19 May, 2025
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Order
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ORD_16028/2025
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München (DE) Lokalka…
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EP2903267
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Regel 360 VerfO
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Lokalkammer München UPC_CFI_59/2025 ACT_3835/2025
Anordnung
des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts Lokalkammer München erlassen am 19. Mai 2025
LEITSÄTZE
Kommt es für die Kostentragungspflicht im Rahmen einer Entscheidung nach Regel 360 VerfO darauf an, ob die Beklagte Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat, ist auf die objektive Sicht einer Person in der Position der Klägerin im Zeitpunkt der Klageeinreichung abzustellen. Es ist zu fragen, ob die Klägerin zu diesem Zeitpunkt davon ausgehen durfte, nicht ohne gerichtliche Hilfe zu ihrem Recht zu kommen.
Eine Abmahnung ist nicht Voraussetzung für die Zulässigkeit oder Begründetheit eines Antrags auf Erlass einstweiliger Maßnahmen. Ihr Fehlen lässt nicht ohne weiteres die Dringlichkeit des Begehrens entfallen. Ihr Fehlen kann aber dazu führen, dass der Antragsteller die Kosten zu tragen hat, wenn der Antragsgegner unmittelbar zu Beginn des Verfahrens eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgibt (Fortführung von CoA, Anordnung vom 24.10.2024, CoA_2-2024, APL_83-2024 -Edwards/Meril).
Auch ohne vorherige Abmahnung und trotz unmittelbar abgegebener Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nach Einleitung eines Verfahrens auf Erlass einstweiliger Maßnahmen sind dem Antragsgegner die Kosten aufzuerlegen, wenn eine vorherige Abmahnung entbehrlich war, weil sie von vornherein keinen Erfolg versprach oder infolge der gerichtlichen Entscheidung endgültig vereitelt worden wäre.
Hat der Antragsgegner bereits ein gerichtliches Verfahren auf Erlass einer Anti-Suit Injunction oder Anti-Enforcement Injunction eingleitet, ist eine Abmahnung durch den Antragsteller vor einem Antrag auf Erlass einer Anti-Anti-Suit Injunction oder Anti-Anti-Enforcement Injunction regelmäßig entbehrlich, weil davon auszugehen ist, dass ihr der Antragsgegner nicht nachkommen wird, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für ein anderes Verhalten sprechen.
ANTRAGSTELLERIN
Sun Patent Trust , vertreten durch ihren Geschäftsführern Herrn Joseph Casino, 437 Madison Avenue, New York, NY 10022, USA, vertreten durch:
Rechtsanwälte Dr. Henke, Dr. Müller, Mamine, Bardehle Pagenberg PartmbB, Prinzregentenplatz 7, 81675 München.
ANTRAGSGEGNERIN
Roku, Inc. , vertreten durch ihre Geschäftsführer, 1173 Coleman Avenue, San Jose, CA 95110 USA, vertreten durch:
Rechtsanwalt Dr. Kramer, Vossius & Partner Patentanwälte Rechtsanwälte mbB, Georg-GlockStraße 3, 40474 Düsseldorf.
STREITPATENT
Europäische Patente EP 2 903 267 und EP 3 200 463
SPRUCHKÖRPER/KAMMER
Spruchkörper 2 der Lokalkammer München
MITWIRKENDE RICHTER/INNEN
Diese Anordnung wurde durch die Vorsitzende Richterin Ulrike Voß, den rechtlich qualifizierten Richter Dr. Daniel Voß (Berichterstatter) und den rechtlich qualifizierten Richter Edger Brinkman erlassen.
VERFAHRENSSPRACHE
Deutsch
GEGENSTAND
Antrag auf Prüfung einer Anordnung einstweiliger Maßnahmen -Regel 212 Abs. 3 VerfO
SACHVERHALT
- 1 Die Antragstellerin erhob gestützt auf die europäischen Patente EP 2 903 267 und EP 3 200 463 (Streitpatente) vor der Lokalkammer München Verletzungsklagen gegen die Antragsgegnerin (Az.: UPC_CFI_254/2024 / ACT_29956/2024 und UPC_CFI_339/2024 / ACT_36560/2024).
- 2 Am 20. November 2024 reichte die Antragsgegnerin in den Verletzungsverfahren eine Klageerwiderung und eine Widerklage auf Nichtigerklärung der Streitpatente ein.
- 3 Am 31. Dezember 2024 reichte die Antragsgegnerin in den USA vor dem United States District Court for the District of Massachusetts (Case No. 1:24-cv-13217-RGS) eine unter anderem gegen die Antragstellerin gerichtete Klage ein (nachfolgend 'US -Klage , vorgelegt als Anlage ' BP 3). Mit den darin enthaltenen ' Prayers for Relief ' kündigte sie unter lit. f) den Antrag an, der Antragstellerin zu untersagen, während der Dauer des US-Klageverfahrens im Verletzungsverfahren vor dem Einheitlichen Patentgericht erlangte Unterlassungsansprüche gegen die Antragsgegnerin durchzusetzen und unter lit. g) den Antrag, der Antragstellerin zu untersagen Unterlassungsansprüche aus ihren weltweiten, für den HEVC-Standard essentiellen Patenten gegen die Antragsgegnerin geltend zu machen oder durchzusetzen (so genannte Anti-Suit Injunction bzw. Anti-Enforcement Injunction; nachfolgend: ASI bzw. AEI).
- 4 Die US-Klage wurde der Antragstellerin am 10. Januar 2025 zugestellt.
- 5 Der Antragsgegnerin wurde aufgrund einer in einem anderen Verletzungsverfahren des Unternehmens Dolby eingereichten Replik vom 20. Januar 2025 bekannt, dass Dolby hinsichtlich des Antrags zu lit. f) in den ' Prayers for Relief ' der Auffassung war, xx xxxxxxx
xxxx xx xxxxx xxxxxx xxx xxxxxx xxxxx xxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx xxxxxxxx xxxxxx xxx xxxxxxxxxxxxxxx xxx xxxxx xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx xxxxxx xxxxx. Dieser Abschnitt fand sich später gleichlautend in den Repliken vom 5. Februar 2025 in den Verletzungsverfahren der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin.
- 6 Mit Schriftsatz vom 23. Januar 2025, eingereicht beim Einheitlichen Patentgericht mittels CMS am selben Tage, beantragte die Antragstellerin, ohne Anhörung der Antragsgegnerin einstweilige Maßnahmen zu erlassen, darunter der Antragsgegnerin zu verbieten, Anti-Suit Injunctions und Anti-Enforcement Injunctions wie mit der US-Klage zu beantragen oder zu verfolgen, und ihr aufzugeben, die vor dem US-Gericht bereits anhängigen Anträge auf Erlass einer Anti-Suit Injunction bzw. Anti-Enforcement Injunction zurückzunehmen (so genannte Anti-Anti-Suit Injunction bzw. Anti-Anti-Enforcement Injunction; nachfolgend: AASI bzw. AAEI).
- 7 Mit Anordnung vom 28. (ORD_4524/2025) hat das Gericht ohne Anhörung der Antragsgegnerin dem Antrag weitgehend entsprochen und einstweilige Maßnahmen erlassen. Eine Kostengrundentscheidung wurde nicht getroffen. Die Frist für die Einleitung des
Hauptsacheverfahrens sollte ab dem Zeitpunkt der Zustellung an die Antragsgegnerin beginnen.
8 Bereits am 22. Januar 2025 hatte anlässlich der US-Klage die Korrespondenz zwischen den US-Anwälten der Antragsgegnerin und der durch die Antragstellerin in den USA mandatierten Kanzlei Sullivan & Cromwell begonnen, ohne dass die ' Prayers for R elief' thematisiert wurden. Anlässlich der Ausführungen von Dolby in ihrer Replik in dem anderen Verletzungsverfahren wandten sich die US-Anwälte der Antragsgegnerin mit Email vom 27. Januar 2025 an die US-Anwälte der Antragstellerin. Darin erklärten sie unter anderem (vgl. Anlage VP 1),
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9 Mit Email vom 4. Februar 2025 erwiderten die US-Anwälte der Antragstellerin darauf unter anderem, xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
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(vgl. Anlage VP 2).
10 Daraufhin teilte die Antragsgegnerin über ihre US-Anwälte per Email vom 28. Februar 2025 mit, xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
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x
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx (vgl. Anlage VP 3).
11 Am 4. März 2025 erfolgte die Zustellung der Anordnung vom 28. Januar 2025 an die Antragsgegnerin in den USA.
12 Mit Email vom 5. März 2025 gaben die US-Anwälte der Antragstellerin prozessuale Erklärungen bezüglich der Änderung der US-Klage ab (vgl. Anlage VP 4), die von der Antragsgegnerin noch am selben Tage eingereicht wurde. Darin wurden die 'Prayer s for Relief' unter lit. f) gestrichen und d ie unter lit. g) dahingehend geändert, xxx xxx
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xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx (vgl. Anlage VP 5). Die Antragsgegnerin stellte in der
geänderten Klage ausdrücklich klar, xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
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- 13 Schließlich gab die Antragsgegnerin am 31. März 2025 gegenüber der Antragstellerin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und einer Kostentragungspflicht, gleichwohl rechtsverbindlich eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ab, mit der sie sich verpflichtete, die in Ziffer I. der Anordnung vom 28. Januar 2025 genannten Handlungen zu unterlassen (vgl. Anlage VP 6). Eine weitere, abgewandelte strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung gab die Antragsgegnerin am 2. April 2025 ab (vgl. Anlage BP 7).
ANTRÄGE DER PARTEIEN
- 14 Die Antragsgegnerin beantragt,
-
- die Anordnung ORD_4524/2025 zu der Verfahrensnummer ACT_3835/2025 vom 28. Januar 2025 zu überprüfen und dahingehend abzuändern, dass
- -festgestellt wird, dass der Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen durch die E-Mail der Antragsgegnerin vom 27. Januar 2025, hilfsweise durch die Einreichung der geänderten US-Klageschrift am 5. März 2025, jedenfalls aber durch Abgabe der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung durch die Antragsgegnerin am 31. März 2025 gegenstandslos geworden ist und sich das Verfahren damit erledigt hat;
- -das Verfahren betreffend den Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen abgetragen wird;
-
- angeordnet wird, dass die Antragstellerin die Kosten des Rechtsstreits sowie die sonstigen Kosten der Antragsgegnerin zu tragen hat.
- 15 Die Antragstellerin tritt dem Antrag zu 1. nur insoweit entgegen, als die Erledigung nach ihrer Auffassung am 2. April 2025 eingetreten sei. Im Übrigen erklärt sie das Verfahren UPC_CFI_59/2025, ACT_3835/2025 für erledigt und beantragt,
die Kosten des Verfahrens UPC_CFI_59/2025, ACT_3835/2025 der Antragsgegnerin aufzuerlegen.
STREITPUNKTE ZWISCHEN DEN PARTEIEN
Antragstellerin
- 16 Die Antragstellerin ist der Auffassung, das Verfahren habe sich jedenfalls mit der am 2. April 2025 von der Antragsgegnerin abgegebenen Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung
erledigt. Hingegen seien weder durch die Erklärung der Antragsgegnerin in der Email vom 27. Januar 2025 noch durch die Änderung der US-Klage am 5. März 2025 die Wiederholungsgefahr und damit der Unterlassungsanspruch entfallen. Daher habe die Antragsgegnerin auch die Kosten des Verfahrens auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen zu tragen. Denn infolge der Abgabe der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung durch die Antragsgegnerin gelte diese nach den allgemeinen Regeln als unterlegene Partei. Einer weiteren Prüfung von Zulässigkeit und Begründetheit des Antrags bedürfe es nicht.
- 17 Dem ständen auch keine Billigkeitsgründe entgegen. Sie -die Antragstellerin -habe keine unnötigen Kosten verursacht, vielmehr habe die Antragsgegnerin durch ihr Verhalten Anlass für den Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen ohne vorherige Anhörung gegeben. Dafür sei schon die USKlage mit den 'Prayers for Relief' unter lit. f) und g) ausreichend gewesen.
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxx
.
- 18 Eine Abmahnung vor dem Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen sei nicht erforderlich gewesen. Der Antragsgegnerin sei xxxxx xxx xxxxx xxx xxxx xxxxx xxxxx hinreichend deutlich geworden, xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxx xxxxx xxxx. In jedem Fall liefe eine explizite Abmahnung vor einem Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen hinsichtlich einer ASI oder AEI dem Zweck einer AASI oder AAEI zuwider. Die Antragsgegnerin hätte ihre US-Klageanträge unmittelbar nach Erhalt einer Abmahnung im einstweiligen Rechtsschutz geltend machen können, während die Antragstellerin noch auf die Reaktion auf die Abmahnung gewartet hätte. Es wäre dem Zufall überlassen oder sogar vom Verhalten der Antragsgegnerin abhängig gewesen, welche Anordnung -ASI/AEI oder AASI/AAEI -zuerst hätte erwirkt werden können. Da die US-Klage bereits erhoben gewesen sei, sei die Antragsgegnerin nicht schutzbedürftig gewesen, wohingegen die Antragstellerin nicht gewusst habe, wie die Antragsgegnerin auf eine Abmahnung reagieren würde. Sie habe damit rechnen müssen, dass diese ihrer AASI oder AAEI zuvorkomme. Es hätte das Risiko bestanden, dass die Antragstellerin ihres Justizgewährungsanspruchs dauerhaft, jedenfalls aber für einen nicht zumutbaren Zeitraum verlustig gegangen wäre.
- 19 Die Email der Antragsgegnerin vom 27. Januar 2025 ändere an alledem nichts. Zunächst sei der Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen zu dem Zeitpunkt bereits anhängig gewesen. Des Weiteren sei die Email inhaltlich widersprüchlich, xxxx xxx xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxx xxx
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx. Schließlich lasse die Erklärung jede Rechtsverbindlichkeit vermissen.
- 20 Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einstweiliger Maßnahmen sei auch nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet gewesen. Bis zur Abgabe der strafbewehrten Unterlassungsund Verpflichtungserklärung der Antragsgegnerin habe ein Unterlassungsanspruch der Antragstellerin bestanden. Dieser sei durch die Email vom 27. Januar 2025 nicht entfallen. Die Dringlichkeit der Sache ergebe sich aus den Anträgen der US-Klage und der Gefahr, dass diese im Wege eines Eilverfahrens hätten weiterverfolgt
werden können. Innerhalb welchen Zeitraums die Antragsgegnerin eine ASI oder AEI hätte erwirken können, habe die Antragstellerin nicht näher eingrenzen können. Allemal habe jedenfalls das Risiko bestanden, dass die vorliegende Anordnung zu spät gekommen wäre -und sei es aufgrund der Zustellungsdauer.
Aus den vorgenannten Gründen sei im vorliegenden Fall auch eine Entscheidung ex-parte gerechtfertigt gewesen. Andernfalls hätte die Gefahr eines irreparablen Schadens bestanden.
Antragsgegnerin
- 21 Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, die Anordnung vom 28. Januar 2025 sei zu Unrecht ergangen. Weder habe ein Unterlassungsanspruch der Antragstellerin bestanden, noch sei die Sache dringlich gewesen. Vor allem habe es an der besonderen Dringlichkeit gefehlt, ohne ihre -der Antragsgegnerin -Anhörung zu entscheiden.
- 22 Ein Unterlassungsanspruch habe nie bestanden. Bereits vor dem Zeitpunkt der Anordnung einstweiliger Maßnahmen am 28. Januar 2025 habe die Antragsgegnerin mit Email vom 27. Januar 2025 verpflichtend mitgeteilt, xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx. Dies habe die Antragstellerin dem Gericht nicht zur Kenntnis gebracht. Jedenfalls sei der Unterlassungsanspruch seit der Änderung der US-Klage am 5. März 2025 erloschen, spätestens aber seit Abgabe der vorsorglich abgegebenen Unterlassungsverpflichtungserklärung. Daher sei der Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt unbegründet. Auf diesen Zeitpunkt sei aber abzustellen, weil sie -die Antragsgegnerin -jetzt erstmals Gelegenheit habe, sich zu dem Antrag zu äußern.
-
23 Die Sache sei auch in keiner Weise dringlich gewesen. Die Antragstellerin habe ihre Behauptung in der Antragsschrift weder konkretisiert noch glaubhaft gemacht, dass sie -die Antragsgegnerin -ihre Anträge in der US-Klage jederzeit auf ein einstweiliges Verfügungsverfahren hätte umstellen können und daher die Gefahr bestanden habe, dass innerhalb kürzester Zeit entsprechende ASI oder AEI ergehen und Anträge wie im vorliegenden Verfahren untersagt seien. Tatsächlich hätte das US-Gericht über die streitgegenständlichen ' Prayers for R elief' gar nicht ohne weiteres entschieden, solange die Antragsgegnerin keinen gesonderten hierauf gerichteten Antrag ('motion') eingereicht hätte . Zudem wäre die Antragsgegnerin verpflichtet gewesen, zuvor mit der Antragstellerin eine gütliche Einigung zu diskutieren. Schließlich hätte die Antragstellerin die Möglichkeit gehabt, zu einem etwaigen Antrag der Antragsgegnerin binnen 14 Tagen Stellung zu nehmen, bevor das US-Gericht eine Entscheidung erlassen hätte. Aus alledem folge, dass es der Antragstellerin ohne weiteres möglich gewesen wäre, sie -die Antragsgegnerin -vor dem Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen kurzfristig abzumahnen. Im Übrigen habe die Antragstellerin nicht belegt, dass das US-Gericht einer Anordnung durch das Einheitliche Patentgericht hätte zuvorkommen können.
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24 Wesentlich sei aber, dass sie jedenfalls seit der Replik von Dolby vom 20. Januar 2025 Kenntnis davon gehabt habe, dass die Antragstellerin der Auffassung sei, die US-Klage betreffe Anträge auf eine ASI bzw. AEI auch bezüglich des Einheitlichen Patentgerichts, und dies als problematisch ansehe. Hätte die Antragsgegnerin ernsthaft bezweckt, lit. f) und g) der 'Prayers for Relief' zum Gegenstand einer beschleunigten Entscheidung des US -Gerichts zu machen, hätte bereits zu dem Zeitpunkt Anlass und Gelegenheit bestanden. Stattdessen habe sie -die Antragsgegnerin -die Replik zum Anlass genommen, xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx x
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx. Als die Anordnung vom 28. Januar 2025 erlassen worden sei, sei schon über eine Woche vergangen, ohne dass sie den befürchteten Beschleunigungsantrag gestellt hätte. Stattdessen habe sie eine Verpflichtungserklärung abgegeben. Es habe damit ersichtlich an der besonderen Dringlichkeit gefehlt, mit der der Erlass der Anordnung vom 28. Januar 2025 ohne ihre Anhörung begründet worden sei. All diese Umstände hätten im Fall der Anhörung berücksichtigt werden können.
- 25 Die Anordnung vom 28. Januar 2025 sei daher aufzuheben und der Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen zurückzuweisen. Die Kosten seien der Antragstellerin aufzuerlegen. Denn trotz Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung sei sie -die Antragsgegnerin -nicht die unterlegene Partei, da der Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen mangels Unterlassungsanspruchs offensichtlich unbegründet gewesen sei und insbesondere nicht ohne Anhörung der Antragsgegnerin hätte beschieden werden dürfen. Jedenfalls aus Billigkeitsgründen seien der Antragstellerin die Kosten aufzuerlegen. Denn sie -die Antragsgegnerin -habe keinen Anlass für die Einleitung des Verfahrens gegeben. Sie sei vorher nicht abgemahnt worden und habe nur mittelbar erkennen können, dass sich die Antragstellerin an den 'Prayers for Relief' unter lit. f) und g) störe. Gleichwohl habe sie die Erklärung vom 27. Januar 2025 abgegeben.
- 26 Aufgrund dieser Erklärung wäre es der Antragsgegnerin nicht mehr möglich gewesen, die ' Prayers for R elief' gemäß lit. f ) und lit. g) im US-Verfahren geltend zu machen, womit dem hiesigen Verfahren die Grundlage entzogen worden sei, mithin auch ein vermeintlicher Verfügungsanspruch entfallen sei. xxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx xxxxxx x
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx. Eine etwaige Erstbegehungsgefahr wäre zu diesem Zeitpunkt durch die Erklärung vom 27. Januar 2025 beseitigt worden. Eine Erstbegehungsgefahr könne bereits durch Abgabe einer 'uneingeschränkten und eindeutigen Erklärung, dass die beanstandete Handlung in der Zukunft nicht vorgenommen werde' beendet werden. Die Antragstellerin wäre prozessual und nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen, die Erklärung vom 27. Januar 2025 unmittelbar dem Gericht zuzuleiten, damit dieses seine Entscheidung in voller Kenntnis der Tatsachen treffen könne. Auch als die Zustellung der Anordnung noch gelaufen sei, hätte die Antragstellerin ihren Antrag zurücknehmen, für erledigt erklären und/oder den Zustellauftrag zurücknehmen können.
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GRÜNDE FÜR DIE ANORDNUNG
Nachdem die Parteien das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist nur noch gemäß Regel 360 VerfO zu entscheiden und gemäß Regel 118.5 VerfO eine Entscheidung über die Kosten zu treffen, die vorliegend der Antragsgegnerin aufzuerlegen sind.
I. Gemäß Regel 360 VerfO ist nur noch festzustellen, dass der Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen gegenstandslos geworden ist, die Erledigung der Sache eingetreten ist und der Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen daher zurückgewiesen wird.
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Regel 360 VerfO sieht in der deutschen Fassung vor, die Klage auf Antrag einer Partei abzuweisen, wenn das Gericht feststellt, dass die Klage gegenstandslos geworden und die Erledigung der Hauptsache eingetreten ist. Im Streitfall ist der Spruchkörper zur Entscheidung berufen, die Vorschrift ist anwendbar und ihre Voraussetzungen sind erfüllt.
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Die Entscheidung nach Regel 360 VerfO ergeht gemäß Regel 363.1 VerfO durch Anordnung des Spruchkörpers auf Vorschlag des Berichterstatters. Ausweislich Regel 363.2 VerfO handelt es sich um eine Endentscheidung.
Auch wenn in Regel 360 VerfO nur von einer Klage die Rede ist, ist die Vorschrift auch auf Anträge auf Erlass einstweiliger Maßnahmen anzuwenden (Lokalkammer München, Anordnung v. 19.12.2023, ACT_550921/2023, UPC_CFI_249/2023 -Edwards/Meril).
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Im Streitfall ist der Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen gegenstandslos geworden und die Erledigung der Hauptsache eingetreten. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Spätestens mit der Abgabe der strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung durch die Antragsgegnerin am 2. April 2025 ist die Gefahr weiterer Rechtsverletzungen und damit der mit dem Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen verfolgte Unterlassungsanspruch entfallen.
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Weiter sieht Regel 360 VerfO vor, die Klage abzuweisen. Um nicht den Eindruck zu erwecken, dass der Kläger die unterlegene Partei ist, wird teilweise vertreten, in Anlehnung an die englische und französische Sprachfassung von Regel 360 VerfO das Verfahren abzutragen (Lokalkammer München, Anordnung v. 19.12.2023, ACT_550921/2023, UPC_CFI_249/2023 -Edwards/Meril; Zentralkammer Paris, Anordnung v. 16.05.2024, ACT_580824/2023, UPC_CFI_372/2023 -Stäubli). Das Gericht erachtet den Wortlaut der Vorschrift in der deutschen Fassung zwar ebenfalls als unglücklich; insofern wäre ein Beenden oder Abschließen des Verfahrens treffender. Gleichwohl soll an dieser Stelle der Gesetzeswortlaut
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- Entscheidung über die Kosten (CoA, Anordnung v. 18.01.2024, APL_83/2024 -VerfO: Lokalkammer München, Anordnung v. 19.12.2023, UPC_CFI_249/2023 -Edwards/Meril).
der deutschen Fassung von Regel 360 VerfO respektiert werden, ohne dass damit ein Präjudiz verbunden ist, dass die Antragstellerin zugleich die unterlegene Partei ist (vgl. Lokalkammer München, Entscheidung v. 11.10.2024, UPC_CFI_300/2023, CC_597425/2023 -MSG/EJP). Da es sich jedoch nicht um eine Klage, sondern einen Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen handelt, ist nicht die Klage abzuweisen, sondern der Antrag zurückzuweisen. Soweit darüber hinaus festgestellt wird, dass der Antrag gegenstandslos ist und die Erledigung der Hauptsache eingetreten ist, handelt es sich um Feststellungen deklaratorischer Natur.
II. Die Kosten des Verfahrens sind der Antragsgegnerin aufzuerlegen.
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- Als Endentscheidung enthält eine Anordnung im Sinne von Regel 360 VerfO auch eine UPC_CoA_2/2024, Edwards/Meril; vgl. auch zur analogen Anwendung von Regel 118.5 S. 1 ACT_550921/2023,
- 36 Im Allgemeinen muss die unterlegene Partei die angemessenen und zumutbaren Kosten des Rechtsstreits und sonstigen Kosten der obsiegenden Partei tragen (Art. 69 Abs. 1 EPGÜ). Ausnahmen gelten, wenn Billigkeitsgründe eine andere Kostenverteilung erfordern, insbesondere wenn eine Partei nur teilweise oder unter außergewöhnlichen Umständen obsiegt (Art. 69 Abs. 2 EPGÜ) oder wenn eine Partei dem Gericht oder einer anderen Partei unnötige Kosten verursacht hat (Art. 69 Abs. 3 EPGÜ). Eine Beendigung des Verfahrens gemäß Regel 360 VerfO schließt jedoch nicht zwangsläufig die Anwendung der allgemeinen Regel in Art. 69 Abs. 1 EPGÜ aus.
- 37 Wird das Verfahren gemäß Regel 360 VerfO beendet, führt der Begriff der Klageabweisung in Regel 360 VerfO nicht dazu, dass der Beklagte regelmäßig die obsiegende Partei im Sinne von Art. 69 Abs. 1 EPGÜ ist (CoA, Anordnung v. 04.10.2024, UPC_CoA_2/2024, APL_83/2024 -Edwards/Meril; Lokalkammer München, Anordnung v. 11.10.2024, UPC_CFI_300/2023, ACT_569315/2023 -MSP/EJP). Dies ergibt sich aus der zutreffend verstandenen Begrifflichkeit der deutschen Sprachfassung von Regel 360 VerfO unter Berücksichtigung der englischen und französischen Fassung (s.o.).
- 38 Welche Partei die obsiegende Partei im Sinne von Art. 69 Abs. EPGÜ ist, wenn das Verfahren gemäß Regel 360 VerfO beendet wurde, ist anhand der Besonderheiten des Verfahrens und insbesondere der Anträge der Parteien und dem Grund für die Erledigung des Verfahrens zu bestimmen.
- 39 Wird das Verfahren aufgrund der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsund Verpflichtungserklärung durch den Beklagten beendet, ist auch der Inhalt der Erklärung
maßgeblich. Verpflichtet sich der Beklagte nach Einleitung des Verfahrens, den Anträgen des Klägers nachzukommen, ist es im Allgemeinen nicht erforderlich, die Zulässigkeit und die Begründetheit des Falles zum Zeitpunkt der Abgabe der Unterlassungsund Verpflichtungserklärung zu prüfen, um festzustellen, welche Partei die obsiegende Partei ist. Die Erklärung selbst impliziert, dass die Anträge des Klägers erfüllt wurden. Dies bedeutet, dass in der Regel der Kläger als obsiegende Partei anzusehen ist (CoA, Anordnung v. 04.10.2024, UPC_CoA_2/2024, APL_83/2024 -Edwards/Meril).
- 40 Eine Ausnahme von der allgemeinen Regel des Art. 69 Abs. 1 EPGÜ kann gelten, wenn ein Kläger ein Verfahren einleitet, ohne zuvor eine Abmahnung zu versenden, und der Beklagte unmittelbar zu Beginn des Verfahrens eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgibt. In einer solchen Situation kann es gerechtfertigt sein, dem Beklagten aus Billigkeitsgründen Kosten zuzusprechen, insbesondere weil der Kläger dem Beklagten und dem Gericht unnötige Kosten verursacht hat, indem er ein Verfahren gegen einen Beklagten erhoben hat, der keinen Anlass zur Klage gegeben hat (CoA, Anordnung v. 04.10.2024, UPC_CoA_2/2024, APL_83/2024 -Edwards/Meril).
- 41 Ebenso begibt sich der Beklagte einer Nichtigkeitsklage regelmäßig in die Position der unterlegenen Partei, wenn er auf das Patent umfassend verzichtet. Allerdings können dem Kläger gleichwohl die Kosten des Verfahrens aus Billigkeitsgesichtspunkten aufzuerlegen sein, wenn die Parteien der Nichtigkeitsklage vorgerichtlich über die Patentfähigkeit korrespondiert hatten, der Kläger mit der Nichtigkeitsklage erstmals neuen Stand der Technik präsentiert und der Beklagte aufgrund dessen auf das Patent verzichtet (Zentralkammer Paris, Anordnung v. 16.05.2024, ACT_580824/2023, UPC_CFI_372/2023 -Stäubli).
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- 42 Nach diesen Grundsätzen sind der Antragsgegnerin die Kosten aufzuerlegen.
- 43 Die Antragsgegnerin hat sich durch die Abgabe der strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärungen in die unterlegene Position begeben, so dass ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen sind. Der Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen war im Zeitpunkt der Erledigung des Verfahrens auch nicht offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, so dass der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen wären. Ebenso wenig führen Billigkeitsgründe zu einem anderen Ergebnis.
a)
- 44 Die Antragsgegnerin gab am 30. März und 2. April 2025 gegenüber der Antragstellerin jeweils eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ab, die inhaltlich dem Unterlassungsgebot der Anordnung vom 28. Januar 2025 entsprach. Damit begab sich die Antragsgegnerin in die Position der unterlegenen Partei mit der Folge, dass ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen sind. Ob insofern bereits die Erklärung vom 30. März 2025 oder erst die vom 2. April 2025 ausreichend war, kann dahinstehen. Jedenfalls die zweite Erklärung wurde auch von der Antragstellerin angenommen.
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- b) Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einstweiliger Maßnahmen war auch nicht offensichtlich unbegründet oder offensichtlich unzulässig, so dass eine Ausnahme von dem Grundsatz geboten wäre, nach dem die Antragstellerin im Fall der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung durch die Antragsgegnerin als die obsiegende Partei anzusehen ist.
- 46 Ob überhaupt eine solche Ausnahme von der allgemeinen Regel möglich ist (offenlassend: CoA, Anordnung v. 04.10.2024, UPC_CoA_2/2024, APL_83/2024 -Edwards/Meril), bedarf keiner Entscheidung. Denn die Antragsgegnerin hat nicht dargelegt und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einstweiliger Maßnahmen offensichtlich unzulässig oder unbegründet war.
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aa) Der maßgebliche Zeitpunkt für die im Rahmen der Kostenentscheidung vorzunehmende Beurteilung der Zulässigkeit und Begründetheit eines Antrags auf Erlass einstweiliger Maßnahmen ist der Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses.
Bei der Prüfung, ob gegebenenfalls ausnahmsweise aufgrund der Umstände des Einzelfalls eine Abweichung von der allgemeinen Regel gerechtfertigt ist, nach der die Partei, die sich freiwillig in die unterlegene Position begeben hat, die Kosten zu tragen hat, ist im Blick zu halten, dass aufgrund der Beendigung des Verfahrens vor Erlass einer Sachentscheidung im Zeitpunkt der Erledigung der Hauptsache grundsätzlich nicht feststeht, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang, die Klage erfolgreich gewesen wäre. Für die Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache gem. Regel 360 VerfO kann deshalb nur eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses erfolgen. Bei der Kostenentscheidung handelt es sich um eine Billigkeitsentscheidung. Zweifelfragen bedürfen keiner abschließenden Aufklärung und/oder Entscheidung (Lokalkammer München, Entscheidung v. 11.10.2024, UPC_CFI_300/2023, CC_597425/2023 -MSG/EJP). Allerdings kann das erledigende Ereignis, das zur Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Antrags führt, für sich genommen nicht der Grund sein, den Antragsteller, der der Erledigung zugestimmt hat, als unterlegene Partei anzusehen und ihm die Kosten des Verfahrens aufgrund des dann nicht mehr erfolgreichen Antrags aufzuerlegen. Vielmehr kommt es darauf an, ob die dem erledigenden Ereignis vorangehenden Umstände eine abweichende Kostenentscheidung rechtfertigen.
bb) Bis zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses war der Unterlassungsanspruch der Antragstellerin nicht entfallen und der Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen nicht offensichtlich unbegründet.
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(1)
- 49 Wie bereits in der Anordnung vom 28. Januar 2025 festgestellt, war eine Rechtsverletzung noch nicht eingetreten, sondern es drohte aufgrund der 'Prayers for Relief' in der US -Klageschrift eine Verletzung der Eigentumsrechte der Antragstellerin in Bezug auf das Streitpatent und weitere Patente (Erstbegehungsgefahr). Da eine ASI oder AEI noch nicht ergangen war, war die Antragstellerin im Zeitpunkt der Entscheidung über ihren Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen noch nicht in ihren Eigentumsrechten verletzt. Aufgrund der Erstbegehungsgefahr, die durch die USKlage mit den 'Prayers for Relief' begründet wurde, bestand allerdings ein Unterlassungsanspruch. Die USKlage mit lit. f) und g) der 'Prayers for Relief' waren auch dahingehend zu verstehen, dass mit ihnen ein Verfahren auf Erlass einer ASI oder AEI eingeleitet war, auch wenn es dafür noch eines weiteren Antrags bedurfte. xxx
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx.
(2)
- 50 Der Unterlassungsanspruch der Antragstellerin ist nicht bereits durch die Email der Antragsgegnerin vom 27. Januar 2025 entfallen. Durch diese Erklärung wurde die Gefahr einer drohenden Rechtsverletzung noch nicht endgültig beseitigt. Es kann insofern dahinstehen, ob es zur Beseitigung einer nur drohenden und noch nicht eingetretenen Rechtsverletzung einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung bedarf oder ob es genügt, die die Erstbegehungsgefahr begründende Handlung eindeutig und unmissverständlich aufzugeben. Selbst wenn letzteres ausreichend sein sollte, um eine drohende Rechtsverletzung zu beseitigen und den Unterlassungsanspruch der Antragstellerin entfallen zu lassen, ist dies bei summarischer Prüfung des Sachverhalts für die Erklärung in der Email vom 27. Januar 2025 zu verneinen.
- 51 Die Erstbegehungsgefahr wurde durch die in der US-Klage enthaltenen lit. f) und g) der 'Prayers for Relief' begründet. Dieses Begehren war auch nach dem 27. Januar 2025 weiterhin rechtshängig. Die Abgabe einer 'uneingeschränkten und eindeutigen Erklärung, dass die beanstandete Handlung in der Zukunft nicht vorgenommen werde' genügt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin im Streitfall nicht, die Erstbegehungsgefahr entfallen zu lassen. Dies mag anders sein, wenn die Erstbegehungsgefahr durch eine bloße Berühmung mit einem Anspruch begründet wird. Hier liegt der Fall aber anders, weil die Antragsgegnerin bereits ein gerichtliches Verfahren eingeleitet hatte, das im Widerspruch zu der vermeintlich anderslautenden Erklärung steht.
- 52 Dagegen kann nicht mit Erfolg eingewendet werden, die Erklärung in der Email vom 27. Januar 2025 habe die Antragsgegnerin sogar rechtlich verpflichtet und wirke wie ein 'express/implied waiver' oder ein 'equitable estoppel'. Welche Rechtswirkungen die Erklärung in der Email vom 27. Januar 2025 hat, kann letztlich offenbleiben. Maßgeblich ist, dass die Erklärung nicht eindeutig und unmissverständlich erkennen lässt, dass die
Antragstellerin ihr Begehren aufgegeben hatte. Bereits durch den einleitenden Hinweis xxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx in der Email vom 27.
Januar 2025, entsteht der Eindruck, dass die Antragsgegnerin ihrer Erklärung nur einen deklaratorischen Charakter beimisst und sich rechtlich nicht binden möchte. Die Erklärung hinderte sie jedenfalls nicht, ihr Begehren weiter zu verfolgen, und letztlich wäre von den USGerichten zu entscheiden gewesen, welche Rechtswirkungen der Erklärung zukommen. Selbst wenn die US-Gerichte einen Antrag auf Erlass einer ASI oder AEI letztlich abgelehnt hätten, war die Erstbegehungsgefahr durch die Erklärung noch nicht beseitigt. Jedenfalls musste sich die Antragstellerin nicht mit einem solch unsicheren Vorgehen zufriedengeben.
- 53 Genau darauf hat die Antragstellerin die Antragsgegnerin auch hingewiesen, indem sie ihr mitteilte, xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx x
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx. xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx wurde aber auch dann nicht unmittelbar auf den Weg gebracht, sondern in der Email der Antragsgegnerin vom 28. Februar 2025 xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx.
Auch zu diesem Zeitpunkt fehlte es damit an einem eindeutigen und unmissverständlichen Verhalten der Antragsgegnerin, ihr die Erstbegehungsgefahr begründendes Verhalten aufzugeben.
(3)
- 54 Das änderte sich erst mit der Einreichung der geänderten US-Klageschrift am 5. März 2025. Dieses Verhalten stellt den actus contrarius zu der die drohende Rechtsverletzung begründenden Handlung dar. Manifestierte sich in lit. f) und g) der 'Prayers for Relief' der ursprünglichen US-Klage die drohende Rechtsverletzung, wurde dieser Umstand durch die Klageänderung vom 5. März 2025 wieder komplett beseitigt.
- 55 Ließ die Klageänderung vom 5. März 2025 den Unterlassungsanspruch der Antragstellerin entfallen, stellt sie das Ereignis dar, mit dem das vorliegende Verfahren gegenstandslos wurde und sich der Unterlassungsanspruch erledigt hatte. Dass die Antragstellerin anderer Auffassung ist und für die Erledigung auf die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung vom 2. April 2025 abstellt, ist unbeachtlich. Eine übereinstimmende Erledigungserklärung wird von Regel 360 VerfO nicht verlangt. Es genügt der Antrag einer Partei. Ebenso möglich ist der Erlass einer Anordnung von Amts wegen (Lokalkammer München, Entscheidung v. 11.10.2024, UPC_CFI_300/2023, CC_597425/2023 -MSG/EJP). Infolgedessen stellt das Gericht fest, in welchem Zeitpunkt die Erledigung eingetreten ist, im Streitfall also mit der Klageänderung vom 5. März 2025. Bis zu diesem Zeitpunkt war der Unterlassungsanspruch der Antragstellerin jedoch gegeben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Maßnahme insoweit nicht offensichtlich unbegründet. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall, wie in der Anordnung vom 28. Januar 2025 und in den vorangehenden Ausführungen dargestellt, war der Antrag zulässig und begründet.
Selbst wenn man das anders sehen wollte und auf die Unterlassungsund Verpflichtungserklärungen der Antragsgegnerin als Erledigungszeitpunkt abstellen wollte,
führt dies zu keiner anderen Kostenentscheidung. Denn auch mit der Klageänderung vom 5. März 2025 hat sich die Antragsgegnerin in die unterlegene Position begeben, indem sie der Anordnung vom 28. Januar 2025 nachgekommen ist. Sie stellte in der geänderten US-Klage ausdrücklich klar, xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxx xxx xxxxxx xxxx xxxxxxxxxxxx. Dann sind ihr aber jedenfalls unter Billigkeitsgesichtspunkten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
cc)
56
- Auch an der für den Erlass einstweiliger Maßnahmen gebotenen Dringlichkeit der Sache hat es nicht offensichtlich gefehlt. Die Dringlichkeit ist nur eine von mehreren Umständen, die bei der Abwägung der Interessen der Parteien, ob einstweilige Maßnahmen zu erlassen sind, Berücksichtigung finden. Die Dringlichkeit ist vor allem dann zu bejahen, wenn sich der Antragsteller nicht zögerlich verhalten hat und ihm nicht zugemutet werden kann, seine Rechte in einem Hauptsacheverfahren wahrzunehmen und dessen Entscheidung abzuwarten (vgl. auch Lokalkammer München, UPC_CFI_443/2024, Entscheidung v. 25.11.2024 -Häfele/Kunststoff KG Nehl; Lokalkammer Düsseldorf, UPC_CFI_347/2024 -Valeo Electrification/Magna PT u.a.). Dies hat das Gericht in der Anordnung vom 28. Januar 2025 mit ausführlicher Begründung bejaht und dagegen wendet sich auch die Antragsgegnerin nicht.
- 57 Daher greift es letztlich auch nicht durch, wenn die 'Prayers for Relief' nicht ohne weiteres zum Erlass einer ASI oder AEI hätten führen können. Die Antragsgegnerin hat insofern gestützt auf die Stellungnahme ihres Gutachters (Anlage VP 7) vorgetragen, bevor das USGericht über die 'Prayers for Relief' befunden hätte, hätte die Antragsgegnerin einen hierauf gerichteten Antrag einreichen müssen; zudem wäre sie verpflichtet gewesen, zuvor mit der Antragstellerin eine gütliche Einigung zu erörtern; schließlich hätte die Antragstellerin Gelegenheit erhalten, binnen 14 Tagen zu dem Antrag Stellung zu nehmen, bevor das US-Gericht eine Entscheidung erlassen hätte. Aber auch wenn eine ASI oder AEI erst nach einem solchen Verfahren erlassen wird, wäre ein auf den Erlass eines AASI oder AAEI gerichtetes Hauptsacheverfahren bis dahin nicht abgeschlossen und der Antragstellerin nicht zuzumuten, auf ein solches verwiesen zu werden.
- 58 Die Antragsgegnerin ist im Kern der Auffassung, aufgrund der außergerichtlichen Korrespondenz zwischen ihr und der Antragstellerin hätte sie vorher abgemahnt, jedenfalls aber gerichtlich angehört werden können, statt einstweilige Maßnahmen ohne ihre Anhörung zu erlassen. Auch die zeitlichen Abläufe des soeben geschilderten Verfahrens der USGerichte für den Erlass einer ASI bzw. AEI hätten Raum für eine vorherige Abmahnung oder gerichtliche Anhörung gelassen. Mit dieser Auffassung vermag die Antragsgegnerin nicht durchzudringen.
- 59 Eine unterlassene Abmahnung des Antragsgegners lässt nicht die Dringlichkeit der Sache entfallen. Eine Abmahnung ist nicht Voraussetzung für die Zulässigkeit oder Begründetheit eines Antrags auf Erlass einstweiliger Maßnahmen. Gleiches gilt für den Umstand, dass die
Anordnung vom 28. Januar 2025 ohne Anhörung der Antragsgegnerin ergangen ist. Die Entscheidung darüber, ob eine ex-parte-Anordnung erlassen wird, liegt gemäß Regel 209.1 und 2 (c) VerfO letztlich im Ermessen des Gerichts und stellt eine prozessuale Entscheidung dar. Selbst wenn eine Anhörung der Antragsgegnerin im vorliegenden Fall angemessen gewesen wäre, führt ihre Unterlassung daher nicht dazu, dass der Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen offensichtlich unzulässig oder unbegründet war.
- 60 Da eine unterlassene Anhörung grundsätzlich nicht zur Unzulässigkeit oder Unbegründetheit eines Antrags auf Erlass einstweiliger Maßnahmen führen kann, ist es auch unerheblich, was die Antragsgegnerin im Falle ihrer Anhörung vorgetragen hätte. Daher greift auch ihr Vortrag, dass sie im Fall ihrer Anhörung zur außergerichtlichen Korrespondenz vorgetragen hätte und den Anspruch sogar sofort hätte anerkennen können, nicht durch. Dadurch erleidet die Antragsgegnerin keinen Rechtsverlust, denn sie kann ihr Vorbringen im Rahmen eines Prüfungsverfahrens nachholen. Sollte sich der Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen dann als unzulässig oder unbegründet herausstellen, ist über die Kosten des Verfahrens nach den allgemeinen Regeln zu entscheiden. Diese dürften dem Antragsteller aufzuerlegen sein, wenn der Antrag von Anfang an unzulässig oder unbegründet war. Sollte sich der Antrag erst im Laufe des Verfahrens erledigt haben, gelten wiederum die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze für eine Kostenentscheidung im Rahmen einer Entscheidung nach Regel 360 VerfO. Diese Rechtsfolgen sind aber unabhängig davon, ob eine Anhörung der Antragsgegnerin -vermeintlich -ermessensfehlerhaft unterblieben ist. Ungeachtet dessen kann bei der hier gebotenen summarischen Prüfung nicht angenommen werden, dass im Fall der Anhörung der Antragsgegnerin eine andere Kostenentscheidung als in der jetzigen Fallkonstellation ergangen wäre. Soweit die Antragsgegnerin darlegt, im Fall ihrer Anhörung hätte sie ergänzend zu ihrer außergerichtlichen Korrespondenz mit der Antragstellerin vorgetragen, hätte dies für die Zulässigkeit und Begründetheit des Antrags keine Auswirkungen. Insbesondere hätte -wie ausgeführt -die Email vom 27. Januar 2025 nicht zu einem Wegfall des Unterlassungsanspruchs geführt. Die dem Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen nachfolgende Änderung der US-Klage oder eine sofortige Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung hätten hingegen auch im Fall der Anhörung der Antragsgegnerin nur zur Erledigung des Verfahrens geführt mit der Folge, dass die Antragsgegnerin als die unterlegene Partei angesehen worden wäre und die Kosten hätte tragen müssen, es sei denn, sie hätte keine Veranlassung zur Antragstellung gegeben (dazu siehe unten). Welche anderen Tatsachen die Antragsgegnerin im Fall ihrer Anhörung hätte vorbringen wollen, ist nicht dargetan.
- 61 Aus diesem Grund war es im Übrigen auch nicht treuwidrig, dass die Antragstellerin nicht noch vor dem Erlass der einstweiligen Verfügung am 28. Januar 2025 die Email der Antragsgegnerin vom 27. Januar 2025 vorlegte, sofern dies überhaupt praktisch möglich war. Die Erklärung wurde von der Antragsgegnerin erst nach Einleitung des vorliegenden Verfahrens und keine 24 Stunden vor Erlass der Anordnung abgegeben und hätte mit der Antragstellerin selbst und den hiesigen EPG-Vertretern erörtert werden müssen. Zudem wäre
der Antrag aufgrund der Email vom 27. Januar nicht offensichtlich unbegründet gewesen. Auch auf die Dringlichkeit hatte die Erklärung keine Auswirkungen.
- 62 Zuletzt spielen auch die Ausführungen von Dolby zu dem US-Verfahren in der Replik des anderen Verletzungsverfahrens keine Rolle für die Dringlichkeit. Dass sich Dolby am 20. Januar 2025 zu den 'Prayers for Relief' äußerte, lässt nicht den Schluss zu, dass der Antragstellerin die Sache nicht dringlich gewesen sei. Das Vorbringen in der Replik war dem Umstand geschuldet, dass die Replikfrist in dem anderen Verletzungsverfahren am 20. Januar 2025 endete und die Einführung weiteren Sachvortrags in ein Verletzungsverfahren nach Ablauf der Schriftsatzfristen mit Schwierigkeiten verbunden ist. Der Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen wurde von der Antragstellerin bereits drei Tage später gestellt. Ein so kurzer Zeitraum ist der Antragstellerin zur Anfertigung und Abstimmung der Antragsschrift zuzubilligen, lässt aber nicht die Annahme zu, die Durchsetzung ihres Unterlassungsanspruchs sei ihr nicht eilig.
63
- c) Billigkeitsgründen aufzuerlegen.
- Die Kosten des Verfahrens sind nicht gemäß Art. 69 Abs. 2 VerfO der Antragstellerin aus
- 64 Eine Ausnahme von der allgemeinen Regel des Art. 69 Abs. 1 EPGÜ ist nicht deshalb geboten, weil die Antragstellerin unnötige Kosten verursacht hat, indem sie das Verfahren gegen die Antragsgegnerin angestrengt hat, ohne dass diese dafür Anlass gegeben hätte. Insbesondere war es vor Einleitung des Verfahrens auf Erlass einstweiliger Maßnahmen nicht erforderlich, dass die Antragstellerin zuvor die Antragsgegnerin abmahnte. Denn eine Abmahnung war im vorliegenden Fall entbehrlich.
65
aa) Für die Beurteilung, ob die Antragsgegnerin Veranlassung für den Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen durch die Antragstellerin gegeben hat, ist auf die objektive Sicht einer Person in der Position der Antragstellerin im Zeitpunkt der Antragstellung am 23. Januar 2025 abzustellen. Es ist zu fragen, ob die Antragstellerin zu diesem Zeitpunkt davon ausgehen durfte, ohne gerichtliche Hilfe nicht zu ihrem Recht zu kommen. Das ist insbesondere dann zu verneinen, wenn zu erwarten war, dass die Antragsgegnerin auf eine vorgerichtliche Abmahnung hin das die Erstbegehungsgefahr begründende Verhalten einstellen oder sich anderweitig unterwerfen würde. Es ist hingegen zu bejahen, wenn eine Abmahnung entbehrlich war, weil sie von vornherein keinen Erfolg versprach oder infolge der Abmahnung die Gefahr bestanden hätte, dass das geltend gemachte Recht vor einer gerichtlichen Entscheidung endgültig vereitelt worden wäre.
66
bb) und g) der 'Prayers for Relief' in der US
Im Streitfall gab die Antragsgegnerin der Antragstellerin aufgrund der Abschnitte unter lit. f) -Klage hinreichende Veranlassung, einen Antrag auf
Erlass einstweiliger Maßnahmen zu stellen. Eine vorherige außergerichtliche Abmahnung war entbehrlich, weil sie keinen Erfolg versprach.
67
- (1) In Fällen, in denen bereits ein gerichtliches Verfahren auf Erlass einer ASI oder AEI eingeleitet ist, durch die das Eigentumsrecht des Antragstellers in Form eines Patents und daraus abgeleiteter Ansprüche bedroht ist, und der Antragsteller um den Erlass einer AASI oder AAEI nachsucht, ist eine Abmahnung regelmäßig entbehrlich, weil davon auszugehen ist, dass sie ohnehin keinen Erfolg verspricht. Die vorliegende Fallkonstellation ist typischerweise dadurch gekennzeichnet, dass der Antragsgegner bei einem Gericht den Erlass einer ASI oder AEI beantragt und dadurch die Eigentumsposition des Antragstellers gefährdet. Dieses Vorgehen des Antragsgegners geschieht mit dem eindeutigen Willen und in dem konkreten Bewusstsein, die Rechtsdurchsetzung des Antragstellers zu beschränken, im vorliegenden Fall die Durchsetzung der Patentrechte der Antragstellerin in der Jurisdiktion des Einheitlichen Patentgerichts. Von einem Antragsgegner, der wissentlich und willentlich diesen Schritt gegangen ist und bereits die Gerichte angerufen hat, ist ohne konkrete gegenteilige Anhaltspunkte grundsätzlich nicht zu erwarten, dass er auf ein bloßes außergerichtliches Unterlassungsverlangen, mithin auf eine Abmahnung, diesen Schritt unter Übernahme der bis dahin entstandenen Kosten einfach wieder rückgängig macht. Sein Begehren macht gerade deutlich, dass er eine Durchsetzung der Patentrechte des Antragstellers jedenfalls für die Zeit des Parallelverfahrens -hier in den USA -nicht zu dulden bereit ist. Denn die angestrebte ASI bzw. AEI soll gerade dem für die Klärung der Verletzungsfrage hier allein zuständigen Gericht die Prüfungskompetenz entziehen oder sie jedenfalls zeitlich beschränken. Vor allem dann, wenn wie im vorliegenden Fall bereits eine Verletzungsklage vor dem EPG anhängig ist, lässt das auf den Erlass einer ASI oder AEI gerichtete Begehren erkennen, dass der Antragsgegner nicht bereit ist, sich in diesem Verfahren vor dem zuständigen Verletzungsgericht zu verteidigen. Vor dem Hintergrund kann grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, dass ein Antragsgegner einer außergerichtlichen Abmahnung, die der Durchsetzung genau dieser gefährdeten Rechtsposition des Antragstellers dienen soll, Folge leisten wird, um sich der Jurisdiktion eines Verletzungsgerichts zu unterwerfen, die er gerade vermeiden möchte. Die gegenteilige Annahme stände in einem völligen Widerspruch zum bisherigen Verhalten des Antragsgegners, so dass die Erfolglosigkeit einer Abmahnung grundsätzlich zu unterstellen ist. Hat der Antragsgegner daher zur Durchsetzung eines rechtswidrigen Eingriffs in die Rechtsposition des Antragstellers bereits Gerichte in Anspruch genommen, kann nicht angenommen werden, dass der Antragsteller seinerseits zur Abwehr dieser Gefahr ohne gerichtliche Hilfe zum Ziel kommt.
- 68 Insofern liegt der vorliegende Sachverhalt anders als in Fällen, in denen ein Patent durch Angebot und Vertrieb eines patentverletzenden Produkts widerrechtlich benutzt wird (vgl. etwa CoA, Anordnung v. 04.10.2024, UPC_CoA_2/2024, APL_83/2024 -Edwards/Meril). Diese Fälle sind regelmäßig durch ein gewisses Maß an Unsicherheit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht geprägt, die durch eine Abmahnung beseitigt werden kann. Insofern kann es sein, dass dem Patentverletzer nicht bewusst ist, dass die technische Lehre durch ein
Patent geschützt ist und von ihm benutzt wird, zumal hinsichtlich der Auslegung eines Patents und die Frage seiner Benutzung regelmäßig unterschiedliche Auffassungen bestehen können. Zudem bewegt sich ein solcher Verletzungsfall auf einer rein tatsächlichen Ebene in der Stufe vor der Anrufung der Gerichte. Eine Abmahnung ist in solchen Fällen geeignet, den Antragsgegner auf die Existenz des Patents hinzuweisen, die Argumente, die für eine Verletzung dieses Patents sprechen, vor Augen zu führen und den Antragsgegner durch ein eindeutiges Unterlassungsverlangen zur Überprüfung und ggfs. zum Einlenken und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung zu bewegen, bevor der Fall vor die Gerichte gebracht und damit auf eine andere Stufe gehoben wird. Davon unterscheiden sich die Fälle, in denen der Antragsgegner den Erlass einer ASI oder AEI begehrt, regelmäßig durch das wissentliche und willentliche Vorgehen des Antragsgegners und den Umstand, dass bereits gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen wurde.
(2)
- 69 Konkrete Anhaltspunkte, die gegen die Annahme sprechen, dass die Antragstellerin ihre Rechte nur mit gerichtlicher Hilfe durchsetzen konnte, bestehen im Streitfall nicht. Wie einleitend ausgeführt, ist auf die objektive Sichtweise einer Person in der Position der Antragstellerin im Zeitpunkt der Antragstellung am 23. Januar 2025 abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Antragsgegnerin aber noch nicht zu den von ihr mit der US-Klage vorgebrachten 'Prayers for Relief' geäußert. Es konnte nicht angenommen werden, dass die Antragsgegnerin bereits auf eine außergerichtliche Unterlassungsaufforderung hin ihr Begehren unter lit. f) und g) der 'Prayers for Relief' fallen lassen würde.
- 70 Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass Dolby bereits in der Replik vom 20. Januar 2025 in dem anderen Verletzungsverfahren xxxxxxxxxxxx xxx xxxxxxxx xxx xxxxxxxxxxxxxxx
- xxx xxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx kritisierte. Wie bereits zur Dringlichkeit ausgeführt, lässt dieser Umstand nicht den Schluss zu, die Antragstellerin selbst habe angenommen, sich mit der Antragsgegnerin außergerichtlich über die 'Prayers for Relief' auseinandersetzen zu können in der Erwartung, dass die Antragsgegnerin ihr Begehren wieder fallenlasse.
- 71 Diese Annahme wird auch nicht durch den Umstand gerechtfertigt, dass die Antragsgegnerin nicht innerhalb der drei Tage bis zum Antrag auf Erlass der einstweiligen Maßnahmen am 23. Januar 2025 eine Beschleunigung des US-Verfahrens oder eine ASI bzw. AEI im Wege einer einstweiligen Verfügung beantragte. Die Gründe, warum die Antragsgegnerin dies nicht tat, können vielfältig und beispielsweise dem Umstand geschuldet sein, dass sie noch nicht entschieden hatte, wie sie vorgehen wollte. Bis zum Zeitpunkt des Antrags auf Erlass einstweiliger Maßnahmen durch die Antragstellerin am 23. Januar 2025 gab es jedenfalls kein Verhalten der Antragsgegnerin, dass klar und eindeutig darauf hinwies, sie könnte ihr Begehren bereits aufgrund einer vorgerichtlichen Abmahnung fallenlassen.
- 72 Daher ist auch das Verhalten der Antragsgegnerin nach dem 23. Januar 2025 -etwa die Erklärung in der Email vom 27. Januar 2025 -kein Indiz dafür, dass die Antragstellerin im Zeitpunkt der Antragstellung davon ausgehen durfte (und musste), mit einer Abmahnung der
Antragsgegnerin Erfolg zu haben. Denn vor dem 23. Januar 2025 gab es keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Antragsgegnerin genau so verhalten würde, wie sie es danach -wenn auch ohne den Vollstreckungsdruck der erst am 4. März 2025 zugestellten Anordnung vom 28. Januar 2025 -tat.
cc)
- 73 Darüber hinaus war eine Abmahnung auch untunlich.
(1)
- 74 Die Antragstellerin konnte im Zeitpunkt der Antragstellung am 23. Januar 2025 nicht davon ausgehen, dass die Antragsgegnerin auf eine Abmahnung hin untätig bleiben würde. Es war nicht ausgeschlossen, dass die Antragsgegnerin eine Beschleunigung des Verfahrens vor dem US-Gericht oder dort den Erlass einer ASI oder AEI mittels einstweiliger Verfügung beantragen würde. Davon war sogar grundsätzlich auszugehen, weil es keinen Grund gibt für die Annahme, dass ein Antragsgegner, der seinen Willen zur gerichtlichen Durchsetzung seines Begehrens - hier durch lit. f) und g) der 'Prayers for Relief' bereits begonnen hat umzusetzen, diesen Weg allein aufgrund einer außergerichtlichen Aufforderung aufgibt, statt ihn weiter mit gerichtlicher Hilfe -dann im Wege des Eilrechtsschutzes -fortzusetzen (vgl. auch Lokalkammer München, Panel 2, Anordnung v. 19. Februar 2025, CFI_112/2025, ACT_7300/2025, Rn. 39 f. -Nokia/Sunmi).
- 75 Auf die Gefahr einer Beschleunigung des US-Verfahrens oder eines Antrags auf Erlass einer ASI oder AEI im Eilrechtsschutz musste sich die Antragstellerin jedoch nicht einlassen. Denn der Erlass einer solchen ASI oder AEI vor dem Erlass der von ihr beantragten AASI/AAEI oder zumindest vor der Zustellung einer entsprechenden Anordnung an die Antragsgegnerin hätte die Durchsetzung der Rechte der Antragstellerin erheblich gefährdet, wenn nicht sogar unmöglich gemacht.
- (2) 76 Dagegen kann die Antragsgegnerin nicht mit Erfolg einwenden, vor Erlass einer ASI bzw. AEI hätte sie auf Basis der 'Prayers for Relief' zunächst einen entsprechenden Antrag stellen müssen, dem außergerichtliche Einigungsbemühungen mit der Antragstellerin hätten vorausgehen müssen, und wäre die Antragstellerin noch mit einer zweiwöchigen Frist vom US-Gericht angehört worden, so dass der Erlass einer ASI oder AEI kurzfristig gar nicht möglich gewesen wäre. Der private Gutachter der Antragsgegnerin, hat allerdings in seiner Stellungnahme mitgeteilt, der Median für den Zeitraum für den Erlass einer einstweiligen Verfügung durch den Massachusetts District Court habe in den letzten fünf Jahren bei 29 Tagen gelegen. Auch wenn dem privaten Gutachter Rizzolo nicht bekannt ist, dass irgendein Bezirksgericht der USA jemals eine Anti-Anti-Anti-Enforcement-injunction (von einer ASI oder AEI ist keine Rede) erlassen habe, ist nicht ausgeschlossen, dass ein USGericht auf den durch eine Abmahnung der Antragstellerin provozierten Eilantrag der Antragsgegnerin eine ASI oder AEI erlassen hätte und dies in weniger als 29 Tagen. In jedem Fall bestand die Gefahr, dass eine solche ASI oder AEI erlassen und der Antragstellerin eher
zugestellt wird als umgekehrt die von der Antragstellerin beantragte Anordnung der AASI/AAEI der Antragsgegnerin. Dann aber bestand für die Antragstellerin das Risiko, dass sie ihre Rechte nicht hätte durchsetzen können, weil sie gezwungen gewesen wäre, ihren Antrag zurückzunehmen, oder gegen sie sogar Ordnungsgelder verhängt worden wären. Auf diese Unsicherheiten hätte sich die Antragstellerin nicht einlassen müssen, was eine vorherige Abmahnung untunlich erscheinen lässt.
ANORDNUNG
-
- Es wird festgestellt, dass der Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen gegenstandslos und das Verfahren in der Sache erledigt ist.
-
- Der Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen wird zurückgewiesen.
-
- Die Anordnung vom 28. Januar 2025 ist wirkungslos.
-
- Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
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- Der Streitwert wird auf 1.000.000,00 EUR festgesetzt.
-
- Die Entscheidung ist in das Register aufzunehmen.
DETAILS DER ANORDNUNG
Anordnung Nr. ORD_16028/2025
UPC Nummer:
UPC_CFI_59/2025
Nr. des dazugehörigen Verfahrens Antragsnr.: 3835/2025
Art des Antrags:
Antrag auf einstweilige Maßnahmen (Regel 206 VO)
Ulrike Voß
(Vorsitzende Richterin)
Dr. Daniel Voß (rechtlich qualifizierter Richter)
Edger Brinkman (rechtlich qualifizierter Richter)
Für den Hilfskanzler
Vermerk:
Bei diesem Dokument handelt es sich um die für die Öffentlichkeit bestimmte redigierte Version der Anordnung. Sie ist ohne die Unterschriften der beteiligten Richter und des Vertreters des Hilfskanzlers gültig.

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