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21 May, 2025
Order
ORD_24333/2025 Luxemburg (LU) EP3356109
R. 118.8 S. 1 VerfO
...

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ORD_24333/2025
21 May, 2025
Order

Summary
(AI generated)

Parties

Knaus Tabbert AG
v. Erwin Härtwich,
Yellow Sphere Innovations GmbH

Registry Information
Registry Number:

App_21951/2025

Court Division:

Luxemburg (LU)

Type of Action:

Application Rop 223

Language of Proceedings:

DE

Patent at issue

EP3356109

Cited Legal Standards
Art. 20 EPGÜ
Art. 21 EPGÜ
Art. 74 EPGÜ
Art. 82 Abs. 1 EPGÜ
Art. 82 Abs. 2 EPGÜ
Art. 82 EPGÜ
R.102.1 VerfO
R. 118.8 S. 1 VerfO
R. 125.1 VerfO
R. 222.2 VerfO
R. 223.1 VerfO
R.223.2 VerfO
R. 223.3 VerfO
R. 266.1 VerfO
R. 266.5 Satz 1 VerfO
R.9 VerfO
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ORD_24333/2025

Aktenzeichen: UPC_CoA_365/2025 APL_19216/2025 App_ 21951/2025

Anordnung

des Berufungsgerichts des Einheitlichen Patentgerichts vom 21. Mai 2025 betreffend Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung

LEITSATZ:

Die Anordnung einer Vollstreckungssicherheit ist nicht in jedem Fall erforderlich, sondern liegt im Ermessen des Gerichts erster Instanz (GEI). Dem Beklagten obliegt es bereits im Verfahren vor dem GEI die Tatsachen vorzutragen, die die Anordnung einer Sicherheitsleistung erforderlich machen, wie zum Beispiel die schlechte Vermögenslage des Klägers. Deshalb kann in der Regel ein Antrag auf aufschiebende Wirkung nicht darauf gestützt werden, dass die finanzielle Situation des Klägers eine Anordnung der Sicherheitsleistung erfordert, wenn dies bereits in erster Instanz hätte geltend gemacht werden können.

SCHLAGWÖRTER:

Antrag auf aufschiebende Wirkung

BERUFUNGSKLÄGERIN UND ANTRAGSTELLERIN/BEKLAGTE IM HAUPTVERFAHREN VOR DEM GERICHT ERSTER INSTANZ

Knaus Tabbert AG , Jandelsbrunn, Deutschland,

(im Folgenden: Knaus Tabbert)

vertreten durch: Rechtsanwalt Dr. Rüdiger Pansch und weitere Rechtsanwälte der Kanzlei Rospatt Rechtsanwälte PartGmbB, Düsseldorf, Deutschland

BERUFUNGSBEKLAGTE/ANTRAGSEGNERINNEN/KLÄGERINNEN IM HAUPTVERFAHREN VOR DEM GERICHT ERSTER INSTANZ

    1. Yellow Sphere Innovations GmbH, Köln, Deutschland (im Folgenden: Yellow Sphere)
    1. Erwin Härtwich, Allmersbach, Deutschland (im Folgenden: Härtwich)

vertreten durch: Rechtsanwalt Dr. Dirk Jestaedt, Krieger Mes & Graf von der Groeben Partnerschaft mbB, Düsseldorf, Deutschland

DRITTWIDERBEKLAGTE IM HAUPTVERFAHREN VOR DEM GERICHT ERSTER INSTANZ

Alexander Christ , Köln, Deutschland (im Folgenden: Christ)

VERFAHRENSSPRACHE

Deutsch

SPRUCHKÖRPER UND ENTSCHEIDENDE RICHTER

Spruchkörper 2

Rian Kalden, rechtlich qualifizierte Richterin und Vorsitzende Richterin Ingeborg Simonsson, rechtlich qualifizierte Richterin Patricia Rombach, rechtlich qualifizierte Richterin und Berichterstatterin Marc van der Burg, technisch qualifizierter Richter Erwin Wismeth, technisch qualifizierter Richter

BEANSTANDETE ANORDNUNG DES GERICHTS ERSTER INSTANZ

Datum: 10. April 2025, Lokalkammer Düsseldorf

Aktenzeichen des Gerichts erster Instanz: UPC_CFI_50/2024, ACT_6665/2024, ORD_68984/2024

STREITPATENT

EP 3 356 109

SACHVERHALT UND ANTRÄGE DER PARTEIEN

    1. Yellow Sphere und Härtwich nehmen Knaus Tabbert wegen Patentverletzung in Anspruch.
    1. Yellow Sphere und Härtwich sind eingetragene Inhaber des Europäischen Patents EP 3 356 109 (Streitpatent), das unter Inanspruchnahme der Priorität vom 25. Januar 2016 angemeldet wurde und einen Rahmen für ein Fahrzeug mit zumindest einem Strukturteil aus Schaumharz sowie Herstellungsverfahren dafür betrifft. Die Veröffentlichung des Hinweises auf die Patenterteilung erfolgte am 9. März 2022. Das Streitpatent steht in Deutschland, Frankreich, Irland, Italien und Slowenien in Kraft.
    1. Erfinder des Streitpatents sind Härtwich und Christ (der Drittwiderbeklagte). Vor Anmeldung des Streitpatents schlossen Knaus Tabbert, die beiden Erfinder sowie die von ihnen geführten Unternehmen (die Freitec Kunststoffe GmbH, die Freitec Technologies GmbH, die Digital Design Solutions GmbH) einen Entwicklungsvertrag (Anlage rop A10). Die Erfinder bauten in Umsetzung dieses Vertrages drei Testmodelle, welche sie Knaus Tabbert übergaben.
    1. Knaus Tabbert vertrieb Wohnwagen auf Basis der von den Erfindern entwickelten Modelle unter der Bezeichnung 'Travelino', 'DESEO' und 'AZUR'. Eine Vereinbarung mit der Einräumung von Nutzungsrechten schlossen Knaus Tabbert und die Erfinder nicht. Auf Anfragen hinsichtlich einer solchen Vereinbarung erfolgte keine Rückmeldung.
    1. In einem Schreiben vom Oktober 2023 (Anlage rop 12) erklärten die beiden Erfinder, die Digital Design Solutions GmbH und die Freitec Technolgies GmbH die Kündigung des Entwicklungsvertrages. Das Schreiben enthielt den Hinweis, dass das Vertragsverhältnis zwischen Knaus Tabbert und der FREITEC Kunststoffe GmbH bereits im Jahre 2018 durch Aufhebungsvereinbarung beendet worden sei.
    1. Das Streitpatent wurde jedenfalls hinsichtlich der Länder Deutschland, Frankreich, Italien und Slowenien mit Vereinbarung vom 28. Dezember 2022 (Anlage K1 im Hauptverfahren) von Christ auf Yellow Sphere übertragen.
    1. Yellow Sphere und Härtwich sind der Ansicht, dass die in den Wohnwagenmodellen 'AZUR' und 'DESEO' eingebauten Rahmen (im Folgenden: angegriffene Ausführungsformen) von der Lehre des Patents Gebrauch machen. Sie haben deshalb Knaus Tabbert wegen Verletzung von Anspruch 1 des

Streitpatents auf Unterlassung, Auskunft, Rückruf, Entfernung aus den Vertriebswegen, Schadensersatz und angemessene Entschädigung in Anspruch genommen.

    1. Knaus Tabbert hat Widerklage auf Nichtigerklärung gegen Yellow Sphere und Härtwich erhoben.
    1. Die Lokalkammer Düsseldorf hat mit der angefochtenen Entscheidung der Klage überwiegend stattgegeben, wohingegen die Widerklage auf Nichtigerklärung in der Sache erfolglos war. Die Lokalkammer hat Knaus Tabbert in Buchstabe C. des Tenors zusammengefasst aufgegeben
  • I. patentverletzender Handlungen im Hinblick auf die angegriffenen Ausführungsformen in dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik, der Italienischen Republik und der Republik Slowenien zu unterlassen;
  • II. für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung ein Zwangsgeld in Höhe von bis zu 250.000 EUR zu zahlen;
  • III. Auskunft über die seit dem 8. September 2018 begangenen Verletzungshandlungen zu erteilen;
  • IV. die angegriffenen Ausführungsformen, welche seit dem 9. April 2022 ausgeliefert worden sind, innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen nach der Zustellung der Mitteilung im Sinne von R. 118.8 S. 1 VerfO und gegebenenfalls der beglaubigten Übersetzung auf Kosten der Beklagten, aus den Vertriebswegen zurückzurufen und endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen;
  • V. die im unmittelbaren und/oder mittelbaren [sic] und/oder im Eigentum von Knaus Tabbert befindlichen Ausführungsformen zu vernichten oder an einen von Yellow Sphere und Härtwich zu beauftragenden Gerichtsvollzieher herauszugeben;
  • VI. an Yellow Sphere und Härtwich einen Betrag in Höhe von 100.000 EUR als vorläufigen Schadensersatz zu zahlen;
  • VII. Yellow Sphere und Härtwich allen Schaden zu erstatten, der ihnen durch die patentverletzenden Handlungen in der Zeit seit dem 9. April 2022 entstanden ist und noch entstehen wird;
  • VIII. Yellow Sphere und Härtwich für die Zeit vom 8. September 2018 bis 8. April 2022 für patentverletzende Handlungen betreffend die Bundesrepublik Deutschland eine angemessene Entschädigung zu zahlen.
    1. In Buchstabe I. des Tenors der Entscheidung hat die Lokalkammer die Obergrenze der erstattungsfähigen Vertreterkosten für die Klage und für die Nichtigkeitswiderklage auf 112.000 EUR festgesetzt.
    1. Die Entscheidung enthält den Hinweis, dass die Anordnungen erst vollstreckbar sind, nachdem Yellow Sphere und Härtwich dem Gericht mitgeteilt haben, welchen Teil der Anordnungen sie zu vollstrecken beabsichtigen und eine beglaubigte Übersetzung der Anordnungen in die Amtssprache des Vertragsmitgliedstaates, in dem die Vollstreckung erfolgen soll, eingereicht haben und Knaus Tabbert die Mitteilung und die (jeweilige) beglaubigte Übersetzung zugestellt wurde.
    1. Knaus Tabbert hat gegen die Entscheidung sowohl hinsichtlich der Verletzungsklage (APL_19216/2025 UPC_CoA_365/2025) als auch hinsichtlich der Widerklage auf Nichtigerklärung (APL_19338/2025, UPC_CoA_367/2025) Berufung eingelegt.

Anträge der Parteien

    1. Knaus Tabbert beantragt zusammengefasst eine Anordnung des Berufungsgerichts mit folgendem Inhalt:
  • I. Die Berufung gegen die angefochtene Entscheidung hat (hinsichtlich der Verletzungsklage) aufschiebende Wirkung.

  • II. Hilfsweise: Die Berufung gegen die angefochtene Entscheidung hat aufschiebende Wirkung hinsichtlich der Anordnungen C.IV (Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen), C.V (Vernichtung), C.VI (vorläufiger Schadensersatz) und I. (erstattungsfähige Vertreterkosten).

  • III. Weiter hilfsweise: Die Vollstreckung der Anordnungen C.IV, C.V, C.VI und I. wird von der Stellung einer Sicherheit in Höhe von wenigstens abhängig gemacht.

  • IV. Höchst hilfsweise: Das Verfahren wird gemäß R. 266.5 Satz 1 VerfO ausgesetzt und dem EuGH wird gemäß Art. 21 EPGÜ iVm Art. 267 AEUV die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Gebietet es das Unionsrecht, insbesondere Art. 16 EU-Grundrechtscharta (Unternehmerische Freiheit), Art. 17 EU-Grundrechtscharta (Eigentumsrecht) und Art. 47 EU-Grundrechtscharta (Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf), dass die Vollstreckung erstinstanzlicher Entscheidungen des EPG, vor allem Anordnungen auf Rückruf, Entfernung aus den Vertriebswegen und Vernichtung sowie Zahlung, grundsätzlich von einer Sicherheitsleistung gemäß Art. 82 Abs. 2 EPGÜ abhängig gemacht wird?

VORBRINGEN DER PARTEIEN

    1. Knaus Tabbert trägt zusammengefasst im Wesentlichen wie folgt vor:
  • -Bei einer Vollstreckung würde die Berufung ihren Sinn und Zweck zumindest hinsichtlich der Anordnungen auf Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen und Vernichtung verlieren, da sich diese im Falle eines späteren Erfolgs der Berufung nicht rückgängig machen ließen.

  • -Eine Sicherheitsleistung sei erforderlich, um den Schaden, der im Falle der Vollstreckung der Anordnung auf Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen, Vernichtung, Zahlung vorläufigen Schadensersatzes und erstattungsfähiger Vertreterkosten droht, abzudecken.

  • -Knaus Tabbert habe nach der mündlichen Verhandlung vor der Lokalkammer am 13. Februar 2025 Kenntnis erlangt, dass über die Freitec Kunststoffe GmbH am 1. März 2025 das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet worden sei. Dies lasse befürchten, dass bei Yellow Sphere und Härtwich kein ausreichendes Vermögen vorhanden sei, um die eventuellen Schadensersatzforderungen von Knaus Tabbert zu befriedigen.

  • Das Zusammenfallen von einerseits nicht mehr rückgängig zu machenden Vollstreckungshandlungen und andererseits einem dadurch bei Knaus Tabbert verursachten Schaden, welcher voraussichtlich wegen der schlechten finanziellen Lage von Yellow Sphere und Härtwich nicht ersetzt werden wird, stelle eine erhebliche Gefährdung der durch Art. 20 EPGÜ iVm der EU-Grundrechtscharta (GRCh) geschützten Grundrechte der Knaus Tabbert dar, insbesondere von Art. 16 GRCh (unternehmerische Freiheit), Art. 17 GRCh (Eigentumsrecht)

und Art. 47 GRCh (Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf). Ebenso seien die durch das deutsche Grundgesetz (GG) und die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) geschützten Grund- bzw. Menschenrechte von Knaus Tabbert durch die vorliegende Situation akut gefährdet, insbesondere die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 GG, das Recht auf Eigentum gemäß Art. 14 GG und Art. 1 1.EMRK-ZP sowie das Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 EMRK.

  • -Knaus Tabbert habe bereits in erster Instanz die Unverhältnismäßigkeit der mit der Klage beantragten Abhilfemaßnahmen auf Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen und Vernichtung geltend gemacht und sei dem geltend gemachten vorläufigen Schadensersatz entgegengetreten.
  • -Das Berufungsgericht sei gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV verpflichtet, den EuGH anzurufen. Das Unionsrecht gebiete es, dass die Vollstreckung erstinstanzlicher Entscheidungen des EPG, vor allem Anordnungen auf Rückruf, Entfernung aus den Vertriebswegen und Vernichtung sowie Zahlung, grundsätzlich von einer Sicherheitsleistung gemäß Art. 82 Abs. 2 EPGÜ abhängig gemacht wird.

GRÜNDE DER ANORDNUNG

I. Zulässigkeit

    1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß Art. 74 EPGÜ, R. 223.1 VerfO.

II. Begründetheit

    1. Der Antrag auf aufschiebende Wirkung hat weder nach dem Hauptantrag noch nach den Hilfsanträgen Erfolg.
    1. Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung
    1. Gemäß Art. 74 Abs. 1 EPGÜ hat die Berufung keine aufschiebende Wirkung, sofern das Berufungsgericht auf begründeten Antrag einer Partei nicht etwas anderes beschließt. Das Berufungsgericht kann daher dem Antrag nur stattgeben, wenn die Umstände des Falles eine Ausnahme von dem Grundsatz rechtfertigen, dass die Berufung keine aufschiebende Wirkung hat. Dabei ist zu prüfen, ob das Interesse des Berufungsklägers an der Aufrechterhaltung des Status quo bis zur Entscheidung über seine Berufung das Interesse des Berufungsbeklagten ausnahmsweise überwiegt (EPG-Berufungsgericht, Anordnung vom 18. Januar 2024, UPC_CoA_4/2024, App_100/2024 Meril/Edwards , S. 5; Anordnung vom 19. Juni 2024, UPC_CoA_301/2024, App_35055/2024, Rn. 7; Anordnung vom 19. August 2024, UPC_CoA_388/2024, APL_39884/2024, Sibio et al/Abbott, Rn. 6).
    1. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung kommt insbesondere in Betracht, wenn die Anordnung, gegen die sich die Berufung richtet, evident fehlerhaft ist (EPG-Berufungsgericht, Anordnung vom 18. Januar 2024, UPC_CoA_4/2024, App_100/2024, Meril/Edwards, S. 5; Anordnung vom 19. August 2024, UPC_CoA_388/2024, APL_ 39884/2024, Sibio et al/Abbott , Rn. 7) oder die Vollstreckung aus der angefochtenen Entscheidung die Berufung weitgehend gegenstandslos machen würde (EPG-Berufungsgericht, Anordnung vom 6. November 2023, UPC_CoA_407/2023, App_584588/2023 Ocado/dritte Partei ; Anordnung vom 2. Mai 2024, UPC_CoA_177/2024, APL_20002/2024, Progress Maschinen & Automation, Rn. 10).
    1. Ferner kann auch die Verletzung fundamentaler Verfahrensgrundrechte wie des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs die Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen, wenn nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass das Gericht ohne den Verstoß zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre (EPG-Berufungsgericht, Anordnung vom 29. Oktober 2024, UPC_CoA_549/2024, App_53031/2024, Philips/Belkin , para 61).
    1. Der Antrag auf aufschiebende Wirkung muss gemäß R.223.2 VerfO (a) die Gründe, warum der Einreichung der Berufung aufschiebende Wirkung zuzukommen hat und (b) die vorgebrachten Tatsachen, Beweismittel und rechtlichen Ausführungen enthalten. Das bedeutet, dass ein solcher Antrag es für sich allein ermöglichen muss, dass das Berufungsgericht über diesen Antrag, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, entscheiden kann. Verweise auf Textstellen in Schriftsätzen und Dokumenten in den erstinstanzlichen Akten sind zulässig, sofern diese konkret genug bezeichnet werden.
    1. Evidenter Fehler der angefochtenen Entscheidung im Hinblick auf fehlende Anordnung einer Vollstreckungssicherheit
    1. Ein evidenter Fehler im Hinblick auf die fehlende Anordnung einer Vollstreckungssicherheit liegt nicht vor.
    1. Gemäß Art. 82 Abs. 1 EPGÜ sind die Entscheidungen und Anordnungen des Gerichts vollstreckbar. Gemäß Art. 82 Abs. 2 EPGÜ kann die Vollstreckung einer Entscheidung gegebenenfalls davon abhängig gemacht werden, dass eine Sicherheit oder gleichwertige Garantien gestellt werden, die insbesondere im Falle von (Unterlassungs-)Verfügungen eine Entschädigung für erlittenen Schaden sicherstellen. Daraus wird deutlich, dass die Anordnung einer Vollstreckungssicherheit nicht in jedem Fall erforderlich ist, sie liegt vielmehr im Ermessen des Gerichts. Die Lokalkammer ist zutreffend davon ausgegangen, dass es einer Abwägung des Interesses des Patentinhabers an der effektiven Durchsetzung seines Schutzrechts mit dem Interesse des angeblichen Patentverletzers an der effektiven Durchsetzung möglicher Schadensersatzansprüche im Falle einer späteren Aufhebung der Entscheidung bedarf (vgl. hinsichtlich der Vernichtung Art. 10 Abs. 3 der Richtlinie 2004/48 EG vom 29. April 2003 [Durchsetzungsrichtlinie], ABl. vom 30. April 2004, L 157/45).
    1. Nur auf diese Weise werden die von Knaus Tabbert angeführten Grundrechte der unternehmerischen Freiheit und des Eigentums, sowie das Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 EMRK sowie das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf (Art. 47 GRCh) - auf die sich beide Parteien berufen können - in ausreichendem Maße gewährleistet. Die Grundrechte Knaus Tabberts werden nicht unbeschränkt gewährleistet. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen u.a. vorgenommen werden, wenn dies der Schutz der Rechte und Freiheiten der anderen Partei tatsächlich erfordert (vgl. Art. 52 Abs. 1 Satz 1 GRCh). Dass die Anordnung der Leistung einer Vollstreckungssicherheit im Fall einer noch nicht rechtskräftigen Entscheidung eine Abwägung der jeweiligen Interessen voraussetzt, ist offensichtlich (vgl. auch zur Vorgängerregelung des Art. 46 Abs. 3 EuGVVO: EuGH, 4. Oktober 1991, C-183/90, Van Dalfsen et al. /Van Loon et al., Rn. 23).
    1. Selbst für einstweilige Maßnahmen sieht Art. 9 Abs. 6 der Durchsetzungsrichtlinie eine Sicherheitsleistung nicht zwangsläufig vor. Danach können einstweilige Maßnahmen an die Stellung einer angemessenen Kaution oder Leistung einer entsprechenden Sicherheit durch den Antragsteller geknüpft werden (vgl. EuGH, 28 April 2022, C-44/21, Phoenix Contact Rn. 46).
    1. Ein evidenter Fehler der Lokalkammer bei der Abwägung der Interessen ist nicht aufgezeigt. Schon angesichts des Umstandes, dass Knaus Tabbert das Streitpatent bekannt war, und damit mit dem

Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen ein kalkuliertes Risiko einer Patentverletzung eingegangen ist, ist das Absehen von einer Vollstreckungssicherheit vertretbar.

3. Evidenter Fehler im Hinblick auf Verhältnismäßigkeit

    1. Die Auffassung der Lokalkammer, von der Anordnung des Rückrufs, der endgültigen Entfernung aus den Vertriebswegen sowie der Vernichtung, sei nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit abzusehen, ist nicht evident fehlerhaft. Die Lokalkammer hat nicht verkannt, dass den Anordnungen nur dann Folge geleistet wird, wenn nicht nur die angegriffenen Rahmen, sondern die gesamten Wohnwagen zurückgerufen, aus den Vertriebswegen entfernt und vernichtet werden. Es hat dies mit der Erwägung gerechtfertigt, dass das Streitpatent nicht einzelne Bauteile von untergeordneter Bedeutung unter Schutz stellt, sondern die Grundkonstruktion des Wohnwagens (Rn. 258). Auch wenn die zwischen den Parteien bestehenden Unstimmigkeiten, wie von Knaus Tabbert vorgetragen, nur finanzieller Natur sind, kann die Anordnung insbesondere der Vernichtung gerechtfertigt sein.
    1. Risiko der Gegenstandslosigkeit der Berufung
    1. Es ist auch nicht zu befürchten, dass die Vollstreckung der Anordnungen die Berufung weitgehend gegenstandslos macht.
  • Rückruf, Entfernung aus den Vertriebswegen und Vernichtung
    1. Ohne Erfolg macht Knaus Tabbert geltend, im Falle einer Vollstreckung der Anordnungen auf Rückruf und der Entfernung aus den Vertriebswegen und der Vernichtung werde die Berufung gegenstandslos. Es trifft zwar zu, dass im Falle einer Vernichtung der angegriffenen Ausführungsformen diese nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Knaus Tabbert steht jedoch in diesem Fall ein Anspruch auf Schadensersatz zu. Aus dem Vortrag von Knaus Tabbert ergibt sich nicht, dass seinen Interessen durch die Zahlung von Schadensersatz nicht ausreichend Rechnung getragen wird.
    1. Ohne Erfolg macht Knaus Tabbert geltend, es sei zu befürchten, dass bei Yellow Sphere und Härtwich kein ausreichendes Vermögen vorhanden sei, um den Anspruch von Knaus Tabbert auf Ersatz des Vollstreckungsschadens zu befriedigen. Der Umstand, dass über die Freitec Kunststoffe GmbH, deren Geschäftsführer Härtwich ist, am 1. März 2025 - und damit nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 13. Februar 2025 - das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, lässt keine Rückschlüsse auf die Vermögenslage von Härtwich zu.
    1. Soweit Knaus Tabbert eine unzureichende Vermögenslage der Yellow Sphere geltend macht, ergibt sich aus dem Vortrag weder, dass die Vermögenssituation der Yellow Sphere bereits Gegenstand des Vortrags in erster Instanz war, noch dass es Knaus Tabbert nicht möglich war, zur Vermögenssituation vor dem GEI vorzutragen. Es ist kein Grund dafür dargetan, dieses Vorbringen erstmals im Verfahren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zuzulassen (vgl. R. 222.2 VerfO). Wie ausgeführt (Rn. 22) liegt eine Anordnung einer Sicherheitsleistung im Ermessen des Gerichts. Dem Gericht erster Instanz (GEI) obliegt es, die relevanten Interessen gegeneinander abzuwägen. Die Anordnung einer Sicherheitsleistung ist zwar nicht von dem Antrag einer Partei abhängig, sie kann auch von Amts wegen angeordnet werden (vgl. EPG-Berufungsgericht, Anordnung vom 3. März 2025, UPC_CoA_523/2024, APL_51115/2024, Sumi/Syngenta , Rn. 112 und 115). Dem Beklagten obliegt es jedoch Tatsachen, die eine Anordnung der Sicherheitsleistung erforderlich machen - wie zum Beispiel die schlechte finanzielle Lage des Klägers - bereits im Verfahren vor dem GEI vorzubringen (vgl. Sumi/Syngenta R. 115). Dass Vortrag zu den Vermögensverhältnissen im Verfahren vor dem GEI nötig ist, ist auch sachgerecht. Feststellungen zu den Vermögensverhältnissen des Klägers lassen sich regelmäßig erst nach Anhörung des Gegners treffen. Auch können Tatsachenfeststellungen

erforderlich sein. Hierzu ist das Verfahren auf Antrag der aufschiebenden Wirkung, in dem das Berufungsgericht über den Antrag unverzüglich entscheidet (R. 223.3 VerfO) nicht geeignet.

    1. Vor diesem Hintergrund besteht auch kein Grund, die Vollstreckung der Anordnung von der Leistung einer Sicherheit abhängig zu machen.
  • Unterlassung, Auskunft, vorläufiger Schadensersatz und Vertreterkosten
    1. Nichts anderes gilt hinsichtlich der auf Unterlassung, Auskunft, vorläufigen Schadensersatz und der Vertreterkosten gerichteten Anordnungen.
  • Schadensersatz- und Entschädigungspflicht
    1. Unmittelbare Vollstreckungsmaßnahmen hat Knaus Tabbert hinsichtlich der festgestellten Schadensersatz- und Entschädigungspflicht nicht zu befürchten. Vollstreckt werden kann insoweit erst, nachdem das Gericht gemäß R. 125.1 VerfO die Höhe des Schadensersatzes und der Entschädigung festgesetzt hat.
  • III. Aussetzung und Vorlage gemäß R. 266.1 VerfO i.V. mit Art. 21 EPGÜ, 267 AEUV
    1. Es besteht keine Notwendigkeit, die Frage dem EuGH vorzulegen, ob die Vollstreckung erstinstanzlicher Entscheidungen des EPG vor allem Anordnungen auf Rückruf, Entfernung aus den Vertriebswegen und Vernichtung sowie Zahlung grundsätzlich von einer Sicherheitsleistung gemäß Art. 82 EPGÜ abhängig zu machen ist. Aus den in Rn. 23 und 24 genannten Gründen besteht kein vernünftiger Zweifel an der richtigen Auslegung des Art. 82 EPGÜ (vgl. EuGH, 6. Oktober 1982, C-283/81, ECLI:EU:C:1982:335, CILFIT, Rn. 21).
  • IV. Berücksichtigung des Vorbringens im R.9 VerfO-Antrag (App_22825/2025)
    1. Bei dieser Entscheidung wurde das Vorbringen im Antragsschriftsatz vom 14. Mai 2025 berücksichtigt.
  • V. Schlussfolgerung
    1. Nach alledem sind der Hauptantrag und die Hilfsanträge zurückzuweisen.
  • VI. Entscheidende Richter
    1. Die Berichterstatterin hat die Entscheidung gemäß R.102.1 VerfO an den Spruchkörper zur Entscheidung verwiesen.

ANORDNUNG:

Die Anträge Knaus Tabberts werden zurückgewiesen.

Erlassen am 21. Mai 2025

Rian Kalden, rechtlich qualifizierte Richterin und Vorsitzende Richterin

Ingeborg Simonsson, rechtlich qualifizierte Richterin

Patricia Rombach, rechtlich qualifizierte Richterin und Berichterstatterin

Marc van der Burg, technisch qualifizierter Richter

Erwin Wismeth, technisch qualifizierter Richter

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