
Lokalkammer Mannheim UPC_CFI_471/2023
Anordnung
des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts, erlassen am: 16/04/2025 betreffend EP 2 479 680 betreffend App_15082/2025
KLÄGERINNEN
1)
DISH Technologies L.L.C.
vertreten durch Denise Benz
2)
Sling TV L.L.C.
vertreten durch Denise Benz
BEKLAGTE/ANTRAGSTELLERINNEN
1) AYLO PREMIUM LTD
- 195-197 Old Nicosia-Limassol Road, Block 1 Dali Industrial Zo-ne - 2540 - Nikosia - CY
vertreten durch Tilman Müller-Stoy
2) AYLO Billing Limited
- The Black Church, St Mary's Place, Dublin 7 - D07 P4AX - Dublin - IE
vertreten durch Tilman Müller-Stoy
3) AYLO FREESITES LTD
- 195-197 Old Nicosia-Limassol Road, Block 1 Dali Industrial Zo-ne - 2540 - Nikosia - CY
vertreten durch Conor McLaughlin/ Tilman Müller-Stoy
4) AYLO BILLING US CORP.
- 21800 Oxnard Ste 150 - 91367 - 7909 - Woodland Hills - US
vertreten durch Tilman Müller-Stoy
5) BROCKWELL GROUP LLC
- 19046 Bruce B. Downs Blvd #1134 - 33647 - Tampa - US
vertreten durch Tilman Müller-Stoy
6) BRIDGEMAZE GROUP LLC
- 12378 SW 82 AVENUE - 33156 - Miami - US
vertreten durch Tilman Müller-Stoy
STREITGEGENSTÄNDLICHES PATENT:
Europäisches Patent Nr. EP 2 479 680
SPRUCHKÖRPER:
Lokalkammer Mannheim
MITWIRKENDE RICHTER:
Diese Anordnung wurde erlassen durch den rechtlich qualifizierten Richter Böttcher als Berichterstatter.
VERFAHRENSSPRACHE: Deutsch
GEGENSTAND: Verletzungsklage - Antrag gem. R. 9.1 VerfO
KURZE ZUSAMMENFASSUNG DES SACHVERHALTS:
Die Beklagten sind der Auffassung, dass die Klägerin zu 1 in einem vor dem United States Patent und Trademark Office, Patent Trial and Appeal Board, geführten Verfahren (fortan 'US-Verfahren') zu einem mit dem hiesigen Klagepatent verwandten Patent (US 8,868,772) jüngst Vortrag insbesondere zur Abgrenzung von auch vorliegend relevantem Stand der Technik gehalten habe, der im diametralen Gegensatz zum Vorbringen im hiesigen Verfahren stehe. Der dortige Vortrag beziehe sich auf Merkmale, die nahezu identisch zu den Merkmalen 1.2 und 1.3 des vorliegenden Klagepatents seien, und bestätige den Vortrag der Beklagten in ihrer Duplik im vorliegenden Verfahren.
Soweit für Merkmal 1.2 relevant, habe die Klägerin zu 1 im US-Verfahren ausgeführt, dass es zu Bildstörungen kommen könne, wenn eine Videokopie zuerst kodiert und dann in Videodateien
unterteilt werde, weil dann nicht sichergestellt sei, dass jede Videodatei mit einem Rahmen beginne, der unabhängig von anderen Rahmen dekodierbar sei. Vor diesem Hintergrund vertrete die Klägerin zu 1 im US-Verfahren die Auffassung, dass das mit Merkmal 1.2 des vorliegenden Klagepatents korrespondierende dortige Merkmal dahin auszulegen sei, dass die Videokopie zunächst in die Vielzahl von Videodateien unterteilt werden müsse, ehe die Videodateien mit einer bestimmten Bitrate kodiert werden könnten. Bei dieser Auslegung verwirklichten die angegriffenen Ausführungsformen das hiesige Klagepatent nicht.
Das Verständnis der Beklagten, dass nach Merkmal 1.3 des vorliegenden Klagepatents eine Vielzahl von sequenziellen Videodateien ohne die Durchführung der Bestimmungen gem. Merkmalsgruppe 1.4 anzufordern sei, verträten die Klägerinnen im Widerspruch zu ihren Ausführungen im vorliegenden Verletzungsverfahren nicht nur im vorliegenden Nichtigkeitswiderklageverfahren, sondern die Klägerin zu 1 vertrete dieses Verständnis auch zu den korrespondierenden Merkmalen im US-Verfahren. Lege man dieses zutreffende Verständnis zugrunde, würde der eine Typ der angegriffenen Ausführungsformen Merkmal 1.3 des vorliegenden Klagepatents nicht verwirklichen.
Mit ihrer Antragsschrift vom 27. März 2025 beantragen die Beklagten gem. R. 9.1 VerfO:
Den Beklagten wird weiteres schriftsätzliches Vorbringen zu Äußerungen der Klägerin zu 1 in einem Schriftsatz vom 28. Februar 2025 in einem vor dem United States Patent and Trademark Office, Patent Trial and Appeal Board, geführten Verfahren zu einem mit dem hiesigen Klagepatent verwandten Patent (US 8,868,772) gestattet, wie sie es mit dem hiesigen Schriftsatz vorbringen.
GRÜNDE FÜR DIE ANORDNUNG:
Der Antrag der Beklagten ist zurückzuweisen.
-
- Ob ein weiterer Schriftsatz über die nach der Verfahrensordnung vorgesehenen regulären Schriftsätze hinaus zuzulassen ist, steht im Ermessen des Gerichts. Bei der Ermessensausübung hat das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls die Interessen der Parteien, aber auch das Interesse des Gerichts an einer geordneten Verfahrensführung abzuwägen. Dabei sind insbesondere die Gründe zu berücksichtigen, weshalb Vortrag, dessen Zulassung beantragt wird, nicht früher vorgebracht wurde. Dabei obliegt es dem Antragsteller, die Gründe für eine Zulassung darzulegen.
-
- Nach diesen Maßgaben kommt eine Zulassung vorliegend nicht in Betracht.
- a) Ob die Klägerin zu 1 in einem anderen Verfahren eine andere Auffassung zur Auslegung eines angeblich ähnlichen Patentanspruchs vertritt, ist für die Auslegung des vorliegenden Klagepatents ohne Belang. Eine abweichende Auffassung zu einem anderen Patent gehört nicht zum zulässigen Auslegungsmaterial.
- b) Soweit es den Beklagten darum gehen sollte, Tatsachen zu technischen Zusammenhängen, die in dem Vorbringen der Klägerin zu 1 in dem US-Verfahren enthalten sind, erstmals in das hiesige Verfahren einzuführen, steht einer Zulassung bereits entgegen, dass die Beklagten nicht dargelegt haben und auch sonst nicht ersichtlich ist, weshalb es ihnen nicht möglich gewesen sein soll, diese Tatsachen früher im hiesigen Verfahren vorzutragen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, weshalb die Möglichkeit der Beklagten, sich auf solche Tatsachen, bei denen es sich offensichtlich nicht um Sonderwissen der
Klägerin zu 1 handelt, zu berufen, davon abhängig gewesen sein soll, dass die Klägerin zu 1 sie in das US-Verfahren eingeführt hat.
-
- Da dem Antrag nicht stattgegeben wird, war eine vorherige Anhörung der Klägerinnen entbehrlich.
ANORDNUNG:
Der Antrag der Beklagten, ihnen weiteres schriftsätzliches Vorbringen zu Äußerungen der Klägerin zu 1 in einem Schriftsatz vom 28. Februar 2025 in einem vor dem United States Patent and Trademark Office, Patent Trial and Appeal Board, geführten Verfahren zu einem mit dem hiesigen Klagepatent verwandten Patent (US 8,868,772), wie es in ihrem Schriftsatz vom 27.03.2025 enthalten ist, zu gestatten, wird zurückgewiesen.
ANGABEN ZUR ANORDNUNG
Anordnung Nr. ORD_18696/2025 im VERFAHREN NUMMER: ACT_594191/2023
UPC Nummer: UPC_CFI_471/2023
Art des Vorgangs:
Verletzungsklage
Nr. des dazugehörigen Verfahrens Antragsnr.:
15082/2025
Art des Antrags:
Vorlage für Verfahrensantrag
Erlassen in Mannheim am 16. April 2025
NAME UND UNTERSCHRIFT
Böttcher Berichterstatter