14 April, 2025
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Order
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ORD_67138/2024
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Düsseldorf (DE) Loca…
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EP3223320B1
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Art. 69 EPGÜ
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Lokalkammer Düsseldorf UPC_CFI_483/2023 UPC_CFI_823/2024 UPC_CFI_824/2024
Entscheidung
des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts erlassen am 14. April 2025 betreffend EP 3 223 320 B1
Klägerin:
Seoul Viosys Co., Ltd., gesetzlich vertreten durch ihre vertretungsberechtigten Vorstände ChungHoon Lee und Young Ju Lee, 65-16, Sandan-ro 163 beon-gil, Danwon-gu, Ansan-si, Gyeonggi-do, 15429, Republik Korea,
vertreten durch:
Rechtsanwalt Dr. Bolko Ehlgen, Rechtsanwältin Dr. Julia Schön- bohm, Kanzlei Linklaters LLP, Taunusanlage 8, 60329 Frankfurt am Main, Deutschland,
unterstützt durch:
Patentanwalt Dr. Dipl.-Phys. Olaf Isfort, Kanzlei Schneiders & Beh- rendt, Huestraße 23, 44787 Bochum, Deutschland
elektronische Zustelladresse:
bolko.ehlgen@linklaters.com
Beklagte:
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- expert e-Commerce GmbH , gesetzlich vertreten durch ihre Geschäftsführer Dr. Stefan Müller und Michael Grandin, Bayernstraße 4, 30855 Langenhagen, Deutschland
vertreten durch:
Rechtsanwalt Dr. Dirk Jestaedt, Kanzlei Krieger Mes & Graf von der Groeben Part mbB, Bennigsen-Platz 1, 40474 Düsseldorf, Deutschland elektronische Zustelladresse:
info@krieger-mes.de unter Mitwirkung von:
Patentanwalt Bernhard Ganahl, HGF Europe LLP, Neumarkter Straße 18, 81673 München, Deutschland
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- expert klein GmbH, gesetzlich vertreten durch ihre Geschäftsführer Jens Oerter und Thomas Jacob, Jägerstraße 32, 57299 Burbach, Deutschland
vertreten durch:
Rechtsanwalt Dr. Dirk Jestaedt, Kanzlei Krieger Mes & Graf von der Groeben Part mbB, Bennigsen-Platz 1, 40474 Düsseldorf,
elektronische Zustelladresse:
info@krieger-mes.de
unter Mitwirkung von:
Patentanwalt Bernhard Ganahl, HGF Europe LLP, Neumarkter Straße 18, 81673 München, Deutschland
STREITPATENT:
Europäisches Patent Nr. 3 223 320 B1
SPRUCHKÖRPER/KAMMER:
Spruchkörper der Lokalkammer Düsseldorf
MITWIRKENDE RICHTER:
Diese Entscheidung wurde durch den Vorsitzenden Richter Thomas als Berichterstatter getroffen.
VERFAHRENSSPRACHE: Deutsch
GEGENSTAND: Kostenfestsetzungsverfahren - Art. 69 EPGÜ, R. 150, 151, 152 VerfO
KURZE DARSTELLUNG DES SACHVERHALTS:
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- Die Klägerin hat die Beklagten wegen Verletzung des Europäischen Patents EP 3 223 320 B1 (nachfolgend: Streitpatent) in Anspruch genommen, wobei das Verfahren unter dem Aktenzeichen ACT_594849/2023 (UPC_CFI_483/2023) geführt wird. Die Beklagten haben die Benutzung des Streitpatents bestritten. Darüber hinaus hat die Beklagte zu 2. eine Widerklage auf Nichtigerklärung des Streitpatents erhoben (CC_3555/2024). Die Klägerin ist der Nichtigkeitswiderklage entgegengetreten und hat hilfsweise Anträge auf Änderung des Streitpatents gestellt (App_12619/2024).
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- Mit einer am 10. Oktober 2024 verkündeten und noch am selben Tag in dem die Verletzungsklage betreffenden Workflow in das CMS eingestellten Entscheidung hat die Lokalkammer Düsseldorf das Streitpatent auf die durch die Beklagte zu 2. erhobene Nichtigkeitswiderklage hin für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik, der Italienischen Republik und des Königreichs der Niederlande für nichtig erklärt und die Verletzungsklage abgewiesen. Die Kosten dieses Rechtsstreits trägt ausweislich der Kostengrundentscheidung die Klägerin.
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- Die Beklagten haben am 12. Dezember 2024 einen Kostenfestsetzungsantrag eingereicht, mit welchem sie die Festsetzung der Kosten für das Verletzungsverfahren und die Nichtigkeitswiderklage begehren. Dabei machen die Beklagten einen Betrag von 100.000,- EUR für die Kosten des Verfahrens zuzüglich eines Betrages von 11.000,- EUR für die Gerichtskosten der Nichtigkeitswiderklage geltend.
ANTRÄGE DER PARTEIEN:
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- Die Beklagten beantragen, dass
die Klägerin an die Beklagten zu 1. und zu 2. einen Betrag in Höhe von 111.000,- EUR zahlt, wobei hiervon 61.000,- EUR an die Beklagte zu 2. und 50.000,- EUR an die Beklagten zu 1. und zu 2. als Gesamtgläubiger zu zahlen sind.
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- Die Klägerin ist diesem Kostenfestsetzungsantrag entgegengetreten.
TATSÄCHLICHE UND RECHTLICHE STREITPUNKTE:
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- Die Klägerin rügt den Kostenfestsetzungsantrag als verspätet.
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- Nach Auffassung der Beklagten beinhaltet R. 151 VerfO keine materiell-rechtliche Beschränkung des Kostenerstattungsanspruchs. Dieser Anspruch sei in Art. 69 EPGÜ geregelt. Eine Frist zur Geltendmachung des Anspruchs sei dort nicht vorgesehen. Die Verjährung des Anspruchs richte sich nach Art. 72 EPGÜ. Selbst wenn man der Auffassung wäre, dass für die Verjährung des Kostenerstattungsanspruchs nicht Art. 72 EPGÜ einschlägig wäre, ergäbe sich die Verjährung dieses Anspruchs nicht aus der Verfahrensordnung, sondern aus Art. 24 Abs. 1 lit. e) EPGÜ. Hierüber seien die Verjährungsvorschriften des nationalen Rechts anwendbar, so dass jedenfalls klar sei, dass der Anspruch auf Kostenerstattung gemäß Art. 69 EPGÜ frühestens nach drei Jahren ab dem Ende des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden sei, verjähren könne. Daher stehe R. 151 VerfO im unmittelbaren Widerspruch zu den Regelungen des EPGÜ. Ein Ausschluss des Anspruchs innerhalb eines Monats stehe somit in Widerspruch zu den Regeln des EPGÜ, weshalb die in R. 151 VerfO verankerte Monatsfrist nicht anwendbar sei.
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- Gleiches gelte, wenn R. 151 VerfO derart zu verstehen wäre, dass davon nur der prozessuale, nicht aber der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch erfasst sei. In dieser Konstellation bestünde für die Beklagten keine Möglichkeit der Durchsetzung des materiellen Kostenerstattungsanspruchs. Art. 32 EPGÜ regele die ausschließliche Zuständigkeit für Klagen des EPGÜ. Art. 32 Abs. 1 lit. a) EPGÜ sei auf den Fall, dass der Beklagte eine Kostenerstattung verlange, nicht anwendbar, da sich der Wortlaut auf Klagen wegen tatsächlicher oder drohender Verletzung von Patenten beziehe. Jedoch müsse die Verfahrensordnung unter Berücksichtigung des Rechtsstaatsprinzips sowie von Art. 47 der Europäischen Grundrechtscharta sowie Art. 6 Abs. 1 S. 1 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sicherstellen, dass jegliche Ansprüche, welche aus dem EPGÜ folgen, tatsächlich auch geltend gemacht werden könnten.
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- Schließlich habe das Gericht seine Entscheidung über die Nichtigkeitswiderklage erst am 6. Dezember 2024 im CMS hinterlegt. Daher sei es der Beklagten erst zu diesem Zeitpunkt möglich gewesen, im Hinblick auf die Nichtigkeitswiderklage einen Kostenfestsetzungsantrag zu stellen. Davon ausgehend sei der Antrag auf Kostenfestsetzung rechtzeitig gestellt worden.
GRÜNDE DER ANORDNUNG:
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- Der Antrag auf Kostenfestsetzung ist unzulässig und daher zurückzuweisen.
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- Gemäß R. 151 VerfO muss die obsiegende Partei innerhalb eines Monats nach der Entscheidung einen Antrag auf Kostenfestsetzung stellen. Die dem Kostenfestsetzungsantrag zugrundeliegende Entscheidung wurde am 10. Oktober 2024 in das CMS hochgeladen und ist den Beklagten mithin an diesem Tag zugestellt worden (R. 276 Abs. 1 VerfO i.V.m. R. 271 Abs. 1 lit. c), Abs. 2 VerfO). Der durch die Beklagten erst am 12. Dezember 2024 im CMS eingereichte Antrag ist daher verfristet.
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- Dass die sowohl die Verletzungs- als auch die Nichtigkeitswiderklage erfassende einheitliche Entscheidung im CMS zunächst nur im Workflow der Verletzungs-, nicht aber der Nichtigkeitswiderklage bereitgestellt wurde, vermag nichts daran zu ändern, dass den Beklagten die gesamte, beide Verfahren erfassende Entscheidung bereits am 10. Oktober 2024 zugestellt
wurde.
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- Dass den Beklagten, was zu ihren Gunsten unterstellt werden kann, zunächst ein Upload eines Kostenfestsetzungsantrages im CMS nicht möglich war, vermag die verfristete Einreichung ihres Antrages nicht zu rechtfertigen. Für einen solchen Fall sieht die Verfahrensordnung die Möglichkeit der Ersatzeinreichung in Papierform vor (R. 4 Abs. 2 VerfO). Davon haben die Beklagten jedoch keinen Gebrauch gemacht. Ebenso wenig haben sie dem Gericht Gründe präsentiert, welche gegebenenfalls eine (rückwirkende) Fristverlängerung nach R. 9 Abs. 3 VerfO rechtfertigen könnten.
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- Soweit die Beklagten stattdessen auf eine vermeintliche Diskrepanz zwischen der Verfahrensordnung und dem EPGÜ verweisen, vermag das Gericht eine solche nicht zu erkennen. Art. 69 Abs. 1 EPGÜ sieht für den Regelfall eine Kostentragungspflicht der unterliegenden Partei vor. Das für die Geltendmachung des daraus erwachsenden Kostenerstattungsanspruchs vorgesehene Verfahren lässt Art. 69 EPGÜ offen und überlässt dessen nähere Ausgestaltung der Verfahrensordnung. Diese sieht in R. 150 ff. VerfO ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren vor, welches innerhalb eines Monats nach der dem Kostenfestsetzungsverfahren zugrundeliegenden Entscheidung eingeleitet werden muss (R. 151 VerfO). Eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten ist damit schon deshalb nicht verbunden, weil diese Monatsfrist auf einen begründeten Antrag hin verlängerbar ist (vgl. R. 9 Abs. 3 und 4 VerfO).
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- Ob und ggf. in welcher Form der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch auch nach Ablauf der Monatsfrist außerhalb des Kostenfestsetzungsverfahrens durchgesetzt werden kann, bedarf im vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren keiner Entscheidung.
ANORDNUNG:
Der Antrag der Beklagten auf Festsetzung der erstattungsfähigen Kosten wird als unzulässig zurückgewiesen.
DETAILS DER ANORDNUNG:
ACT_66999/2024 und ACT_67004/2024 zu den Hauptaktenzeichen ACT_594849/2023 und CC_3555/2024
UPC-Nummern: UPC_CFI_483/2023, UPC_CFI_823/2024 und UPC_CFI_824/2024 Verfahrensart: Verletzungsklage und Nichtigkeitswiderklage
Erlassen in Düsseldorf am 14. April 2025
NAMEN UND UNTERSCHRIFTEN
Vorsitzender Richter Thomas
INFORMATIONEN ZUR BERUFUNG
Eine Partei, die durch eine der in R. 157 VerfO genannte Entscheidung beschwert ist, kann innerhalb von 15 Tagen ab Zustellung der Entscheidung einen Antrag auf Zulassung der Berufung beim Berufungsgericht stellen, R. 221 Abs. 1 VerfO.
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