22 April, 2025
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Order
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ORD_7951/2025
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Düsseldorf
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EP3466498B1
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Art. 69 EPGÜ
R. 150, 151, 152 Ver...
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Lokalkammer Düsseldorf UPC_CFI_16/2024 UPC_CFI_115/2025 UPC_CFI_116/2025
Entscheidung
des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts erlassen am 22. April 2025 betreffend EP 3 466 498 B1
KLÄGERIN:
Ortovox Sportartikel GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Christian Schneidermeier, Rotwandweg 5, 82024 Taufkirchen, Deutschland
vertreten durch:
Rechtsanwältin Miriam Kiefer, Rechtsanwalt Robert Knaps, Kanz- lei Kather Augenstein, Bahnstraße 16, 40212 Düsseldorf, Deutsch- land
elektronische Zustelladresse:
[email protected]
mitwirkend:
Patentanwalt Michael Siebel, Kanzlei Hofstetter, Schurack & Part- ner, Patent- und Rechtsanwälte PartG mbB
BEKLAGTE:
Mammut Sports Group AG, vertreten durch ihre gesetzlichen Vertreter, Birren 5, 5703 Seon, Schweiz
Mammut Sports Group GmbH, vertreten durch ihre gesetzlichen Vertreter Mammut-Basecamp 1, 87787 Wolfertschwenden, Deutschland
vertreten durch:
Rechtsanwalt Oliver Jan Jüngst, Rechtsanwalt Dr. Moritz Schroe- der, Rechtsanwalt Dr. Alexander Bothe, Kanzlei Bird & Bird LLP, Carl-Theodor-Straße 6, 40213 Düsseldorf, Deutschland
elektronische Zustelladresse:
[email protected]
mitwirkend:
Patentanwalt Dr. Dr. Fabian Leimgruber, Sozietät Thomann Fi- scher, Elisabethenstraße 30, CH-4010 Basel, Schweiz
STREITPATENT:
Europäisches Patent Nr. EP 3 466 498 B1
SPRUCHKÖRPER/KAMMER:
Spruchkörper der Lokalkammer Düsseldorf
MITWIRKENDE RICHTER:
Diese Entscheidung wurde durch den Vorsitzenden Richter Thomas als Berichterstatter getroffen.
VERFAHRENSSPRACHE: Deutsch
GEGENSTAND: Kostenfestsetzungsverfahren - Art. 69 EPGÜ, R. 150, 151, 152 VerfO
KURZE DARSTELLUNG DES SACHVERHALTS:
Die Klägerin hat die Beklagten wegen Verletzung des Europäischen Patents EP 3 926 698 B1 (nachfolgend: Streitpatent) in Anspruch genommen, wobei das Verfahren unter dem Aktenzeichen ACT_2379/2024 (UPC_CFI_16/2024) geführt wird. Die Beklagten haben die Benutzung des Streitpatents bestritten. Darüber hinaus haben die Beklagten eine Widerklage auf Nichtigerklärung des Streitpatents erhoben (CC_17292/2024). Die Klägerin ist der Nichtigkeitswiderklage entgegengetreten und hat hilfsweise Anträge auf Änderung des Streitpatents gestellt (App_34230/2024).
Mit einer am 14. Januar 2025 verkündeten Entscheidung hat die Lokalkammer Düsseldorf der Verletzungsklage überwiegend stattgegeben und die durch die Beklagten erhobene Nichtigkeitswiderklage abgewiesen. Nach der in dieser Entscheidung getroffenen und mit Anordnung vom 27. Januar 2025 (App_3399/2025) korrigierten Kostengrundentscheidung haben von den Kosten der Klage die Klägerin 20 % und die Beklagten jeweils 40 % zu tragen. Die Kosten der Nichtigkeitswiderklage tragen die Beklagten je zur Hälfte. Den Streitwert für die Klage und die Nichtigkeitswiderklage hat die Lokalkammer Düsseldorf auf jeweils 1.000.000,- EUR und die Obergrenze der erstattungsfähigen Kosten für die Verletzungsklage und die Nichtigkeitswiderklage auf 200.000,- EUR festgesetzt. Über die gegen diese Entscheidung eingelegte Berufung (APL_12159/2025; APL_12161/2025 und APL_12864/2025) hat das Berufungsgericht noch nicht entschieden.
Am 13. Februar 2025 haben die Beklagten einen Kostenfestsetzungsantrag eingereicht, mit welchem sie die Festsetzung der Kosten für das Verletzungsverfahren geltend machen. Die durch die Beklagten geltend gemachten Kosten setzen sich wie folgt zusammen:
a) Rechtsanwaltskosten
1,6-fache Verfahrensgebuhr NI. 3100, 1008 WVRVG* |
13.582,40 EUR |
1,2-fache Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG |
10.186,50 EUR |
Auslagen Nr. 7001 u. 7002 WV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
23.789,20 EUR |
b) Patentanwaltskosten
1,6-fache Verfahrensgebühr Nr. 3100, 1008 WVRVG* |
13.582,40 EUR |
1,2-fache Terminsgebühr Nr. 3104 WVRVG |
10.186,50 EUR |
Auslagen Nr. 7001 u. 7002 WTRVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
23.789,20 EUR |
Gesawt:
472578 EUR 440
Darüber hinaus machen die Beklagten folgende Reisekosten der Beklagten sowie des Patentanwalts für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2024 geltend:
Basierend auf der vorstehenden Kostenaufstellung berechnen sich die aus Sicht der Beklagten festzusetzenden Gesamtkosten wie folgt:
Hotel Antragssteller |
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Flüge Antragssteller |
348,66 EUR |
GESAMT |
466,98 EUR |
Hotel Patentanwalt |
92,15 EUR |
Flug Patentanwalt |
523,53 EUR |
GESAMT |
615,68 EUR |
Kosten für die anwaltliche Vertretung |
47.578,40 EUR |
Auslagn gesamt |
1.082,66 EUR |
GESAMT |
48.661,06 EUR |
20 % von GESAMT |
9.732,21EUR |
ANTRÄGE DER PARTEIEN:
Die Beklagten beantragen,
die vorstehend aufgeführten Kosten in Höhe von 9.732,21 EUR festzusetzen.
Die Klägerin ist dem Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten teilweise entgegengetreten.
TATSÄCHLICHE UND RECHTLICHE STREITPUNKTE:
Ihrer Kostenberechnung legen die Beklagten für die Rechts- und Patentanwaltskosten eine 1,3-fache Verfahrensgebühr gemäß R. 3100 VV RVG sowie eine 0,3-fache Erhöhungsgebühr wegen der Vertretung von insgesamt zwei Auftraggebern zugrunde.
Die Klägerin wendet ein, die Beklagten würden ihrer Berechnung irrig den konsolidierten Streitwert der Hauptsache- und der Nichtigkeitswiderklage in Höhe von 2.000.000,- EUR zugrunde legen. In die Berechnung der Beklagten sei daher die Nichtigkeitswiderklage einbezogen worden, obwohl den Beklagten hierfür kein Kostenerstattungsanspruch zustehe. Die Klägerin habe in ihrem Kostenfestsetzungsantrag vorgeschlagen, die Kostenquoten von Verletzungs- und Nichtigkeitswiderklage zu konsolidieren. Diesem Gedanken folgend und unter vollständiger Berücksichtigung der Reisekosten ergeben sich folgende Berechnung:
Kosten für die anwaltliche Vertretung: |
EUR 47.578,40 |
Auslagen gesamt: |
EUR 1.082,66 |
Gesamt: |
EUR 48.661,06 |
10% von Gesamt |
EUR 4.866,11 |
GRÜNDE DER ANORDNUNG:
Der zulässige Antrag auf Kostenfestsetzung ist nur teilweise begründet.
A. Zulässigkeit des Kostenfestsetzungsantrages
Gegen die Zulässigkeit des Antrages auf Kostenfestsetzung bestehen keine Bedenken.
Insbesondere wurde der Kostenfestsetzungsantrag gemäß R. 151 VerfO fristgerecht eingereicht.
Die Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache wurde am 14. Januar 2025 in das CMS hochgeladen und ist den Beklagten mithin an diesem Tag zugestellt worden (R. 276 Abs. 1 VerfO i.V.m. R. 271 Abs. 1 lit. c), Abs. 2 VerfO. Die Monatsfrist wurde demzufolge mit dem am 13. Februar 2025 in das CMS hochgeladenen Antrag gewahrt (R. 300 lit. c) VerfO).
B. Begründetheit des Kostenfestsetzungsantrages
Der Kostenfestsetzungsantrag ist begründet.
I. Grundsätze
Nach Art. 69 Abs. 1 EPGÜ werden die Kosten des Rechtsstreits und sonstige Kosten der obsiegenden Partei in der Regel, soweit sie zumutbar und angemessen sind, bis zur nach der Verfahrensordnung festgelegten Obergrenze von der unterlegenen Partei getragen, sofern Billigkeitsgründe dem nicht entgegenstehen. In Konkretisierung dieses Grundsatzes ist die obsiegende Partei nach R. 152 Abs. 1, 2 VerfO berechtigt, die angemessenen und verhältnismäßigen Kosten der Vertretung bis zur vom Verwaltungsausschuss festgesetzten Obergrenze zurückzufordern.
Kosten des Rechtsstreits sind solche, die in dem konkret anhängigen bzw. in Rede stehenden Verfahren (tatsächlich) entstanden sind. Hierzu zählen insbesondere die in R. 151 (d) VerfO aufgezählten Kosten. Als sonstige Kosten sind solche zu begreifen, die zwar nicht in dem anhängigen Verfahren entstanden sind, die jedoch unmittelbar und eng mit dem betreffenden Verfahren zusammenhängen (vgl. UPC_CFI_696/2024 (LK München, Panel 2), Entscheidung v. 19.03.2025 - MSG Maschinenbau v. EJP Maschinenbau; UPC_CFI_363/2023 (LK Düsseldorf), Anordnung v. 14.04.2024 - Seoul Viosys v. expert).
Die jeweils in Rede stehenden Kosten müssen kumulativ zumutbar und angemessen sein, was stets eine Frage des Einzelfalls ist. Die genannten Kriterien dienen der Sicherung des in Art. 14 RL 2004/28 und Art. 3 RL 2004/28 niedergelegten Zwecks, ein hohes Schutzniveau für Europäische Patente zu gewährleisten, indem verhindert werden soll, dass ein Geschädigter von der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens zur Wahrung seiner Rechte abgehalten wird, und indem sichergestellt wird, dass Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe, die zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums erforderlich sind, nicht unnötig kostspielig sind (EuGH, 28.04.2022 - C-531/200 - NovaText/Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg; EuGH, 28 j.04.2022 - C-559/20 - Koch Media/Funke; EuGH, 28.07.2016 - C-57/15 - United Video Properties/Telenet). Dies betrifft auch die Rechtsverteidigung.
Zumutbar bedeutet unter Berücksichtigung dessen im Wesentlichen Erforderlichkeit. Grundsätzlich ausgehend vom ex-ante Standpunkt einer verständigen und wirtschaftlich vernünftig denkenden Partei ist ausschlaggebend, ob die jeweils kostenauslösende Maßnahme objektiv erforderlich und geeignet erschien, das legitime Prozessziel zu erreichen. Die Maßnahme muss hiernach für die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung sachdienlich erschienen sein.
Die Angemessenheit richtet den Blick im Wesentlichen auf die Höhe der Kosten. Die Kosten, die durch die erforderliche Maßnahme tatsächlich verursacht worden sind, dürfen in der konkreten Höhe nicht unverhältnismäßig sein. Sie dürfen insbesondere nicht außer Verhältnis zum Streitwert, der Bedeutung der Sache, zum Schwierigkeitsgrad und zur Komplexität der entscheidungserheblichen rechtlichen und tatsächlichen Streitpunkte sowie zu den Erfolgsaussichten der kostenauslösenden Maßnahme stehen. Auch hier ist eine ex-ante Betrachtung angezeigt (zu diesen Grundsätzen: UPC_CFI_696/2024 (LK München, Panel 2), Entscheidung v. 19.03.2025, Rz. 18 - 22 - MSG Maschinenbau v. EJP Maschinenbau; vgl. auch UPC_CFI_363/2023 (LK Düsseldorf), Anordnung v. 14.04.2024 - Seoul Viosys v. expert).
II. Erstattungsfähigkeit im Einzelfall
Ausgehend von diesen Grundsätzen können zu Gunsten der Beklagten lediglich Kosten in Höhe von 4.866,11 EUR als erstattungsfähig anerkannt werden.
Dass die Beklagten ihrem Kostenfestsetzungsantrag das deutsche Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) zugrunde legen, ist nicht zu beanstanden. Nachdem das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz gesetzliche Mindestgebühren für vor den deutschen Gerichten geführte Verfahren festlegt, ist davon auszugehen, dass die danach berechneten Gebühren im Regelfall erforderlich und angemessen und damit auch vor dem Einheitlichen Patentgericht erstattungsfähig sind.
Zu Recht weist die Klägerin jedoch darauf hin, dass die Beklagten ihrer Berechnung nicht den mit 1.000.000,- EUR bemessenen Streitwert der Verletzungsklage, sondern einen konsoli-
dierten, die Nichtigkeitswiderklage einbeziehenden Streitwert von 2.000.000,- EUR zugrunde gelegt haben.
Die Beklagten sind der Berechnung der erstattungsfähigen Kosten durch Klägerin nicht entgegengetreten, so dass diese der Kostenfestsetzung zugrunde gelegt werden konnten.
ANORDNUNG:
Die Klägerin hat den Beklagten Kosten in Höhe von insgesamt 4.866,11 EUR zu erstatten.
Im Übrigen wird der Antrag der Beklagten auf Kostenfestsetzung zurückgewiesen.
DETAILS DER ANORDNUNG:
ACT_7529/2025 und ACT_7539/2025 zu den Hauptaktenzeichen ACT_2379/2024 und CC_17292/2024
UPC-Nummern: UPC_CFI_16/2024, UPC_CFI_626/2024, UPC_CFI_115/2025, UPC_CFI_116/2025 Verfahrensart: Verletzungsklage und Nichtigkeitswiderklage
Erlassen in Düsseldorf am 22. April 2025 NAMEN UND UNTERSCHRIFTEN Vorsitzender Richter Thomas
INFORMATIONEN ZUR BERUFUNG
Eine Partei, die durch eine der in R. 157 VerfO genannte Entscheidung beschwert ist, kann innerhalb von 15 Tagen ab Zustellung der Entscheidung einen Antrag auf Zulassung der Berufung beim Berufungsgericht stellen, R. 221 Abs. 1 VerfO.
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