22 April, 2025
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Order
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ORD_7954/2025
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Düsseldorf (DE) Loka…
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EP3466498B1
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Art. 69 EPGÜ
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Lokalkammer Düsseldorf UPC_CFI_16/2024 UPC_CFI_121/2025 UPC_CFI_124/2025
Entscheidung
des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts erlassen am 22. April 2025 betreffend EP 3 466 498 B1
LEITSÄTZE:
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- Sind auf Seiten einer Partei mehrere Rechts- oder Patentanwälte tätig, ist die Aufteilung der Aufgaben auf mehrere Rechts- und Patentanwälte jedenfalls solange für die Erstattungsfähigkeit der Kosten unschädlich, wie dadurch keine zusätzlichen Kosten generiert, sondern lediglich die zu erledigenden Aufgaben und damit auch die entstehenden Kosten zwischen verschiedenen Rechts- und Patentanwälten aufgeteilt werden.
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- Auch wenn die Abrechnung der Kosten des Eilverfahrens im Regelfall einem einheitlichen, sich an das Hauptsacheverfahren anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren vorbehalten ist, sind die im Eilverfahren entstandenen Kosten gesondert erstattungsfähig. Die Obergrenzen der erstattungsfähigen Kosten für das Verfahren auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen sowie für das Hauptsacheverfahren sind daher getrennt zu bestimmen.
SCHLAGWÖRTER:
Kostenfestsetzung; Eilverfahren; Hauptsacheverfahren; Obergrenze erstattungsfähiger Kosten; mehrere Rechtsanwälte
KLÄGERIN:
Ortovox Sportartikel GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Christian Schneidermeier, Rotwandweg 5, 82024 Taufkirchen, Deutschland
vertreten durch:
Rechtsanwältin Miriam Kiefer, Rechtsanwalt Robert Knaps, Kanz- lei Kather Augenstein, Bahnstraße 16, 40212 Düsseldorf, Deutsch- land
elektronische Zustelladresse:
kiefer@katheraugenstein.com
mitwirkend:
Patentanwalt Michael Siebel, Kanzlei Hofstetter, Schurack & Part- ner, Patent- und Rechtsanwälte PartG mbB
BEKLAGTE:
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- Mammut Sports Group AG, vertreten durch ihre gesetzlichen Vertreter, Birren 5, 5703 Seon, Schweiz
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- Mammut Sports Group GmbH, vertreten durch ihre gesetzlichen Vertreter Mammut-Basecamp 1, 87787 Wolfertschwenden, Deutschland
vertreten durch:
Rechtsanwalt Oliver Jan Jüngst, Rechtsanwalt Dr. Moritz Schroe- der, Rechtsanwalt Dr. Alexander Bothe, Kanzlei Bird & Bird LLP, Carl-Theodor-Straße 6, 40213 Düsseldorf, Deutschland
elektronische Zustelladresse:
oliver.jan.juengst@twobirds.com
mitwirkend:
Patentanwalt Dr. Dr. Fabian Leimgruber, Sozietät Thomann Fi- scher, Elisabethenstraße 30, CH-4010 Basel, Schweiz
STREITPATENT:
Europäisches Patent Nr. EP 3 466 498 B1
SPRUCHKÖRPER/KAMMER:
Spruchkörper der Lokalkammer Düsseldorf
MITWIRKENDE RICHTER:
Diese Entscheidung wurde durch den Vorsitzenden Richter Thomas als Berichterstatter getroffen.
VERFAHRENSSPRACHE: Deutsch
GEGENSTAND: Kostenfestsetzungsverfahren - Art. 69 EPGÜ, R. 150, 151, 152 VerfO
KURZE DARSTELLUNG DES SACHVERHALTS:
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- Die Klägerin hat die Beklagten wegen Verletzung des Europäischen Patents EP 3 926 698 B1
(nachfolgend: Streitpatent) in Anspruch genommen, wobei das Verfahren unter dem Aktenzeichen ACT_2379/2024 (UPC_CFI_16/2024) geführt wird. Die Beklagten haben die Benutzung des Streitpatents bestritten. Darüber hinaus haben die Beklagten eine Widerklage auf Nichtigerklärung des Streitpatents erhoben (CC_17292/2024). Die Klägerin ist der Nichtigkeitswiderklage entgegengetreten und hat hilfsweise Anträge auf Änderung des Streitpatents gestellt (App_34230/2024).
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- Mit einer am 14. Januar 2025 verkündeten Entscheidung hat die Lokalkammer Düsseldorf der Verletzungsklage überwiegend stattgegeben und die durch die Beklagten erhobene Nichtigkeitswiderklage abgewiesen. Nach der in dieser Entscheidung getroffenen und mit Anordnung vom 27. Januar 2025 (App_3399/2025) korrigierten Kostengrundentscheidung haben von den Kosten der Klage die Klägerin 20 % und die Beklagten jeweils 40 % zu tragen. Die Kosten der Nichtigkeitswiderklage tragen die Beklagten je zur Hälfte. Den Streitwert für die Klage und die Nichtigkeitswiderklage hat die Lokalkammer Düsseldorf auf jeweils 1.000.000,- EUR und die Obergrenze der erstattungsfähigen Kosten für die Verletzungsklage und die Nichtigkeitswiderklage auf 200.000,- EUR festgesetzt. Über die gegen diese Entscheidung eingelegte Berufung (APL_12159/2025; APL_12161/2025 und APL_12864/2025) hat das Berufungsgericht noch nicht entschieden.
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- Dem Hauptsacheverfahren vorausgegangen war ein Verfahren auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen (ACT_589655/2023; UPC_CFI_452/2023). Nachdem die Antragstellerin bei der Lokalkammer Düsseldorf mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2023 die Anordnung einstweiliger Maßnahmen ex-parte beantragt hatte, hat die Lokalkammer Düsseldorf den Beklagten mit einer ex-parte Anordnung vom 11. Dezember 2023 sinngemäß aufgegeben, das Angebot und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland und in der Republik Österreich zu unterlassen. Zugleich hat die Lokalkammer Düsseldorf den Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen dieses Unterlassungsgebot ein (ggf. wiederholtes) und an das Gericht zu zahlendes Zwangsgeld von bis zu 10.000,- EUR pro Erzeugnis und/oder bei Dauerhandlungen, wie beispielsweise Angeboten im Internet, von bis zu 30.000,- EUR pro Tag angedroht. In Ergänzung dazu hat die Lokalkammer Düsseldorf den Beklagten weiter aufgegeben, die streitgegenständlichen Lawinen-Verschütteten-Suchgeräte bzw. Vorrichtungen, die zur Durchführung eines Verfahrens zum Betreiben eines Lawinen-Verschütteten-Suchgeräts geeignet sind, an einen Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Verwahrung herauszugeben, die andauert, bis über das Bestehen eines Vernichtungsanspruchs zwischen den Parteien rechtskräftig entschieden oder eine einvernehmliche Regelung herbeigeführt worden ist.
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- Auf einen Prüfungsantrag der Beklagten (App_4074/2024) hat die Lokalkammer Düsseldorf die Anordnung einstweiliger Maßnahmen mit Anordnung vom 9. April 2024 (ORD_13918/2024) aufrechterhalten und den Beklagten aufgegeben, der Klägerin vorläufig Kosten in Höhe von 33.375,70 EUR zu erstatten.
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- Eine hiergegen gerichtete Berufung wies das Berufungsgericht am 25. September 2024 (UPC_CoA_182/2024; APL_21143/2024) zurück. Zugleich ordnete das Berufungsgericht an, dass die Beklagten der Klägerin weitere vorläufige Kosten in Höhe von 19.858,40 EUR zu erstatten sowie die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen haben.
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- In ihrer Entscheidung vom 14. Januar 2025 ordnete die Lokalkammer Düsseldorf an, dass die Beklagten die Kosten und Auslagen des Verfahrens über die Anordnung einstweiliger Maßnahmen je zur Hälfte zu tragen haben. Zugleich setzte die Lokalkammer Düsseldorf den
Streitwert des Verfahrens auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen auf 500.000,- EUR fest.
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- Mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2025 hat die Klägerin einen Antrag auf Kostenfestsetzung gestellt (ACT_58513/2024, UPC_CFI_626/2024). Gegenstand dieses Antrages sind ausschließlich die Kosten des die Anordnung einstweiliger Maßnahmen betreffenden Berufungsverfahrens, wobei die Lokalkammer Düsseldorf über diesen Antrag bisher noch nicht entschieden hat.
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- Darüber hinaus hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 14. Februar 2025 einen weiteren Kostenfestsetzungsantrag eingereicht, mit welchem sie die Festsetzung der Kosten für das Verletzungsverfahren, die Nichtigkeitswiderklage sowie für beide Instanzen des vorausgegangenes Eilverfahrens geltend macht. Dabei setzen sich die geltend gemachten Kosten wie folgt zusammen:
VIL Gesamtkosten
summe Kosten der Vertretung: |
Deckungssumme; |
Gerichtsgebuhren: |
Gesamtsumme: |
Offencr Bctrag: |
2.
summe Kosten der Vertretung: |
Deckungssumme: |
Gerichtsgebuhren: |
Gesamtsumme; |
Abzüglich bereils geleisleter vorl Kostenerstallung: |
Offener Betrag: |
3
Summe Kosten der Vertretung; |
Gerichtsgehühren; |
Sonstige Ausgaben: |
Gcsamtsumme: |
90% siehe Begründung |
4
ANTRÄGE DER PARTEIEN:
9. Die Klägerin beantragt,
die Erstattung der in ihrem Kostenfestsetzungsantrag aufgeführten Kosten in Höhe von insgesamt […] EUR anzuordnen;
den Hilfsantrag der Beklagten abzuweisen, der Klägerin aufzugeben, transparente Rechnungen mit nachvollziehbaren Tätigkeitsbeschreibungen vorzulegen.
10. Die Beklagten beantragen,
die begehrte Kostenfestsetzung abzuweisen;
hilfsweise:
der Klägerin aufzugeben, transparente Rechnungen mit nachvollziehbaren Tätigkeitsbeschreibungen vorzulegen.
TATSÄCHLICHE UND RECHTLICHE STREITPUNKTE:
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- Nach Auffassung der Klägerin ist die Höhe der geltend gemachten Vertreter- und Reisekosten in vollem Umfang angemessen und verhältnismäßig. Insbesondere stehe eine Vertretung durch mehrere Rechts- und Patentanwälte dem nicht entgegen. Die Verfahren beim Einheitlichen Patentgericht würden durch neues materielles und prozessuales Recht grundsätzlich eine erhöhte Komplexität aufweisen. Im konkreten Fall seien die Aufgaben zwischen den bearbeitenden Rechtsanwälten kostenschonend aufgeteilt worden. Hinzu komme, dass das Verfahren durch ein paralleles schweizerisches Nichtigkeitsverfahren tangiert worden sei. Um den Vortrag kongruent zu halten, sei daher eine enge Abstimmung geboten gewesen. Für das im Eilverfahren bereits abgeschlossene Berufungsverfahren komme hinzu, dass dort eine lediglich 15-tägige Frist zur Erwiderung auf eine 115-seitige Berufungsbegründung der Beklagten zu wahren gewesen sei.
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- Im Hinblick auf die durch die Lokalkammer Düsseldorf für das Verfahren auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen festgesetzte Erstattungsobergrenze sei zu berücksichtigen, dass die Obergrenzen in jeder Instanz Anwendung finden.
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- In Bezug auf die Kosten für das Hauptsacheverfahren und die Nichtigkeitswiderklage halte es die Klägerin für angemessen, diese Kosten zu addieren mit der Folge, dass von den Beklagten jeweils 45 % und von der Klägerin 10 % der Kosten für die Hauptsacheklage und der Nichtigkeitswiderklage zu tragen sind.
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- Die Beklagten sind dem Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin entgegengetreten.
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- Sie sind der Auffassung, eine isolierte Kostenfestsetzung für das summarische Verfahren mit einer 'eigenen' Obergrenze scheide aus. Maßgeblich sei allein die für das Verletzungs- und das Hauptsacheverfahren festgesetzte Obergrenze, die auch die Kosten des Eilverfahrens umfasse.
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- Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach dem rechtskräftigen Ausspruch des Berufungsgerichts im Eilverfahren Kosten des erstinstanzlichen summarischen Verfahrens nicht geltend machen könne. Die Antragstellerin habe es versäumt, eine (Anschluss-) Berufung einzulegen und so eine geeignete Kosten(grund)entscheidung für das summarische
Verfahren erster Instanz zu beantragen.
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- Des Weiteren seien die durch die Klägerin für das erstinstanzliche Hauptsacheverfahren einschließlich der Nichtigkeitswiderklage geltend gemachten Kosten auch überhöht.
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- Ausgehend von den durch die Klägerin vorgelegten Unterlagen (Anlagen KFA 1 - 3, 11 - 19) ergäben sich erhebliche Zweifel an der Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit der geltend gemachten Kosten.
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- Jedenfalls seien diese Kosten derzeit nicht nachvollziehbar. Ein sog. 'Block-Billing', bei dem generische nichtssagende Tätigkeitsbeschreibungen für erhebliche Zeiteinträge verwendet würden, sei intransparent.
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- Insbesondere erschließe sich nicht, weshalb im Vorfeld des Eilverfahrens durchgeführte zeitaufwendige 'Verletzungsanalysen' den Kosten der Hauptsache zuzuschlagen seien. Die Parteien und das Gericht hätten sich im summarischen Verfahren mit dem Streitpatent, der angegriffenen Ausführungsform sowie der Verletzung des Streitpatents hinreichend auseinandergesetzt, so dass derartige Kosten im Vorlauf zum Hauptsacheverfahren erkennbar nicht erforderlich und erstattungsfähig seien.
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- Dieselben Erwägungen würden für strategische Überlegungen zu einem 'möglichen Vorgehen' gegen die Beklagten und Kostenfragen sowie allgemeine 'UPC Überlegungen' gelten. Derartige Tätigkeiten würden keinen unmittelbaren Zusammenhang mit den im Hauptsacheverfahren entstandenen Kosten begründen.
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- Vor diesem Hintergrund widersprechen die Beklagten insbesondere der Erstattungsfähigkeit sämtlicher mit der Anlage KAP KFA 1 geltend gemachter Kosten.
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- Schließlich sei die durch die Klägerin als Bürokosten angesetzte Pauschale übersetzt. Eine erstattungsfähige Auslagenpauschale sollte sich nach Auffassung der Beklagten an der im deutschen Recht vorgesehenen Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen orientieren.
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- Die Klägerin verteidigt ihr Begehren auf Kostenfestsetzung gegen die Einwände der Beklagten.
GRÜNDE DER ANORDNUNG:
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- Der zulässige Antrag auf Kostenfestsetzung ist begründet.
A. Zulässigkeit des Kostenfestsetzungsantrages
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- Gegen die Zulässigkeit des Antrages auf Kostenfestsetzung bestehen keine Bedenken.
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- Insbesondere wurde der Kostenfestsetzungsantrag gemäß R. 151 VerfO fristgerecht eingereicht.
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- Die Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache wurde am 14. Januar 2025 in das CMS hochgeladen und ist der Klägerin mithin an diesem Tag zugestellt worden (R. 276 Abs. 1 VerfO i.V.m. R. 271 Abs. 1 lit. c), Abs. 2 VerfO. Die Monatsfrist wurde demzufolge mit dem am 14. Februar 2025 in das CMS hochgeladenen Antrag gewahrt (R. 300 lit. c) VerfO).
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- Nach der Rechtsprechung des Berufungsgerichts beginnt die Frist von einem Monat für einen
Antrag auf Kostenfestsetzung gemäß R. 151 Abs. 1 VerfO mit der Zustellung der Sachentscheidung, nicht mit der Zustellung einer Anordnung über einstweilige Maßnahmen (UPC_CoA_297/2024, Anordnung v. 20.01.2025 - SharkNinja v. Dyson). Davon ausgehend gelten die vorstehenden Ausführungen zur Fristwahrung insoweit entsprechend. Dass die Klägerin in Bezug auf die im Eilverfahren geltend gemachten Kosten des Berufungsverfahrens bereits am 25. Oktober 2024 einen Antrag auf Kostenfestsetzung gestellt hat (ACT_58513/2024, UPC_CFI_626/2024), steht der Zulässigkeit des vorliegenden Antrages nicht entgegen. Dieser noch vor der Entscheidung im Hauptsacheverfahren gestellte Antrag ist bereits unzulässig (dafür: UPC_CoA_297/2024, Anordnung v. 20.01.2025, Rz. 6 SharkNinja v. Dyson).
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- Wollte man dies anders sehen und auf die im Berufungsverfahren ergangene Kostengrundentscheidung abstellen, folgt daraus nichts anderes. In diesem Fall hätte die Klägerin mit dem am 25. Oktober 2024 zur Akte gereichten Kostenfestsetzungsantrag die Monatsfrist gewahrt, wobei über diesen Antrag sodann ebenfalls im vorliegenden Verfahren mitentschieden werden könnte.
B. Begründetheit des Kostenfestsetzungsantrages
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- Der Kostenfestsetzungsantrag ist begründet.
I. Grundsätze
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- Nach Art. 69 Abs. 1 EPGÜ werden die Kosten des Rechtsstreits und sonstige Kosten der obsiegenden Partei in der Regel, soweit sie zumutbar und angemessen sind, bis zur nach der Verfahrensordnung festgelegten Obergrenze von der unterlegenen Partei getragen, sofern Billigkeitsgründe dem nicht entgegenstehen. In Konkretisierung dieses Grundsatzes ist die obsiegende Partei nach R. 152 Abs. 1, 2 VerfO berechtigt, die angemessenen und verhältnismäßigen Kosten der Vertretung bis zur vom Verwaltungsausschuss festgesetzten Obergrenze zurückzufordern.
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- Kosten des Rechtsstreits sind solche, die in dem konkret anhängigen bzw. in Rede stehenden Verfahren (tatsächlich) entstanden sind. Hierzu zählen insbesondere die in R. 151 lit. d) VerfO aufgezählten Kosten. Als sonstige Kosten sind solche zu begreifen, die zwar nicht in dem anhängigen Verfahren entstanden sind, die jedoch unmittelbar und eng mit dem betreffenden Verfahren zusammenhängen (vgl. UPC_CFI_696/2024 (LK München, Panel 2), Entscheidung v. 19.03.2025 - MSG Maschinenbau v. EJP Maschinenbau; UPC_CFI_363/2023 (LK Düsseldorf), Anordnung v. 14.04.2024 - Seoul Viosys v. expert).
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- Die jeweils in Rede stehenden Kosten müssen kumulativ zumutbar und angemessen sein, was stets eine Frage des Einzelfalls ist. Die genannten Kriterien dienen der Sicherung des in Art. 14 RL 2004/28 und Art. 3 RL 2004/28 niedergelegten Zwecks, ein hohes Schutzniveau für Europäische Patente zu gewährleisten, indem verhindert werden soll, dass ein Geschädigter von der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens zur Wahrung seiner Rechte abgehalten wird, und indem sichergestellt wird, dass Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe, die zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums erforderlich sind, nicht unnötig kostspielig sind (EuGH, 28.04.2022 - C-531/200 - NovaText/Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg; EuGH, 28 j.04.2022 - C-559/20 - Koch Media/Funke; EuGH, 28.07.2016 - C-57/15 - United Video Properties/Telenet). Dies betrifft auch die Rechtsverteidigung.
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- Zumutbar bedeutet unter Berücksichtigung dessen im Wesentlichen Erforderlichkeit. Grundsätzlich ausgehend vom ex-ante Standpunkt einer verständigen und wirtschaftlich vernünftig denkenden Partei ist ausschlaggebend, ob die jeweils kostenauslösende Maßnahme objektiv erforderlich und geeignet erschien, das legitime Prozessziel zu erreichen. Die Maßnahme muss hiernach für die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung sachdienlich erschienen sein.
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- Die Angemessenheit richtet den Blick im Wesentlichen auf die Höhe der Kosten. Die Kosten, die durch die erforderliche Maßnahme tatsächlich verursacht worden sind, dürfen in der konkreten Höhe nicht unverhältnismäßig sein. Sie dürfen insbesondere nicht außer Verhältnis zum Streitwert, der Bedeutung der Sache, zum Schwierigkeitsgrad und zur Komplexität der entscheidungserheblichen rechtlichen und tatsächlichen Streitpunkte sowie zu den Erfolgsaussichten der kostenauslösenden Maßnahme stehen. Auch hier ist eine ex-ante Betrachtung angezeigt (zu diesen Grundsätzen: UPC_CFI_696/2024 (LK München, Panel 2), Entscheidung v. 19.03.2025, Rz. 18 - 22 - MSG Maschinenbau v. EJP Maschinenbau; vgl. auch UPC_CFI_363/2023 (LK Düsseldorf), Anordnung v. 14.04.2024 - Seoul Viosys v. expert).
II. Erstattungsfähigkeit im Einzelfall
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- Ausgehend von diesen Grundsätzen bestehen gegen die Erstattungsfähigkeit der durch die Klägerin geltend gemachten Kosten keine Bedenken.
1. Verletzungsklage und Nichtigkeitswiderklage
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- Die durch die Klägerin für das Hauptsacheverfahren einschließlich der Nichtigkeitswiderklage geltend gemachten Vertretungskosten einschließlich der Reisekosten sind, ausgehend von einer Erstattungsquote von 90 %, in Höhe der geltend gemachten […] EUR erstattungsfähig.
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- Mit ihrem Kostenfestsetzungsantrag hat die Klägerin ergänzend zu ihrem schriftsätzlichen Vorbringen detaillierte Aufstellungen vorgelegt, welchen sich entnehmen lässt, wieviele Stunden die einzelnen Rechtsanwälte sowie der sachbearbeitende Patentanwalt zu welchem Stundensatz mit bestimmten Aufgaben beschäftigt waren (vgl. Anlagen KAP KFA 1 bis KAP KFA 24; zu den Anforderungen: UPC_CFI_252/2023 (CD München), Anordnung vom 31.01.2024, S. 4 - NanoString v. President and Fellows of Harward College). Die vorgelegten Übersichten versetzen sowohl das Gericht als auch die Beklagten in die Lage, die entsprechenden Tätigkeiten im notwendigen Umfang nachzuvollziehen und davon ausgehend die Erforderlichkeit und Angemessenheit der Vertretungskosten zu beurteilen. Für die beklagtenseits hilfsweise begehrte Vorlageanordnung bestand daher kein Anlass.
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- Dass auf Klägerseite mehrere Rechtsanwälte derselben Kanzlei tätig waren, steht der Erforderlichkeit und Angemessenheit der dadurch verursachten Kosten nicht entgegen. Wie die Klägerin nachvollziehbar erläutert hat, war dies nicht nur dem Umfang und der Komplexität des Verfahrens sowie dem im Eilverfahren herrschenden Zeitdruck geschuldet, sondern diente auch der Kostenersparnis. Eine solche Aufteilung der Aufgaben auf mehrere Rechtsund Patentanwälte ist jedenfalls solange unschädlich, wie dadurch - wie hier - keine zusätzlichen Kosten generiert, sondern lediglich die zu erledigenden Aufgaben und damit auch die entstehenden Kosten zwischen verschiedenen Rechts- und Patentanwälten aufgeteilt werden.
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- Auch die temporäre Hinzuziehung der Rechtsanwälte Dr. Kather und Dr. Augenstein ist nicht
zu beanstanden. Wie die Klägerin nachvollziehbar erläutert hat, wurde seitens des mitwirkenden Patentanwalts zunächst der Kontakt zu Dr. Kather gesucht. Das Mandat gelangte über diesen in die Kanzlei und wurde sodann den letztlichen Vertretern zugeführt. Im Hinblick auf die Hinzuziehung von Dr. Augenstein hat die Klägerin nachvollziehbar erläutert, dass die Prozessvertreter durch dessen Hinzuziehung aufgrund dessen Expertise hinsichtlich einzelner prozessrechtlicher Fragen in der Lage waren, schnelle und effiziente Entscheidungen zu Gunsten der Klägerin zu treffen. Sowohl die Involvierung von Dr. Kather als auch die Hinzuziehung von Dr. Augenstein waren daher erforderlich und angemessen.
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- Im Hinblick auf die im Vorfeld des Eilverfahrens durchgeführten Verletzungsanalysen hat die Klägerin nachvollziehbar erläutert, dass die entsprechenden Analysen der Vorbereitung eines vor dem Hintergrund des parallelen Schweizer Nichtigkeitsverfahrens sowie der Verfahrensordnung des Einheitlichen Patentgerichts ohnehin zu erwartenden Hauptsacheverfahrens dienten. Davon ausgehend ist es gerechtfertigt, die dort entstandenen Kosten dem Hauptsacheverfahren zuzuschlagen.
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- Soweit die Beklagten beanstanden, die Klägerin begehre die Erstattung erkennbarer Sekretariatstätigkeiten als Anwaltskosten, hat sie es nicht vermocht, diesen Vorwurf nachvollziehbar zu begründen. Die durch sie aufgezeigten Beispiele, wie etwa der Entwurf einer Abmahnung, eines Antrages auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen oder einer Klageschrift, fallen in den Kernbereich anwaltlicher Tätigkeit. Dass die in Rechnung gestellten Tätigkeiten für eine sachgerechte Wahrnehmung der Rechte der Klägerin nicht erforderlich oder die dafür in Rechnung gestellten Kosten unangemessen wären, haben die Beklagten weder konkret aufzuzeigen vermocht noch ist dies ersichtlich.
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- Der durch die Klägerin für das Hauptsacheverfahren für Büroauslagen in Rechnung gestellte Betrag in Höhe von […] EUR erscheint angemessen und verhältnismäßig. Anders als nach dem deutschen Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ist für Verfahren vor dem Einheitlichen Patentgericht keine Auslagenpauschale vorgesehen. Grundsätzlich erstattungsfähig sind vielmehr innerhalb der durch den Verwaltungsausschuss festgesetzten Obergrenzen die angemessenen und verhältnismäßigen Prozesskosten sowie sonstige entstandene Auslagen (vgl. Präambel zum Beschluss des Verwaltungsausschusses vom 24.04.2024, Ziff. 1 -DAC/10/24042023_D). Der durch die Klägerin geltend gemachte Betrag bewegt sich innerhalb dieses Rahmens.
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- Gegen die Erstattungsfähigkeit der durch die Klägerin geltend gemachten Reisekosten bestehen keine Bedenken. Die Beklagten haben hiergegen keine Einwände erhoben, so dass es keiner weiteren Ausführungen bedarf.
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- Dem Ansatz der Klägerin, die Kosten des Verletzungsverfahrens sowie der Nichtigkeitswiderklage vor dem Hintergrund des gleichen Streitwerts von Verletzungsklage und Nichtigkeitswiderklage zu addieren mit der Folge, dass von den Beklagten jeweils 45 % und von der Klägerin 10 % der Kosten für die Hauptsacheklage und die Nichtigkeitswiderklage zu tragen sind, sind die Beklagten nicht entgegengetreten. Weitere Ausführungen zu dieser Frage erübrigen sich daher.
2. Verfahren auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen
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- Die für das Verfahren auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen geltend gemachten Kosten in Höhe von […] EUR (erste Instanz) bzw. von […] EUR (Berufungsverfahren) sind ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen ebenfalls erstattungsfähig.
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- Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Erstattungsfähigkeit dieser Kosten nicht durch die im Eilverfahren getroffene Anordnung des Berufungsgerichts (UPC_CoA_182/2024, Anordnung v. 25.09.2024, Rz. 255, 258 - Mammut v. Ortovox) ausgeschlossen. Soweit das Berufungsgericht dort den Erlass einer Kostengrundentscheidung betreffend die erste Instanz unter Verweis auf eine fehlende (Anschluss-) Berufung der Klägerin verweigert hat, wurde die Lokalkammer Düsseldorf dadurch nicht daran gehindert, entsprechend ihrer ursprünglichen Intention über die Verteilung der Kosten des Eilverfahrens erst im späteren Hauptsacheverfahren zu entscheiden. Durch die fehlende Berufung der Klägerin ausgeschlossen war nur eine (nachträgliche) Kostengrundentscheidung im Eilverfahren durch das Berufungsgericht. Die davon ausgehend durch die Lokalkammer Düsseldorf in ihrer Entscheidung vom 14. Januar 2025 getroffene, auch das Eilverfahren umfassende Kostengrundentscheidung bildet die Grundlage des vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahrens.
3. Obergrenze erstattungsfähiger Kosten
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- Die als erstattungsfähig anerkannten Vertretungskosten überschreiten nicht die durch den Verwaltungsausschluss auf der Grundlage von R. 152 Abs. 2 VerfO festgelegten Obergrenzen für die erstattungsfähigen Kosten.
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- Wie die Lokalkammer Düsseldorf bereits in der Entscheidung zur Hauptsache im Einzelnen ausgeführt hat, sind die Obergrenzen für das Verfahren auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen sowie für das Hauptsacheverfahren getrennt zu bestimmen. Auch wenn nach Auffassung der Lokalkammer Düsseldorf im Eilverfahren regelmäßig keine Kostengrundentscheidung veranlasst ist (vgl. hierzu zuletzt: UPC_CFI_347/2024, Anordnung v. 31.10.2024, S. 41 f. - Valeo v. Magna), bedeutet dies nicht, dass die im Eilverfahren angefallenen Vertretungskosten nicht gesondert erstattungsfähig wären. Vielmehr ist lediglich die Abrechnung dieser Kosten einem einheitlichen, sich an das Hauptsacheverfahren anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren unter Berücksichtigung eventuell im Wege der vorläufigen Kostenerstattung (vgl. R. 211.1 lit. d) VerfO) bereits gezahlten Beträge vorbehalten. Sind diese Kosten gesondert erstattungsfähig, bedingt dies auch die Festsetzung einer entsprechenden Erstattungsobergrenze für das Eilverfahren (UPC_CFI_16/2024 (LK Düsseldorf), Entscheidung v. 14.01.2025, S. 46 - Ortovox v. Mammut).
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- Die durch die Beklagten zur Begründung ihrer abweichenden Auffassung herangezogene Anordnung des Berufungsgerichts vom 20. Januar 2024 (UPC_CFI_297/2024), Shark Ninja v. Dyson) bestätigt dieses Verständnis: Ist danach eine entsprechende Anwendung der R. 150 f. VerfO für den Fall gerechtfertigt, dass der Antragsteller kein Verfahren in der Sache einleitet, liegt dem die Prämisse zugrunde, dass die Kosten des Eilverfahrens (gesondert) erstattungsfähig sein müssen. Folgt auf das Eilverfahren ein Hauptsacheverfahren, sind die Kosten des Eilverfahrens im Rahmen des dortigen Kostenfestsetzungsverfahrens geltend zu machen. Ist dies ausnahmsweise nicht der Fall, ist es gerechtfertigt, ausnahmsweise für das Eilverfahren ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren zuzulassen.
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- Damit im Einklang hat das Berufungsgericht in der im Eilverfahren ergangenen Anordnung (UPC_CoA_182/2024, Anordnung v. 25.09.2024, Rz. 255, 258 - Mammut v. Ortovox) die Höhe der vorläufigen Kostenerstattung um die Kosten des Berufungsverfahrens ergänzt und damit zum Ausdruck gebracht, dass es die Kosten des das Eilverfahren betreffenden Berufungsverfahrens für (gesondert) erstattungsfähig erachtet. Gleiches gilt, soweit das Berufungsgericht in dieser Anordnung der Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt hat.
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- Die durch die Beklagten vertretene Auffassung, wonach die Kosten des Verfahrens auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen in der Obergrenze des Hauptsacheverfahrens enthalten sein sollen, hätte zur Folge, dass je nach Umfang, Schwierigkeit und Streitwert des Eilverfahrens ggf. bereits im Eilverfahren die Obergrenze erreicht werden kann, und zwar selbst dann, wenn von der in Art. 2 des Beschluss des Verwaltungsausschusses v. 24.04.2023 zur Tabelle der Obergrenzen der erstattungsfähigen Kosten (D-AC/10/2402023_D; nachfolgend: Beschluss v. 24.03.2023) eingeräumten Möglichkeit der Anhebung der Obergrenze Gebrauch gemacht wird. Damit verbunden wäre die Konsequenz, dass die Kosten des sich im Regelfall an das Eilverfahren anschließenden Eilverfahrens von vornherein über der Obergrenze lägen und daher nicht erstattungsfähig wären. Derartiges lässt sich mit dem in Art. 69 Abs. 1 EPGÜ verankerten Grundsatz, dass die zumutbaren und angemessenen Kosten des Rechtsstreits und der sonstigen Kosten von der unterlegenen Partei zu tragen sind, nicht vereinbaren. Die Obergrenze der erstattungsfähigen Vertretungskosten ist eine Schutzbestimmung gegen eine übermäßige Kostenerstattung (vgl. Beschluss v. 24.04.2023, Präambel Ziff. 1). Sie soll jedoch nicht den Patentinhaber unangemessen in der Durchsetzung seiner Rechte hindern.
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- Gemäß Art. 1 Abs. 3 des Beschlusses des Verwaltungsausschusses vom 24. März 2023 findet die Obergrenze in jeder Instanz des Gerichtsverfahrens Anwendung, ungeachtet der Zahl der Parteien oder Patente. Für den vorliegenden Fall folgt daraus, dass die für das Eilverfahren festgesetzte Obergrenze von 56.000,- EUR auch ohne eine gesonderte Anordnung jeweils getrennt für das erstinstanzliche Verfahren sowie für das Berufungsverfahren zur Anwendung kommt.
ANORDNUNG:
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- Die Beklagten haben der Klägerin Kosten in Höhe von insgesamt […] EUR zu erstatten.
-
- Der Hilfsantrag der Beklagten, der Antragstellerin aufzugeben, transparente Rechnungen und nachvollziehbare Tätigkeitsbeschreibungen vorzulegen, wird zurückgewiesen.
DETAILS DER ANORDNUNG:
ACT_7605/2025 und ACT_7736/2025 zu den Hauptaktenzeichen ACT_2379/2024 und CC_17292/2024 UPC-Nummern: UPC_CFI_16/2024, UPC_CFI_626/2024, UPC_CFI_121/2025, UPC_CFI_124/2025
Verfahrensart: Verletzungsklage und Nichtigkeitswiderklage
Erlassen in Düsseldorf am 22. April 2025 NAMEN UND UNTERSCHRIFTEN Vorsitzender Richter Thomas
INFORMATIONEN ZUR BERUFUNG
Eine Partei, die durch eine der in R. 157 VerfO genannte Entscheidung beschwert ist, kann innerhalb von 15 Tagen ab Zustellung der Entscheidung einen Antrag auf Zulassung der Berufung beim Berufungsgericht stellen, R. 221 Abs. 1 VerfO.
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