13 May, 2025
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Order
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ORD_45599/2024
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Düsseldorf (DE) Loka…
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EP3375337B1
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Art. 69 EPGÜ
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Lokalkammer Düsseldorf UPC_CFI_7/2023
Entscheidung
des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts erlassen am 13. Mai 2025 betreffend EP 3 375 337 B1
LEITSÄTZE:
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- Zum Einwand der unangemessenen Höhe der Kosten bedarf es substantiierten Sachvortrags der Partei, welche den Einwand erhebt.
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- Für die Frage der Angemessenheit der Höhe der Kosten ist darzulegen, warum diese Kosten außer Verhältnis insbesondere zur Bedeutung der Sache, zum Schwierigkeitsgrad und zur Komplexität der entscheidungserheblichen rechtlichen und tatsächlichen Streitpunkte sowie zu den Erfolgsaussichten der kostenauslösenden Maßnahme stehen.
SCHLAGWÖRTER:
Kostenfestsetzung; Unangemessene Höhe, Obergrenze
KLÄGERIN:
Franz Kaldewei GmbH & Co. KG , gesetzlich vertreten durch ihre Komplementärin, die KaldeweiVerwaltungsgesellschaft mit beschränkter Haftung, diese vertreten durch ihren Geschäftsführer Franz Kaldewei, Christian Helmut, Siegfried Graap, Roberto Martinez und Patrick Nußmann, Beckumer Str. 33-35, 59229 Ahlen, Deutschland,
vertreten durch:
Cordula Schumacher, Rechtsanwältin, und Benjamin Schnä- belin, Rechtsanwalt, ARNOLD RUESS Rechtsanwälte Part- mbB, Königsallee 59a, 40215 Düsseldorf, Deutschland
elektronische Zustelladresse:
schumacher@arnoldruess.com
BEKLAGTE:
Bette GmbH & Co. KG , gesetzlich vertreten durch ihre Komplementärin, die Bette Verwaltungsund Beteiligungsgesellschaft mit beschränkter Haftung, diese vertreten durch ihren Geschäftsführer Thilo Constantin Pahl, Heinrich-Bette-Str. 1, 33129 Delbrück, Deutschland,
vertreten durch:
Rechtsanwalt Jens Künzel, LL.M., KRIEGER MES & GRAF v. der GROEBEN PartG mbB., Bennigsen-Platz 1, 40474 Düsseldorf
elektronische Zustelladresse:
jens.kuenzel@krieger-mes.de
STREITPATENT:
Europäisches Patent Nr. 3 375 337 B1
SPRUCHKÖRPER/KAMMER:
Spruchkörper der Lokalkammer Düsseldorf
MITWIRKENDE RICHTER:
Diese Entscheidung wurde durch die Richterin Dr. Thom als Berichterstatterin getroffen.
VERFAHRENSSPRACHE: Deutsch
GEGENSTAND: Kostenfestsetzungsverfahren - Art. 69 EPGÜ, R. 150, 151, 152 VerfO
KURZE DARSTELLUNG DES SACHVERHALTS:
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- Die Klägerin hat die Beklagten wegen Verletzung des Europäischen Patents EP 3 375 337 B1 (nachfolgend: Streitpatent) in Anspruch genommen, wobei das Verfahren unter dem Akten-
zeichen ACT_459767/2023 (UPC_CFI_7/2023) geführt wird. Die Beklagten haben eine Widerklage auf Nichtigerklärung des Streitpatents erhoben (CC_573257/2023). Die Klägerin ist der Nichtigkeitswiderklage entgegengetreten und hat hilfsweise Anträge auf Änderung des Streitpatents gestellt (App_586918/2023).
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- Mit einer am 3. Juli 2024 verkündeten Entscheidung hat die Lokalkammer Düsseldorf der Verletzungsklage überwiegend stattgegeben und auf die durch die Beklagten erhobene Nichtigkeitswiderklage das Streitpatent eingeschränkt aufrecht erhalten. Nach der in dieser Entscheidung getroffenen Kostengrundentscheidung haben von den Kosten der Klage die Klägerin 15 % und die Beklagte zu 85 % zu tragen und die Kosten der Nichtigkeitswiderklage haben beide Parteien zu 50% zu tragen.
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- Den Streitwert für die Klage und die Nichtigkeitswiderklage hat die Lokalkammer Düsseldorf nicht explizit in der Entscheidung festgesetzt Es ergibt sich aber aus der Festsetzung der Obergrenzen der erstattungsfähigen Vertretungskosten für die Klägerin auf EUR 47.600,00 und für die Beklagte auf EUR 8.400,00 ein inherent festgelegter Streitwert der Klage von EUR 500.000,00 sowie aus der Obergrenze für beide Parteien auf jeweils EUR 28.000,00 ein Streitwert für die Widerklage von EUR 500.000,00.
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- Mit Schriftsatz vom 5. August 2024 hat die Klägerin einen Antrag auf Kostenfestsetzung gestellt (ACT_45185/2024, UPC_CFI_7/2023). Die Klägerin beziffert ihre Kosten wie folgt:
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- Gerichtsgebühren Verletzungsklage
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- Die Klägerin trägt vor, dass sie die Gerichtskosten in Höhe von EUR 11.000,00 gezahlt hat und versichert anwaltlich, dass die ihr entstandene Kosten für die rechts- und anwaltliche Beratung sich auf insgesamt ca. EUR 112.000,00 belaufen, und dass sie einen Testkauf am 25. Mai 2024 für das Verletzungsprodukt 'Duschwanne Bette Floor mit Minimum-Wannenträger' zum Nettopreis von EUR 600,00 durchgeführt hat.
85% von EUR 11.000,00 9.350,00 € 2. Vertretungskosten für die Verletzungsklage Streitwert: 500000.00 € 85% von EUR 56.000,00 erstattungsfähiger Kosten 47.600,00 € 3. Vertretungskosten für die Nichtigkeitswiderklage Streitwert: 500000.00 € 50% von EUR 56.000,00 erstattungsfähiger Kosten 28.000,00 €
ANTRÄGE DER PARTEIEN:
das Kostenfestsetzungsverfahren gemäß R. 151 VerfO durchzuführen und die zu erstattenden Kosten auf die tenorierte Obergrenze von insgesamt EUR 84.950,00 festzusetzen.
TATSÄCHLICHE UND RECHTLICHE STREITPUNKTE:
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- Die Beklagte ist dem Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin entgegengetreten.
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- Sie ist der Auffassung, die den Obergrenzen entsprechend angemeldeten Kosten der Vertretung seien im Verhältnis zur Bedeutung der Sache erheblich zu hoch. Die Zeitspanne für Verletzungshandlungen habe nur ca. 11 Monate vor Klageeinreichung betragen. Während des Rechtsstreits habe die Beklagte der Klägerin einen Vergleichsvorschlag im September 2023 unterbreitet, aus dem sich ergäbe, dass nur Verletzungshandlungen bis zum 31. Mai 2023 vor Klageeinreichung in Rede stünden. Sie habe eine Schadensersatzzahlung in Höhe von EUR 10.000,00 bzw. EUR 15.000 angeboten. Dies habe die Klägerin auch zum Anlass genommen im Verfahren ihren Schadensersatzantrag später entsprechend zu beziffern. Die Klägerin habe daher schon früh im Verfahren Kenntnis von allen relevanten Tatsachen gehabt, um den sehr begrenzten wirtschaftlichen Wert der Sache frühzeitig zu erkennen. Die wesentlichen Kosten der Vertretung seien bei der Klägerin erst nach September 2023 in Kenntnis der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache entstanden und daher unverhältnismäßig und unangemessen. Die angemeldeten Kosten seien unter Berücksichtigung des kurzen Verletzungszeitraums, der geringen Umsätze in den von vorneherein nur begrenzten Territorien und des geringen Gewinns erheblich zu reduzieren. Angemessen sei insoweit allenfalls ein Betrag von maximal EUR 37.000,00.
GRÜNDE DER ANORDNUNG:
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- Der zulässige Antrag auf Kostenfestsetzung ist begründet.
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- Gegen die Zulässigkeit des Antrages auf Kostenfestsetzung bestehen keine Bedenken.
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- Der Kostenfestsetzungsantrag ist ebenfalls begründet.
I. Grundsätze
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- Nach Art. 69 Abs. 1 EPGÜ werden die Kosten des Rechtsstreits und sonstige Kosten der obsiegenden Partei in der Regel, soweit sie zumutbar und angemessen sind, bis zur nach der Verfahrensordnung festgelegten Obergrenze von der unterlegenen Partei getragen, sofern Billigkeitsgründe dem nicht entgegenstehen. In Konkretisierung dieses Grundsatzes ist die obsiegende Partei nach R. 152 Abs. 1, 2 VerfO berechtigt, die angemessenen und verhältnismäßigen Kosten der Vertretung bis zur vom Verwaltungsausschuss festgesetzten Obergrenze zurückzufordern.
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- Kosten des Rechtsstreits sind solche, die in dem konkret anhängigen bzw. in Rede stehenden Verfahren (tatsächlich) entstanden sind. Hierzu zählen insbesondere die in R. 151 lit. d) VerfO aufgezählten Kosten. Als sonstige Kosten sind solche zu begreifen, die zwar nicht in dem anhängigen Verfahren entstanden sind, die jedoch unmittelbar und eng mit dem betreffenden Verfahren zusammenhängen (vgl. UPC_CFI_696/2024 (LK München, Panel 2), Entscheidung v. 19.03.2025 - MSG Maschinenbau v. EJP Maschinenbau; UPC_CFI_363/2023 (LK Düsseldorf), Anordnung v. 14.04.2024 - Seoul Viosys v. expert).
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- Die jeweils in Rede stehenden Kosten müssen kumulativ zumutbar und angemessen sein, was stets eine Frage des Einzelfalls ist. Die genannten Kriterien dienen der Sicherung des in Art. 14 RL 2004/28 und Art. 3 RL 2004/28 niedergelegten Zwecks, ein hohes Schutzniveau für
Europäische Patente zu gewährleisten, indem verhindert werden soll, dass ein Geschädigter von der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens zur Wahrung seiner Rechte abgehalten wird, und indem sichergestellt wird, dass Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe, die zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums erforderlich sind, nicht unnötig kostspielig sind (EuGH, 28.04.2022 - C-531/200 - NovaText/Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg; EuGH, 28 j.04.2022 - C-559/20 - Koch Media/Funke; EuGH, 28.07.2016 - C-57/15 - United Video Properties/Telenet). Dies betrifft auch die Rechtsverteidigung.
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- Zumutbar bedeutet unter Berücksichtigung dessen im Wesentlichen Erforderlichkeit. Grundsätzlich ausgehend vom ex-ante Standpunkt einer verständigen und wirtschaftlich vernünftig denkenden Partei ist ausschlaggebend, ob die jeweils kostenauslösende Maßnahme objektiv erforderlich und geeignet erschien, das legitime Prozessziel zu erreichen. Die Maßnahme muss hiernach für die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung sachdienlich erschienen sein.
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- Die Angemessenheit richtet den Blick im Wesentlichen auf die Höhe der Kosten. Die Kosten, die durch die erforderliche Maßnahme tatsächlich verursacht worden sind, dürfen in der konkreten Höhe nicht unverhältnismäßig sein. Sie dürfen insbesondere nicht außer Verhältnis zum Streitwert, der Bedeutung der Sache, zum Schwierigkeitsgrad und zur Komplexität der entscheidungserheblichen rechtlichen und tatsächlichen Streitpunkte sowie zu den Erfolgsaussichten der kostenauslösenden Maßnahme stehen. Auch hier ist eine ex-ante Betrachtung angezeigt (zu diesen Grundsätzen: UPC_CFI_696/2024 (LK München, Panel 2), Entscheidung v. 19.03.2025, Rz. 18 - 22 - MSG Maschinenbau v. EJP Maschinenbau; vgl. auch UPC_CFI_363/2023 (LK Düsseldorf), Entscheidung v. 14.04.2025 - Seoul Viosys v. expert und UPC_CFI_121/2025 (LK Düsseldorf), Entscheidung vom 22. April 2025 - Ortovox v. Mammut).
II. Erstattungsfähigkeit im Einzelfall
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- Ausgehend von diesen Grundsätzen bestehen gegen die Erstattungsfähigkeit der durch die Klägerin geltend gemachten Kosten keine Bedenken. Die durch die Klägerin für das Hauptsacheverfahren einschließlich der Nichtigkeitswiderklage geltend gemachten Kosten sind, unter Berücksichtigung der Erstattungsquote von 85 % respektive 50%, in Höhe der geltend gemachten EUR 84.950,00 erstattungsfähig.
1. Gerichtsgebühren für die Verletzungsklage
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- Gemäß Regel 151 lit (d) VerfO können zu den erstattungsfähigen Kosten auch die Gerichtsgebühren zählen. Diese sind der Klägerin in der geltend gemachten Höhe von EUR 9.350,00 zuzusprechen. Sofern die Beklagten im Kostenfestsetzungsverfahren erstmals die Höhe des Streitwerts der Verletzungsklage monieren, verfängt dies nicht. Abgesehen davon, dass dies im Streitverfahren hätte erfolgen können und müssen, ist der Streitwert in Höhe von EUR 500.000,00 nicht übersetzt, da sich der Klageumfang auf Handlungen in sieben verschiedenen europäische Länder erstreckt.
2. Vertretungskosten für die Nichtigkeitswiderklage
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- Die Kostenerstattung für die Vertretungskosten betreffend die Widerklage sind in der Sache letztlich unbeanstandet und daher wie beantragt in Höhe von EUR 28.000,00 zu erstatten. Der Einwand der Unangemessenheit basiert inhaltlich nur auf Umständen, welche die Verletzungsklage betreffen.
3. Vertretungskosten für die Verletzungsklage
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- Der Klägerin sind auch die geltend gemachten Kosten in Höhe von EUR 47.600,00 zu erstatten.
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- Der Einwand der unangemessenen Höhe der Kosten verfängt nicht. Die Beklagte trägt nicht substantiiert vor, warum diese Kosten außer Verhältnis insbesondere zur Bedeutung der Sache, zum Schwierigkeitsgrad und zur Komplexität der entscheidungserheblichen rechtlichen und tatsächlichen Streitpunkte sowie zu den Erfolgsaussichten der kostenauslösenden Maßnahme stehen. Substantiierter Vortrag verlangt insbesondere, dass die hier vorgetragenen Gründe sich auch mit der Höhe auseinandersetzen und sich nicht mit der Zumutbarkeit bzw. Erforderlichkeit der kostenauslösenden Maßnahme befassen.
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- Der Umstand, dass die Beklagte im Prozess vorträgt, sie habe den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform bereits eingestellt, hat für die Angemessenheit der Kosten keine Relevanz. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang ebenfalls, dass die Klägerin einen außergerichtlichen Vergleichsvorschlag der Beklagten während des Prozesses abgelehnt hat. Selbst wenn man entgegen des Vortrags der Beklagten diese Gründe als Einwand mangelnder Erforderlichkeit ansehen wollte, greifen sie in der Sache nicht. Die Fortführung des Rechtsstreits und die damit verbundenen Rechtsverfolgungskosten sind sachdienlich.
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- In diesem speziellen Einzelfall mag außerdem zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen sein, dass es sich um die erste Entscheidung in der Hauptsache des neu eingerichteten Gerichts überhaupt gehandelt hat. Deren Vorbereitung durch Klage und Schriftsätze verursacht mehr Aufwand als eine vergleichbare Klage in einem bereits bekannten Gerichtssystem. Auch aus diesem Grund ist eine Unangemessenheit nicht erkennbar.
ANORDNUNG:
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- Die Beklagte hat der Klägerin Kosten in Höhe von insgesamt EUR 84.950,00 zu erstatten.
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- Der Beklagten wird aufgegeben, die Kosten bis zum 13. Juni 2025 zu zahlen (R. 156 Abs. 3 VerfO).
DETAILS DER ANORDNUNG:
ACT_45185/2024 zu den Hauptaktenzeichen ACT_459767/2023 und CC_573257/2023
UPC-Nummer: UPC_CFI_7/2023
Verfahrensart: Verletzungsklage und Nichtigkeitswiderklage
Erlassen in Düsseldorf am 13. Mai 2025
NAMEN UND UNTERSCHRIFTEN
Richterin Dr. Thom
INFORMATIONEN ZUR BERUFUNG
Eine Partei, die durch eine der in R. 157 VerfO genannte Entscheidung beschwert ist, kann innerhalb von 15 Tagen ab Zustellung der Entscheidung einen Antrag auf Zulassung der Berufung beim Berufungsgericht stellen, R. 221 Abs. 1 VerfO.
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