. 56 f. EPGÜ als lex fori seien ebenfalls als lex fori einzustufende sonstige Bestimmungen des EPGÜ, z. B. die Art. 25 ff. EPGÜ, für die Feststellung einer Patentverletzung maßgeblich. Nationales

Recht sei allenfalls z.B. im Rahmen einer vertragsrechtlichen Vorfrage anzuwenden. In Folge dessen fehle es dem Einheitlichen Patentgericht an verfahrensrechtlichen Befugnissen, die es ihm gestatten würden, Rechtsfolgen, die aus einer Patentverletzung nach nationalem Recht resultieren, anzuordnen. Daher könne das Einheitliche Patentgericht im Hinblick auf Deutschland, Frankreich, Italien und Slowenien für Benutzungshandlungen aus der Zeit vor Inkrafttreten des EPGÜ keine Anordnungen treffen. Die im Hinblick auf Patentverletzungen nach nationalem Recht fehlenden verfahrensrechtlichen Befugnisse hätten im vorliegenden Fall zusätzlich zur Folge, dass es dem Einheitlichen Patentgericht bereits an der Zuständigkeit gemäß Art. 32 Abs. 1 lit. a) EPGÜ fehle. Hierfür wären vielmehr die nationalen Gerichte zuständig.

    1. Des Weiteren sei das Einheitliche Patentgericht für die Verletzungsklage insofern nicht gemäß Art. 32 Abs. 1 lit. a) EPGÜ zuständig, über die Verletzungsklage zu entscheiden, als sie sich auf die Zeit während des Opt-Outs des Streitpatents vom 15. Mai 2023 bis zum 2. Februar 2024 beziehe.
    1. Soweit die Klägerin eine endgültige Unterlassungsanordnung nach Art. 63 Abs. 1 S. 1 EPGÜ begehre, bedürfe es dafür der Feststellung einer Patentverletzung nach dem 1. Juni 2023, an der es hier fehle. Die Kläger hätten bisher weder für die Zeit nach dem 1. Juni 2023 noch für die Zeit davor irgendeine konkrete Verletzungshandlung dargelegt. Benutzungshandlungen aus der Zeit vor dem 1. Juni 2023 könnten auch nicht als drohende Patentverletzung eine endgültige Verfügung rechtfertigen. Abgesehen davon könne eine Unterlassungsanordnung jeweils nur für diejenigen Handlungsalternativen verlangt werden, hinsichtlich derer tatsächlich eine Patentverletzung festgestellt worden sei.
    1. Außerdem fehle es dem Einheitlichen Patentgericht an der Zuständigkeit, soweit eine Entschädigung für Benutzungshandlungen vor dem 1. Juni 2023 begehrt werde. Da Art. 67 EPÜ den Anspruch auf Entschädigung nur teilweise harmonisiere, müssten in jedem Fall auch die jeweiligen nationalen Voraussetzungen und Rechtsfolgen nach nationalem Recht beachtet werden. Das Einheitliche Patentgericht könne nur dann eine Entschädigung nach dem jeweiligen nationalen Recht zusprechen, wenn die Kläger nachweisen, dass die in den einzelnen EPÜ-Vertragsstaaten geforderten Voraussetzungen gegeben seien. Dazu fehle es an klägerischem Vortrag.
    1. Des Weiteren erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung. Die Entwicklungsvereinbarung zwischen den Parteien habe seit 2016 bestanden. Mithin hätten die Kläger bzw. ihre Rechtsvorgänger seit dem 8. September 2018 von allen Handlungen der Beklagten Kenntnis gehabt oder hätten diese vernünftigerweise erlangen müssen. In Folge dessen seien die Anträge der mit Zustellung am 24. Februar 2024 erhobenen Verletzungsklage im Zusammenhang mit allen Formen der finanziellen Entschädigung in jedem Fall für die Zeit vor dem 24. Februar 2019 gemäß Art. 72 EPGÜ ausgeschlossen. In Bezug auf Deutschland greife nach Art. 72, 24 Abs. 2 und 3 EPGÜ die kürzere Verjährungsregelung von drei Jahren (§§ 195, 199 BGB).
    1. Im Hinblick auf die begehrte Anordnung des Rückrufs, der Entfernung aus den Vertriebswegen und der Vernichtung sei im vorliegenden Fall insbesondere zum einen zu berücksichtigen, dass die Beklagte und die Kläger bzw. ihre Rechtsvorgänger in einer Entwicklungskooperation stünden und der vorliegende Rechtsstreit letztendlich daraus resultiere, dass die Kläger ein außergerichtliches Vergleichsangebot für eine exklusive Lizenz aus objektiv nicht nachvollziehbaren Gründen zurückgewiesen hätten. Die vorliegende Verletzungsklage stelle einen groben Verstoß gegen die aus der Entwicklungskooperation folgenden Treuepflichten

dar. Zum anderen sei zu bedenken, dass die Kläger, wenn sie ein taugliches Produkt entwickelt hätten (quod non), dieses zu einem Durchschnittsverkaufspreis von 650,- EUR an die Beklagte liefern wollten, während der Listenpreis der hier in Rede stehenden Wohnwagen 28.100,- EUR bzw. 41.400,- EUR und damit ein Vielfaches betrage. Die Preisvorstellungen der Kläger bzgl. ihres eigenen Produktes würden daher belegen, dass es sich bei der Lehre des Streitpatents nur um einen ganz untergeordneten Aspekt eines Wohnwagens handele. Daher würde der Rückruf, die Entfernung aus den Vertriebswegen und die Vernichtung der Wohnwagen der Beklagten völlig außer Verhältnis zu der von den Klägern geltend gemachten Verletzung stehen.

    1. Im Hinblick auf den durch die Kläger ebenfalls verlangten vorläufigen Schadenersatz wendet die Beklagte ein, bei dem von der Beklagten ohne Anerkennung einer Rechtspflicht abgegebenen außergerichtlichen Vergleichsangebot in Höhe einer Einmalzahlung von 100.000,- EUR für eine exklusive Lizenz handele es sich um keine taugliche Grundlage zur Zuerkennung eines vorläufigen Schadenersatzes. Die Einführung des von der Beklagten vorgerichtlich unterbreiteten Vergleichsangebots in das Gerichtsverfahren sei zudem ein Verstoß gegen R. 11 Abs. 3 VerfO und führe zu einem Verwertungsverbot.
    1. Die Kläger sind dem entgegengetreten.
    1. Im Hinblick auf die begehrte Unterlassungsanordnung sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin auch Benutzungshandlungen nach dem 1. Juni 2023 vorgetragen habe, die unstreitig geblieben seien.
    1. Soweit sich die Beklagte auf Verjährung berufe, fehle es an Vortrag zu deren Voraussetzungen. Die Kläger hätten vorliegend dadurch Kenntnis von den Verletzungshandlungen erlangt, dass sie ein Bauteil der Beklagten habe überprüfen lassen. Die von August 2023 stammenden Berichte seien im Juli 2023 in Auftrag gegeben worden. Der durch die Beklagte erhobene Verjährungseinwand sei daher nicht nachvollziehbar. Aus der Entwicklungskooperation ergebe sich keine Kenntnis der Patentverletzung.
    1. Den durch die Beklagte im Zusammenhang mit der beklagtenseitig eingewandten Unverhältnismäßigkeit des Rückrufs, der Entfernung aus den Vertriebswegen sowie der Vernichtung behaupteten 'Durchschnittsverkaufspreis' der Beklagten von 650,- EUR bestreiten die Kläger mit Nichtwissen. In diesem Zusammenhang finde seitens der Beklagten keine Berücksichtigung, dass der Verkaufspreis für ein einziges Bauteil (A-Säule rechts) des Rahmens bei 1.187,63 EUR liege. In einem Wohnwagen befänden sich ungefähr 20 solcher Rahmenbauteile. Auch sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der vorliegenden Erfindung um eine fundamentale Weiterentwicklung handele, die dazu führe, dass ein Wohnwagen eine eigenständige Tragstruktur erhalte. Im Stand der Technik wurden die Festigkeit und Struktur des Wohnwagens demgegenüber durch die Einbauten im Inneren erreicht.
    1. Die Zuerkennung eines vorläufigen Schadenersatzes in Höhe von 100.000,- EUR sei unter Berücksichtigung der bereits zugestandenen Verletzungshandlungen angemessen. Soweit sich die Beklagte im Hinblick auf die außergerichtlichen Vergleichsgespräche auf Vertraulichkeit und einen daraus resultierenden Verstoß gegen R. 11.3 VerfO berufe, habe sie zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen, dass die Daten und Informationen nicht an Dritte weitergegeben werden dürften. Vor allem habe die Beklagte nicht bestritten, dass sie insgesamt (bis Ende 2023) 600 Wohnwagen des Modells 'Deseo' und 70 Wohnwagen des Modells 'Azur' verkauft habe. Das allein rechtfertige die Höhe des geltend gemachten Schadenersatzes.

RECHTLICHE WÜRDIGUNG:

    1. Soweit die Klage zunächst auch das Gebiet der Republik Irland umfasst hat, war die insoweit jeweils erklärte teilweise Klagerücknahme gemäß R. 265 Abs. 1 S. 2 VerfO nach Anhörung der jeweils anderen Partei zuzulassen. Das Vorbringen der Beklagten in der Nichtigkeitswiderklage lässt sich so verstehen, dass die Republik Irland nur dann von der Nichtigkeitswiderklage umfasst werden soll, wenn diese im Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtigkeitswiderklage ein Vertragsmitgliedsstaat geworden ist. Da dies nicht der Fall ist, begehrt die Beklagte (Klägerin der Widerklage) im Hinblick auf die Republik Irland keine Entscheidung. Eine Zulassung der durch die Beklagte (Klägerin der Widerklage) lediglich hilfsweise erklärten teilweisen Rücknahme der Nichtigkeitswiderklage war daher entbehrlich.

A. Entscheidung über den Einspruch:

    1. Der Einspruch ist zulässig. Er wurde insbesondere innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klageschrift eingelegt (R. 19.1 VerfO).
    1. Nachdem die Kläger in Bezug auf die Republik Irland keine Entscheidung (mehr) begehren, bedarf die Frage der internationalen Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts für die Verletzungsklage in Bezug auf die Republik Irland keiner Entscheidung mehr.
    1. Im Übrigen ist der Einspruch unbegründet. Das Einheitliche Patentgericht ist gemäß Art. 32 Abs. 1 lit. a) EPGÜ, Art. 2 lit. g), Art. 3 lit. c) EPGÜ für die Klage ohne zeitliche Begrenzung zuständig.
    1. Nach Art. 32 Abs. 1 lit. a) EPGÜ besitzt das Einheitliche Patentgericht unter anderem die ausschließliche Zuständigkeit für Klagen wegen tatsächlicher oder drohender Verletzung von Patenten, wobei diese sachliche Zuständigkeit nach Art. 2 lit. g) EPGÜ auch für Verletzungsverfahren betreffend ein Europäisches Patent besteht, das entsprechend Art. 3 lit. c) EPGÜ zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des EPGÜ noch nicht erloschen war. Die Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts in sachlicher Hinsicht ist demnach vorliegend grundsätzlich eröffnet. Die Kläger machen Ansprüche wegen (vermeintlicher) Benutzung eines europäischen Patents geltend, welches am 1. Juni 2023 noch nicht erloschen war. Den durch sie in Bezug auf das Streitpatent zunächst erklärten Opt-Out hatten die Kläger noch vor dem für die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Einheitliche Patentgericht maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung zum Einheitlichen Patentgericht wieder zurückgenommen, weshalb das vorliegende Verfahren in die Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts fällt (vgl. dazu: UPC_CoA_30/2024, APL_4000/2024, Anordnung v. 16.01.2025, Rn. 82 - Fives ECL v. REEL; UPC_CFI_342/2024 (LK München, Panel 2), Anordnung v. 10.02.2025, Rn. 32 - 36 - Phoenix Contact v. Industria Lombarda Materiale Electrico; UPC_CFI_15/2023 (LK München, Panel 1), Entscheidung v. 15.11.2024, S. 23 - Edwards Lifesciences v. Meril; UPC_CFI_358/2023 (LK Paris), Entscheidung v. 13.11.2024, Rn. 210).
    1. Die Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts umfasst den gesamten mit der Klage geltend gemachten Zeitraum. Dem Einheitlichen Patentgericht ist der Rechtsstreit auch insoweit zur Entscheidung zugewiesen, als mit der Klage Ansprüche wegen (vermeintlichen) Benutzungshandlungen vor dem 1. Juni 2023 (Inkrafttreten des EPGÜ) und vor dem 2. Februar 2024 (Rücktritt vom Opt-Out) geltend gemacht werden. Ein Verstoß gegen Art. 28 WVK ist darin nicht zu erblicken. Bezogen auf die Zuständigkeit ist bereits kein Rückwirkungssachverhalt gegeben. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Ausführungen der Lokalkammer München in der Anordnung vom 10. Februar 2025 (UPC_CFI_342/2024, Panel
  • 2, Rn. 38 - 46 - Phoenix Contact v. Industria Lombarda Materiale Electrico) verwiesen, welche die Kammer teilt.

B. Zulässigkeit der Nichtigkeitswiderklage

    1. Im Hinblick auf die Zulässigkeit der Nichtigkeitswiderklage bestehen keine Bedenken.
    1. Nachdem die Beklagte den irischen Teil des Streitpatents nicht (mehr) mit ihrer Nichtigkeitswiderklage angreift, ist die internationale Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts für die Nichtigkeitswiderklage gegeben. Gemäß Artikel 32 Abs. 1 lit. e) EPGÜ ist das Einheitliche Patentgericht für Widerklagen auf Nichtigkeit von (Europäischen) Patenten ausschließlich zuständig. Da derzeit kein Opt-Out (Art. 83 Abs. 3 EPGÜ) von der ausschließlichen Zuständigkeit des Gerichts in Bezug auf das Streitpatent in Kraft ist, ist das Einheitliche Patentgericht - als gemeinsames Gericht der Mitgliedstaaten des EPGÜ - gemäß Art. 24 Abs. 4, 71a Abs. 2 lit. a), 71b Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 für die vorliegende Widerklage international zuständig.

C. Aktivlegitimation

    1. Die Kläger sind als Inhaber des Streitpatents berechtigt, das Gericht anzurufen, Art. 47 Abs. 1 EPGÜ.
    1. Dass das Streitpatent wirksam von dem Dritt-Widerbeklagten auf die Klägerin zu 1) übertragen wurde, hat die Beklagte in Bezug auf die in der Verletzungsklage noch streitgegenständlichen Länder Deutschland, Frankreich, Italien und Slowenien zu Recht nicht in Abrede gestellt. Abgesehen davon sind die Kläger im Register als Inhaber des Streitpatents eingetragen (vgl. Anlage K 3), so dass zu ihren Gunsten eine widerlegbare Vermutung besteht, dass sie berechtigt sind, als Inhaber des Streitpatents eingetragen zu werden (R. 8.5 lit. a) und c) VerfO).
    1. Für die beklagtenseitig vertretene analoge Anwendung von R. 312 VerfO auf Abtretungen im Vorfeld des Verfahrens fehlt es sowohl an einer gleichen Interessenlage als auch an einer planwidrigen Regelungslücke. Werden ein Patent bzw. eine Patentanmeldung nach Einleitung des Verfahrens auf einen anderen übertragen, stellt sich die Frage, ob und ggf. wie der neue Inhaber in das Verfahren einbezogen werden kann. Davon ausgehend räumt R. 312 Abs. 1 VerfO dem Gericht die Möglichkeit ein, den neuen Inhaber zu ermächtigen, dem Verfahren nach R. 305 VerfO als Partei hinzuzutreten oder an die Stelle einer Partei zu treten, soweit das Patent und die im Verfahren geltend gemachten Ansprüche übertragen wurden. Wurden das Patent bzw. die Patentanmeldung demgegenüber bereits im Vorfeld des Verfahrens abgetreten, bedarf es keiner solchen Ermächtigung zum Beitritt. In diesem Fall ist der neue Inhaber gemäß Art. 47 Abs. 1 EPGÜ i.V.m. R. 8 Abs. 5 lit. a) und c) VerfO von vornherein zur Verfahrenseinleitung berechtigt.
    1. Entgegen der Auffassung der Beklagten wurden mit der als Anlage K 1 vorgelegten Verkaufsund Übertragungserklärung auch Ansprüche auf Auskunft, Schadenersatz und Entschädigung aus der Zeit vor dem 30. Dezember 2022 auf die Klägerin zu 1) übertragen. Dort heißt es unter anderem:

'Hiermit wird ausschließlich der Anteil von Herrn Alexander Christ aus 50679 Köln (DE) an dem Schutzrechtskomplex mit allen Rechten, Pflichten und Ansprüchen auch aus der Vergangenheit auf die Erwerberin, die

Firma

Yellow Sphere Innovations GmbH vertreten durch den GF Herr Guido Endert

[…]

übertragen.

(Hervorhebung hinzugefügt)

    1. Nachdem alle (und damit sämtliche) Rechte, Pflichten und Ansprüche ausdrücklich auch für die Vergangenheit abgetreten werden sollen, bestehen zumindest nach dem anwendbaren deutschen Recht (§ 398 BGB) gegen die Vereinbarung unter Bestimmtheitsgesichtspunkten keine Bedenken (vgl. dazu: Palandt/Grüneberg, 80. Aufl., § 398 Rn. 14 f.). Ebenso wenig besteht entgegen der Auffassung der Beklagten Grund zu der Annahme, die betreffende Regelung sei dahingehend auszulegen, dass lediglich Forderungen im Binnenverhältnis der Vertragsparteien und nicht gegenüber Dritten erfasst sein sollen. Ausgehend vom Wortlaut der Vereinbarung ist klar, dass die Klägerin zu 1) in Bezug auf das Streitpatent sowie die daraus erwachsenden Rechte und Pflichten vollumfänglich an die Stelle des Dritt-Widerbeklagten treten soll.
    1. Die Verkaufs- und Übertragungserklärung bezieht sich auch auf den in der Präambel definierten Schutzrechtskomplex. Sie umfasst daher auch den französischen, italienischen und slowenischen Teil des Streitpatents. Es besteht mithin kein Anlass, an der Aktivlegitimation der Klägerin zu 1) für diese Länder zu zweifeln. Die Beklagte hat die Wirksamkeit der Übertragung nach französischem, italienischem und slowenischem Recht nicht erheblich in Abrede gestellt, sondern sich allein auf die vermeintliche, aber tatsächlich nicht bestehende Unwirksamkeit der Abtretung in Deutschland bezogen.
    1. Da die Kläger die Aktivlegitimation der Klägerin zu 1) bereits unter Bezugnahme auf die als Anlage K 1 zur Akte gereichte Vereinbarung hinreichend dargelegt haben, bedarf die durch die Beklagte darüber hinaus aufgeworfene Frage der Berücksichtigungsfähigkeit späteren Vorbringens an dieser Stelle keiner weiteren Erörterung.

D. Relevanter Fachmann

    1. Der relevante Fachmann ist nach Auffassung der Kammer ein Absolvent der Fachrichtung Maschinenbau (FH) mit Kenntnissen im Bereich Fahrzeugbau, insbesondere im Bereich der Herstellung von Fahrzeugstrukturteilen aus Kunststoff, insbesondere aus geschäumtem Polyurethan.

E. Schutzbereich des Streitpatents

    1. Das Streitpatent betrifft einen Rahmen für ein Fahrzeug mit zumindest einem Strukturteil aus Schaumharz sowie ein Herstellungsverfahren dafür.
    1. Wie der Fachmann den einleitenden Ausführungen in der Streitpatentschrift entnimmt, sind aus dem Stand der Technik verschiedene Strukturteile, insbesondere für den Fahrzeugbau, bekannt. So werden gerade im Wohnmobilbereich Füllelemente einer Rahmenstruktur als Wandelemente verwendet. Diese Füllelemente sind in der Regel plattenartig aufgebaut, dass heißt sie verfügen mehr oder weniger über zwei parallele Außenebenen, zwischen denen eine Zwischenschicht angeordnet ist (Abs. [0002]).
    1. Derartige Füllelemente können mit verstärkten Sandwichbauteilen zum Einsatz kommen. Aus der in der Streitpatentschrift als Stand der Technik gewürdigten Druckschrift DE 10 2013 114 770 A1 sind zum Beispiel ein Herstellungsverfahren sowie das vergleichbare Füllelement bekannt. Derartige Füllelemente werden innerhalb des Werkzeugs zusammengepresst, um eine Verbindung herzustellen. Ferner ist es im Fahrzeugbereich bekannt, die Rahmenteile aus metallischen Stangenprofilen und/oder Stangenprofilen aus Kunststoff herzustellen, um somit den tragenden Teil des Fahrzeugs bilden zu können. Derartige Stangenprofile werden meistens in Strangpressverfahren hergestellt, so dass die dadurch entstehenden Teile mehr oder weniger eine lineare Erstreckung aufweisen. Außerdem ist durch die lineare Erstreckung der Rahmenteile auch mehr oder weniger eine quadratische Grundform des Fahrzeugs vorgegeben (Abs. [0003]).
    1. Darüber hinaus ist aus der DE 10 2013 215 933 A1 ein Strukturbauteil für ein Fahrzeug mit einer mechanischen Verstärkung bekannt. Diese Strukturbauteile weisen keine konkreten Oberflächen auf und sind im Sichtbereich ungeeignet. Auch geht aus der in der Streitpatentschrift als Stand der Technik erwähnten EP 0 670 257 A1 ein Fahrzeug mit vorgefertigten eigensteifen Karosserieelementen, unter anderem mit einem Schaumstoffkern, hervor. Diese Karosserieelemente bilden jedoch keinen Rahmen des Fahrzeugs (Abs. [0004]).
    1. Davon ausgehend liegt dem Streitpatent nach der Streitpatentbeschreibung die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, einen Rahmen für ein Fahrzeug mit einem Strukturteil und ein Verfahren zur Herstellung des Strukturteils bereitzustellen, wobei zumindest teilweise die Nachteile aus dem Stand der Technik überwunden werden. Insbesondere ist es eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein mechanisch festes Strukturteil für den Rahmen eines Fahrzeugs sowie den Rahmen selber zu erhalten, der auch ohne zusätzliche Wärmeisolation auskommt. Ferner ist es erstrebenswert, dass auch eine Serienfertigung des Strukturteils sowie des Rahmens für ein Fahrzeug mit dem Strukturteil erreichbar ist. Dabei soll ein materialschonender Einsatz erreicht werden, so dass wenig überflüssiges Material bei der Herstellung verschwendet wird (Abs. [0005]).
    1. Zur Lösung dieser Aufgabe stellt Patentanspruch 1 des Streitpatents einen Rahmen für ein Fahrzeug unter Schutz, der durch eine Kombination der folgenden Merkmale gekennzeichnet ist:
    1. Rahmen (11) für ein Fahrzeug (10) mit zumindest einem Strukturteil.
    1. Das Strukturteil (15) ist als Gussteil (52) in einer Gussform (50) hergestellt.
  • 2.1. Die Gussform (50) gibt die dreidimensionale Außenform des Strukturteils wieder.

    1. Das Strukturteil (15) ist durch ein selbstaufquellendes Schaumharz (20) gebildet.
    1. Das Strukturteil (15) ist zumindest teilweise von außen mit einer Schutzschicht (19) beschichtet.
    1. Die vorhandenen Strukturteile (15) bilden einen tragenden Teil des Rahmens (11).
    1. Gemäß Art. 69 EPÜ i.V.m. dem Protokoll über dessen Auslegung ist der Patentanspruch nicht nur der Ausgangspunkt, sondern die maßgebliche Grundlage für die Bestimmung des Schutzbereichs eines europäischen Patents. Für die Auslegung eines Patentanspruchs kommt es nicht allein auf seinen genauen Wortlaut im sprachlichen Sinne an. Vielmehr sind die Be-

schreibung und die Zeichnungen als Erläuterungshilfen für die Auslegung des Patentanspruchs stets mit heranzuziehen und nicht nur zur Behebung etwaiger Unklarheiten im Patentanspruch anzuwenden. Das bedeutet aber nicht, dass der Patentanspruch lediglich als Richtlinie dient und sich sein Gegenstand auch auf das erstreckt, was sich nach Prüfung der Beschreibung und der Zeichnungen als Schutzbegehren des Patentinhabers darstellt (UPC_CoA_335/2023, Anordnung v. 26.02.2023 i.V.m. Anordnung v. 11.03.2024, GRUR-RS 2024, 2829, Leitsatz 2. und Rn. 73 - 77 - 10x Genomics v. NanoString; UPC_CFI_452/2023 (LK Düsseldorf), Anordnung v. 09.04.2024, S. 13, GRUR-RS 2024, 7207, Rn. 49 - Ortovox v. Mammut; vgl. auch UPC_CFI_7/2024 (LK Düsseldorf), Entscheidung v. 03.07.2024 - Franz Kaldewei v. Bette; UPC_CFI_239/2024 (LK Den Haag), Entscheidung v. 22.11.2024 - Plant-e v. Arkyne (Bioo)).

    1. Dies vorausgeschickt bedürfen einige Merkmale der Erläuterung:
    1. Patentanspruch 1 stellt einen Rahmen für ein Fahrzeug und damit ein Erzeugnis unter Schutz. Dabei ist der Rahmen zunächst dadurch gekennzeichnet, dass er über zumindest ein Strukturteil verfügt (Merkmal 1.), wobei die vorhandenen Strukturteile einen tragenden Teil des Rahmens bilden (Merkmal 5.).
    1. Das Strukturteil ist seinerseits dadurch gekennzeichnet, dass es durch ein selbstaufquellendes Schaumharz gebildet (Merkmal 3.) und zumindest teilweise von außen mit einer Schutzschicht beschichtet ist (Merkmal 4.). Zusätzlich soll das Strukturteil als Gussteil in einer Gussform hergestellt sein (Merkmal 2.), wobei die Gussform die dreidimensionale Außenform des Strukturteils wiedergibt.
    1. Soweit das Strukturteil erfindungsgemäß von außen mit einer Schutzschicht beschichtet sein soll, ist dies entgegen der Auffassung der Beklagten nicht dahingehend zu verstehen, dass es sich bei der Schutzschicht zwingend um die äußerste Schicht handeln muss. Ebenso wenig muss die Schutzschicht zwingend von außen sichtbar sein. Vielmehr stellt die Streitpatentschrift in Abs. [0014] ausdrücklich klar, dass die Schutzschicht nacharbeitbar und damit insbesondere auch lackierbar ausgestaltet sein kann. Eine Sichtbarkeit von außen spricht das Streitpatent demgegenüber lediglich im Rahmen der Erörterung des in Figur 2 gezeigten Ausführungsbeispiels an (vgl. Abs. [0020]). Ausführungsbeispiele erlauben jedoch regelmäßig so auch hier - keine einschränkende Auslegung des die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs.
    1. Davon ausgehend definiert Patentanspruch 1 somit das unter Schutz gestellte Erzeugnis (Rahmen mit einem Strukturteil) zumindest teilweise durch das Herstellungsverfahren (Herstellung des Strukturteils als Gussteil in einer, die dreidimensionale Außenform des Strukturteils wiedergebende Gussform). Es handelt sich mithin um einen Product-by-Process-Anspruch. Derartige Ansprüche zeichnen sich dadurch aus, dass der technische Inhalt der Erfindung regelmäßig nicht im Verfahren als solchem besteht, sondern in den technischen Eigenschaften, die dem Erzeugnis durch das Verfahren verliehen werden (so auch EPA, Richtlinien zur Prüfung, Teil F, Kapitel IV, 4. Klarheit und Auslegung, Ziff. 4.12.; vgl. auch UPC_CoA_382/2024 (Berufungsgericht), Anordnung v. 14.02.2025, APL_39664/2024 - Abbott v. Sibio). Das Verfahren dient grundsätzlich allein der Definition des Erzeugnisses. Es ist nicht selbst Gegenstand des Schutzes und schränkt diesen nicht ein. Dem Verfahrensmerkmal kommt typischerweise die Aufgabe zu, die mit den sonstigen räumlich-körperlichen Merkmalen noch nicht unterscheidungskräftig umschriebene Sache weiter zu spezifizieren, indem das in den Anspruch aufgenommene Verfahrensmerkmal zu einer bestimmten zusätzlichen Ausgestaltung der Sache führt, welche die Sache von dem Bekannten abgrenzt und
  • unterscheidet. Maßgeblich ist somit, wie der angesprochene Fachmann die Angaben zum Herstellungsweg versteht und welche Schlussfolgerungen er hieraus für die erfindungsgemäße Beschaffenheit der Sache zieht. Führt das Herstellungsverfahren allerdings zu Eigenschaften in dem Erzeugnis, die nur auf diesem Weg erreicht werden und deren Vorhandensein im fertigen Erzeugnis festgestellt werden können, ist das Patent im Ergebnis allerdings auf Erzeugnisse beschränkt, die auf diesem Weg herstellbar sind.

    1. Soweit die Klägerin zunächst die Auffassung vertreten hat, das Strukturteil müsse nur in einer Weise ausgestaltet sein, dass es geeignet sei, in einer Gussform hergestellt zu werden, welche die dreidimensionale Außenform des Strukturteils wiedergibt (vgl. Klageschrift, S. 16, c), wird dies dem vorstehend im Einzelnen beschriebenen Charakter eines Product-by-ProcessAnspruchs nicht gerecht. Entscheidend ist, welche konkreten Merkmale des Erzeugnisses durch die in den Patentanspruch aufgenommenen Verfahrensschritte 'verschlüsselt' sind. Im vorliegenden Fall ist somit maßgeblich, welche physikalischen Eigenschaften des Strukturteils der Fachmann unter Berücksichtigung der Streitpatentbeschreibung daraus ableitet, dass das Strukturteil als Gussteil in einer Gussform hergestellt werden soll, welche die dreidimensionale Außenform des Strukturteils wiedergibt.
    1. Auch wenn Patentanspruch 1 im Erteilungsverfahren eine dahingehende Änderung erfahren hat, dass das Strukturteil nunmehr nicht mehr 'als Gussteil in einer Gussform herstellbar' sein soll, sondern es nunmehr 'als Gussteil in einer Gussform hergestellt' sein soll, lässt sich unabhängig von der bisher durch das Berufungsgericht nicht abschließend geklärten Frage, ob und in welchem Umfang derartige Vorgänge im Erteilungsverfahren im Rahmen der Patentauslegung Berücksichtigung finden können, allein daraus keine Beschränkung des Schutzes auf ein bestimmtes Herstellungsverfahren entnehmen. Entscheidend ist vielmehr, ob sich aus der Patentschrift Anhaltspunkte ergeben, die den Schluss rechtfertigen, die Verwendung des in der Merkmalsgruppe 2. beschriebenen Verfahrens sei aus technischen Gründen zwingend, um zu bestimmten Merkmalen des Erzeugnisses zu gelangen. Dies ist jedoch, wie im Folgenden im Einzelnen dargestellt wird, nicht der Fall.
    1. Soweit sich die Beklagte darauf berufen hat, durch die Angabe des konkreten Herstellungsweges (als Gussteil in einer Gussform) würden Eigenschaften des Strukturteils festgelegt, die nur durch diesen Herstellungsweg erzeugbar seien, nämlich einen Rahmen mit einem stabilen Strukturteil aus Schaumharz mit einer besonders hochwertigen Oberfläche zu erzeugen (Hervorhebung hinzugefügt), fehlt es für Letzteres in der Streitpatentschrift an Anhaltspunkten. Zwar erwähnt das Streitpatent in Abs. [0014] eine anspruchsvolle und ansehnliche Oberfläche, die auch direkt als Sichtfläche im Fahrzeugbereich einsetzbar ist. Jedoch stehen diese Überlegungen im Zusammenhang mit der Einarbeitung der Schutzschicht des Strukturteils in die Gussform. Anders als der Verfahrensanspruch 10 (dort Schritt a)) äußert sich Patentanspruch 1 nicht zu der Frage der Aufbringung der Schutzschicht. Es handelt sich - wie ausgeführt - vielmehr um einen Product-by-Process-Anspruch, der einen Rahmen mit zumindest einem Strukturteil und damit ein Erzeugnis unter Schutz stellt. Dieses muss erfindungsgemäß mit einer - wie auch immer aufgebrachten - Schutzschicht beschichtet sein (Merkmal 4.). Dies gilt umso mehr, da die Schutzschicht auch erst nach Unteranspruch 2 mit dem Schaumharz ausgegossen sein soll.
    1. Aus der in der Merkmalsgruppe 2. beschriebenen Herstellung des Strukturteils in einer die dreidimensionale Außenform des Strukturteils wiedergebenden Gussform folgt nichts Anderes. Zum einen kann die Gussform auch dann die Außen form des Strukturteils wiedergeben, wenn die Aufbringung einer Schutzschicht erst im Anschluss an den Gießvorgang erfolgt. Gefordert ist die Wiedergabe der dreidimensionalen Außenform des Strukturteils, nicht aber,

dass die Innenmaße der Gussform den Außenmaßen des Strukturteils entsprechen. Abgesehen davon kann ein Strukturteil auch dann in einer Gussform hergestellt sein, wenn die Schutzschicht in einem weiteren Verfahrensschritt aufgebracht wird. Mit der Frage der Art und Weise der Aufbringung der Schutzschicht beschäftigt sich Patentanspruch 1 nicht. Er verlangt insbesondere anders als der Verfahrensanspruch 10 auch nicht, dass die Gussform vor dem Einfüllen des gießbaren Schaumharzes in die Gussform zumindest teilweise mit einer Schutzschicht ausgelegt werden soll. Die Art und Weise der Aufbringung der Schutzschicht steht damit im Belieben des Fachmanns, solange diese nur bei dem Endprodukt, dem Strukturteil, vorhanden ist. Die Aufbringung der Schutzschicht kann daher bereits im Rahmen des Eingießens des Schaumharzes oder auch in einer weiteren Gussform in einem weiteren Verfahrensschritt erfolgen. Ebenso ist jede andere Form des Aufbringens der Schutzschicht vom Schutzbereich von Patentanspruch 1 erfasst.

    1. Daraus, dass in Abs. [0005] der Streitpatentbeschreibung die Materialschonung als eine Aufgabe der Erfindung Erwähnung findet, folgt nichts Anderes. Der entsprechende Hinweis bezieht sich auf die Vermeidung der Verschwendung überflüssigen Materials (vgl. Abs. [0005]), nicht aber auf eine mögliche Materialersparnis durch die Verwendung möglichst weniger Arbeitsmittel und damit insbesondere Gussformen. Soweit Abs. [0012] demgegenüber die Wiederverwendung der Gussform hervorhebt, ist dies im Zusammenhang mit dem in Abs. [0009] beschriebenen Verfahren zu lesen. Danach werden die zwischen der Gussform und dem Schaumharz vorhandenen Kontaktflächen zumindest teilweise mit einer Schutzschicht ausgelegt, mit der später das Strukturteil ausgelegt ist. Durch diese (vorherige) Einlage der Schutzschicht ist die Gussform problemlos wiederverwendbar (Abs. [0012]). Anders als Patentanspruch 10 findet ein solches Auslegen mit einer Schutzschicht in Patentanspruch 1 jedoch keine Erwähnung.
    1. Dass das Streitpatent (auch) eine Serienproduktion des Strukturteils ermöglichen will (Abs. [0005]), zwingt zu keiner anderen Bewertung. Wie der Fachmann Abs. [0012] entnimmt, soll die Gussform durch die Einlage der Schutzschicht wiederverwendbar sein, weshalb baugleiche Strukturteile in klein- und mittelgroßen Serien auf einfache Art und Weise hergestellt werden können. Damit gelten die vorstehenden Ausführungen zur Materialersparnis hier entsprechend, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird. Abgesehen davon ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sich eine solche Serienproduktion allein mithilfe der Verwendung einer (einzigen) Gussform herstellen lässt.
    1. Dafür, dass das Streitpatent, wie von der Beklagten vertreten, eine gleichmäßige Dicke der Schutzschicht anstrebt, die sich nur mit dem in Patentanspruch 1 beschriebenen Verfahren realisieren lässt, findet sich in der Streitpatentschrift kein Anhaltspunkt. Dem Streitpatent geht es um die Bereitstellung eines mechanisch festen Strukturteils für den Rahmen eines Fahrzeuges, der ohne zusätzliche Wärmeisolation auskommt (vgl. Abs. [0005] und [0011]). Da bei dem Herstellungsverfahren bereits eine Schutzschicht des Strukturteils in die Gussform eingearbeitet wird, erhalten die Strukturteile eine anspruchsvolle und ansehnliche Oberfläche, die auch direkt im Fahrzeugaußenbereich einsetzbar ist (Abs. [0014]). Dass es dafür einer exakt gleichmäßigen Dicke der Schutzschicht bedarf, ist nicht ersichtlich.
    1. Ebenso wenig findet der Fachmann in der Streitpatentschrift einen Hinweis auf eine möglichst dünne Gestaltung der Schutzschicht. Zwar soll insgesamt ein sehr stabiles, aber leichtes Fahrzeug bereitgestellt werden (vgl. Sp. 4, Z. 58 - Sp. 5, Z. 2). Dass dieser Vorteil durch eine besonders dünne Gestaltung der Schutzschicht erreicht werden soll, lässt sich der Streitpatentschrift jedoch nicht entnehmen. Die Dicke der Schutzschicht wird im Streitpatent nicht diskutiert. Entscheidend ist vielmehr die Bildung des tragenden Teils des Rahmens für ein

Fahrzeug durch Strukturteile, die aus einem selbstquellenden Schaumharz ausgebildet sind.

    1. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung weiterhin darauf verwiesen hat, bei Einsatz des in Patentanspruch 1 beschriebenen Verfahrens bedürfe es keiner Abstandhalter, welche die äußere Schutzschicht verletzen, hat der Fachmann in seine Überlegungen einzubeziehen, dass das Strukturteil erfindungsgemäß 'zumindest teilweise' von außen mit einer Schutzschicht beschichtet sein soll (Merkmal 4.). Eine ununterbrochene, das Strukturteil vollständig bedeckende Schutzschicht ist für eine Verwirklichung der unter Schutz gestellten technischen Lehre somit keine Bedingung.
    1. Dass es für die mit der Erfindung angestrebten Bereitstellung eines mechanisch festen und zugleich wärmeisolierten Bauteils einer besonders engen und ausschließlich mit dem in Patentanspruch 1 beschriebenen Verfahren realisierbaren Verbindung zwischen dem selbstaufquellenden Schaumharz des Kerns und der Schutzschicht bedarf, lässt sich der Streitpatentschrift nicht entnehmen.
    1. Die durch die Beklagte weiterhin angesprochene Schaffung von Oberflächen, die keiner weiteren Nachbearbeitung bedürfen, thematisiert das Streitpatent allein im Zusammenhang mit der Auslegung der Gussform mit einer Schutzschicht und der sich anschließenden Verbindung des aufquellenden Schaumharzes mit der Schutzschicht (Abs. [0009] bzw. mit der Einarbeitung einer Schutzschicht des Strukturteils in die Gussform (vgl. Abs. [0014]). Das Auslegen der Gussform findet jedoch in Patentanspruch 1, anders als im Verfahrensanspruch 10 (dort Schritt a)), keine Erwähnung. Wie bereits ausgeführt beschäftigt sich Patentanspruch 1 nicht mit dem Aufbringen der Schutzschicht. Ausreichend, aber auch erforderlich ist dort vielmehr, dass das Strukturteil zumindest teilweise mit einer - wie auch immer aufgebrachten - Schutzschicht beschichtet ist.
    1. Nähert sich der Fachmann der Frage, welche Eigenschaften erfindungsgemäß mit dem in der Merkmalsgruppe 2. beschriebenen Verfahren verbunden sind, wird er vielmehr den in den Abs. [0002] - [0004] beschriebenen Stand der Technik in seine Erwägungen einbeziehen. Danach waren einerseits plattenartige Füllelemente einer Rahmenstruktur bekannt, die mehr oder weniger über zwei parallele Außenebenen verfügen, zwischen denen eine Zwischenschicht angeordnet ist. Darüber hinaus war es vorbekannt, Rahmenteile in Form von Stangenprofilen herzustellen, die einen tragenden Rahmen bilden. Diese, aus Metall oder Kunststoff bestehenden und im Strangpressverfahren hergestellten Stangenprofile weisen eine mehr oder weniger lineare Erstreckung auf, weshalb die daraus gebildeten Rahmenteile eine mehr oder weniger quadratische Grundform eines Fahrzeugs vorgeben.
    1. Die im Stand der Technik bekannten Bauteile zeichnen sich mithin dadurch aus, dass sie entweder nicht strukturfest sind (Füllelemente) und (daher) keinen tragenden Teil des Rahmens des Fahrzeugs bilden. Oder sie verfügen zwar über die für die tragenden Teile des Rahmens erforderliche Festigkeit, lassen jedoch aufgrund der Verwendung von im Strangpressverfahren hergestellten Bauteilen nur eine sehr begrenzte Formensprache (quadratische Grundform eines Fahrzeugs) zu.
    1. Wie der Fachmann Abs. [0005] der Streitpatentbeschreibung weiter entnimmt, sollen mithilfe der Erfindung die im Stand der Technik vorhandenen Nachteile überwunden und ein mechanisch festes und tragendes Strukturteil für den Rahmen eines Fahrzeugs der Rahmen selbst bereitgestellt werden.
    1. Der Überwindung der mit dem Strangpressverfahren verbundenen begrenzten Formensprache trägt die Merkmalsgruppe 2. Rechnung: Soll das aus Schaumharz gebildete Strukturteil als Gussteil in einer Gussform hergestellt werden, welche die dreidimensionale Außenform des Strukturteils wiedergibt (Merkmalsgruppe 2.), lässt sich eine flexiblere Formensprache des Strukturteils realisieren; die im Stand der Technik aufgrund der linearen Erstreckung der Rahmenteile bestehenden Begrenzungen der Formensprache entfallen. Anders als im Stand der Technik ist der Rahmen nicht mehr aus Stangenprofilen gebildet. Vielmehr bilden die aus selbstaufquellendem Schaumharz gebildeten Strukturteile einen tragenden Teil des Rahmens (Merkmal 5.), wobei die Strukturteile nicht nur die dafür notwendige Zugfestigkeit aufweisen, sondern eine beliebige, an die jeweiligen Bedürfnisse des betreffenden Fahrzeugs angepasste Formensprache aufweisen.
    1. Da die Strukturelemente aus selbstaufquellendem Schaumharz gebildet sind (Merkmal 3.), welches sowohl eine Wärmeisolierung des Fahrzeugs gewährleisten als auch über die notwendige Zugfestigkeit verfügen kann (vgl. Abs. [0015] und Unteranspruch 7), handelt es sich um ein mechanisch festes und tragendes Strukturteil für den Rahmen eins Fahrzeugs, der auch ohne zusätzliche Wärmeisolation auskommt.

F. Nichtigkeitswiderklage

    1. Die Nichtigkeitswiderklage hat in der Sache keinen Erfolg.

I. Ausführbarkeit der Erfindung

    1. Daran, dass die Erfindung gemäß Patentanspruch 1 so deutlich und vollständig offenbart ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann und damit die Voraussetzungen des Art. 83 EPÜ erfüllt werden, bestehen keine Zweifel.
    1. Die Beklagte führt zur Begründung der aus ihrer Sicht fehlenden Ausführbarkeit aus, Patentanspruch 1 definiere einen Fahrzeugrahmen mit zumindest einem Strukturteil, das einen tragenden Teil des Rahmens bilde. Demzufolge müssten auch nicht tragende Teile eines Rahmens existieren. Es sei nicht klar, was die tragenden Teile und die nicht tragenden Teile sein sollen. Diese Überlegungen betreffen jedoch nicht die Ausführbarkeit, sondern allenfalls die Klarheit des Anspruchs. Diese ist jedoch kein Nichtigkeitsgrund im Sinne von Art. 138 EPÜ. Das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten ist daher von vornherein nicht geeignet, die Rechtsbeständigkeit des Streitpatents erheblich in Abrede zu stellen.

II. Neuheit

    1. Der durch die Beklagte entgegengehaltene Stand der Technik nimmt die technische Lehre des Streitpatents nicht neuheitsschädlich vorweg.

1. Maßstab der Neuheitsprüfung

    1. Eine technische Lehre ist neu, wenn sie in wenigstens einem der bekannten Merkmale von dem im Stand der Technik Vorhandenen abweicht. Im Stand der Technik vorweggenommen ist nur das, was sich für eine mit dem jeweiligen technischen Gebiet vertrauten Fachperson unmittelbar aus der Veröffentlichung oder Vorbenutzung ergibt (vgl. UPC_CoA_382/2024 (Berufungsgericht), Anordnung v. 14.02.2025, APL_39664/2024 - Abbott v. Sibio). Erkenntnisse, die ein Fachperson erst aufgrund weiterführender Überlegungen oder der Heranziehung weiterer Schriften oder Benutzungen gewinnt, sind nicht Stand der Technik (vgl. UPC_CFI_16/2024 (LK Düsseldorf), Entscheidung v. 14.01.2025 - Ortovox v. Mammut;

UPC_CFI_7/2024 (LK Düsseldorf), Entscheidung v. 03.07.2024 -Kaldewei v. Bette; UPC_CFI_239/2024 (LK Den Haag), Entscheidung v. 22.11.2024 - Plant-e v. Arkyne (Bioo)).

2. Neuheitsprüfung im Einzelfall

    1. Davon ausgehend erweist sich die durch Patentanspruch 1 unter Schutz gestellte technische Lehre gegenüber dem von der Beklagten entgegengehaltenen Stand der Technik als neu.

a) DE 198 98 026 A1 (Anlage WK 3, nachfolgend: DE `026)

    1. Dies gilt zunächst im Hinblick auf die DE `026.
    1. Die Entgegenhaltung stellt ein Verfahren zur Herstellung von Kunststoff-Formteilen und insbesondere zur Herstellung von Autodächern unter Schutz (vgl. Patentanspruch 1). Dabei wird in einem ersten Arbeitszyklus ein aus Polyurethanschaum mit in diesen eingebetteten Verstärkungseinlagen bestehender Schaumkern hergestellt. In einem zweiten Arbeitszyklus wird der Schaumkern mit einer Beschichtung versehen, indem der vorgefertigte Schaumkern in eine Form eingebracht und in dieser mit der zu beschichtenden Seite präzise beabstandet von einem Boden der Form gehaltert wird. Sodann wird er Hohlraum zwischen dem Formboden und dem Schaumkern bis zur vollständigen Ausfüllung mit flüssigem Polyurethan geflutet.
    1. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei dem auf diesem Wege herzustellenden Strukturteil um den Bestandteil eines Fahrzeugrahmens handelt, finden sich in der Entgegenhaltung ebenso wenig wie dafür, dass die vorhandenen Strukturteile tragende Teile des Rahmens bilden. Es fehlt mithin unabhängig davon, ob es sich bei Polyurethan um ein selbstaufquellendes Schaumharz handelt, jedenfalls an einer Offenbarung der Merkmale 1. und 5.

b) DE 10 2015 111 421 A1 (Anlage WK 4, nachfolgend: DE `421)

    1. Auch in der DE `421 wird die durch Patentanspruch 1 unter Schutz gestellte technische Lehre nicht neuheitsschädlich offenbart.
    1. Die dort unter Schutz gestellte Erfindung betrifft ein Flächenelement für ein Campingfahrzeug, insbesondere Wohnwagen, Reisemobile etc. (Abs. [0001]). Der Begriff 'Flächenelement' umfasst dabei die Seitenwände oder Abschnitte von Seitenwänden von Campingfahrzeugen. Auch das Dach, der Boden oder Bodenabschnitte sowie die Heckwand oder Heckwandabschnitte fallen darunter (Abs. [0002]).
    1. Wie der Fachmann Patentanspruch 1 sowie Abs. [0005] der Entgegenhaltung weiter entnimmt, umfasst das Flächenelement
    1. eine Rahmenstruktur (6, 12, 20), die aus einem aus einer Ausbringvorrichtung ausbringbaren, aushärtbaren Material geformt ist,
    1. zwei mit der Rahmenstruktur verbundene Deckschichten (4, 7; 13, 16; 17, 23), zwischen denen die Rahmenstruktur angeordnet ist, und
    1. Isoliermaterial (1, 15, 21), welches mindestens teilweise die Zwischenräume (14) der Rahmenstruktur ausfüllt und ebenfalls zwischen den Deckschichten angeordnet ist.
    1. Eine mögliche Ausgestaltung des Flächenelementes ist in Figur 4 der Entgegenhaltung veranschaulicht:
    1. Hinsichtlich des Materials der Rahmenstruktur entnimmt der Fachmann Abs. [0010] der Entgegenhaltung, dass es vorzugsweise aus einer Gruppe, bestehend aus (verstärktem) Kunststoff oder durch Reisschalen verstärktem Kunststoffschaum, besteht. Diese Materialien hätten besonders günstige physikalische Eigenschaften und würden sich gut zum Herstellen einer Rahmenstruktur eines erfindungsgemäßen Flächenelements, z.B. im Gießverfahren, eignen.
    1. Wie der Fachmann aus Abs. [0008] der Entgegenhaltung erfährt, ermöglicht das unter Schutz gestellte Verfahren eine beliebige Geometrie der Rahmenstruktur.
    1. Hinweise darauf, dass die vorhandenen Strukturteile allerdings einen tragenden Teil des Rahmens des Fahrzeugs bilden, finden sich in der Entgegenhaltung nicht. Es fehlt mithin jedenfalls an der Offenbarung von Merkmal 5.

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c) DE 10 2013 006 300 A1 (Anlage WK 5, nachfolgend: DE `300)

    1. Auch die DE `300 offenbart ein Verfahren zur Herstellung eines Strukturbauteils. Dabei wird ein bereitgestellter Leichtbaukern in einem Werkzeug unter Zuhilfenahme von Abstandshalterelementen in einer Vormontageposition, in der der Leichtbaukern allseitig beabstandet von den Innenwandungsflächen des Werkzeugs angeordnet ist, positioniert. Sodann wird eine flüssige, aushärtbare Schaummasse in das Werkzeug eingebracht, wobei die Schaummasse den Leichtbaukern allseitig umflutet. Nachdem die Schaummasse im geschlossenen Werkzeug ausgehärtet ist und eine Schale des Strukturteils gebildet wurde, wird das Werkzeug geöffnet und das so gebildete Strukturteil entnommen (vgl. Patentanspruch 1).
    1. Wie der Fachmann Abs. [0061] der Entgegenhaltung entnimmt, ist das Strukturbauteil bei einer vorteilhaften Gestaltung als Stützelement oder als Trägerbauteil, insbesondere für einen Fahrzeugspiegel, eine Fahrzeugleuchte, ein Fahrzeugkennzeichen oder als Haltegriff für ein Fahrzeug ausgebildet (vgl. auch Abs. [0124]).
    1. Nicht offenbart ist auch hier, dass die so hergestellten Strukturteile einen tragenden Teil des Rahmens des Fahrzeugs bilden (Merkmale 1. und 5.).

d) DE 10 2014 204 369 A1 (Anlage WK 7, nachfolgend: `369)

    1. Die Entgegenhaltung betrifft ein Verfahren zum Herstellen einer tragenden Fahrzeugstruktur, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass ein Kern und zumindest eine Schale geformt

und die Schale sodann auf den Kern aufgesetzt wird (vgl. Patentanspruch 1 und Abs. [0005]).

    1. Die nachfolgend eingeblendete Figur 1 der Entgegenhaltung zeigt eine tragende Fahrzeugstruktur, die nach dem in der Entgegenhaltung offenbarten Verfahren hergestellt wurde. Figur 3 ist ein Schnitt entlang der Linie B-B:
    1. Hinsichtlich des Materials des Kerns entnimmt der Fachmann Abs. [0008], dass dieser vorzugsweise aus Schaum gefertigt ist, wobei Kunststoffschaum oder Metallschaum zur Anwendung kommt. Der Schaum wird dabei vorzugsweise in einer Gussform geformt. Dies deutet, ohne dass dies in der Entgegenhaltung ausdrücklich offenbart wäre, darauf hin, dass das Schaummaterial selbstaufquellend ist. Es stellt sich aber die Frage, ob mit der allgemeinen Offenbarung eines Kunststoffschaums zugleich auch offenbart ist, dass das Strukturteil durch ein selbstaufquellendes Schaum harz im Sinne von Merkmal 3. gebildet ist.
    1. Letztlich kommt es darauf zumindest im Rahmen der Neuheitsprüfung nicht an.
    1. Da bei der in der Entgegenhaltung offenbarten Lösung lediglich zwei starre Körper (Schalen 6) miteinander verbunden sind, innerhalb derer sich ein Kern (5) befindet, fehlt es jedenfalls an der durch Merkmal 4. geforderten Beschichtung des Strukturteils mit einer Schutzschicht (Hervorhebung hinzugefügt).
    1. Hinzu kommt, dass die Merkmalsgruppe 2. des Streitpatents verlangt, dass das Strukturteil in einer Gussform hergestellt wird, welche die dreidimensionale Außenform des Strukturteils wiedergibt. Für das Erzeugnis folgt daraus, dass die äußere Form des im Endprodukt zumindest teilweise beschichteten Kerns der äußeren Form des Strukturteils entspricht. Dies ist bei der in der DE `369 offenbarten Lösung jedoch nicht der Fall. Wie der Fachmann Abs. [0005] und [0034] entnimmt, ist die Geometrie des Kerns unabhängig von der Schale gestaltbar, so dass der Kern beispielsweise nur stellenweise an der Schale anliegt und an einer anderen Stelle Hohlräume verbleiben (vgl. auch die vorstehend eingeblendete Figur 3). Dies ist erfindungsgemäß durch die in Merkmal 2.1. enthaltene Vorgabe, wonach die Gussform die dreidimensionale Außenform des Strukturteils vorgibt, jedoch ausgeschlossen.

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e) EP 0 670 257 A1 (Anlage WK 26, nachfolgend: DE `257)

    1. Gegenstand der in der Streitpatentbeschreibung in Abs. [0004] gewürdigten DE `257 ist ein Leichtbaufahrzeug mit einer selbsttragenden Karosserie aus faserverstärktem Kunststoff sowie eine entsprechende Karosserie, wie sie beispielhaft in der nachfolgend eingeblendeten Figur 1 der Entgegenhaltung gezeigt ist:

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    1. Der Kern der offenbarten Erfindung wird auf S. 3, Z. 12 - 26 der Entgegenhaltung wie folgt erläutert:

'Durch die vorliegende Erfindung soll nun ein völlig neues Konstruktionsprinzip für ein Leichtbaufahrzeug mit selbsttragender Kunststoffkarosserie bereitgestellt werden, welches dem Werkstoff faserverstärkter Kunststoff besser gerecht wird, seine speziellen Möglichkeiten besser ausnützt und eine rationelle Serienfertigung der Karosserie und damit des gesamten Leichtbaufahrzeugs zulässt.

Das Leichtbaufahrzeug, das dieser Aufgabenstellung gerecht wird, besitzt eine selbsttragende Karosserie aus faserverstärktem Kunststoff , welche aus vorgefertigten Karosserie-Elementen zusammengesetzt ist, die längs ihren Stosslinien durch aushärtendes Kunstharz miteinander verbunden sind, und ist erfindungsgemäss dadurch gekennzeichnet, dass die vorgefertigten Karosserie-Elemente eigensteif (formstabil) ausgebildet sind und grossflächige Grenzflächen zu den jeweils benachbarten Karosserie-Elementen aufweisen, und dass die Karosserie-Elemente laminierungsfrei grossflächig auf Stoss jeweils nur im Bereich ihrer Grenzflächen untereinander verbunden sind. Dabei sind die einzelnen Karosserie-Elemente mit Vorzug als Ganzes oder wenigstens in der Nähe ihrer mit den benachbarten Karosserie-Elementen verklebten und ggf. teilweise mittels Formschluss verbundenen Stoss- bzw. Grenzflächen als Kastenstruktur mit einem Schaumstoffkern und einem vorzugsweise faserverstärkten Kunststoffmantel ausgebildet. Die erfindungsgemässe selbsttragende Karosserie ist entsprechend ausgebildet.'

(Hervorhebungen hinzugefügt)

    1. Offenbart ist mithin eine selbsttragende Karosserie, nicht aber ein Rahmen für ein Fahrzeug, bei dem die Strukturelemente einen tragenden Teil des Rahmens bilden (Merkmale 1. und 5. von Patentanspruch 1).

f) DE 10 2013 008 364 A1 (WK 31, nachfolgend: DE `364)

    1. Die Entgegenhaltung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Strukturbauteils für Außenanwendungen mit einer hochwertigen Oberfläche und ein Strukturbauteil. Bei derartigen Strukturbauteilen handelt es sich beispielsweise um Karosserieteile oder andere Fahrzeugteile, wie Fronthaube für Traktoren oder deren Elemente, Kühlerhauben, Frontblenden,
  • Schürzen, Abdeckungen oder andere Strukturbauteile, die in einem Fahrzeug im Außenbereich eingesetzt werden und die dementsprechend eine hochwertige Oberfläche aufweisen (Abs. [0002] f. und [0011], Hervorhebung hinzugefügt).

    1. Nicht offenbart ist daher ein Rahmen für ein Fahrzeug mit zumindest einem Strukturteil, wobei die vorhandenen Strukturteile einen tragenden Teil des Rahmens bilden (Merkmale 1.

g) technische Zeichnung vom 1. Februar 2012 (Anlage WK 15)

    1. Soweit die Beklagte die aus ihrer Sicht fehlende Neuheit unter Verweis auf das als Anlage WK 15 vorgelegte technische Zeichnung zu begründen versucht, ist weder hinreichend vorgetragen noch ersichtlich, dass es sich dabei um ein Strukturteil eines Rahmens im Sinne der Merkmale 1. und 5. von Patentanspruch 1 handelt.
    1. Im Übrigen gelten im Hinblick auf den Einwand der offenkundigen Vorbenutzung die Ausführungen zum Vorbenutzungsrecht entsprechend.

h) Produktkatalog der Firma Fendt-Caravan vom August 2014 (Anlage WK 19)

    1. Vergleichbares gilt schließlich auch im Hinblick auf den als Anlage WK 19 vorgelegten Produktkatalog der Firma Fendt-Caravan aus dem Jahr 2024.
    1. Dass es sich bei den dort beschriebenen und durch das LFI-Verfahren hergestellten Frontmodulen für Caravans um Strukturteile eines Fahrzeugrahmens handelt, die einen tragenden Teil des Rahmens bilden, ist nicht ersichtlich. Dass diese Inserts, wie etwa Fenster, aufnehmen können, reicht dafür nicht aus.

III. Erfinderische Tätigkeit

1. Prüfungsmaßstab

    1. Gemäß Art. 56 EPÜ gilt eine Erfindung als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt.
    1. Nach Auffassung der Zentralkammer München (UPC_CFI_1/2023 (CD München), Entscheidung vom 16.07.2024 - Sanofi v. Amgen), der sich die Lokalkammer Düsseldorf bereits in der Vergangenheit angeschlossen hat (UPC_CFI_363/2023, Entscheidung vom 10.10.2024, - Seoul Viosys v. expert; UPC_CFI_16/2024, Entscheidung v. 14.01.2025 - Ortovox v. Mammut), bedarf es im Rahmen der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit immer einer Beurteilung im Einzelfall unter Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen und Umstände. Dabei ist ein objektiver Ansatz zu wählen. Die subjektiven Vorstellungen des Anmelders oder Erfinders sind unerheblich. Es ist nur relevant, was die beanspruchte Erfindung tatsächlich zum Stand der Technik beiträgt.
    1. Die erfinderische Tätigkeit ist aus der Sicht des Fachmanns auf der Grundlage des gesamten Standes der Technik einschließlich des allgemeinen Fachwissens zu beurteilen. Es ist davon auszugehen, dass der Fachmann zum maßgeblichen Zeitpunkt Zugang zum gesamten allgemein zugänglichen Stand der Technik hatte. Entscheidend ist, ob sich der beanspruchte Gegenstand so aus dem Stand der Technik ergibt, dass der Fachmann ihn aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten gefunden hätte, z. B. durch naheliegende Abwandlungen des bereits Bekannten.
    1. Um zu beurteilen, ob eine beanspruchte Erfindung für einen Fachmann naheliegend war oder nicht bedarf es zunächst der Bestimmung eines Ausgangspunktes im Stand der Technik. Es muss begründet werden, warum der Fachmann einen bestimmten Teil des Standes der Technik als realistischen Ausgangspunkt ansehen würde. Ein Ausgangspunkt ist realistisch, wenn seine Lehre für einen Fachmann von Interesse gewesen wäre, der zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents ein ähnliches Erzeugnis oder Verfahren wie das im Stand der Technik offenbarte zu entwickeln suchte, das also ein ähnliches Grundproblem wie die beanspruchte Erfindung hat (vgl. UPC_CoA_335/2024, Anordnung v. 26.02.2024, S. 34 - NanoString v. 10x Genomics, unter 'cc' in der deutschen Originalfassung, 'Für eine Fachperson, die sich zum Prioritätszeitpunkt des Verfügungspatents vor die Aufgabe gestellt sah, war [...] D 6 von Interesse'). Es kann mehrere realistische Ausgangspunkte geben, wobei es nicht notwendig, den 'vielversprechendsten' Ausgangspunkt zu bestimmen.
    1. Vergleicht man den beanspruchten Gegenstand nach Auslegung mit dem Stand der Technik, so stellt sich die Frage, ob es für den Fachmann naheliegend gewesen wäre, ausgehend von einer realistischen Offenbarung des Standes der Technik in Anbetracht des zugrundeliegenden Problems zu der beanspruchten Lösung zu gelangen. Wenn es nicht naheliegend war, zu dieser Lösung zu gelangen, erfüllt der beanspruchte Gegenstand die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ.
    1. Im Allgemeinen ist eine beanspruchte Lösung naheliegend, wenn der Fachmann, ausgehend vom Stand der Technik, motiviert wäre (d.h. einen Anreiz hätte, siehe den CoA in NanoString v. 10x Genomics, S. 34), die beanspruchte Lösung in Betracht zu ziehen und als nächsten Schritt ('nächster Schritt', vgl. UPC_CoA_335/2024, Anordnung v. 26.02.2024, S. 35, zweiter Absatz - NanoString v. 10x Genomics) bei der Entwicklung des Standes der Technik umzusetzen. Andererseits kann es von Bedeutung sein, ob der Fachmann mit besonderen Schwierigkeiten bei der Durchführung des nächsten Schritts oder der nächsten Schritte gerechnet hätte. Je nach den Tatsachen und Umständen des Falles kann es zulässig sein, Offenbarungen aus dem Stand der Technik zu kombinieren.
    1. Eine technische Wirkung oder ein Vorteil, der durch den beanspruchten Gegenstand im Vergleich zum Stand der Technik erzielt wird, kann ein Hinweis auf erfinderische Tätigkeit sein. Ein Merkmal, das willkürlich aus mehreren Möglichkeiten ausgewählt wurde, kann im Allgemeinen nicht zur erfinderischen Tätigkeit beitragen.
    1. Eine rückschauende Betrachtung muss vermieden werden. Die Frage der erfinderischen Tätigkeit sollte nicht dadurch beantwortet werden, dass bei Kenntnis des patentierten Gegenstands oder der patentierten Lösung im Nachhinein nach (kombinierten) Offenbarungen des Stands der Technik gesucht wird, aus denen diese Lösung abgeleitet werden könnte.
    1. Prüfung der erfinderischen Tätigkeit im vorliegenden Fall
    1. Gemessen daran ist das Vorbringen der Beklagten (Klägerin der Widerklage) nicht geeignet, die erfinderische Tätigkeit erheblich in Frage zu stellen.
  • a) Ausgehend von der DE 10 2013 215 933 A1 (Anlage WK 6, nachfolgend: DE `933) in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen bzw. der Anlage WK 3, Anlage WK 4, Anlagen WK 5 sowie der EP 1 484 150 A2 (WK 11)

    1. Soweit die Beklagte (Klägerin der Nichtigkeitswiderklage) das Fehlen der erfinderischen Tä-

tigkeit ausgehend von der DE `933 in Frage stellt, beruhen ihre diesbezüglichen Ausführungen auf der Prämisse, in der Entgegenhaltung seien sämtliche Merkmale von Patentanspruch 1 mit Ausnahme von Merkmal 4. der vorstehend eingeblendeten Merkmalsgliederung (Schutzschicht) offenbart.

    1. Jedoch fehlt es zusätzlich auch an der Offenbarung eines Rahmens eines Fahrzeugs mit zumindest einem Strukturteil, wobei die vorhandenen Strukturteile einen tragenden Teil des Rahmens bilden (Merkmale 1. und 5.).
    1. Die Entgegenhaltung beschreibt ein Strukturteil eines Fahrzeugs, welches einen Schaumkörper mit einer dreidimensionalen Erstreckung aufweist. Exemplarisch ist ein solches Strukturteil aus der nachfolgend eingeblendeten Figur 1 der Entgegenhaltung ersichtlich.
    1. In dem Schaumkörper (20) des Strukturteils (10) ist wenigstens ein Verstärkungselement (30) zur mechanischen Verstärkung des Schaumkörpers (20) zumindest abschnittsweise innerhalb des Schaumkörpers angeordnet. Dabei weist das Verstärkungselement (30) wenigstens einen Formabschlussabschnitt (32) auf, über welchen es mit dem Schaumkörper (20) formschlüssig verbunden ist (Patentanspruch 1).
    1. Wie der Fachmann Patentanspruch 3 der DE `933 weiter entnimmt, ist das Strukturbauteil bevorzugt als Karosseriebauteil des Fahrzeugs ausgebildet.
    1. Dass das offenbarte Strukturbauteil auch Teil des Fahrzeugrahmens sein kann, wird in der Entgegenhaltung jedenfalls nicht ausdrücklich offenbart. Die Beklagte bezieht sich daher lediglich auf Abs. [0003], wo es heißt:

Fig

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'Nachteilhaft bei bekannten Strukturbauteilen, welche Schaumkörper aufweisen, ist es, dass die mechanische Belastbarkeit sich in engen Grenzen bewegt. Insbesondere sind große mechanische Belastungen, wie sie z. B. innerhalb einer Karosserie eines Fahrzeugs auftreten können, nur sehr schwer bzw. überhaupt nicht durch solche Schaumkörper übertragbar. Insbesondere Crash-Situationen sind dabei für den Einsatz von Schaumkörpern ein limitierender Faktor. Bisher können daher Strukturbauteile, welche solche Schaumkörper aufweisen, nicht für die wesentlichen tragenden Baustrukturen des Fahrzeugs eingesetzt werden.'

(Hervorhebung hinzugefügt)

    1. Daraus dürfte der Fachmann schließen, dass das offenbarte Strukturteil aufgrund der eingesetzten Verstärkungselemente nunmehr auch für tragende Baustrukturen Verwendung finden kann. Ob damit allerdings zugleich auch die Möglichkeit der Verwendung als tragendes Teil im Fahrzeugrahmen offenbart ist, erscheint schon deshalb fraglich, weil die Entgegen-

haltung im Zusammenhang mit der Belastbarkeit lediglich Karosseriebauteile oder Außenhautbauteile des Fahrzeugs (vgl. Abs. [0010], [0012]), aber gerade nicht den Rahmen erwähnt. Aus der in Abs. [0012] zu findenden Erwähnung von Bereichen einer A-, B- und CSäule (Hervorhebung hinzugefügt) folgt nichts Anderes. Welche Bereiche davon betroffen sein sollen, ist unklar. Dass die gesamte A-, B- oder C-Säule aus Schaumstoff ausgebildet ist oder ausgebildet sein kann, lässt sich der Entgegenhaltung nicht entnehmen. Hinzu kommt, dass es der Entgegenhaltung eher darum geht, das Schaumstoffbauteil an vorhandene Elemente anzubringen. Da es sich bei dem Schaumkörper mithin lediglich um einen Zusatz handelt, der auf der Innenseite von Karosserieteilen angebracht wird, gibt es für den Fachmann insbesondere unter Berücksichtigung dessen, dass sich der Entgegenhaltung auch nicht entnehmen lässt, dass sich das Bauteil im Sichtbereich befindet, auch keinen Anlass, zusätzlich eine Beschichtung, etwa in Form einer Lackierung, vorzusehen. Die Voraussetzungen für eine fehlende Erfindungshöhe sind daher nicht gegeben. Auch sonst ist nicht ersichtlich, wie der durchschnittliche Fachmann ohne erfinderisches Denken auf die fehlenden Merkmale kommen würde.

  • b) WK 25 (nachfolgend: EP `189) i.V.m. dem fachmännischen Wissen bzw. Anlagen WK 3, WK 4, WK 5, WK 11
    1. Die EP `189 offenbart eine Rahmenstruktur für ein Kraftfahrzeug aus Kunststoff, wie sie in Abs. [0021] ff. der Entgegenhaltung beschrieben und in der nachfolgend eingeblendeten Figur 1 der Entgegenhaltung gezeigt ist:
    1. Entgegen der Auffassung der Beklagten unterscheidet sich die offenbarte Lösung nicht allein dadurch von der durch das Streitpatent unter Schutz gestellten Lösung, dass es bei der Lösung gemäß EP `189 an einer Schutzschicht im Sinne des Streitpatents fehlt. Vielmehr sind auch die Merkmalsgruppe 2. sowie Merkmal 3. nicht offenbart.
    1. Zwar kann die in der Entgegenhaltung beschriebene Hülle aus bevorzugt Karbonfasern mit einem selbstaufquellenden Schaumstoff gefüllt sein (vgl. Abs. [0023] - [0026]). Die durch das Streitpatent beanspruchte Lösung zeichnet sich jedoch dadurch aus, dass das Strukturteil durch ein selbstaufquellendes Schaumharz gebildet ist, welches ggf. mit Verstärkungselementen versehen sein kann (vgl. Merkmal 3. von Patentanspruch 1 sowie Patentanspruch 4 des Streitpatents). Auch wenn das Gießverfahren selbst kein Teil des Anspruchs ist, besteht das mindestens eine Strukturbauteil des Rahmens daher zwingend aus einem mit einer Schutzschicht versehenen, selbstaufquellenden Schaumharz.
    1. Dies ist bei der in der Entgegenhaltung offenbarten Lösung nicht der Fall. Die dort beschriebenen Reinforcement-Bauteile sind dadurch gekennzeichnet, dass sie einen entkernten und

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damit hohlförmigen Körper aus Fasern aufweisen. Soweit der so gefertigte Hohlkörper mit einem selbstaufquellenden Schaummaterial gefüllt wird (vgl. Abs. [0014]), kann dieses Schaummaterial im weiteren Verfahrensverlauf wieder ganz oder teilweise zerstört werden.

    1. Dass dem so ist, entnimmt der Fachmann Abs. [0015] a.E. der EP `189, wo es unter anderem heißt:

'The curing which will be under elevated temperature may have the effect of destroying or partially destroying the foam core.'

    1. Vergleichbares findet sich in Abs. [0023], wo es im Zusammenhang mit der Erläuterung der Figur 23 heißt:
  • 'In the process of curing, which is at an elevated temperature, the foam core of the reinforcement may be partially or even completely destroyed or melted but this is of no importance . What is left, as seen in Figure 23, is a honeycomb rigid-walled complete beam structure 108 of very satisfactory strength to weight ratio. Voids where the foam has been destroyed are seen in the darkened areas such as 109.'
    1. Anders als bei der durch das Streitpatent unter Schutz gestellten technischen Lehre ist das Vorhandensein eines Kerns aus einem selbstaufquellenden Schaummaterial daher möglich, aber nicht zwingend. Entscheidender Bestandteil des offenbarten Strukturelements ist die (Karbon-) Faserhülle. Es fehlt mithin an einer Offenbarung der Merkmalsgruppe 2. sowie des Merkmals 3.
    1. Hinzu kommt, dass es auch an hinreichendem Vortrag der Beklagten (Klägerin der Widerklage) dazu fehlt, welchen Anlass der Fachmann haben sollte, ein Schutzelement, wie es in der EP `189 offenbart ist, mit einer Schutzschicht zu versehen. Der bloße allgemein gehaltene Hinweis, es liege bereits im Bereich des fachmännischen Könnens und sei nichts weiter als eine handwerkliche, sich dem Fachmann aufdrängende Routineleistung, die in Rede stehenden Strukturteile mit einer Schutzschicht, etwa einer Lackschicht, zu versehen, um diese vor äußeren Einflüssen zu schützen, reicht dafür nicht aus. Dies gilt umso mehr, da die Kläger unbestritten vorgetragen haben, an dem in Figur 1 gezeigten Rahmen werde die Karosserie angebracht, die ihrerseits lackiert werde, nicht aber der Rahmen selbst.

(Hervorhebung hinzugefügt)

c) WK 31 in Verbindung mit den Anlagen WK 3 bis WK 7, WK 15 sowie WK 26

    1. Soweit die Beklagte (Klägerin der Widerklage) das Fehlen der erfinderischen Tätigkeit schließlich ausgehend von der DE `364 (Anlage WK 31) zu begründen versucht, fehlt es dort, wie bereits im Rahmen der Neuheitsprüfung ausführt, an der Offenbarung des Strukturteils als tragendes Teil eines Fahrzeugrahmens (Merkmale 1. und 5.). Weshalb der Fachmann Anlass haben sollte, die dort offenbarte Lösung mit den in den als Anlagen WK 3 bis WK 7, WK 15 sowie WK 26 vorgelegten Schriften offenbarten Lösungen zu kombinieren, hat die Beklagte (Klägerin der Widerklage) nicht dargelegt. Der bloß pauschale Hinweis, in den vorgenannten Dokumenten werde offenbart, dass die dort beschriebenen Strukturteile auch einen tragenden Teil eines Fahrzeugrahmens bilden können, reicht dafür nicht aus.

G. Verletzung des Streitpatents:

I. Merkmalsverwirklichung:

    1. Zu Recht ist zwischen den Parteien eine Verwirklichung der Merkmale 1., 3. und 6. nicht umstritten, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf.
    1. Ausgehend von dem vorstehend im Einzelnen herausgearbeiteten Verständnis ist auch die Merkmalsgruppe 2. bei den angegriffenen Ausführungsformen verwirklicht.
    1. Die Realisierung des dort beschriebenen Verfahrens ist dafür keine Voraussetzung. Weder führt es daher aus dem Schutzbereich des Streitpatents heraus, dass die Beklagte bei Herstellung der angegriffenen Ausführungsformen mehr als eine Gussform verwendet noch steht es einer Verwirklichung der unter Schutz gestellten technischen Lehre entgegen, dass die Schutzschicht bei den angegriffenen Ausführungsformen nicht in der zur Herstellung des Schaumkerns verwendeten Gussform aufgebracht wird. Schließlich kann sich die Beklagte auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die zur Herstellung des Schaumkerns verwendete Gussform gebe nicht die Außenform der Struktur wieder.
    1. Entscheidend ist vielmehr, ob die durch das in den Patentanspruch 1 aufgenommene Verfahren verschlüsselten Sacheigenschaften bei den angegriffenen Ausführungsformen vorhanden sind. Dies ist der Fall.
    1. Die Beklagte selbst bewirbt die durch sie eingesetzte Fiber Frame-Technologie damit, diese ermögliche eine progressive Formensprache durch eine innovative Bauweise und sorge für mehr Flexibilität beim Grundriss und beim Raumdesign (vgl. Anlage K 5). Des Weiteren ist die Beklagte der durch die Klägerin als Anlage K 6 vorgelegten Erläuterung des 'Caravan-Instituts' nicht entgegengetreten, wonach es sich bei Fibre Frame um einen hochfesten Glasfaserrahmen handele, der für einen verbindungssteifen selbsttragenden Aufbau sorge. Danach ermöglicht das Herstellungsverfahren der Frames neue Möglichkeiten der Umsetzung von 'mehrdimensionalen' Elementen bei der Design-Gestaltung. Schließlich weist die Beklagte auch in der als Anlage K 7 vorgelegten Pressemitteilung auf die durch die Fibre-Frame-Teile hervorgerufene größere Flexibilität bei der Grundrissgestaltung und beim Raumdesign hin.
    1. Die im Wege der Fibre Frame-Technologie hergestellten Teile sind mithin nicht auf eine lineare Form beschränkt, sondern weisen eine beliebige, an die jeweiligen Anforderungen an die Form des Rahmens und damit letztlich auch des Caravans angepasste Formgestaltung auf.
    1. Dass das Strukturteil auch im Sinne von Merkmal 4. außen mit einer Schutzschicht beschichtet ist, verdeutlicht die nachfolgend nochmals eingeblendete, der Klageschrift entnommene Abbildung:

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    1. Bei den angegriffenen Ausführungsformen findet sich auf dem Schaum eine Außenhaut aus einem 2-komponenten Polyurethanharz und damit eine Schutzschicht im Sinne des Streitpatents. Die darüber angeordnete Lackfolie führt aus dem Schutzbereich nicht heraus. Zum einen schließt das Streitpatent eine Lackierung der Schutzschicht nicht aus, sondern sieht darin eine Möglichkeit, einen wohlgefälligen Eindruck der Oberfläche zu vermitteln. Zum anderen enthält Patentanspruch 1 keinerlei Vorgaben zur näheren technischen Gestaltung der Schutzschicht. Diese kann mithin ein- oder auch mehrteilig ausgestaltet sein. Wollte man wie nicht - Patentanspruch 1 mit der Beklagten dahingehend verstehen, dass die Schutzschicht zwingend ganz außen angeordnet muss und mithin nicht durch weitere Schichten bedeckt sein darf, ist kein Grund ersichtlich, Außenhaut und Lackfolie nicht zusammen als (zweiteilige) Schutzschicht anzusehen.

II. Verletzungshandlung

    1. Indem die Beklagte die angegriffenen Ausführungsformen (auch nach Inkrafttreten des Abkommens über ein Einheitliches Patentgericht (EPGÜ)) anbietet und vertreibt, hat sie Verletzungshandlungen im Sinne von Art. 25 lit. a) EPGÜ begangen. Dabei begründet das Anbieten und in Verkehr bringen zugleich eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Beklagte die angegriffene Ausführungsform ebenfalls gebraucht bzw. zu den Zwecken des Anbietens, in Verkehrbringens oder Gebrauchens einführt oder besitzt (UPC_CFI_7/2024 (LK Düsseldorf), Entscheidung v. 03.07.2024 - Kaldewei v. Bette; UPC_CFI_363/2023 (LK Düsseldorf, Entscheidung v. 10.10.2024 - Seoul Viosys v. expert e-Commerce).

1. Anwendbares Recht

    1. Den durch die Lokalkammer Mannheim entwickelten Grundsätzen folgend findet auf Verletzungshandlungen, die nach Inkrafttreten des EPGÜ begangen wurden, auch bei Europäischen Patenten das EPGÜ Anwendung (UPC_CFI_162/2024, Entscheidung v. 11.03.2025, Leitsatz 3 lit. a) sowie Rn. 95 - 98 - Hurom v. Nuc; so auch Tilmann, GRUR-Patent 2025, 51).
    1. Wollte man dies anders sehen und bei Europäischen Patenten die Anwendung nationalen Patentrechts fordern, auch wenn die Verletzungshandlungen erst nach dem Inkrafttreten des EPGÜ begangen wurden (vgl. McGuire, GRUR-Patent 2024, 466, insbes. Rn. 33 ff.), resultiert aus einem solchen Verständnis im vorliegenden Fall kein anderes Ergebnis. Auch dann erscheint es zur Vermeidung von Schwierigkeiten, die sich aus der Anwendung vielfältiger

nationaler Patentgesetze ergeben, geboten, das EPGÜ als harmonisiertes Recht anzuwenden, es sei denn, es wird ausdrücklich auf abweichende nationale Vorschriften verwiesen (vgl. McGuire, GRUR-Patent 2024, 466, Rn. 48 - 51). Da es vorliegend an einem solchen Verweis fehlt, führt auch ein solches Verständnis im vorliegenden Fall zur Anwendung des EPGÜ.

    1. Dass die angegriffenen Ausführungsformen nicht nur nach, sondern auch bereits vor dem Inkrafttreten des EPGÜ angeboten und vertrieben wurden, rechtfertigt keine andere Bewertung.
    1. Nach den durch die Lokalkammer Mannheim aufgestellten Grundsätzen (UPC_CFI_162/2024, Entscheidung v. 11.03.2025, Leitsatz 4 c) sowie Rn. 105 f. - Hurom v. NUC) findet auch unter Berücksichtigung des in Art. 28 der Wiener Vertragskonvention verankerten Rückwirkungsverbots auf Handlungen, die vor dem Inkrafttreten des EPGÜ begonnen haben und die nach dem 1. Juni 2023 fortgesetzt wurden, das materielle Recht, wie es im EPGÜ festgelegt ist, Anwendung.
    1. Bei der Beantwortung der Frage, ob Verletzungshandlungen in diesem Sinne 'fortgesetzt' sind, darf kein zu formalistischer Ansatz gewählt werden, der den Zielen des Abkommens zuwiderlaufen würde. Es bedarf einer normativen und damit wertenden Betrachtung. Von einer fortgesetzten Handlung ist daher auszugehen, wenn der Verletzer - wie hier - sein rechtsverletzendes Verhalten fortsetzt, obwohl er es im Hinblick auf das Inkrafttreten des EPGÜ am 1. Juni 2023 hätte einstellen können. In diesem Fall behält allerdings jede Partei das Recht, sich auf Bestimmungen des nationalen Rechts zu berufen, die sich auf Handlungen vor dem 1. Juni 2023 beziehen und die für ihre Position im Vergleich zu den Bestimmungen des EPGÜ und der Verfahrensordnung günstiger sind (UPC_CFI_162/2024, Entscheidung v. 11.03.2025, Leitsatz 5 sowie Rn. 105 f. - Hurom v. NUC).
    1. Die Kammer teilt die Auffassung der Lokalkammer Mannheim, dass es im Hinblick auf die Anwendung nationalen Rechts in erster Linie Sache der Partei ist, ihre rechtlichen Argumente zum nationalen Recht vorzubringen. In diesem Zusammenhang kann eine Partei erwägen, entweder Argumente zum nationalen Recht durch ihre Vertreter vorzubringen und/oder diese Argumente durch das Gutachten eines privaten Sachverständigen zu untermauern oder dem Gericht die Vorlage eines solchen privaten Sachverständigengutachtens vorzuschlagen, falls das Gericht dies für sinnvoll und geboten erachtet. Nur wenn die von den Parteien vorgelegten Rechtsgutachten zum nationalen Recht nicht übereinstimmen und das Gericht selbst nicht in der Lage ist, die Frage des nationalen Rechts angemessen zu beantworten, muss das Gericht prüfen, ob ein vom Gericht bestellter Sachverständiger bestellt werden muss, der von der betreffenden Partei vorgeschlagen wird (Lokalkammer Mannheim, UPC_CFI_162/2024, Entscheidung v. 11.03.2025, Leitsatz 5 sowie Rn. 105 f. - Hurom v. NUC; Bopp/Kircher/Böttcher, Handbuch Europäischer Patentprozess, 3. Aufl., § 23 Rn. 175 ff.; Ahrens GRUR 2017, 323, 325, Haft/Lohr, GRUR Patent 2023, 69, 71). Es wäre somit an den Parteien und im vorliegenden Fall im Besonderen an der Beklagten gewesen, auf abweichende Regelungen des nationalen Rechts zu verweisen. Derartiges lässt sich dem Beklagtenvorbringen jedoch nicht entnehmen, so dass es bei der Anwendung des EPGÜ als harmonisierendes Recht bleibt.
    1. Der in Bezug auf das Streitpatent erklärte, aber zurückgenommene Opt-Out vermag daran nichts zu ändern. Dieser betrifft die Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts, nicht aber das materielle Recht (Tilmann/Plassmann/W. Tilmann, Einheitspatent, Einheitliches Patentgericht, Art. 89 EPGÜ, Rn. 29 unter Verweis auf Art. 83 Rn. 15 - 19).

2. Verletzungshandlungen der Beklagten

a) Testkauf

    1. Unstreitig hat die Klägerin zu 1) am 26. Juni 2024 eine A-Säule einer der angegriffenen Ausführungsformen im Rahmen eines Testkaufs erworben (vgl. Anlage K 17).
    1. Unabhängig davon, wann dieses Strukturteil hergestellt wurde, hat die Beklagte den damit verbundenen Vortrag der Kläger, die Beklagte habe die angegriffenen Ausführungsformen nach Inkrafttreten des EPGÜ angeboten und vertrieben, nicht erheblich bestritten. Ein entsprechender Vertrieb ist mithin unstreitig (R. 171 Abs. 2 VerfO), weshalb es auf die beklagtenseits aufgeworfene Frage der Notwendigkeit der Benennung konkreter Verletzungshandlungen nach Inkrafttreten des EPGÜ nicht ankommt. Der Auffassung der Beklagten, die Lieferung im Rahmen des Testkaufs sei mit Zustimmung der Kläger erfolgt und könne daher keine Verletzungshandlung darstellen, tritt das Gericht nicht bei. Es ist gerade der Sinn eines Testkaufs, mögliche Verletzungshandlungen aufzuklären und Beweismittel für ein eventuell im weiteren Verlauf notwendiges Verletzungsverfahren zu sammeln. Ein Einverständnis mit dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen ist damit nicht verbunden.
    1. Ebenso wenig kann sich die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf berufen, die Klägerin haben zunächst entgegen R. 13 Abs. 1 lit. l) (i) VerfO nicht den Ort und die Zeit der Verletzungshandlung benannt. Die in R. 13 Abs. 1 lit. a) bis lit. i) VerfO aufgestellten Anforderungen an die Klageschrift sind formeller Natur. Sie sind nach Einreichung der Klage so bald wie möglich von der Kanzlei zu prüfen, R. 16 Abs. 2 VerfO. Ergibt die Prüfung, dass die Anforderungen nicht erfüllt wurden, gibt die Kanzlei dem Kläger die Möglichkeit, die Mängel innerhalb von 14 Tagen zu beheben, R. 16 Abs. 3 lit. a) VerfO. Werden die Mängel innerhalb dieser Frist nicht behoben, kann eine Versäumnisentscheidung nach R. 16 Abs. 5 VerfO in Verbindung mit R. 355 Abs. 1 lit. a) VerfO ergehen. Die in R. 13 Abs. 1 lit. j) bis q) VerfO aufgestellten Anforderungen beziehen sich demgegenüber auf den Inhalt der Klageschrift. Entsprechend wird die Erfüllung dieser Anforderungen auch nicht durch die Kanzlei geprüft und erfolgt auch keine Fristsetzung bei Nichterfüllung, die zu einer Versäumnisentscheidung nach R. 355 Abs. 1 lit. a) VerfO führen kann. Vielmehr betrifft die Einhaltung der dort aufgestellten Anforderungen die Begründetheit der Klage, deren Prüfung dem Richter obliegt und von diesem bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen ist. Dort kann sich eine Nichteinhaltung der in R. 13 Abs. 1 lit. j) bis q) VerfO aufgestellten Anforderungen zu Lasten des Klägers auswirken (zur vergleichbaren Problematik im Eilverfahren: CoA_335/2023, App_576355/2023, Anordnung v. 26.02.2024, NanoString v. 10x Genomics, S. 23 f.).
    1. Sinn und Zweck der von R. 13 Abs. 1 lit. l) VerfO geforderten Angabe von Ort und Datum der Verletzungshandlung ist es, den Kläger zu zwingen, den Sachverhalt so ausführlich darzustellen, dass sich seine Begründung und rechtliche Argumentation darunter subsumieren lassen (vgl. dazu: Tilmann/Plassmann/Steininger, Einheitspatent/Einheitliches Patentgericht, R. 13 Rn. 20). Zugleich soll der Beklagte in die Lage versetzt werden, den gegen ihn erhobenen Verletzungsvorwurf nachzuvollziehen und konkret darauf erwidern zu können.
    1. Ausgehend von diesen Grundsätzen haben sich die Kläger vorliegend zwar zunächst in ihrer Klageschrift lediglich allgemein auf den durch sie durchgeführten Testkauf bezogen (vgl. Klageschrift, S. 12, Rn. 12), ohne insoweit Zeit und Ort zu benennen. Auf eine entsprechende Rüge hin haben sie ihr Vorbringen in der Replik jedoch konkretisiert und als Anlage K 17 eine Rechnung vorgelegt. Der entsprechende Testkauf ist daraufhin unstreitig geblieben. Weder wurde das Verfahren durch die zunächst fehlenden Angaben verzögert noch entstanden

dadurch für die Beklagte oder das Gericht bei der Verfahrensführung und Terminvorbereitung Nachteile. Es besteht daher kein Grund, den entsprechenden Vortrag nach R. 9 Abs. 2 VerfO zurückzuweisen.

    1. Abgesehen davon hat die Beklagte den weiteren Vortrag der Klägerin (vgl. Klageschrift S. 23, Rn. 56; Replik, S. 13 Rn. 40), bis Ende 2023 seien von dem Modell 'Deseo' knapp 600 Wohnwagen und von dem Modell 'Azur' 70 Wohnwagen verkauft worden, in der Sache nicht bestritten. Auch dieser Tatsachenvortrag ist daher unstreitig und der Entscheidung zugrunde zu legen (R. 171 Abs. 2 VerfO).
    1. Soweit die Beklagte stattdessen einwendet, die Kläger hätten ihr Wissen aus außergerichtlichen Vergleichsgesprächen erlangt, weshalb die entsprechenden Informationen im vorliegenden Verfahren einen Verstoß gegen R. 11 Abs. 3 VerfO darstellen, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Die Norm soll die Vertraulichkeit einer Einigung, die im Rahmen eines unter dem Dach des Mediations- und Schiedszentrums durchgeführten Verfahrens gefunden wurde, schützen. Sie soll sicherstellen, dass keine Äußerungen, Vorschläge, Angebote oder Zugeständnisse sowie im Zuge der Sitzung erstellten Dokumente in einem nachfolgenden Gerichtsverfahren Verwendung finden (vgl. Tilmann/Plassmann/Tochtermann, Einheitspatent, Einheitliches Patentgericht, R. 11 EPGVerfO Rn. 18 f.). Auf zwischen den Parteien vorgerichtlich stattfindende Gespräche findet die Norm von vornherein keine Anwendung.

b) Internetseite der Beklagten

    1. Darüber hinaus erfüllt die Internetseite der Beklagten die Voraussetzungen eines Angebotes im Sinne von Art. 25 lit. a) EPGÜ.
    1. Der Begriff des Angebots im Sinne von Art. 25 lit. a) EPGÜ ist im Patentrecht rein wirtschaftlich zu verstehen. Das Anbieten ist nicht nur eine dem Herstellen, Inverkehrbringen, Einführen oder Besitzen vorausgehende Vorbereitungshandlung, sondern eine eigenständige Benutzungsart neben diesen Handlungen, die selbstständig zu beurteilen ist. Der Begriff des Anbietens umfasst gemäß Art. 25 lit. a) EPGÜ - bei einem Erzeugnis - jede im Geltungsbereich des in Rede stehenden Europäischen Patents begangene Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert den Gegenstand der Nachfrage in äußerlich wahrnehmbarer Weise zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitstellt. Dabei ist es nicht erforderlich, dass das Anbieten die Voraussetzungen eines konkreten, rechtswirksamen und verbindlichen Vertragsangebots erfüllt. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Anbietende eigene oder fremde Geschäftsabschlüsse bezweckt und ob er bei einem Angebot zu Gunsten eines Dritten überhaupt von diesem beauftragt oder bevollmächtigt ist. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob mit der fraglichen Handlung tatsächlich eine Nachfrage nach einem schutzrechtsverletzenden Gegenstand geweckt wird, die zu befriedigen mit dem Angebot in Aussicht gestellt wird. Vom Begriff des 'Anbietens' im Sinne von Art. 25 EPGÜ werden insbesondere auch vorbereitende Handlungen umfasst, die das Zustandekommen eines späteren Geschäfts über einen unter dem Schutz des Patents stehenden Gegenstand ermöglichen oder fördern sollen, das die Benutzung des Gegenstandes einschließt. Dies kann derart geschehen, dass Interessenten Gebote auf Überlassung abgeben können.
    1. Für ein Anbieten müssen nicht alle Merkmale des Patentanspruchs in der Werbung gezeigt sein, wenn bei objektiver Betrachtung der im Streitfall tatsächlich gegebenen Umstände davon ausgegangen werden muss, dass das dargestellte Erzeugnis in seiner technischen Gestaltung dem Gegenstand des Patents entspricht. Es kommt darauf an, ob die patentgemäße Gestaltung aus dem Vorliegen von sonstigen objektiven Umständen zuverlässig geschlossen

werden kann. Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist hierbei die Sicht der angesprochenen Verkehrskreise über den unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalls zu ermittelnden objektiven Erklärungswert der Werbung (vgl. zu allem: UPC_CFI_177/2023 (LK Düsseldorf), Anordnung v. 18.10.2023 - myStromer v. Revolt; Luginbühl/Hüttermann/Küppers/Rubusch, Einheitspatentsystem, Art. 25 Rn. 44; Tilmann/Plassmann/Busche, Einheitspatent, Einheitliches Patentgericht, Art. 25 EPGÜ Rn. 24).

    1. Ausgehend von diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem durch die Klägerin als Anlagenkonvolut K 5 vorgelegten Auszug aus der Internetseite der Beklagten um ein Angebot i.S.v. Art. 25 lit. a) EPGÜ. So werden der Wohnwagen 'Deseo' und das Modell 'Azur' dort nicht nur für einen Preis 'ab 30.990,- EUR' bzw. 'ab 42.290,- EUR beworben. Vielmehr findet sich dort neben einem Konfigurator auch eine Händlersuche, über welche Kontakt zu einem Händler an einem gewünschten Ort aufgenommen werden kann. Es handelt sich mithin um ein Angebot im Sinne von Art. 25 lit. a) EPGÜ. Dass sich dieses Angebot nicht nur an Abnehmer in Deutschland, sondern in Europa richtet, lässt sich anhand des als Anlage K 18 vorgelegten weiteren Auszugs aus der Internetseite der Beklagten und der dort zu findenden Möglichkeit der Länderauswahl erkennen:
    1. Für eine Zurückweisung dieser mit der Replik vorgelegten Anlage als verspätet (R. 9 Abs. 2 VerfO) besteht schon deshalb kein Anlass, weil die Kläger mit der Vorlage dieses weiteren Screenshots der Internetseite der Beklagten ihr Vorbringen aus der Klageschrift in Reaktion auf das Vorbringen in der Klageerwiderung vertiefen. Hinzu kommt, dass das entsprechende Vorbringen durch die Beklagte in der Sache auch nicht bestritten wurde.
    1. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Darlegung einer Verletzungshandlung für jedes streitgegenständliche Land jedenfalls für die Zeit ab Inkrafttreten des EPGÜ am 1. Juni 2023 aufgrund der Gesamtwirkung nach Art. 34 EPGÜ entbehrlich. Für die Gesamtwirkung ist es unerheblich, in welchem Vertragsmitgliedsstaat die Verletzung des Streitpatents stattgefunden hat oder eine Verletzung desselben droht (Tilmann/Plassmann/v. Falck/Dorn, Einheitspatent, Einheitliches Patentgericht, Art. 34 Rn. 37).

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    1. Abgesehen davon dürfte das klägerische Vorbringen ohnehin dahingehend zu verstehen sein, dass die Beklagte die angegriffenen Ausführungsformen sowohl vor als auch nach Inkrafttreten des EPGÜ in Deutschland, Frankreich, Italien und Slowenien anbietet und vertreibt. Unterschiede zwischen diesen Ländern, etwa dahingehend, dass die angegriffenen Ausführungsformen in bestimmten Ländern nicht oder auch nur in einer abweichenden Gestaltung angeboten und vertrieben werden, behauptet selbst die Beklagte nicht.

III. Kein Vorbenutzungsrecht

    1. Die Beklagte kann sich jedenfalls in Bezug auf die streitgegenständlichen Vertragsmitgliedsstaaten nicht mit Erfolg auf ein Vorbenutzungsrecht berufen.

1. Prüfungsmaßstab

    1. Art. 28 EPGÜ legt fest, dass, wer in einem Vertragsmitgliedstaat ein Vorbenutzungsrecht an einer Erfindung erworben hat, wenn ein nationales Patent für diese Erfindung erteilt worden wäre, in diesem Vertragsmitgliedstaat die gleichen Rechte auch in Bezug auf ein Patent hat, das diese Erfindung zum Gegenstand hat.
    1. Der enge Wortlaut der Vorschrift ist insoweit eindeutig. Der Nutzer der erfindungsgemäßen Technologie kann sich nur auf die Rechte berufen, die ihm die jeweiligen nationalen Regelungen der jeweiligen Vertragsmitgliedstaaten zubilligen. Insofern muss ein Bestehen eines Vorbenutzungsrechts für jeden der geschützten Staaten unter dessen Bedingungen vorgetragen werden. Die Norm sieht ein europäisches Vorbenutzungsrecht nicht vor, sondern es handelt sich um eine gleitende Verweisung auf das jeweilige nationale Recht (vgl. Tilmann/Plassmann/Busche, Einheitspatent, Einheitliches Patentgericht, Art. 28 EPGÜ, Rn. 6). Für diese gesetzliche Ausgestaltung spricht, dass ein unionsweites Vorbenutzungsrecht den effektiven europäischen Patentschutz über Gebühr einschränken könnte. Und selbst wenn Literaturstimmen die Regelung als systemwidrig kritisieren (vgl. Smeets, GRUR Patent 2024, 18, 23 Rn. 25 m.w.N), ist ihr eindeutiger Wortlaut vom Gericht zu beachten und hinzunehmen (UPC_CFI_7/2023 (LK Düsseldorf), Entscheidung v. 03.07.2024, S. 26 - Kaldewei v. Bette).
    1. Ob ein Vorbenutzungsrecht, wie von der Beklagten vertreten, stets im Wege einer (Wider-) Klage geltend gemacht werden muss oder auch lediglich im Wege der Einrede gegen den Verletzungsvorwurf eingewandt werden kann, bedarf vorliegend keiner Vertiefung. Zum einen hat die Beklagte den Einwand widerklageweise geltend gemacht. Zum anderen hat sie damit zugleich zum Ausdruck gebracht, dass sie sich gegen den erhobenen Verletzungsvorwurf unter Berufung auf ein Vorbenutzungsrecht verteidigen will. Die beklagtenseitig aufgeworfene Frage besitzt mithin keine Entscheidungsrelevanz.

2. Kein Vorbenutzungsrecht im vorliegenden Fall

    1. Die Beklagte macht in erster Linie ein Vorbenutzungsrecht nach § 12 PatG (Deutsches Patentgesetz) geltend. Ein Vorbenutzungsrecht der Beklagten auf dieser Grundlage lässt sich nicht feststellen.
    1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) setzt die für den Erwerb eines Vorbenutzungsrechts nach § 12 PatG erforderliche Benutzungs- oder Organisationshandlung voraus, dass der Handelnde den selbständigen Besitz an der Erfindung erlangt hat. Ein solcher Besitz gilt als gegeben, wenn die aus der Aufgabe und ihrer Lösung resultierende technische Lehre objektiv vollständig und subjektiv so anerkannt ist, dass die Erfindung tatsächlich ausgeführt werden kann (BGH, GRUR 2012, 895, 896 - Desmopressin; GRUR 2010, 47,

48 - Füllstoff). Ein solches Wissen fehlt, wenn die technische Maßnahme noch nicht über das Versuchsstadium hinaus fortgeschritten ist oder wenn ein Gegenstand verwendet wurde, der nur 'zufällig' in Einzelfällen die erfindungsgemäßen Eigenschaften aufweist. In beiden Fällen beruht die Klage nicht auf dem Wissen, das es ermöglicht, die technische Lehre jederzeit zu wiederholen, so dass es nicht gerechtfertigt ist, ihr eine Rechtsposition beizumessen, die Eigentumsrechte vermittelt. Solche Fälle einer unbewussten oder zumindest unzureichend fundierten Nutzung der technischen Lehre sind von Klagen zu unterscheiden, die systematisch auf die Verwirklichung derselben gerichtet sind. Letztere sind als eigentumsbegründend anzusehen, da sie auf einer gesicherten Kenntnis des Zusammenhangs von Ursache und Wirkung beruhen. Dagegen ist es nicht erforderlich, dass der Handelnde Kenntnis von der gesicherten Ausführbarkeit der Erfindung hat. Denn das Eigentum an der Erfindung kann nicht von Bedingungen abhängig gemacht werden, die nicht Teil der technischen Lehre im Sinne des Patentanspruchs geworden sind. Kenntnisse über Wirkungen, die nach den Angaben in der Beschreibung mit der Verwendung des Gegenstands der Erfindung in Verbindung gebracht werden sollen, aber nicht in den Patentanspruch aufgenommen wurden, können daher nicht entscheidend für die Frage sein, ob der Besitz der Erfindung nachgewiesen wurde (BGH, GRUR 2012, 895, 896 - Desmopressin; Benkard/Scharen, Patentgesetz, 12. Aufl., § 12 PatG Rn. 5).

    1. Erfindungsbesitz allein reicht nicht aus, um ein Vorbenutzungsrecht zu begründen. Dieser muss vielmehr auch genutzt werden. In jedem Fall müssen zu diesem Zweck Veranstaltungen zur Benutzung getroffen worden sein.
    1. Für Letzteres ist es erforderlich, dass die Person, die sich auf § 12 PatG beruft, eine feste und endgültige Entscheidung getroffen hat, die Erfindung kommerziell zu nutzen. Darüber hinaus muss sie Schritte unternommen haben, um die rasche Umsetzung der Entscheidung vorzubereiten, und die Absicht haben, die Erfindung zu verwerten. Um die Anforderungen zu erfüllen, müssen daher zwei Bedingungen erfüllt sein: Erstens muss es Klagen geben, die auf eine wesentliche Umsetzung der Erfindung abzielen. Zweitens müssen diese Klagen den ernsthaften Willen erkennen lassen, die Erfindung in naher Zukunft in Deutschland zu nutzen (BGHZ 39, 389, 398 = GRUR 1964, 20 - Taxilan). Eine bloße Vorbereitungshandlung zum Zweck der Erkundung der Möglichkeit und Zweckmäßigkeit einer kommerziellen Verwertung reicht nicht aus, ebenso wenig wie Vorbereitungshandlungen für eine später geplante Ausführung (Benkard/Scharen, Patentgesetz, 12. Auflage, § 12 PatG, Rn. 13; BeckOK PatR/Ensthaler, PatG § 12, Rn. 7).
    1. Beruft sich der Beklagte in einem Rechtsstreit auf ein privates Vorbenutzungsrecht, ist zu berücksichtigen, dass die relevanten Ereignisse typischerweise auf Seiten des Beklagten stattfinden. Der Patentinhaber hat daher keine Kenntnis von den relevanten Ereignissen. Es reicht daher nicht aus, dass der Beklagte sich allgemein und pauschal auf ein Vorbenutzungsrecht beruft. Will er ein solches Recht geltend machen, muss er vielmehr genau angeben, wer genau bei welcher Gelegenheit welche technischen Überlegungen angestellt hat, die zum Besitz der Erfindung geführt haben sollen. Dasselbe gilt für begleitende oder nachfolgende Benutzungshandlungen oder Ereignisse zum Zweck der bevorstehenden Benutzung (mit Verweis auf die deutsche Praxis: Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 16 . Auflage, Abschnitt E, Rn. 666).
    1. Ausgehend von diesen Grundsätzen reichen die Argumente der Beklagten nicht aus, um schlüssig darzulegen, dass die Voraussetzungen für ein Vorbenutzungsrecht der Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland vorliegen. Es fehlt bereits am Erfindungsbesitz.
    1. In diesem Zusammenhang gilt es im Blick zu behalten, dass Patentanspruch 1 nicht ein einzelnes Strukturteil, sondern einen Rahmen für ein Fahrzeug mit einem Strukturteil unter Schutz stellt (Merkmal 1.), wobei die vorhandenen Strukturteile einen tragenden Teil des Fahrzeugrahmens bilden (Merkmal 6.). Neben dem unter Schutz gestellten Rahmen kennt das Streitpatent auch zusätzliche Füllelemente. Hierzu heißt es in Abs. [0016] der Streitpatentbeschreibung:
  • '[…] Die im Rahmen des Fahrzeugs vorhandenen freien Flächen können über zusätzliche Füllelemente, die als Wandelemente oder Dachelemente ausgestaltet sein können, ausgefüllt werden. In diesen Füllelementen können dann Aussparungen für Türen, Fenster, Lüftungsschlitze und dergleichen angeordnet werden. Die Füllelemente selbst können als Schaumharzkunststoffteile ausgestaltet sein, die in der Regel plattenförmig vorgesehen sind.'

    1. Die Füllelemente füllen mithin die durch den Rahmen gebildeten Freiflächen, gehören jedoch selbst nicht zum Rahmen (vgl. auch Abs. [0002] f., [0004], [0007] 'Fahrzeugrahmenstrukturteil', [0011]). Dies verdeutlichen beispielhaft die nachfolgend nochmals eingeblendeten Figuren 4 und 5, welche die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels erläutern:
    1. Während in Figur 4 nur der Rahmen zu sehen ist, ist dieser in Figur 5 mit zusätzlichen Füllelementen (12, 12.1, 12.2, 12.3 und 12.4) versehen.
    1. Soweit die Beklagte ein Vorbenutzungsrecht unter Verweis auf Bug- und Heckteile der Caravans 'Eurostar', 'Grande Puccini' und 'Tabbert Supreme' herzuleiten versucht, dringt sie damit schon deshalb nicht durch, weil es sich bei diesen Teilen um keine Bestandteile des Fahrzeugrahmens, sondern um Füllelemente im vorgenannten Sinne handelt.
    1. Dass dem so ist, verdeutlicht die durch die Beklagte selbst als Anlage WK 40 zur Akte gereichte Zeichnung:

ORD_68984/2024

Nachweis Fahrzeugrahmen

In den Seitenwänden sind umlaufend Polyurethan (PU) Leisten als Rahmen eingebaut. Diese dienen als Verbindung der Seitenteile mit dem Boden und dem Dach (Kombination aus Kleben, Schrauben und Dichten)

Darstellung Struturbeuteil Bug und Heck aus

ORD_68984/2024

    1. Wie aus der vorstehend eingeblendeten Zeichnung ersichtlich ist, finden bei den vorgenannten Modellen PU-Leisten Verwendung, bei denen Aluminiumbleche die Außenfläche der Seitenwände bilden und an den PU-Leisten montiert werden. Diese PU-Leisten bilden somit den Rahmen, an dem die in Rede stehenden Bug- und Heckteile montiert werden. Bei Letzteren handelt es sich mithin um Füllelemente im vorgenannten Sinne, nicht aber um (tragende) Bestandteile des Rahmens. Mit ihnen lässt sich somit der Erfindungsbesitz an der durch das Streitpatent unter Schutz gestellten Erfindung nicht begründen.
    1. Nachdem es der Beklagten bereits für Deutschland nicht gelungen ist, den Erfindungsbesitz darzulegen, bedarf die durch sie aufgeworfene Frage einer Erstreckung des deutschen Vorbenutzungsrechts aufgrund der Warenverkehrsfreiheit gemäß Art. 28 ff. AEUV keiner Erörterung.

3. Lizenzeinwand

    1. Die Beklagte kann sich in Bezug auf die angegriffenen Ausführungsformen nicht mit Erfolg auf eine Lizenz berufen.
    1. Soweit die Beklagte eine 'Widerklage' bzw. eine 'Dritt-Widerklage' in Bezug auf eine Lizenz erhoben hat, wendet sie damit zumindest im Hauptantrag letztlich gegen den gegen sie erhobenen Verletzungsvorwurf ein, das Streitpatent sei in Bezug auf die angegriffenen Ausführungsformen lizenziert. Eigene Anträge hat sie insoweit im Hauptantrag nicht gestellt. Davon ausgehend hat die Beklagte damit letztlich einen Lizenzeinwand erhoben, für den sich die Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts bereits aus Art. 32 Abs. 1 lit. a) EPGÜ ergibt (Luginbühl/Hüttermann/Boos, Einheitspatentsystem, Art. 24 Rn. 50). Es kann daher dahinstehen, ob ein solcher Einwand, wie durch die Beklagte vertreten, nur im Klagewege geltend gemacht werden kann. Für eine solche Klage wäre das Einheitliche Patentgericht ebenfalls nach Art. 32 Abs. 1 lit. a) a.E. EPGÜ zuständig.
    1. In der Sache steht der Beklagten eine solche Lizenz nicht zu. Insbesondere kann die Beklagte eine solche nicht aus dem als Anlage rop 10 vorgelegten Entwicklungsvertrag herleiten. Soweit sich die Beklagte demgegenüber ergänzend auf eine weitere Vereinbarung beruft, hat sie die diesbezügliche Vereinbarung weder vorgelegt noch dazu hinreichend vorgetragen.
    1. Der als Anlage rop 10 zur Akte gereichte Entwicklungsvertrag räumt der Beklagten lediglich für das den Wohnwagen 'Travelino', nicht aber für die streitgegenständlichen Wohnwagen 'Deseo' und 'Azur' ein Nutzungsrecht am Streitpatent ein.
    1. Dass dem so ist, erschließt sich aus § 1 Abs. 6 des Entwicklungsvertrages, wo es unter anderem heißt:

'Zwischen KTG und Entwickler besteht Einigkeit darüber, dass KTG immer berechtigt ist , für den Wohnwagen 'Travelino" in seiner heutigen Form und Ausgestaltung (Anlage 2) das Framekonzept, den Gegenstandes der Patentanmeldung der Anmeldegemeinschaft (Anlage 1) sowie die im Bereich/Zusammenhang mit dem Wohnwagen Travelino gemachten Entwicklung/-en, insbesondere des neuen, speziell von FTC entwickelten, Schaumharz-composite, lizenzfrei, exklusiv sowie zeitlich, örtlich und inhaltlich uneingeschränkt und unentgeltlich zu benutzen , insbesondere zu verwerten. Insoweit gehen die Parteien davon aus, dass der Wohnwagen Travelino kein Volumenprodukt ist bzw. werden wird. Dieses Recht ist nicht auf Dritte übertragbar.

Wählt KTG später eine andere Bezeichnung als 'Travelino' für den Wohnwagen, so hat dies keinen Einfluss auf das vorbeschriebene unentgeltliche und auch sonst uneingeschränkte Nutzungsrecht .

Weiterhin besteht zwischen KTG und Entwickler Einigkeit darüber, dass KTG gegen ein noch zu vereinbarendes Lizenzentgelt berechtigt ist, das Framekonzept, den Gegenstand der Patentanmeldung der Anmeldegemeinschaft (Anlage 1), sowie die in diesem Bereich/Zusammenhang gemachten Entwicklung/-en, insbesondere den neuen, speziell von FTC entwickelten, Schaumharz-composite, für den Bereich der Freizeitfahrzeuge für den Zeitraum des Lizenzvertrags exklusiv zu nutzen .'

(Fettdruck durch das Gericht)

    1. Der Entwicklungsvertrag unterscheidet mithin zwischen dem vorliegend nicht streitgegenständlichen Modell 'Travelino' und weiteren, noch zu entwickelnden Modellen. Während der Beklagten in Bezug auf das Modell 'Travelino' unabhängig von seiner Bezeichnung, aber nur in 'seiner heutigen Form und Ausgestaltung' dauerhaft ein unentgeltliches Nutzungsrecht zusteht, steht ihr ein Solches in Bezug auf weitere Modelle nur gegen ein noch zu vereinbarendes Lizenzentgelt und nur für den Zeitraum des Lizenzvertrages zu. Mit anderen Worten muss für diese weiteren Modelle erst noch ein Lizenzvertrag geschlossen werden. Erst dann steht der Beklagten ein entsprechendes Nutzungsrecht zu.
    1. Damit korrespondierend heißt es in § 5 des Lizenzvertrages im Hinblick auf die Vergütung unter anderen (Hervorhebung hinzugefügt):
  • '(1) Die Vergütung der umfassenden Nutzungsrechte für das Framekonzept in Gestalt der Patentanmeldung der Anmeldegemeinschaft 'Strukturteil für einen Rahmen eines Fahrzeuges aus Schaumharz sowie Herstellungsverfahren" (Aktenzeichen beim Deutschen Patent- und Markenamt: 10 2016 101 274.2, Anlage 1) wird im Rahmen eines noch zu verhandelnden Lizenzvertrages geregelt.

[…]

  • (2) Für den Wohnwagen 'Travelino" ist KTG unwiderruflich berechtigt, die Entwicklung/en, insbesondere den entwickelten Frame/das entwickelte Framekonzept auf Grundlage der Patentanmeldung (Anlage 1) aus dem speziellen Schaumharz-composite im Bereich der Freizeitfahrzeuge exklusiv sowie zeitlich, örtlich und inhaltlich uneingeschränkt und insbesondere auch unentgeltlich zu nutzen , insbesondere zu verwerten. Diese Nutzung und Verwertung für den Wohnwagen Travelino ist bereits durch die Leistungen von KTG im Rahmen des Projekts Travelino abgegolten.'

    1. Der Beklagten wird mithin allein für den Wohnwagen 'Travelino' ein unentgeltliches Nutzungsrecht eingeräumt. Im Übrigen bedarf es noch des Abschlusses eines Lizenzvertrages, wie schließlich auch aus § 6 Abs. 1 des Entwicklervertrages hervorgeht (Hervorhebungen hinzugefügt):

'Sämtliche Parteien sind sich bereits heute darüber einig, dass das exklusive und unbeschränkte Recht von KTG zur Benutzung sämtlicher Entwicklungen, Erfindungen, Arbeitsergebnisse, gewerblicher Schutzrechte und jeglichen Know-hows im Zusammenhang mit der Entwicklung des neuartigen Framekonzepts auf Grundlage der Patentanmeldung der Anmeldegemeinschaft (Anlage 1) im Bereich Freizeitfahrzeuge (Reisemobile, Wohnwagen, Mobilheime) gegen angemessene Vergütung in einem gesonderten Lizenzvertrag geregelt werden wird .

Die Nutzung des Framekonzepts auf Grundlage der Patentanmeldung der Anmeldegemeinschaft steht KTG für das Projekt Travelino bereits mit Abschluss dieses Vertrages zu.'

    1. Die Auffassung der Beklagten, hinsichtlich weiterer Modelle sei lediglich die Bestimmung des Entgelts einem später abzuschließenden Lizenzvertrag überlassen, lässt sich daher nicht mit den Gesamtregelungsgehalt des Entwicklungsvertrages in Einklang bringen.
    1. Davon ausgehend sind die streitgegenständlichen Modelle 'Deseo' und 'Azur' nicht bereits im Entwicklungsvertrag lizenziert. Dass es sich dabei nicht lediglich um das Modell 'Travelino' mit einer anderen Bezeichnung handelt, geht bereits aus der durch die Beklagte selbst als Anlage rop ZA 1 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung hervor, welche die Modelle 'Travelino', 'Deseo' und 'Azur' zeigt:

Travelino:

ORD_68984/2024

Deseo:

Azur:

ORD_68984/2024

ORD_68984/2024

    1. Gemäß § 1 Abs. 6 des Entwicklungsvertrages erstreckt sich die erteilte Lizenz ausschließlich auf den Wohnwagen 'Travelino' in seiner heutigen Form und Ausgestaltung. Änderungen sind mithin nur dann unschädlich, soweit es sich um eine bloße Namensänderung handelt. Jede konstruktive Änderung, wie sie aus den vorstehend aus den durch die Beklagte selbst vorgelegten Abbildungen ersichtlich ist, führt demgegenüber aus der Lizenz heraus; es bedarf des Abschlusses eines Lizenzvertrages. Ob diese Änderungen aus der Sicht der Lehre des Streitpatents entscheidend sind, ist demgegenüber unerheblich.
    1. Soweit die Beklagte (Klägerin der Widerklage) zur Begründung ihrer abweichenden Auffassung auf Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1217/2010 über die Verwendung von Art. 101 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf bestimmte Gruppen von Vereinbarungen über Forschung und Entwicklung rekuriert, betrifft dieser ausschließlich die sich aus der gemeinsamen Entwicklung resultierenden Forschungsergebnisse. Das Streitpatent beruht jedoch unstreitig nicht auf einer gemeinsamen Entwicklung. Es fällt daher von vornherein nicht in den Anwendungsbereich dieser Norm. Gleiches gilt in Bezug auf Art. 3 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EU) der Kommission über die Anwendung von Art. 101 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union für bestimmte Gruppen von Vereinnbarungen über die Forschung und Entwicklung. Auch diese erfassen lediglich das aus der gemeinsamen Forschung und Entwickung erwachsenden Schutzrechte, nicht aber das allein auf der Entwicklung der Kläger beruhende Streitpatent.
    1. Dass zwischen dem Kläger zu 2) und der Beklagten, wie beklagtenseitig behauptet, eine Vereinbarung bestünde, wonach sich der Kläger zu 2) verpflichtet, keine Rechte aus dem Streitpatent gegen die Beklagte geltend zu machen (vgl. dazu: Klageerwiderung, S. 35), lässt sich nicht feststellen. Die Kläger sind diesem Vorbringen entgegengetreten und haben ihrerseits als Anlage K 20 eine Vergleichsvereinbarung aus dem Jahr 2020 vorgelegt, nach welcher die Beklagte zur Nutzung der durch das Streitpatent beanspruchten technischen Lehre für das Modell 'Travelino' verpflichtet ist. Die durch die Beklagte behauptete Regelung sei dort nicht enthalten (vgl. Replik, Rn. 53 f.). Damit wäre es nunmehr an der Beklagten gewesen, die entsprechende Vereinbarung, auf die sie sich zur Begründung ihres Einwandes, sie sei zur Nutzung des Streitpatents berechtigt, vorzulegen. Dem ist sie trotz einer entsprechenden Aufforderung durch das Gericht nicht nachgekommen.

H. Rechtsfolgen

I. Unterlassung

    1. Die Kläger haben unter Berücksichtigung der Umstände des Falles ein Recht auf Untersagung der Fortsetzung der Verletzung gem. Art. 25 lit. a) EPGÜ i.V.m. Art. 63 Abs. 1 EPGÜ.
    1. Wie bereits im Einzelnen ausgeführt haben die Kläger zumindest auch für die Zeit nach Inkrafttreten des EPGÜ Benutzungshandlungen in Gestalt des Angebots und des Vertriebs der angegriffenen Ausführungsformen dargelegt. Die durch die Beklagte aufgeworfene Frage der Möglichkeit der Anknüpfung an Verletzungshandlungen vor Inkrafttreten des EPGÜ stellt sich daher im Hinblick auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanordnung im vorliegenden Fall nicht.

II. Auskunftserteilung

    1. Ebenfalls haben die Kläger ein Recht auf Auskunft gem. Art. 25 lit. a) EPGÜ i.V.m. Art. 67 EPGÜ. Im Hinblick auf die begehrte Art und Weise der Auskunft bestehen keine Bedenken.
    1. Dass die vom EPGÜ vorgesehenen Informationsrechte, wie sie insbesondere in Art. 67 EPGÜ und Art. 68 Abs. 3 lit. a) und b) EPGÜ i.V.m. R. 191 S. 1 Alt. 2 VerfO niedergelegt sind, auch die Zeiträume vor Inkrafttreten des EPGÜ umfassen, hat bereits die Lokalkammer Mannheim ausführlich im Einzelnen dargelegt (UPC_CFI_162/2024, Entscheidung vom 11.03.2025, Leitsatz 6 und 107 - Hurom v. NUC). Auf die diesbezüglichen Ausführungen der Lokalkammer Mannheim, welche die Kammer teilt, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

III. Rückruf

    1. Die Entscheidung hinsichtlich des Rückrufs aus den Vertriebswegen in Bezug auf die unmittelbar verletzenden Erzeugnisse rechtfertigt sich nach Art. 64 Abs. 2 lit. b), 4 EPGÜ.
    1. Soweit die Beklagte unter anderem in Bezug auf den Rückruf auf die aus der Entwicklungskooperation erwachsenden Treuepflichten verweist, steht ihr in Bezug auf die angegriffenen Ausführungsformen aus dieser Entwicklungsvereinbarung ohne einen zuvor abgeschlossenen Lizenzvertrag kein Recht zur Nutzung des Streitpatents zu. Dementsprechend kann sich die Beklagte auch in Bezug auf die Anordnung des Rückrufs nicht mit Erfolg auf diese Vereinbarung berufen.
    1. Ebenso wenig kann die Beklagte mit Erfolg darauf verweisen, die Kläger hätten 'das sehr großzügige Vergleichsangebot in Höhe einer Einmalzahlung von 100.000,- EUR für eine exklusive Lizenz' (Anlage K 12), was ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgt sei, aus objektiv nicht nachvollziehbaren Gründen zurückgewiesen. Art. 25 EPGÜ räumt originär dem Patentinhaber und damit den Klägern das ausschließliche Recht zur Benutzung des Streitpatents ein. Solange die Kläger das Streitpatent nicht zu Gunsten der Beklagten lizenziert und ihr dadurch ein entsprechendes Benutzungsrecht eingeräumt haben, steht ihr ein entsprechendes Recht zur Benutzung nicht zu. Benutzt sie das Streitpatent gleichwohl, steht den Klägern die Möglichkeit eines Patentverletzungsverfahrens offen, in welchem das Gericht auch den Rückruf der angegriffenen Ausführungsformen anordnen kann. Eine Verpflichtung der Kläger, das Angebot der Beklagten auf Einräumung einer exklusiven Lizenz gegen eine Einmalzahlung von 100.000,- EUR anzunehmen (vgl. Anlage K 12), ist nicht ersichtlich. Eine solche Verpflichtung lässt sich insbesondere auch nicht aus dem Entwicklungsvertrag (Anlage
  • rop 10) herleiten. Zwar besteht danach zwischen den Vertragsparteien Einigkeit darüber, dass die Beklagte gegen ein noch zu vereinbarendes Lizenzentgelt berechtigt ist, dass Streitpatent für den Bereich der Freizeitfahrzeuge für den Zeitraum des Lizenzvertrages zu nutzen (Anlage rop 10, S. 5 oben und S. 10 oben, Hervorhebung hinzugefügt). Das bedeutet allerdings nicht, dass die Kläger verpflichtet gewesen wären, jedes Angebot auf Abschluss eines entsprechenden Lizenzvertrages anzunehmen. Die Beklagte trägt selbst vor, das entsprechende Vergleichsangebot sei ohne Anerkennung einer Rechtspflicht abgegeben worden. Zu einem entsprechenden Vertragsschluss ist es in der Folge auch nicht gekommen (vgl. Anlage K 14).

    1. Von einer Rückrufanordnung ist auch nicht unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten abzusehen. Unabhängig vom Preis einzelner Bauteile stellt das Streitpatent nicht einzelne Bauteile von untergeordneter Bedeutung unter Schutz, sondern einen Rahmen für ein Fahrzeug und damit letztlich die Grundkonstruktion des Wohnwagens, sodass der Wohnwagen nicht anderweitig in einen patentfreien Zustand versetzt werden kann. Vor diesem Hintergrund ist die Anordnung einer Verpflichtung zum Rückruf auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gerechtfertigt.

IV. Endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen

    1. Vergleichbares gilt im Hinblick auf die begehrte endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen. Insoweit findet die begehrte Anordnung ihre Grundlage in Art. 64 Abs. 2 lit. d), 64 Abs. 4 EPGÜ.
    1. Die endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen ist ausweislich des Wortlauts des EPGÜ eine eigenständige, von dem Rückruf zu trennende Maßnahme. Sie flankiert den Rückruf, wobei eine Entfernung nur dann in Betracht kommt, wenn der Verletzer hierzu die tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten hat. Die Formulierung konkreter und hinreichend bestimmter Maßnahmen hat sich hieran auszurichten. Dem sind die Kläger auf einen entsprechenden gerichtlichen Hinweis hin nachgekommen.
    1. Im Hinblick auf den durch die Beklagte erhobenen Einwand der Entwicklungskooperation, der Nichtannahme des Vergleichsangebots der Beklagten sowie den Unverhältnismäßigkeitseinwand wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen zum Rückruf verwiesen. Die Beklagte hat diesen Einwand pauschal für den Rückruf, die Entfernung aus den Vertriebswegen und die Vernichtung erhoben (vgl. Klageerwiderung, S. 33).

V. Vernichtung

    1. Die Anordnung der Vernichtung findet ihre Grundlage in Art. 64 Abs. 2 lit. e), 64 Abs. 4 EPGÜ.
    1. Da die Beklagte den Einwand der Entwicklungskooperation, der Nichtannahme des Vergleichsangebots der Beklagten sowie den Unverhältnismäßigkeitseinwand auch hier erhoben hat, gelten die diesbezüglichen Ausführungen beim Rückruf auch hier entsprechend.
    1. Die Vernichtung soll den Eintritt oder Wiedereintritt der Erzeugnisse in den Markt zuverlässig verhindern (UPC_CFI_16/2024 (LK Düsseldorf), Entscheidung v. 14.01.2025, S. 31 - Ortovox v. Mammut; UPC_CFI_33/2024 (LK Wien), Entscheidung vom 15.01.2025, S. 21, Punkt 4.4. SWARCO v. STRABAG; Tilmann/von Falck/Tilmann, Einheitspatent, Einheitliches Patentgericht, Art 64 EPGÜ, Rz 33). Das diesbezügliche Klagebegehren zielt ohnedies nur auf eine Vernichtung der sich unmittelbar oder mittelbar im Beitz oder Eigentum der Beklagten befindlichen Eingriffsgegenstände ab, womit keine Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme gegeben

VI. Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach

    1. Die Feststellung der Zuerkennung der Schadensersatzleistung dem Grunde nach ist auf der Grundlage von Art. 68 Abs. 1 EPGÜ möglich. Die Beklagte hätte schon aufgrund der mit dem Kläger zu 1) und dem Dritt-Widerbeklagten geschlossenen Entwicklungsvertrages und der darin zum Ausdruck kommenden Patentierungsabsicht (vgl. Anlage rop 10, S. 2) bei entsprechender Sorgfalt jedenfalls erkennen müssen, dass sie durch ihre Handlungen das zwischenzeitlich erteilte Streitpatent verletzten. Im Hinblick auf das anwendbare Recht gelten die Ausführungen zum Auskunftsanspruch entsprechend (so auch UPC_CFI_162/2024 (LK Mannheim), Entscheidung v. 11.03.2025, Rn. 108 - Hurom v. Nuc).
    1. Soweit sich die Beklagte auf die Verjährungsfrist nach Art. 72 EPGÜ beruft, können danach Klagen im Zusammenhang mit allen Formen der finanziellen Entschädigung unbeschadet des Art. 24 Abs. 2 und 3 EPGÜ nicht später als fünf Jahre, nachdem der Antragsteller von dem letzten Ereignis, das Veranlassung zur Klage bietet, Kenntnis erlangte oder hätte erlangen müssen, erhoben werden (Hervorhebung hinzugefügt). Demgegenüber spricht der englische Wortlaut von dem 'last fact justifying the action'. Die französische Fassung stellt damit vergleichbar auf den 'dernier fait justifiant l'action' ab. Daraus wird deutlich, dass es letztlich auf die Tatsache oder den Umstand ankommt, der Veranlassung zur Klage gegeben hat (so auch Tilmann/Plassmann/Gundt/W. Tilmann, Einheitspatent, Einheitliches Patentgericht, Art. 72 EPGÜ, Rn. 69; vgl. auch Luginbühl/Hüttermann/Hoppe, Art. 72 EPGÜ Rn. 54).
    1. Da die Kläger zur Begründung ihres Verletzungsvorwurfs maßgeblich auf den Testkauf vom 20. Juni 2023 (Anlage K 17) abstellen, käme ein früherer Verjährungsbeginn nur in Betracht, wenn es der Beklagten gelungen wäre darzulegen, dass die Kläger bereits vor diesem Zeitpunkt Kenntnis sämtlicher für die Prüfung und Darlegung einer Verletzung des Streitpatents durch die angegriffenen Ausführungsformen erforderlichen Tatsachen hatten bzw. hätten haben müssen. Dies ist bisher nicht der Fall. Der lediglich allgemein gehaltene Hinweis auf die Entwicklungskooperation zwischen den Parteien seit 2016 reicht dafür ebenso wenig aus wie die pauschale Behauptung, die Kläger bzw. ihre Rechtsvorgänger hätten von allen Handlungen der Beklagten seit dem 8. September 2018 Kenntnis bzw. Kenntnis haben müssen.
    1. Inwiefern ergänzend zu Art. 72 EPGÜ auf die kürzere deutsche dreijährige Verjährungsfrist (§§ 195, 199 BGB) zurückgegriffen werden kann, bedarf im vorliegenden Fall keiner weiteren Erörterung. Selbst wenn dies, zugunsten der Beklagten unterstellt, der Fall wäre, knüpft auch diese Verjährungsfrist auf die Kenntnis bzw. das Kennen müssen des Verletzungstatbestandes an. Davon ausgehend gelten die vorstehenden Erwägungen entsprechend.

VII. Vorläufiger Schadenersatz

    1. Gemäß Art. 68 EPGÜ i.V.m. R. 119 VerfO kann das Gericht der obsiegenden Partei unter von ihm festgelegten Bedingungen vorläufigen Schadenersatz zuerkennen, der zumindest die vorläufigen Kosten des Schadenersatz- und Entschädigungsverfahrens auf Seiten der obsiegenden Partei abdecken soll.
    1. Davon ausgehend erscheint der durch die Kläger geltend gemachte vorläufige Schadenersatz in Höhe von 100.000,- EUR angemessen.
    1. Abgesehen davon, dass die Beklagte denselben Betrag bereits außergerichtlich im Rahmen eines Vergleichsangebotes für eine ausschließliche Lizenz am Streitpatent angeboten hat, hat

die Beklagte unstreitig außergerichtlich ebenso eingeräumt, bis Ende 2023 knapp 600 Wohnwagen des Modells 'DESEO' zum Listenpreis von 28.100,- EUR und 70 Wohnwagen des Modells 'AZUR' zum Preis von 41.400,- EUR verkauft hat.

    1. Dass diese Verkaufszahlen unzutreffend wären, behauptet auch die Beklagte nicht. Sie beruft sich vielmehr stattdessen lediglich auf die Geheimhaltungsbedürftigkeit der außergerichtlichen Vergleichsgespräche und ein daraus aus Sicht der Beklagten resultierendes Verwertungsverbot. Dass und aus welchen Gründen dieser Einwand nicht zum Erfolg führt, hat das Gericht bereits im Rahmen der Erörterung der Benutzungshandlungen im Einzelnen dargelegt. Auf die dortigen Ausführungen kann zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden.

VIII. Entschädigung

    1. Dass auch eine eventuelle finanzielle Entschädigung wegen der Benutzung der veröffentlichten EP-Anmeldung in den Zuständigkeitsbereich des Einheitlichen Patentgerichts fällt, folgt aus Art. 32 Abs. 1 lit. f) EPGÜ ('Klagen im Zusammenhang mit der Benutzung einer Erfindung vor der Erteilung eines Patents').
    1. Da eine solche Entschädigung weder in der EPatVO noch im EPGÜ geregelt ist, muss das Gericht auf der Grundlage von Art. 24 Abs. 1 lit. c) EPGÜ die Vorschrift des Art. 67 EPÜ anwenden, die den Mitgliedsstaaten einen Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Ausgestaltung gewährt (vgl. dazu auch die Tabelle in Tilmann/Plassmann/Grabinski/W. Tilmann, Art. 32 EPGÜ, Rn. 103).
    1. Ähnlich wie beim Vorbenutzungsrecht fehlt es zu dieser Frage bisher an einer einheitlichen Regelung. Es ist mithin zunächst an dem eine entsprechende Entschädigung begehrenden Kläger, die Voraussetzungen einer solchen für die einzelnen in Rede stehenden Mitgliedsstaaten darzulegen. Dem sind die Kläger in der mündlichen Verhandlung lediglich in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland nachgekommen. Dort kann der Anmelder einer veröffentlichten Europäischen Patentanmeldung aus Art. II § 1 Abs. 1 IntPatÜG von demjenigen, der den Gegenstand der Anmeldung benutzt hat, obwohl er wusste oder wissen musste, dass die von ihm benutzte Erfindung Gegenstand der europäischen Patentanmeldung war, eine angemessene Entschädigung verlangen. Für die übrigen streitgegenständlichen Mitgliedsstaaten fehlt es an Vortrag, so dass den Klägern lediglich für die Bundesrepublik Deutschland eine angemessene Entschädigung dem Grunde nach zuzusprechen und die Klage insoweit im Übrigen abzuweisen war.

IX. Androhung von Zwangsgeld

    1. Die begehrte Androhung von Zwangsgeld für die Unterlassung ('bis zu 250.000,- EUR', Art. 63 Abs. 2 EPGÜ) ist nicht zu beanstanden.
    1. Die in die Entscheidung aufgenommene allgemeine Androhung von Zwangsmitteln gibt der Kammer die notwendige Flexibilität, um auf eventuelle Verstöße gegen diese Anordnung unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien sowie der Schwere des Verstoßes reagieren zu können (UPC_CFI_16/2024 (LK Düsseldorf), Entscheidung v. 14.01.2025, S. 39 - Ortovox v. Mammut).

X. Kostengrundentscheidung

    1. Gemäß Art. 69 Abs. 2 EPGÜ i.V.m. R. 118 Abs. 5 VerfO, R. 265 Abs. 2 lit. c) VerfO war eine Kostengrundentscheidung zu treffen.
    1. Da die Kläger ihre Verletzungsklage zunächst auf die Republik Irland erstreckt und von diesem Begehren im weiteren Verfahrensverlauf Abstand genommen haben, ist es gerechtfertigt, ihnen einen Teil der Kosten der Verletzungsklage aufzuerlegen und im Übrigen die Beklagte zur Zahlung der Kosten zu verpflichten.
    1. Die Nichtigkeitswiderklage sowie die Dritt-Widerklage sind erfolglos geblieben. Deren Kosten hat daher die Beklagte zu tragen.

XI. Erstattungsobergrenze

    1. Die Festsetzung der Obergrenzen für erstattungsfähige Vertreterkosten beruht auf dem Beschluss des Verwaltungsausschusses über die Obergrenzen erstattungsfähiger Kosten vom 24. April 2023 (D - AC/10/24042023_D).

XII. Keine Sicherheitsleistung

    1. Gemäß Art. 82 Abs. 2 EPGÜ, R. 118 Abs. 8 S. 2 VerfO kann das Gericht jede Anordnung bzw. Maßnahme von einer Sicherheitsleistung abhängig machen, die es festzusetzen hat.
    1. Wie bereits der Wortlaut der vorgenannten Norm verdeutlicht, steht der Kammer bei der Anordnung einer Sicherheitsleistung ein Ermessen zu, wobei das Interesse der Klägerin an einer effektiven Durchsetzung ihres Schutzrechts mit dem Interesse an der effektiven Durchsetzung möglicher Schadenersatzansprüche im Fall einer späteren Aufhebung des Urteils abzuwägen ist.
    1. Es bedarf mithin stets einer Einzelfallprüfung. Zu den Faktoren, die bei der Frage nach der Anordnung einer Sicherheitsleistung zu berücksichtigen sind, gehören die finanzielle Lage des Klägers, die Anlass zu der berechtigten und realen Sorge geben kann, dass ein möglicher Schadenersatzanspruch bei einer Aufhebung oder Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung nicht oder nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand durchgesetzt und/oder vollstreckt werden kann. Ob und inwieweit solche Faktoren vorliegen, ist nicht anders als bei einem Antrag auf Sicherheitsleistung nach R. 158 VerfO anhand der von den Parteien vorgetragenen Tatsachen und Argumente zu ermitteln. Macht die Kammer eine Anordnung oder Maßnahme von einer Sicherheitsleistung abhängig, dient dies dem Schutz der Position und der potenziellen Rechte des Beklagten. Dessen Schutz muss gegen die Belastung des Klägers durch die Anordnung einer Sicherheitsleistung abgewogen werden. Vor diesem Hintergrund obliegt es dem Beklagten, Tatsachen und Argumente vorzubringen, warum es im konkreten Fall angemessen erscheint, die Anordnung oder Maßnahme gemäß R. 118 Abs. 8 VerfO von einer vom Gericht festzusetzenden Sicherheitsleistung abhängig zu machen. Ist der Beklagte dem nachgekommen, obliegt es dem Kläger, diese Tatsachen und Gründe substantiiert zu bestreiten, zumal er in der Regel über Kenntnisse und Beweise zu seiner finanziellen Situation verfügt. Ebenso ist es die Aufgabe des Klägers, gegebenenfalls darzulegen, weshalb trotz der durch den Beklagten vorgebrachten Gründe sein Interesse an der Durchsetzung seines Schutzrechts ohne Sicherheitsleistung überwiegt (vgl. UPC_CFI_16/2024 (LK Düsseldorf), Entscheidung v. 14.01.2025 - Ortovox v. Mammut; UPC_CFI_363/2024 (LK Düsseldorf), Ent-
  • scheidung vom 10.10.2024, ORD_598458/2023 - Seoul Viosys v. expert), zum Antrag auf Sicherheitsleistung nach R. 158 VerfO: UPC_COA_328/2024, Anordnung v. 26.08.2024 Ballinno v. Kinexon Sports; UPC_CFI_373/2024 (LK Düsseldorf), Anordnung v. 05.08.2024 SodaStream v. Aarke; UPC_CFI_514/2023 (LK München, Panel 1), Anordnung v. 23.04.2024 - Volkswagen v. NST m.w.N.).

    1. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Beklagte keine Gründe vorgetragen, die Anlass geben, die Vollstreckung im vorliegenden Fall von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen. Die Kammer hat daher von der Anordnung einer solchen Vollstreckungssicherheit abgesehen.

I. Keine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof (EuGH)

    1. Es besteht keine Veranlassung, das Verfahren gemäß R. 266 Abs. 5 S. 1 VerfO auszusetzen und dem EuGH gemäß Art. 21 EPGÜ i. V. m Art. 267 AEUV die von den Beklagten formulierten Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen.
    1. Nach Ansicht der Kammer besteht kein vernünftiger Zweifel daran, dass das EPGÜ als völkerrechtlicher Vertrag an den Grundsätzen der Wienervertragsrechtskonvention zu messen ist. Die Frage der Anordnung endgültiger Verfügungen, wenn eine lediglich drohende Verletzung festgestellt wurde, besitzt vorliegend keine Entscheidungsrelevanz, nachdem die Kammer eine Verletzung des Streitpatents festgestellt hat. Gleiches gilt für die Frage verfahrensrechtlicher Befugnisse im Hinblick auf Patentverletzungen nach nationalem Recht. Da das Streitpatent unstreitig nicht auf einer gemeinsamen Entwicklung beruht, fällt es von vornherein nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 1217/2010 über die Verwendung von Art. 101 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf bestimmte Gruppen von Vereinbarungen über Forschung und Entwicklung. Auch die auf die Auslegung dieser Verordnung gerichtete Frage besitzt mithin im vorliegenden Fall keine Entscheidungsrelevanz. Die auf eine Klärung der Reichweite der Befugnisse nach Art. 56 ff. EPGÜ unter Berücksichtigung der Warenverkehrsfreiheit gerichtete, an die (vermeintlich) fehlende Weitergabe der Rechtsstellung als Lizenzgeber bei der Übertragung des Streitpatents anknüpfende Frage ist schon deshalb für die Entscheidung nicht relevant, weil der Beklagten keine Lizenz am Streitpatent eingeräumt wurde. Aus diesem Grund besitzt auch die weiterhin aufgeworfene Frage, ob die unionsrechtliche 'Implied Powers'-Doktrin eine Auslegung des Art. 32 Abs. 1 lit. a) EPGÜ gebietet, nach der sich eine Widerklage in Bezug auf Lizenzen auch gegen eine nicht am Verletzungsverfahren beteiligte Person gerichtet werden kann, keine Entscheidungsrelevanz. Wie ausgeführt kann sich die Beklagte bereits nicht auf ein Vorbenutzungsrecht in Deutschland berufen, so dass es vorliegend auch nicht auf die Reichweite der Rechtsprechung des EuGH zur unionsweiten Erschöpfung ankommt.
    1. Soweit die Beklagte weiterhin durch den EuGH geklärt haben möchte, ob Art. 11 S. 1 der Enforcement-Richtlinie (Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums) dahingehend auszulegen ist, dass nur die Fortsetzung der festgestellten Verletzungshandlung untersagt werden kann, während Verletzungshandlungen, die nicht festgestellt worden sind, nicht untersagt werden können, sieht die Kammer auch insoweit keinen Anlass für eine Vorlage an den EuGH. Zum einen normiert Art. 11 S. 1 der Enforcement-Richtlinie lediglich einen Mindeststandard: Die Mitgliedsstaaten sollen sicherstellen, dass die zuständigen Gerichte bei Feststellung der Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums eine Anordnung gegen den Verletzer erlassen können. Dies schließt die Eröffnung weitergehender Befugnisse, etwa im Fall

einer drohenden Verletzung, nicht aus. Zum anderen begründet das Anbieten und in Verkehr bringen, wie ausgeführt, zugleich eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Beklagte die angegriffene Ausführungsform ebenfalls gebraucht bzw. zu den Zwecken des Anbietens, in Verkehrbringens oder Gebrauchens einführt oder besitzt. Wird diese Vermutung, wie hier, nicht widerlegt, ist Anknüpfungspunkt der getroffenen Anordnungen auch insoweit die Feststellung einer Patentverletzung. Auf die durch die Beklagte aufgeworfene Frage, ob Art. 63 Abs. 1 EPGÜ auch im Fall einer lediglich drohenden Patentverletzung die Möglichkeit einer endgültigen Unterlassungsanordnung eröffnet, kommt es mithin im vorliegenden Fall nicht an.

    1. Weshalb zur Bestimmung der Reichweite des Angebotsbegriffes in Art. 25 lit. a) EPGÜ auf die Unionsmarkenverordnung (Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke, nachfolgend: UMV) und die dazu existierende Kommentarliteratur zurückgegriffen werden soll, erschließt sich nicht. Art. 9 Abs. 3 regelt die aus einer Unionsmarke erwachsenden Verbotsbefugnisse, während Art. 25 EPGÜ dem Patentinhaber bestimmte Ausschließlichkeitsbefugnisse zuweist. Es handelt sich mithin um jeweils grundsätzlich selbstständige, unterschiedliche gewerbliche Schutzrechte betreffende und selbstständige Regelungsbereiche abdeckende Normen, die jeweils grundsätzlich aus sich heraus auszulegen sind.

J. Keine Anordnung in Bezug auf den Vorbehalt nationaler Rechtsbehelfe zur Abwendung der Vollstreckung

    1. Der weitere Antrag der Beklagten, dass die der Beklagten nach dem jeweiligen nationalen Recht bestehenden Rechtsbehelfe und Möglichkeiten zur Abwendung der Vollstreckung vorbehalten bleiben sollen, soweit das Vollstreckungsverfahren dem Recht der Vertragsmitgliedsstaaten unterliegt, gibt zu keiner Anordnung Anlass. Ob der Beklagten die entsprechenden nationalen Rechtsbehelfe und Möglichkeiten offenstehen, ist bei Bedarf durch das jeweilige nationale Gericht oder Vollstreckungsorgan anhand der jeweils einschlägigen Normen zu bestimmen.

ENTSCHEIDUNG:

  • A. Soweit die Klage zunächst auch das Gebiet der Republik Irland umfasst hat, wird die teilweise Rücknahme der Klage zugelassen.
  • B. Der Einspruch der Beklagten wird, soweit über diesen noch zu entscheiden war, zurückgewiesen.
  • C. Der Beklagten wird aufgegeben,
  • I. es zu unterlassen, Rahmen für ein Fahrzeug mit zumindest einem Strukturteil, wobei das Strukturteil als Gussteil in einer Gussform hergestellt ist und die Gussform die dreidimensionale Außenform des Strukturteils wiedergibt, wobei das Strukturteil durch ein selbstaufquellendes Schaumharz gebildet ist,

in dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, der französischen Republik, der Italienischen Republik und der Republik Slowenien herzustellen, in Verkehr zu bringen, anzubieten, zu gebrauchen und/oder einzuführen, auszuführen und/oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,

wenn das Strukturteil zumindest teilweise von außen mit einer Schutzschicht beschichtet ist, wobei die vorhandenen Strukturteile einen tragenden Teil des Rahmens bilden;

(Anspruch 1 von EP 3 356 109)

  • II. im Falle einer Zuwiderhandlung gegen die Anordnung gemäß C. I. an das Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von bis zu 250.000,EUR zu zahlen;
  • III. den Klägern Auskunft zu erteilen über die seit dem 8. September 2018 begangenen Verletzungshandlungen gemäß C. I. unter Angabe
    1. des Ursprungs und der Vertriebswege der verletzenden Erzeugnisse;
    1. der erzeugten, hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Mengen und der Preise, die für die verletzenden Erzeugnisse gezahlt wurden

und

    1. der Identität aller an der Herstellung oder dem Vertrieb von den verletzenden Erzeugnissen beteiligten dritten Personen;
  • IV. die Erzeugnisse gemäß C. I., welche seit dem 9. April 2022 ausgeliefert worden sind, innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen nach der Zustellung der Mitteilung im Sinne von R.118 Abs. 8 S. 1 VerfO und gegebenenfalls der beglaubigten Übersetzung auf Kosten der Beklagten

    1. aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem die Dritten, von denen die verletzenden Erzeugnisse zurückzurufen sind, darauf hingewiesen werden, dass dieses Gericht festgestellt hat, dass die Erzeugnisse das Europäische Patent EP 3 356 109 verletzen, wobei die Beklagte den Dritten verbindlich zuzusagen hat, die entstandenen Kosten zu erstatten, die anfallenden Verpackungs- und Transportkosten zu übernehmen, die mit der Rücksendung der Produkte verbundenen Zoll- und Lagerkosten zu erstatten und die Produkte wieder entgegenzunehmen,

und

    1. endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen, indem die Beklagte unter Hinweis, dass dieses Gericht festgestellt hat, dass die Erzeugnisse das Europäische Patent EP 3 356 109 verletzen, Dritte, die gewerbliche Abnehmer, aber nicht Endabnehmer sind, hinsichtlich der in C. I. genannten Erzeugnisse auffordern, sämtliche Aufträge betreffend die unter C. I. genannten Erzeugnisse zu stornieren und dem Gericht und den Klägern innerhalb des genannten Zeitraums von 30 Tagen nach der Zustellung der Mitteilung im Sinne von R. 118. Abs. 8 S. 1 VerfO und gegebenenfalls der beglaubigten Übersetzung einen schriftlichen Nachweis über die durchgeführten Maßnahmen vorzulegen;
  • V. die im unmittelbaren und/oder mittelbaren und/oder im Eigentum der Beklagten befindlichen Erzeugnisse gemäß C. I. zu vernichten oder an einen von den Klägern zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;

  • VI. an die Kläger einen Betrag in Höhe von 100.000,- EUR als vorläufigen Schadensersatz zu zahlen;

  • VII. den Klägern allen Schaden zu erstatten, der ihnen durch die Handlungen gemäß C. I. in der Zeit seit dem 9. April 2022 entstanden sind und noch entstehen werden;

  • VIII. den Klägern für die Zeit vom 8. September 2018 bis zum 8. April 2022 für Handlungen gemäß C. I. betreffend die Bundesrepublik Deutschland eine angemessene Entschädigung zu zahlen.

  • D. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  • E. Die Dritt-Widerklage wird abgewiesen.

  • F. Die Nichtigkeitswiderklage wird abgewiesen.

  • G. Die Kosten der Klage tragen die Kläger zu je 12,5 % und die Beklagte zu 75 %.

  • Die Kosten der Dritt-Widerklage sowie der Nichtigkeitswiderklage trägt die Beklagte.

  • H. Der Streitwert für die Klage und die Nichtigkeitswiderklage wird auf jeweils 500.000,EUR festgesetzt.

  • I. Die Obergrenze der erstattungsfähigen Vertretungskosten wird für die Klage sowie für die Nichtigkeitswiderklage auf 112.000,- EUR festgesetzt.

  • J. Die Anordnungen zu Buchstaben C. I. bis C. VI. sind erst vollstreckbar, nachdem die Kläger dem Gericht mitgeteilt haben, welchen Teil der Anordnungen sie zu vollstrecken beabsichtigen und eine beglaubigte Übersetzung der Anordnungen in die Amtssprache des Vertragsmitgliedstaats, in dem die Vollstreckung erfolgen soll, eingereicht haben und nachdem den Beklagten die Mitteilung und die (jeweilige) beglaubigte Übersetzung zugestellt wurde.

Düsseldorf am 10. April 2025 NAMEN UND UNTERSCHRIFTEN

ORD_68984/2024

Vorsitzender Richter Thomas Ronny Thomas Digital unterschrieben von Ronny Thomas Datum: 2025.04.04 15:34:13 +02'00'
Rechtlich qualifizierte Richterin Dr. Thom Anna Bérénice Dr. THOM Digital unterschrieben von Anna Bérénice Dr. THOM Datum: 2025.04.04 15:48:15 +02'00'
Rechtlich qualifizierter Richter Brinkman Edger Frank BRINKMAN Digitally signed by Edger Frank BRINKMAN Date: 2025.04.04 17:03:59 +02'00'
Technisch qualifizierter Richter Ashley Graham William Ashley Digitally signed by Graham William Ashley Date: 2025.04.07 09:37:03 +02'00'
Für den Hilfskanzler Boudra-Seddiki Rachida Boudra- Seddiki Digital unterschrieben von Rachida Boudra- Seddiki Datum: 2025.04.07 09:58:57 +02'00'

INFORMATIONEN ZUR BERUFUNG:

Gegen die vorliegende Entscheidung kann durch jede Partei, die ganz oder teilweise mit ihren Anträgen erfolglos war, binnen zwei Monaten ab Zustellung der Entscheidung beim Berufungsgericht Berufung eingelegt werden (Art. 73 Abs. 1 EPGÜ, R. 220 Abs. 1 lit. a), 224 Abs. 1 lit. a) VerfO).

Informationen zur Vollstreckung (Art. 82 EPGÜ, Art. 37 Abs. 2 EPGS, R. 118 Abs. 8, 158 Abs. 2, 354, 355 Abs. 4 VerfO):

Eine beglaubigte Kopie der vollstreckbaren Entscheidung wird vom Hilfskanzler auf Antrag der vollstreckenden Partei ausgestellt, R. 69 RegR.

Diese Entscheidung wurde am 10. April 2025 in öffentlicher Sitzung verkündet. Vorsitzender Richter Thomas

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