20 June, 2025
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Order
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ORD_69210/2024
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München (DE) Lokalka…
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EP3110072
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Art. 33 Abs. 1 (a) E...
Art. 33 Abs. 1 (b) E...
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Lokalkammer München UPC_CFI_127/2024 ACT_14859/2024
Entscheidung
des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts Lokalkammer München erlassen am 20. Juni 2025
LEITSÄTZE
Der Anwendung einer Zuständigkeitsregelung (hier: Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ)) steht nicht entgegen, dass die Klägerin in der Klageschrift ihre Begründung für die Zuständigkeit der Lokalkammer nicht explizit auf diese Regelung gestützt, sondern lediglich eine andere Vorschrift (hier: Art. 33 Abs. 1 (b) EPGÜ) erwähnt hat. Insofern gilt für die Erwiderung auf den Einspruch nichts anderes als auch für die Replik auf eine Klageerwiderung im Verletzungsverfahren. Die Klägerin kann sich ergänzend auf die weitere Regelung stützen (Fortführung von Berufungsgericht, Anordnung v. 18.09.2024, UPC_CoA_265/2024, APL_30169/2024 -NST/VW; Anordnung v. 21.11.2024, UPC_CoA_456/2024, APL_44633/2024 -OrthoApnea).
Art. 33 Abs. 1 (b) S. 2 EPGÜ bezieht sich nicht auf Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ. Weder ermöglicht die Regelung eine Klage gegen mehrere Beklagte, von denen nur einer eine Patentverletzung im Vertragsmitgliedsstaat der angerufenen Kammer begangen hat, noch knüpft sie eine einheitliche Klage gegen mehrere Beklagte, die allesamt Verletzungshandlungen in dem betroffenen Vertragsmitgliedsstaat begangen haben oder dort ihren Sitz haben, an besondere Voraussetzungen. Art. 33 Abs. 1 (b) S. 2 EPGÜ stellt unter den dort verlangten Voraussetzungen eine Erweiterung der Zuständigkeitsregeln dar auf Klagen gegen Personen, die in dem betroffenen Vertragsmitgliedsstaat weder eine Patentverletzung begangen haben noch einen Sitz haben.
KLÄGERIN
Headwater Research LLC , vertreten durch ihren Inhaber Dr. Gregory Raleigh, 110 North College Avenue, Suite 1116, Tyler, TX 75702, USA, vertreten durch:
Rechtsanwalt Dr. Rastemborski und alle weiteren beim EPG zugelassenen Rechtsanwälte der Kanzlei Eisenführ Speiser, Gollierstraße 4, 80339 München.
BEKLAGTE
Motorola Mobility LLC , vertreten durch den President Sergio Buniac, 222 West Merchandise Mart Plaza, Suite 1800, Chicago, Illinois, IL 60654, USA,
Motorola International Sales LLC , vertreten durch den President Sergio Buniac, 222 West Merchandise Mart Plaza, Suite 1800, Chicago, Illinois, IL 60654, USA,
Motorola Mobility Germany GmbH , vertreten durch die Geschäftsführer Rembert Yarom Meyer-Rochow und Björn Simski, Vorstadt 2, 61440 Oberursel, Bundesrepublik Deutschland,
Flextronics International Europe B.V. , Phase 9 Building, Nobelstraat 10 -14, Oostrum, 5807 GA, Niederlande,
Beklagte zu 1) bis 3) vertreten durch:
Rechtsanwalt Wunderlich, Freshfields Bruckhaus Deringer Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB, Potsdamer Plat 1, 10785 Berlin,
Beklagte zu 5) vertreten durch:
Rechtsanwalt Boris Kreye, Bird & Bird LLP, Maximiliansplatz 22, 80333 München.
STREITPATENT
Europäisches Patent Nr. EP 3 110 072
SPRUCHKÖRPER/KAMMER
Spruchkörper 2 der Lokalkammer München
MITWIRKENDE RICHTER/INNEN
Diese Entscheidung wurde durch den Richter Dr. D. Voß als Berichterstatter erlassen.
VERFAHRENSSPRACHE
Deutsch
GEGENSTAND
Verletzungsklage -Einspruch nach Regel 19.1 VerfO
SACHVERHALT
1 Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen einer von ihr behaupteten Verletzung des Streitpatents in Anspruch. Ursprünglich war als Beklagte zu 4) auch die Digital River Ireland, Ltd. verklagt. Nachdem diese in Insolvenz gefallen war, hat die Klägerin die Rücknahme der Klage gegen die Beklagte zu 4) erklärt, die mit Entscheidung des Spruchkörpers vom 13. Juni 2025 zugelassen wurde.
2 Mit ihrer Klage vom 20. März 2024 hat die Klägerin den Antrag angekündigt, die Beklagten zu 1) bis 3) zu verurteilen, es zu unterlassen, drahtlose Endbenutzervorrichtungen entsprechend Anspruch 1 des Streitpatents (nachfolgend: angegriffene Endgeräte) in der Bundesrepublik Deutschland (DE) und/oder der Republik Frankreich (FR), und/oder dem Königreich der Niederlande (NL) und/oder der Italienischen Republik (IT) anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen. Weiterhin macht sie Ansprüche auf Rückruf, Entfernung und Vernichtung der angegriffenen Endgeräte, Auskunft und Rechnungslegung sowie Schadensersatz dem Grunde nach geltend. Bei den angegriffenen Endgeräten handelt es sich nach den Ausführungen der Klägerin in der Klageschrift um alle 'Motorola' -und 'Moto' -Mobilgeräte mit dem Betriebssystem Android 7 oder höher, die nach dem Datum der Veröffentlichung der Erteilung des Streitpatents vertrieben wurden.
3 Die Klageschrift wurde zwecks Zustellung per Einschreiben mit Rückschein an die Beklagte zu 3) am 3. April 2024 zur Post aufgegeben. Die Zustellung erfolgte am 6. April 2024. Die Zustellung an die Beklagten zu 1) und 2) wurde am 17. April 2024 bewirkt. Auf den Antrag der Beklagten zu 3) vom 9. Mai 2024 und mit Anordnung des damaligen Berichterstatters vom 15. Mai 2024 wurde die Frist zur Einspruchserhebung bis zum 17. Mai 2024 verlängert.
4 Die Beklagte zu 5) gelangte erst durch einen Parteiwechsel für eine zuvor verklagte, nicht existente Person in das Verfahren. Die Klageschrift gegen die Beklagte zu 5) wurde am 18.
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Oktober 2024 eingereicht und in der Folge zugestellt. Die Klägerin macht gegen die Beklagte zu 5) weitgehend identische Anträge gelten.
Die Klägerin trägt in den Klageschriften zu den Beklagten und den ihnen vorgeworfenen Verletzungshandlungen unter anderem Folgendes vor:
Die Beklagte zu 1) sei die Muttergesellschaft des mittlerweile von dem chinesischen Technologieunternehmen Lenovo übernommenen Motorola-Konzerns. Auf den an Kunden in Deutschland, Frankreich, Italien und den Niederlanden gerichteten Webseiten www.motorola.de, www.motrola.fr, www.motorola.it und www.motorola.nl könnten in den genannten Staaten direkt die angegriffenen Endgeräte der Marken 'Motorola' bzw. 'Moto' bestellt werden, als deren Herstellerin sich die Beklagte zu 1) bezeichne.
Die Beklagte zu 2) sei ein Tochterunternehmen der Beklagten zu 1) und in den Vertrieb der Verletzungsformen in der EU eingebunden. Unter anderem sei sie für die Inhalte der vorgenannten Webseiten verantwortlich, was sich aus den dortigen Nutzungsbedingungen ergebe.
Bei der Beklagten zu 3) handele es sich um eine deutsche Vertriebstochter der Beklagten zu 1), die die angegriffenen Ausführungsformen unter anderem in der Bundesrepublik Deutschland vertreibe.
Die Beklagte zu 5) sei als Logistikdienstleister für die Beklagten zu 1) bis 3) in den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen in der EU eingebunden. Sie betreibe ein Logistikzentrum in den Niederlanden, über das elektronische Geräte der Marken 'Motorola', 'Moto' und 'Lenovo' europaweit vertrieben würden. Anlässlich eines Testkaufs habe die Beklagte zu 5) die Lieferung eines angegriffenen Endgeräts, eines Smartphones vom Typ 'Motorola Edge 40 Pro' , im Januar 2024 in die Bundesrepublik Deutschland vorgenommen. Auf der Geräteverpackung sei wiederum die Beklagte zu 1) als Herstellerin genannt, die zugleich das Benutzerhandbuch und das Datenblatt für das Gerät verantworte.
Die Beklagten zu 1) bis 3) seien Teil des Motorola-Konzerns und würden die angegriffenen Endgeräte in der Bundesrepublik Deutschland, in der Französischen Republik und im Königreich der Niederlande anbieten und vertreiben. Dabei wirkten sie bewusst und arbeitsteilig zusammen, sodass sie sich die Verletzungshandlungen der jeweils anderen Beklagten wie eigene zurechnen lassen müssten. Die Beklagte zu 5) ermögliche und fördere die Verletzungshandlungen der übrigen Beklagten, weshalb sie für die Verletzungshandlungen der übrigen Beklagten mindestens als Mittelsperson im Sinne von Art. 63 Abs. 1 S. 2 EPGÜ verantwortlich sei.
11 Die Beklagten zu 1) bis 3) haben mit am 17. Mai 2024 bei Gericht eingereichtem Schriftsatz Einspruch eingelegt und die fehlende Zustellung der Lokalkammer München gerügt. Die Beklagte zu 5) hat am 18. November 2024 ebenfalls Einspruch erhoben.
ANTRÄGE
12 Die Beklagten zu 1) bis 3) beantragen,
dem Einspruch nach R. 19.1 lit. b VerfO EPG stattzugeben, die Klage im Hinblick auf die Beklagten zu 1), 2) und 3) durch Entscheidung des Berichterstatters nach R. 334 lit. g VerfO EPG wegen Unzuständigkeit der Lokalkammer München abzuweisen.
13 Die Klägerin beantragt,
den Einspruch gem. R. 19.1 VerfO vom 17. Mai 2024 zurückzuweisen,
hilfsweise, über den Einspruch im Hauptverfahren zu entscheiden,
weiter hilfsweise, die Parteien in einer mündlichen Verhandlung zu hören.
14 Die Beklagte zu 5) beantragt,
I. dem Einspruch im vollen Umfang stattzugeben und die Klage im Hinblick auf die Beklagte zu 5) wegen Unzuständigkeit der Lokalkammer München als unzulässig abzuweisen,
II. über den Einspruch im Rahmen einer Zwischenentscheidung gem. R. 20.1 VerfO zu entscheiden,
III. der Klägerin die Kosten des Einspruchsverfahrens aufzuerlegen.
15 Die Klägerin beantragt,
den Einspruch (R. 19.1 VerfO) der Beklagten zu 5) vom 18. November 2024 zurückzuweisen,
a) hilfsweise, über den Einspruch im Hauptverfahren zu entscheiden,
b) weiter hilfsweise, die Parteien in einer mündlichen Verhandlung zu hören,
der Beklagten zu 5) die Kosten des Einspruchsverfahrens aufzuerlegen.
STREITPUNKTE DER PARTEIEN
16 Die Beklagten zu 1) bis 3) sind der Auffassung, für die vorliegende Klage sei die Zuständigkeit der Lokalkammer München des Einheitlichen Patentgerichts nicht gegeben.
17 Die Klägerin verweise für die angebliche Zuständigkeit der Lokalkammer München allein auf Art. 33 Abs. 1 lit. (b) EPGÜ. Die Voraussetzungen von Art. 33 Abs. 1 (b) S. 1 EPGÜ seien jedoch nicht erfüllt, weil die Beklagten zu 1) und 2) ihre Hauptniederlassung nicht in der Bundesrepublik Deutschland hätten. Zu einem Geschäftssitz fehle jeder Vortrag.
18 Ebenso wenig seien die Voraussetzungen von Art. 33 Abs. 1 (b) S. 2 EPGÜ über die Beklagte zu 3) als 'Ankerbeklagte' erfüllt.
19 Die Klägerin trage nicht substantiiert vor, worin eine hinreichende Geschäftsbeziehung der Beklagten zu 1) und 2) zur Beklagten zu 3) bestehen solle. Eine irgendwie geartete Geschäftsbeziehung reiche nicht aus, vielmehr sei sie verletzungsbezogen zu verstehen. Eine bloße Konzernzugehörigkeit oder auch ein nur allgemein geschäftlicher Kontakt genügten nicht und stünden im Widerspruch zur Schutzfunktion des Art. 33 Abs. 1 EPGÜ. Die Klägerin trage aber lediglich vor, dass die Beklagte zu 3) zur Lenovo-Gruppe gehöre und ein Tochterunternehmen des Motorola-Konzerns sei. Die hinreichende Geschäftsbeziehung ergebe sich auch nicht aus der bloßen Behauptung abstrakter Verletzungshandlungen auf Basis des im Handelsregisterauszug angegebenen Geschäftszwecks. Die Klägerin lege aber keine konkrete Verletzungshandlung dar, insbesondere keine Beteiligung an dem Vertrieb im Kontext des angeblich durchgeführten Testkaufs.
20 Aus diesem Grund fehle es ebenso an 'demselben Verletzungsvorwurf'. Zwar sei der Begriff weit zu verstehen. Die Klägerin bleibe aber schuldig darzustellen, welche Verletzungshandlung der Beklagten zu 3) insgesamt vorzuwerfen sei, erst recht in Bezug auf die Beklagten zu 1) und 2). In diesem Zusammenhang sei noch darauf verwiesen, dass die Klägerin offensichtlich unrichtige Rückschlüsse aus den als Anlagen ES 1, ES 3 und ES 4 vorgelegten Creditform- und Handelsregisterauszügen ziehe.
21 Sofern sich die Klägerin in der Einspruchserwiderung nunmehr erstmals auf Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ zur Begründung der Zuständigkeit der Lokalkammer München für die Klage gegen die Beklagten zu 1) und 2) berufe, müsse sie sich vor dem Hintergrund der Regel 13.1 (i) VerfO EPG an ihre Angabe in der Klageschrift halten, dass sie sich ausschließlich auf die Zuständigkeitsregel des Art. 33 Abs. 1 (b) EPGÜ stütze.
22 Aus den vorgenannten Gründen fehle es auch für die Klage gegen die Beklagte zu 3) selbst an einer Zuständigkeit der Lokalkammer München.
23 Art. 33 Abs. 1 (b) EPGÜ sei mangels Vortrags einer Verletzungshandlung nicht einschlägig. Die Klägerin beziehe sich allein auf einen Handelsregisterauszug der Beklagten zu 3) (Anlage
ES 4). Aus diesem ergebe sich aber gerade nicht, dass der Geschäftsbetrieb der Beklagten zu 3) auf das Anbieten und Vertreiben von mobilen Endgeräten der Marken 'Motorola' und 'Moto' gerichtet sei. Die bloß abstrakten Ausführungen in dem Handelsregisterauszug ließen im Übrigen nicht den Rückschluss zu, dass die Beklagte zu 3) 'als deutsche Vertriebstochter der Beklagten zu 1) in die Angebots- und Vertriebshandlungen hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsformen in der Bundesrepublik Deutschland eingebund en' sei. Wenn die Klägerin nunmehr mit der Einspruchserwiderung erstmals einen Screenshot von Nutzungsbedingungen (Anlage ES 14a) vorlege, in denen erstmals die Beklagte zu 3) erwähnt sei, handele es sich um neuen Tatsachenvortrag. Dieser sei jedoch unzulässig und nicht zu berücksichtigen. Selbst wenn der neue Vortrag zugelassen werden sollte, sei eine Verletzungshandlung der Beklagten zu 3) nicht vorgetragen. Aus den vorgelegten Nutzungsbedingungen ergebe sich lediglich, dass die Beklagte zu 3) die Kontaktadresse für den verantwortlichen Rechtsträger der Webseite sei. Damit mache sich die Beklagte zu 3) nicht die Angebote zu eigen. Verantwortlicher Rechtsträger sei erkennbar eine andere Gesellschaft.
24 All dies gelte auch für Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ, zumal sich die Klägerin im Lichte von Regel 13.1 (i) VerfO ohnehin an ihrer Begründung der Zuständigkeit ausschließlichen mittels Art. 33 Abs. 1 (b) EPGÜ festhalten lassen müsse.
25 Soweit die Klägerin auf Art. 32 Abs. 1 (c) EPGÜ verweise, beziehe sich diese Regelung auf den Erlass einstweiliger Maßnahmen und Sicherungsmaßnahmen von einstweiligen Verfügungen, die aber nicht Gegenstand der Klage seien.
26 Die Beklagte zu 5) ist der Ansicht, die von der Klägerin nach Regel 13.1 (i) VerfO angegebene Lokalkammer München sei jedenfalls in Bezug auf die Beklagte zu 5) nicht gem. Art. 33 Abs. 1 (b) EPGÜ zuständig. Sie habe weder ihre Hauptniederlassung noch ihren Geschäftssitz im Gebiet der Lokalkammer München.
27 Auch die Voraussetzungen von Art. 33 Abs. 1 (b) S. 1, 2 EPGÜ seien nicht gegeben.
28 Für eine Geschäftsbeziehung zwischen ihr, der Beklagten zu 5), und der Beklagten zu 3) im Sinne dieser Regelung fehle bereits jeglicher Vortrag der Klägerin. Sie gehöre auch nicht zum selben Konzernverbund wie die die Beklagte zu 3). Eine anderweitige Geschäftsbeziehung sei weder dargetan noch ersichtlich. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Einspruchserwiderung der Klägerin. Eine Geschäftsbeziehung von ihr, der Beklagten zu 5), zur Beklagten zu 3) könne nicht dadurch begründet werden, dass in der Onlinepräsenz von Flex Ltd. auf die Gemeinde Venray aus den Niederlanden verwiesen werde oder dass 'Flex' im Juni 2023 als 'Lenovo EMEA Logistics Supplier' ausgezeichnet worden sei. Gleiches gelte für die Bezeichnung 'Lenovo EMEA DC' in der 'Packing List' .
29 Darüber hinaus betreffe die Klage gegen die jeweiligen Beklagten nicht denselben Verletzungsvorwurf. Auch dazu fehle es an einem substantiierten Vortrag der Klägerin. Es sei nicht substantiiert dargelegt, dass sie, die Beklagte zu 5), an der der Beklagten zu 3) vorgeworfenen Verletzungshandlung beteiligt gewesen sei. Dies folge auch nicht aus dem Lieferschein (Anlage ES 15). Aus diesem ergebe sich gerade nicht, dass das Endgerät nach Deutschland geliefert habe. Dem Lieferschein sei lediglich zu entnehmen, dass die Lieferung von der nichtexistenten juristischen Person 'Lenovo EMEA DC' vorgenommen worden sei. Der Umstand, dass die Bezeichnung 'Flextronics BV' in der c/o Adresszeile steh e, lasse nicht darauf schließen, dass sie, die Beklagte zu 5), damit gemeint sei. Der Zusatz 'Flextronics BV' verweise nicht eindeutig auf die Beklagte zu 5), weil an der Anschrift noch weitere Gesellschaften mit dem Namensbestandteil 'Flextronics' und der Rechtsform 'BV' ansässig seien. Dies sei der Klägerin auch spätestens seit dem Vortrag der Beklagten zu 1) bis 4) im Schriftsatz vom 12. August 2024 bekannt gewesen. Nichtsdestotrotz habe die Klägerin eine Parteiänderung in Bezug auf die Beklagte zu 5) beantragt, statt substantiiert darzulegen, inwiefern sich der Verletzungsvorwurf auf sie, die Beklagte zu 5), konkretisiert haben solle. Es sei auch unklar, weshalb die Klägerin davon ausgehe, dass die Beklagte zu 5) den Lieferschein ausgestellt habe. Sie habe den Lieferschein aber auch tatsächlich nicht ausgestellt und die angegriffene Ausführungsform nicht nach Deutschland geliefert.
30 Nach alledem fehle es zudem an 'demselben Verletzungsvorwurf' im Sinne von Art. 33 Abs. 1 (b) S. 2 EPGÜ.
31 Aus diesen Gründen seien auch die Voraussetzungen von Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ nicht erfüllt, zumal im Lichte von Regel 13.1 (i) VerfO fraglich sei, ob überhaupt auf andere Zuständigkeitsnormen zurückgegriffen werden könne. Insbesondere müsse der Kläger in der Klageschrift eine Begründung für die Zuständigkeit der Kammer angeben. Da es in der Klage an einer schlüssigen Begründung für die Zuständigkeit der Lokalkammer München nach Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ für die Beklagte zu 5) fehle, müsse sich die Klägerin an ihrer ursprünglichen Zuständigkeitsbegründung festhalten lassen. Jedenfalls seien die Voraussetzungen von Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ nicht erfüllt, da keine tatsächliche oder drohende Verletzung durch die Beklagte zu 5) vorliege oder bevorstehe. Sie, die Beklagte zu 5), stelle die angegriffene Ausführungsform unstreitig nicht her. Sie sei auch nicht in den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform nach Deutschland involviert, sondern fungiere lediglich als Holdinggesellschaft für die Niederlande und sei operativ nur in Bezug auf Fertigungsmanagementvereinbarungen in Mexico und anderen Regionen, nicht aber in Deutschland tätig. Andere Tatsachen, die den gegenteiligen Schluss zuließen, seien von der Klägerin nicht vorgetragen. Die Angaben auf der 'Packing List' (Anlage ES 16), sei kein Nachweis für die Einbindung der Beklagten zu 5) in Vertriebsaktivitäten nach Deutschland. Der Lieferschein lasse -wie ausgeführt -keine anderen Schlüsse zu.
32 Die Klägerin hat in der Klageschrift die Auffassung vertreten, Die Lokalkammer München des Einheitlichen Patentgerichtes sei nach Art. 31, 32 Abs. 1 (c), 33 Abs. 1 (b) EPGÜ international,
sachlich und örtlich zuständig. Der Antrag betreffe den Erlass von Maßnahmen wegen der Verletzung eines Europäischen Patents.
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Die Lokalkammer München sei bereits nach Art. 33 Abs. 1 (a) UA 3 EPGÜ für die Klage gegen die Beklagten zu 1) bis 4) unabhängig von ihrem Geschäftssitz zuständig, da die Verletzungshandlungen aller Beklagten auch in der Bundesrepublik Deutschland erfolgt seien. Eine versehentlich unvollständige Angabe gemäß Regel 13.1 (i) VerfO habe auf die Anwendbarkeit dieser Regelung keinen Einfluss.
34 Aber auch die Voraussetzungen von Art. 33 Abs. 1 (b) EPGÜ seien erfüllt. Die Beklagte zu 3) habe ihren Geschäftssitz in der Bundesrepublik Deutschland. Gemäß ihrem Handelsregisterauszug sei ihr Geschäftsbetrieb auf Angebot und Vertrieb mobiler Telekommunikationsgeräte gerichtet. Zudem sei sie als Kontakt auf der Internetseite https://www.motorola.de/legal_terms_of_use genannt. Als Kontaktstelle auf dieser von der Beklagten zu 2) betriebenen Webseite mache sie sich die dort verfügbaren Angebote der angegriffenen Ausführungsform zu eigen. Zwischen den Beklagten zu 1) bis 3) bestehe auch eine Geschäftsbeziehung. Dieser Begriff dürfe nach der Rechtsprechung des EPG nicht zu eng ausgelegt werden, um Mehrfachklagen mit der Gefahr sich widersprechender Entscheidung und einer Mehrfachbelastung des Gerichts zu vermeiden. Bei den Beklagten zu 1) bis 3) handele es sich jeweils um Konzerngesellschaften der Lenovo-Gruppe, deren geschäftliche Aktivität auf das Anbieten und Vertreiben der gleichen Produkte gerichtet sei. Daher betreffe die Klage auch denselben Verletzungsvorwurf.
35 Die Lokalkammer München sei auch für die Entscheidung über die Klage gegen die Beklagte zu 5) zuständig. Dies ergebe sich bereits aus Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ. Denn die Beklagte zu 5) habe das Muster der angegriffenen Ausführungsform, das Gerät Motorola Edge 40 Pro, unmittelbar nach München geliefert. Sie habe den Lieferschein ausgestellt, wobei der Klägervortrag für die Zuständigkeitsprüfung als richtig zu unterstellen sei. Es lasse sich auch nicht aus der Formvorschrift der Regel 13.1 (i) VerfO, der die Klageschrift allemal genüge, herleiten, dass Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ keine Anwendung finde.
36 Im Übrigen ergebe sich die Zuständigkeit für die Klage gegen die Beklagte zu 5) aber auch aus Art. 33 Abs. 1 (b) S. 2 EPGÜ. Denn die Beklagte zu 5) stehe in einer langjährigen Geschäftsbeziehung mit den Beklagten zu 1) bis 3). Letztere habe ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland. Die Beklagte zu 5) sei ein langjähriger Logistik-Dienstleister der Lenovo-Gruppe, was sie ni cht zuletzt durch ihre Selbstbezeichnung 'Lenovo EMEA DC' auf den Lieferscheinen dokumentiere. Ihre Aufgabe sei es, den Beklagten zu 1) bis 3) Logistikdienstleistungen bereitzustellen und in diesem Rahmen die von den Beklagten zu 1) bis 3) angebotenen und verkauften Geräte der Marken 'Motorola' und 'Moto' europaweit auszuliefen, so auch mit der Lieferung eines Geräts nach München. Insofern sei die Klage gegen die Beklagte zu 5) auch auf denselben Verletzungsvorwurf im Sinne von Art. 33 Abs. 1 (b) S. 3 EPGÜ gestützt. Es würden dieselben Patentansprüche geltend gemacht und es seien dieselben angegriffenen Geräte betroffen.
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GRÜNDE FÜR DIE ANORDNUNG
Die zulässigen Einsprüche der Beklagten zu 1) bis 3) und 5) sind unbegründet.
A
Die Einsprüche sind zulässig, da sie form- und fristgerecht im Sinne von Regel 19.1-3 VerfO eingelegt wurden.
Die Einreichung der Einsprüche der Beklagten zu 1) bis 3) am 17. Mai 2024 erfolgte innerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist gemäß Regel 19.1 VerfO. Die Frist für die Einspruchserhebung begann mit der Zustellung der Klageschrift. Dies war hinsichtlich der Beklagten zu 1) und 2) der 17. April 2024. Hinsichtlich der Beklagten zu 3) galt die Klageschrift hingegen gemäß Regel 271.6 (b) VerfO am zehnten Tag nach Aufgabe zur Post als zugestellt, mithin am 13. April 2024. Aufgrund der vom damaligen Berichterstatter innerhalb der Monatsfrist am 9. Mai 2024 gewährten Fristverlängerung bis zum 17. Mai 2024 erfolgten die Einsprüche der Beklagten zu 1) bis 3) innerhalb dieser neuen Frist. Gleiches gilt für die Beklagte zu 5), die frühestens am 18. Oktober 2024 die Klageschrift erhielt und noch am 18. November 2024 Einspruch eingelegt hat.
Allerdings haben die Einsprüche in der Sache keinen Erfolg. Der Einspruchsgrund gemäß Regel 19.1 (b) VerfO liegt nicht vor. Die Lokalkammer München ist für die Entscheidung über
B die gegen die Beklagten zu 1) bis 3) und 5) gerichteten Klagen zuständig.
I.
41 Die Lokalkammer München ist für die Klage gegen die Beklagte zu 3) zuständig.
42 Die Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 33 Abs. 1 (b) S. 1 EPGÜ. Der Sitz der Hauptniederlassung der Beklagten zu 3) befindet sich in der Bundesrepublik Deutschland, so dass die dort befindlichen Lokalkammern zuständig sind. Im Streitfall hat die Klägerin die Klage gegen die Beklagte zu 3) bei der zuständigen Lokalkammer München erhoben. Auf den Ort, wo die tatsächliche oder drohende Verletzung erfolgt ist, kommt es nicht an.
II. 43
Die Lokalkammer München ist weiterhin für die Klagen gegen die Beklagten zu 1) und 2) gemäß Art. 33 Abs. 1 (b) S. 1 und 2 EPGÜ zuständig.
44 Zusammen mit der Beklagten zu 3) handelt es sich bei den Beklagten zu 1) und 2) um mehrere Beklagte, von denen eine -nämlich die Beklagte zu 3) -den Sitz ihrer Hauptniederlassung in der Bundesrepublik Deutschland hat. Zudem besteht zwischen dieser und den Beklagten zu 1) und 2) eine Geschäftsbeziehung und die Klage betrifft denselben Verletzungsvorwurf, Art. 33 Abs. 1 (b) S. 2 EPGÜ.
45 Zwischen den Beklagten zu 1) bis 3) besteht eine Geschäftsbeziehung im Sinne von Art. 33 Abs. 1 (b) S. 2 EPGÜ.
46 Das Erfordernis einer Geschäftsbeziehung impliziert eine gewisse Qualität und Intensität. Um jedoch Mehrfachklagen wegen derselben Rechtsverletzung und das Risiko unvereinbarer Entscheidungen aus solchen getrennten Verfahren zu vermeiden und dem Grundsatz der Effizienz innerhalb des EPG zu entsprechen, darf der Zusammenhang zwischen den Beklagten im Sinne einer Geschäftsbeziehung nicht zu eng verstanden werden. Insofern genügt es, wenn die Beklagten demselben Konzernverbund oder derselben Gruppe von juristischen Personen angehören und miteinander verbundene gewerbliche Tätigkeiten mit demselben Zweck ausüben wie Forschung und Entwicklung, Herstellung, Verkauf und Vertrieb derselben Produkte (Lokalkammer Paris, Anordnung v. 11.04.2024, UPC_CFI_495/2023, ACT_596432/2023 -ARM/ICPillar; Lokalkammer Düsseldorf, Anordnung v. 06.09.2024, UPC_CFI_165/2024, ACT_18492/2024 -Novartis/Celltrion; vgl. auch Lokalkammer München, Anordnung v. 29.09.2023, UPC_CFI_15/2023, ORD_576853/2023 -Edwards/Meril).
47 Im Streitfall stehen die Beklagten zu 1) bis 3) im Konzernverbund. Die Beklagte zu 3) ist eine Tochtergesellschaft der Beklagten 1), der Muttergesellschaft des mittlerweile zur LenovoGruppe gehörenden Motorola-Konzerns. Die Beklagte zu 2) ist ebenfalls eine Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1). Nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin üben die Beklagten zu 1) bis 3) auch eine gewerbliche Tätigkeit mit demselben Zweck aus, der auf die Herstellung, das Anbieten und den Vertrieb von Endgeräten der Mark en 'Motorola' und 'Moto' gerichtet ist. Die Beklagte zu 1) stellt die Endgeräte her, die auf Webseiten, für die die Beklagte zu 2) verantwortlich ist, in Deutschland, Frankreich, Italien und den Niederlanden angeboten werden. Die Beklagte zu 3) ist nach dem Vortrag der Klägerin in den Vertrieb der angegriffenen Endgeräte in der Bundesrepublik Deutschland eingebunden.
48 Diesen Vortrag haben die Beklagten nicht bestritten. Sie wenden sich lediglich dagegen, dass aus den vorgelegten Creditreform- und Handelsregisterauszügen nicht geschlossen werden könne, dass der Geschäftsbetrieb der Beklagten zu 3) auf Angebot und Vertrieb mobiler Endgeräte der Marken 'Motorola' und 'Moto' gerichtet sei und die Beklagte zu 3) als deutsche Vertriebstochter der Beklagten zu 1) in die Angebots- und Vertriebshandlungen hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsformen in der Bundesrepublik Deutschland eingebunden sei; die Klägerin trage Verletzungshandlungen nur abstrakt vor. Damit greifen die Beklagten aber lediglich die hinreichende Substantiierung des klägerischen Vortrags an. Ob aber Ansprüche ausreichend dargelegt, begründet und gegebenenfalls bewiesen sind, hat das Gericht erster Instanz grundsätzlich im Hauptverfahren nach umfassender Prüfung aller (weiteren) Schriftsätze und Beweise zu entscheiden (Berufungsgericht, Anordnung vom 18.09.2024, UPC_CoA_265/2024, APL_30169/2024 -NST/VW).
49 Auf den weiteren Sachvortrag der Klägerin mit der Anlage ES 14a und die Frage seiner Zulässigkeit kommt es nach alledem nicht an.
50 Soweit die Beklagten die Ansicht vertreten, die Klägerin ziehe auch aus den Handelsregisterund Creditreformauszügen zu den übrigen Beklagten die falschen Schlüsse, wird auf die Ausführungen zur Beklagten zu 3) verwiesen.
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Die Klage gegen die Beklagten zu 1) bis 3) betrifft denselben Verletzungsvorwurf.
52 Die Klägerin geht mit identischen Anträgen aus ein- und demselben Patent gegen alle Beklagten vor. Die mit der Klage angegriffenen Produkte sind für die Beklagten identisch. Nach dem Vortrag der Klägerin wirkten die Beklagte zu 1) bis 3) bewusst und arbeitsteilig zusammen, sodass sie sich die Verletzungshandlungen der jeweils anderen Beklagten wie eigene zurechnen lassen müssten. Nicht erforderlich ist, dass die Tatbeiträge der einzelnen Beklagten identisch sind. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich diese unterscheiden, etwa wenn es sich um eine Lieferkette mit einem Hersteller, Händlern und Abnehmern handelt. Auch dann liegt -wie hier -derselbe Verletzungsvorwurf vor.
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III. Schließlich ist die Lokalkammer München auch für die Klage gegen die Beklagte zu 5) zuständig.
54 Die Zuständigkeit ergibt sich ebenfalls aus Art. 33 Abs. 1 (b) S. 1 u. 2 EPGÜ.
a) 55 Zwischen der Beklagten zu 5) und den Beklagten zu 1) bis 3) besteht eine Geschäftsbeziehung im Sinne von Art. 33 Abs. 1 (b) S. 2 EPGÜ. Zwar ist die Beklagte zu 5) nicht Teil der Lenovo-Gruppe oder des Motorola-Konzerns. Nach dem Vortrag der Klägerin handelt es sich bei der Beklagten zu 5) jedoch um einen Logistikdienstleister für die Beklagten zu 1) bis 3), der in den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen in der EU eingebunden ist. Die Beklagte zu 5) betreibe ein Logistikzentrum in den Niederlanden, über das elektronische Geräte der Marken 'Motorola', 'Moto' und 'Lenovo' europaweit vertrieben würden. Zudem habe die Beklagte zu 5) die Lieferung eines von der Beklagten zu 1) hergestellten angegriffenen Endgeräts in die Bundesrepublik Deutschland vorgenommen. Diesen Vortrag hat die Beklagte zu 5) zwar insofern bestritten, als sie vorträgt, dass sie lediglich als Holdinggesellschaft für die Niederlande fungiere und operativ nur in Bezug auf Fertigungsmanagementvereinbarungen in Mexico und anderen Regionen, nicht aber in Deutschland tätig sei. Eine Geschäftsbeziehung als solche mit Gesellschaften des MotorolaKonzerns und auch eine gewerbliche Tätigkeit mit derselben Zweckrichtung -nämlich die Förderung der Herstellung durch Fertigungsmanagementvereinbarungen -stellt die Beklagte zu 5) aber nicht in Abrede. Sie ist lediglich der Ansicht, es fehle der Geschäftsbeziehung an
einer gewissen Qualität und Intensität. Dem vermag das Gericht nicht zu folgen. Denn für die Anforderungen des Art. 33 Abs. 1 (b) S. 2 EPGÜ genügen jegliche geschäftliche Beziehungen. Nur wo diese auf ein bloßes gesellschaftsrechtliches Verhältnis reduziert sind, bedarf es einer gewissen Qualität und Intensität, welche das Erfordernis der verbundenen gewerblichen Tätigkeit mit derselben Zweckrichtung zum Ausdruck bringt. Insofern kommt es für Art. 33 Abs. 1 (b) S. 2 EPGÜ auch nicht darauf an, dass die Beklagte zu 5) die Geschäftsbeziehung zu genau der im Vertragsmitgliedsstaat ansässigen Beklagten, hier der Beklagten zu 3), unterhält. Vielmehr genügt auch eine mittelbare Geschäftsbeziehung wie etwa zu anderen Gesellschaften des Motorola-Konzerns, dem die Beklagte 3) ebenfalls angehört und mit denen sie Geschäftsbeziehungen unterhält. Andernfalls wäre ein Kläger gehalten, in Unkenntnis der genauen Geschäftsbeziehungen und der jeweiligen Tatbeiträge alle ihm bekannten Gesellschaften eines Konzerns ebenfalls zu verklagen, um sicher zu gehen, dass jedenfalls alle verklagten Gesellschaften untereinander in unmittelbarer Geschäftsbeziehung stehen.
56
b) Die Klage gegen die Beklagte zu 5) einerseits und die Beklagten zu 1) bis 3) andererseits betrifft auch denselben Verletzungsvorwurf.
57 Hinsichtlich der Beklagten zu 5) geht die Klägerin ebenfalls mit denselben Anträgen aus demselben Patent gegen dieselben Endgeräte wie hinsichtlich der Beklagten zu 1) bis 3) vor. Sie behauptet insofern, die Beklagte zu 5) sei als Logistikdienstleister für die Beklagten zu 1) bis 3) in den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen in der EU eingebunden und habe insbesondere ein Muster eines angegriffenen Endgeräts im Jahr 2024 in die Bundesrepublik Deutschland geliefert. Dies genügt für die Identität des Verletzungsvorwurfs.
58 Das Bestreiten des klägerischen Vortrags durch die Beklagte zu 5) ist unerheblich. Art. 33 Abs. 1 (b) S. 2 EPGÜ stellt insofern nicht auf die Verletzung, sondern auf den Verletzungsvorwurf ab. Es genügt daher auch hier die schlüssige Behauptung einer patentverletzenden Handlung, um denselben Verletzungsvorwurf im Sinne von Art. 33 Abs. 1 (b) S. 2 EPGÜ zu begründen, hier die Lieferung eines Musters der angegriffenen Endgeräte in die Bundesrepublik Deutschland und das bewusste und gewollte Zusammenwirken der Beklagten zu 5) als Logistikdienstleister mit den Beklagten zu 1) bis 3). Ob die geltend gemachten Ansprüche ausreichend dargelegt, begründet und gegebenenfalls bewiesen sind, ist der Prüfung und Entscheidung im Hauptverfahren vorbehalten.
59
Selbst wenn man eine Zuständigkeit für die Klage gegen die Beklagte zu 5) gemäß Art. 33 Abs. 1 (b) S. 1 u. 2 EPGÜ nicht bejahen wollte, ist die Zuständigkeit der Lokalkammer München aber auch aus Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ gegeben.
60
a) Verletzungsverfahren.
Der Anwendung dieser Vorschrift steht nicht entgegen, dass die Klägerin die Zuständigkeit der Lokalkammer München in der Klageschrift nicht explizit auf Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ gestützt, sondern allein Art. 33 Abs. 1 (b) EPGÜ erwähnt hat. Insofern gilt für die Erwiderung auf den Einspruch nichts anderes als auch für die Replik auf eine Klageerwiderung im
aa)
61 Nach der Rechtsprechung des EPG gelten für die Einführung neuer rechtlicher Argumente Einschränkungen. Regel 13 VerfO verlangt, dass die Klageschrift die Gründe enthält, warum die geltend gemachten Tatsachen eine Verletzung der Patentansprüche darstellen, einschließlich rechtlicher Argumente. Diese Bestimmung ist im Lichte des letzten Satzes von Erwägungsgrund 7 der Verfahrensordnung auszulegen, wonach die Parteien ihren Fall so früh wie möglich im Verfahren darlegen müssen. Allerdings schließt Regel 13 VerfO nicht aus, dass ein Kläger nach Einreichung der Klageschrift neue Argumente vorbringen kann. Ob ein neues Argument zulässig ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, einschließlich der Gründe, warum der Kläger das Argument nicht bereits in der Klageschrift vorgebracht hat, und den verfahrensrechtlichen Möglichkeiten des Beklagten, auf das neue Argument zu reagieren. Bei dieser Beurteilung verfügt das erstinstanzliche Gericht über einen gewissen Ermessensspielraum (Berufungsgericht, Anordnung v. 21.11.2024, UPC_CoA_456/2024, APL_44633/2024 -OrthoApnea; vgl. auch vorangehend LK Brüssel, Anordnung v. 19. Juli 2024, APC_CFI_376/2023, ACT_581538/2023 -OrthoApnea). Insbesondere ist es nicht erforderlich, dass der Kläger alle möglichen Verteidigungslinien vorwegnimmt und alle Argumente, Tatsachen und Beweise in der Klageschrift aufführt und einreicht und dass danach nichts mehr hinzugefügt werden kann. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Kläger, nachdem er ein Argument in seiner Klageschrift vorgebracht hat, dieses Argument in seiner Replik gemäß Regel 29 (a) oder (b) RoP weiter begründet, um auf eine Einwendung des Beklagten gegen das ursprünglich vorgebrachte Argument in seiner Klageerwiderung zu reagieren (Berufungsgericht, Anordnung v. 18.09.2024, UPC_CoA_265/2024, APL_30169/2024 -NST/VW). Im Übrigen sind die vorstehenden Grundsätze vor dem allgemeinen Grundsatz zu verstehen, dass das Gericht das Recht kennt ('iura novit curia') und die Parteien lediglich den Tatsachenstoff liefern müssen ('da mihi facta, do tibi ius'). Auch wenn Regel 13.1 (i) u. (n) VerfO in der Klageschrift rechtliche Ausführungen zur Patentverletzung und insbesondere eine Begründung für die Zuständigkeit der angerufenen Lokalkammer verlangt, muss diese Argumentation weder abschließend sein, noch ist das Gericht auf die vom Kläger gelieferte Begründung beschränkt.
62 Die vorstehenden Grundsätze gelten für die Erwiderung eines Klägers auf einen von dem Beklagten erhobenen Einspruch in gleicher Weise. Denn der Einspruch gemäß Regel 19.1 (b) VerfO stellt lediglich eine der Klageerwiderung vorweggenommene Einwendung gegen die Zuständigkeit der angerufenen Kammer dar, zu der sich der Kläger gemäß Regel 13.1 (i) VerfO bereits in der Klage äußern muss. Dass dem Kläger ergänzender Vortrag zur Zuständigkeit möglich sein muss, ergibt sich im Übrigen aus seinem Recht, sich gemäß Regel
19.5 S. 1 und 3 VerfO schriftlich zum Einspruch des Beklagten zu äußern. Einer solchen Äußerungsmöglichkeit bedürfte es nicht, wenn neuer Vortrag gänzlich ausgeschlossen wäre.
63
bb) Im Streitfall ist die Berufung der Klägerin auf Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ in der Einspruchserwiderung bei der Entscheidung über den Einspruch der Beklagten zu 5) daher zu berücksichtigen.
64 Die Klägerin war nicht zwingend gehalten, sämtliche in Betracht kommenden Zuständigkeitsvorschriften vorzutragen, um sich die Möglichkeit zu erhalten, sich auf eine dieser Vorschriften zu berufen. Vielmehr durfte sie, nachdem die Beklagte zu 5) die Zuständigkeit der Lokalkammer München mir ihrem Einspruch in Abrede stellte, ihren Vortrag ergänzen und vertiefen. Insofern ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihren Tatsachenvortrag in der Erwiderung auf den Einspruch der Beklagten zu 5) gegenüber der Klageschrift nicht erweitert hat. Sie hat sich zur Begründung der Zuständigkeit der Lokalkammer München allein auf die in der Klageschrift vorgebrachten Tatsachen gestützt und beruft sich für die Zuständigkeit der angerufenen Kammer lediglich in rechtlicher Hinsicht ergänzend auf Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ. Der Tatsachenvortrag und das Kernanliegen -die Zuständigkeit der Lokalkammer München -sind gleichgeblieben. Eine solche Erweiterung der rechtlichen Argumentation muss jedoch immer möglich sein. Selbst wenn sich die Klägerin im Streitfall nicht auf Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ berufen hätte, hätte es dem Gericht -gegebenenfalls nach Hinweis an die Beklagten -sogar freigestanden, die Zuständigkeit der Lokalkammer auf diese Vorschrift zu stützen. Der Klägerin in dieser Verfahrenssituation eine Berufung auf eine weitere Zuständigkeitsvorschrift zu verwehren, würde vorbehaltlich der hier zu bejahenden Zuständigkeit aus Art. 33 Abs. 1 (b) EPGÜ dazu führen, die Klage mangels Zuständigkeit der Kammer abzuweisen. Dies schlösse eine erneute Klage gegen die Beklagte zu 5) vor der Lokalkammer München, nunmehr gestützt auf Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ, allerdings nicht aus. Für die Beklagte zu 5) wäre damit also nichts gewonnen. Stattdessen entstehen unnötige Kosten und Verzögerungen bei der Durchsetzung der Ansprüche der Klägerin. Zusammenhängende Klagen betreffend dasselbe angegriffene Endgerät gegen mehrere Beklagte würden getrennt und es bestände die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen, was es zu vermeiden gilt.
65 Durch die Zulassung der Berufung auf Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ wird die Beklagte zu 5) nicht unzumutbar benachteiligt. Ein Erfolg ihres Einspruchs würde die Beklagte zu 5) nicht gänzlich einer gerichtlichen Inanspruchnahme durch die Klägerin entheben. Stattdessen wäre -wie ausgeführt -eine erneute Klage, dann gestützt auf Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ, vor der Lokalkammer München zulässig. Im Übrigen hatte die Beklagte zu 5) ausreichend Gelegenheit, sich zu dem Vortrag der Klägerin zur Anwendbarkeit von Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ zu äußern.
66
b) Der Anwendbarkeit von Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ steht auch nicht entgegen, dass Art. 33 Abs. 1 (b) S. 2 EPGÜ eine Regelung enthält, die sich auf Klagen gegen mehrere Beklagte bezieht, von denen eine ihren Sitz in dem Vertragsmitgliedsstaat hat, dessen Lokalkammer angerufen wurde (so auch ohne Begründung: Berufungsgericht, Anordnung v. 03.09.2024, UPC_CoA_188/2024, APL_21943/2024 -Dish/Aylo; ebenso: Lokalkammer Hamburg, Anordnung vom 17.03.2025, UPC_CFI_169/2024, ACT_19012/2024 -Daedalus/Xiaomi; aA: Lokalkammer Paris, Anordnung v. 11.04.2024, UPC_CFI_495/2023, ACT_596432/2023 -ARM/ICPillar).
67 Die Regelung in Satz 2 von lit. (b) des Art. 33 Abs. 1 EPGÜ ist satztechnisch ausschließlich Art. 33 Abs. 1 (b) EPGÜ zugeordnet und bezieht sich nicht auf Artikel Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ. Die letztgenannte Vorschrift enthält keine vergleichbare Regelung. Weder erlaubt sie eine Klage gegen mehrere Beklagte, von denen nur einer eine Patentverletzung im Vertragsmitgliedsstaat der angerufenen Kammer begangen hat (Tilmann/Plassmann: Einheitspatent, Einheitliches Patentgericht, 1. Aufl. 2024: Art. 33 EPGÜ Rn. 50), noch knüpft sie eine einheitliche Klage gegen mehrere Beklagte, die allesamt Verletzungshandlungen in dem betroffenen Vertragsmitgliedsstaat begangen haben oder dort ihren Sitz haben, an besondere Voraussetzungen. Letzteres ist nach der Zweckrichtung von Art. 33 Abs. 1 (b) S. 2 EPGÜ auch nicht erforderlich. Es handelt sich nicht um eine allgemein beschränkende Regelung für Klagen gegen mehrere Beklagte, sondern um eine von bestimmten Voraussetzungen abhängige Erweiterung der Zuständigkeitsregeln auf Klagen gegen Personen, die in dem betroffenen Vertragsmitgliedsstaat weder eine Patentverletzung begangen haben noch einen Sitz haben. Diese Erweiterung des Zuständigkeitsbereichs bedarf einer besonderen Rechtfertigung. Diese liefert Art. 33 Abs. 1 (b) S. 2 EPGÜ. Die Person darf nur zusammen mit einer weiteren, in dem Vertragsmitgliedsstaat ansässigen Person verklagt werden, wenn zwischen den Personen zudem eine Geschäftsbeziehung besteht und die Klage denselben Verletzungsvorwurf betrifft. Einer solchen Rechtfertigung bedarf es hingegen nicht, wenn sich der jeweilige Beklagte mit seiner Verletzungshandlung bereits selbst auf das Gebiet des Vertragsmitgliedsstaates begeben hat oder sogar dort ansässig ist. Der jeweilige Beklagte ist nicht schutzwürdig, weil sein Sitz oder seine Vertriebstätigkeit gerichtsnah ist. Es ist infolgedessen eine Lokalkammer zuständig, die dem Verletzungsrechtsstreit am nächsten ist (Tilmann/Plassmann: Einheitspatent, Einheitliches Patentgericht, 1. Aufl. 2024: Art. 33 EPGÜ Rn. 4). Dem Kläger ist es dann aber unbenommen, alle Verletzer, die diesen Anforderungen (Sitz oder Verletzung im Vertragsmitgliedsstaat) genügen, ohne weitere Beschränkung gemeinsam zu verklagen.
68 Dieses Verständnis entspricht genau der Systematik der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 vom 12. Dezember 2012 (Brüssel Ia VO), die Art. 33 Abs. 1 EPGÜ übernommen hat (Tilmann/Plassmann: Einheitspatent, Einheitliches Patentgericht, 1. Aufl. 2024: Art. 33 EPGÜ Rn.5-7; vgl. für Art. 33 Abs. 1 (a): Berufungsgericht, Anordnung v. 03.09.2024, UPC_CoA_188/2024, APL_21943/2024 -Dish/Aylo; ebenso: Lokalkammer Hamburg, Anordnung vom 17.03.2025, UPC_CFI_169/2024, ACT_19012/2024 -Daedalus/Xiaomi).
Demnach kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats hat, gemäß Art. 4 Abs. 1 Brüssel Ia VO vor dem Gericht dieses Mitgliedsstaates verklagt werden oder gemäß Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia VO vor dem Gericht eines anderen Mitgliedsstaates, in dem im Fall einer unerlaubten Handlung das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Es steht außer Frage, dass die Klage auch gegen mehrere Personen erhoben werden kann, sofern für jede die Voraussetzungen von Art. 4 Abs. 1 oder Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia VO erfüllt sind. Unabhängig davon kann gemäß Art. 8 Nr. 1 Brüssel Ia VO eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates hat, auch mit anderen Personen in einem anderen Mitgliedsstaat verklagt werden, wenn eine der Personen dort ihren Sitz hat und zwischen den Personen eine so enge Beziehung gegeben ist, dass eine gemeinsame Verhandlung geboten erscheint.
c) 69 Die Klägerin hat schlüssig vorgetragen, dass durch die Beklagte zu 5) gemäß Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ eine Patentverletzung in der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist.
70 Der Ort, an dem ' die tatsächliche oder drohende Verletzung erfolgt ist oder möglicherweise erfolgen wird' im Sinne von Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ ist in der gleichen Weise auszulegen wie der Ort, 'an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht' im Sinne von Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia VO (Berufungsgericht, Anordnung v. 03.09.2024, UPC_CoA_188/2024, APL_21943/2024 -Dish/Aylo; ebenso: Lokalkammer Hamburg, Anordnung vom 17.03.2025, UPC_CFI_169/2024, ACT_19012/2024 -Daedalus/Xiaomi). Erforderlich ist demnach, dass das geltend gemachte Europäische Patent in der Bundesrepublik Deutschland Wirkung entfaltet und dort auch die Verletzung eingetreten sein kann. Hingegen gehören Fragen, ob die Voraussetzungen vorliegen, unter denen ein im Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts geschütztes Recht als verletzt angesehen werden kann, und ob diese Verletzung dem Beklagten vorzuwerfen ist, zur inhaltlichen Prüfung des zuständigen Gerichts. Im Stadium der Prüfung der Zuständigkeit eines Gerichts für die Entscheidung über eine eingetretene Verletzung kann die Bestimmung des Ortes der Verletzung im Sinne von Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ nicht von Kriterien abhängen, die der inhaltlichen Prüfung vorbehalten sind und nicht in dieser Bestimmung enthalten sind (vgl. zu Art. 7 Abs. 2 Brüssel Ia VO: Berufungsgericht, Anordnung v. 03.09.2024, UPC_CoA_188/2024, APL_21943/2024 -Dish/Aylo; ebenso: Lokalkammer Hamburg, Anordnung vom 17.03.2025, UPC_CFI_169/2024, ACT_19012/2024 -Daedalus/Xiaomi).
71 Das Streitpatent steht in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Die von der Klägerin behauptete Verletzung des Streitpatents durch die Beklagte zu 5) ist dort auch eingetreten. Denn unstreitig wurde ein Muster der angegriffenen Endgeräte in die Bundesrepublik Deutschland geliefert. Die Behauptung der Klägerin geht dahin, dass die Lieferung von der Beklagten zu 5) vorgenommen wurde. Dies genügt zur Begründung der Zuständigkeit der Lokalkammer München gemäß Art. 33 Abs. 1 (a) EPGÜ. Denn ob die angegriffenen Endgeräte tatsächlich von der Lehre des Streitpatents Gebrauch machen, mithin die Lieferung in die Bundesrepublik Deutschland eine Patentverletzung darstellt, und diese der Beklagten
zu 5) vorgeworfen werden kann, ist nicht im Rahmen der Zuständigkeit des Gerichts zu prüfen, sondern stellt eine inhaltliche Prüfung dar, die der im Hauptverfahren zu treffenden Endentscheidung vorbehalten ist.
72 Im Übrigen ergibt sich die Zuständigkeit der Lokalkammer München aus dem Vortrag der Klägerin, die Beklagte zu 5) sei als Logistikdienstleister für die Beklagten zu 1) bis 3) in den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen in der EU eingebunden und die Beklagte zu 5) ermögliche und fördere dadurch die Verletzungshandlungen der übrigen Beklagten, weshalb sie für die Verletzungshandlungen der übrigen Beklagten mindestens als Mittelsperson im Sinne von Art. 63 Abs. 1 S. 2 EPGÜ verantwortlich sei. Denn sowohl die Lieferung eines Musters des von der Beklagten zu 1) hergestellten angegriffenen Endgeräts als auch das Anbieten dieser Endgeräte auf den von der Beklagten zu 2) betriebenen Websites stellen eine Patentverletzung in der Bundesrepublik Deutschland dar, an der die Beklagte zu 5) durch ihre Eigenschaft als Logistikdienstleister jedenfalls beteiligt gewesen sein soll. Wiederum gilt, dass die Frage, ob tatsächlich eine Patentverletzung vorliegt und diese der Beklagten zu 5) zugerechnet werden kann, insbesondere ob die Beklagte zu 5) tatsächlich als Logistikdienstleister an der Patentverletzung mitgewirkt hat, dem Hauptverfahren vorbehalten ist. Das Bestreiten der Beklagten zu 5) geht insofern an dieser Stelle ins Leere.
73
C Entsprechend Regel 20.1 VerfO werden die Parteien darauf hingewiesen, dass das Verfahren aufgrund der Zurückweisung des Einspruchs gemäß den Regeln der Verfahrensordnung fortgesetzt wird. Es werden nunmehr seitens des Gerichts die letzten Maßnahmen im schriftlichen Verfahren getroffen, bevor dieses abgeschlossen wird.
74 Nach Regel 21.1 VerfO kann gegen eine Entscheidung des Berichterstatters, den Einspruch zurückzuweisen, nur gemäß Regel 220.2 VerfO Berufung eingereicht werden. Es bedarf mithin der Zulassung der Berufung, welche im Ermessen des Berichterstatters steht. Demnach wird die Berufung nicht zugelassen, weil die hier aufgeworfenen Fragen durch das Berufungsgericht geklärt sind. Zwar wird in dieser Anordnung hinsichtlich der Auslegung von Art. 33 Abs. 1 (b) S. 2 EPGÜ eine von anderen erstinstanzlichen Kammern abweichende Auffassung vertreten. Allerdings ist die vorliegende Entscheidung auf Art. 33 Abs. 1 (a) und (b) EPGÜ gestützt. Zudem besteht gemäß Regel 21.1 VerfO i.V.m. 220.2 1. Alt. VerfO Gelegenheit, mit der Berufung gegen die Endentscheidung Berufung gegen die vorliegende Entscheidung einzulegen. Ein Verweis auf diese Möglichkeit erscheint sachgerecht, weil der Termin zur mündlichen Verhandlung in der Hauptsache in weniger als fünf Monaten ansteht. Ihre Durchführung steht trotz der die Zuständigkeit der Lokalkammer betreffenden Einsprüche nicht im Widerspruch zum Grundsatz der Prozessökonomie. Denn es ist nicht davon auszugehen ist, dass die Lokalkammer München für die Klage gegen alle Beklagte unzuständig und die Klage bereits aus diesem Grund abzuweisen sein wird, ohne dass es noch einer mündlichen Verhandlung in der Sache bedarf.
ANORDNUNG
Die Einsprüche der Beklagten zu 1) bis 3) und 5) werden zurückgewiesen.
Das Verfahren wird fortgesetzt.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
DETAILS DER ANORDNUNG
Anordnung Nr. ORD_69210/2024 im VERFAHREN NUMMER:
ACT_14859/2024 UPC_CFI_127/2024 Verletzungsklage 28294/2024 Einspruch
UPC Nummer:
Art des Vorgangs:
Nr. des dazugehörigen Verfahrens Antragsnr.:
Art des Antrags:
Anordnung Nr. ORD_63889/2024 im VERFAHREN NUMMER:
ACT_14859/2024 UPC_CFI_127/2024 Verletzungsklage 61612/2024 Einspruch
UPC Nummer:
Art des Vorgangs:
Nr. des dazugehörigen Verfahrens Antragsnr.:
Art des Antrags:
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